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Beitrag in SB Nr. 4 - Freundeskreis Offiziere der Panzertruppe

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Führungserfahrung<br />

Führen <strong>in</strong> den Streitkräften –<br />

Was ist übertragbar?<br />

Erfahrungen nach Wechsel aus dem aktiven Dienst <strong>in</strong> die<br />

freie Wirtschaft<br />

Autor: Oberstleutnant <strong>der</strong> Reserve<br />

Peter Stonawski, Hauptabteilungsleiter<br />

e<strong>in</strong>es Produktbereiches bei Rhe<strong>in</strong>metall<br />

Combat Systems<br />

Nach 23 Jahren aus dem aktiven<br />

Dienst als Oberstleutnant auf<br />

eigenen Antrag auszuscheiden<br />

und danach <strong>in</strong>zwischen 10 Jahre umfangreiche<br />

Erfahrungen auf verschiedenen<br />

Führungs-Ebenen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> zivilen<br />

Wirtschaft zu gew<strong>in</strong>nen, damit sehe ich<br />

mich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage für beide „Welten“<br />

aus völlig – subjektiver - Sicht e<strong>in</strong>ige<br />

Bereiche <strong>der</strong> Führungsverantwortung<br />

zu beleuchten und auch erlebte Gegensätze<br />

darzustellen.<br />

Gerade die Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausführung<br />

beschäftigen mich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Folge, die Führungspr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong><br />

beiden Systemen besitzen ja häufig die<br />

gleichen Wurzeln.<br />

Als Beson<strong>der</strong>heit gilt es anzuführen,<br />

dass ich über e<strong>in</strong>en kurzen Umweg <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie gelandet b<strong>in</strong>,<br />

welche unzweifelhaft e<strong>in</strong>ige Beson<strong>der</strong>heiten<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en Wirtschaftsbereichen<br />

hat.<br />

In Deutschland sche<strong>in</strong>t es für mich durch<br />

die <strong>in</strong>tensive Verb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>der</strong><br />

Beschaffungsbehörde, den Streitkräften<br />

sowie <strong>der</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> mancher<br />

H<strong>in</strong>sicht im Verständnis und <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />

von Prozessen wie siamesische<br />

Zwill<strong>in</strong>ge. Inzwischen muss sich auch<br />

die Rüstungswirtschaft den <strong>in</strong>ternationalen<br />

Erfor<strong>der</strong>nissen immer stärker anpassen<br />

und damit verän<strong>der</strong>t sich auch<br />

das <strong>in</strong>terne Profil.<br />

Das Schwarze Barett <strong>Nr</strong>. 48<br />

Internationale Projekte verlangen<br />

deutlich an<strong>der</strong>e Leistungen von den<br />

Unternehmen, als es bisher <strong>der</strong> deutsche<br />

Kunde verlangte. Das immer öfter<br />

gewünschte „Rund-Um-Sorglos-Paket“<br />

für e<strong>in</strong> Waffen-System verlangt ganz<br />

an<strong>der</strong>e Strukturen und Verfahren, aber<br />

auch die Umsetzung von Work Share-<br />

Anteilen <strong>in</strong> den Kundenlän<strong>der</strong>n verlangen<br />

neue spezifische Fähigkeiten.<br />

Entsprechend befähigte Führungskräfte,<br />

welche neben <strong>der</strong> fachlichen auch die<br />

nötige soziale Kompetenz und Belastbarkeit<br />

mitbr<strong>in</strong>gen, s<strong>in</strong>d hier gesucht.<br />

Dies fängt mit <strong>der</strong> Fremdsprachenkompetenz<br />

an und geht bis h<strong>in</strong> zur bewussten<br />

E<strong>in</strong>lassung auf neue Kulturkreise. Diese<br />

Eigenschaften s<strong>in</strong>d im Alltag <strong>der</strong> freien<br />

Wirtschaft trotz <strong>der</strong> hohen Bedeutung<br />

des Exports ke<strong>in</strong>e Alltäglichkeit, allerd<strong>in</strong>gs<br />

von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung.<br />

Und hier stellt die Führungserfahrung<br />

aus E<strong>in</strong>sätzen als Soldat e<strong>in</strong>e extrem<br />

gute Basis dar. Die Fähigkeit sich auf<br />

neue Situationen schnell e<strong>in</strong>stellen<br />

zu können, ist für e<strong>in</strong>en ehemaligen<br />

militärischen Führer des Heeres e<strong>in</strong>e<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> nationalen Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen viele ehemalige<br />

Soldaten auf unterschiedlichen<br />

Führungsebenen tätig. Der Wechsel<br />

nach Beendigung <strong>der</strong> SaZ-Phase ist weit<br />

verbreitet. Aus dem Bereich <strong>der</strong> Berufssoldaten<br />

wechselt bisher – systembed<strong>in</strong>gt<br />

– nur e<strong>in</strong>e ganz ger<strong>in</strong>ge Anzahl<br />

von ehemaligen Soldaten <strong>in</strong> die Wirtschaft,<br />

ehemalige Berufsoffiziere s<strong>in</strong>d<br />

aber nach ihrem Ausscheiden als Berater<br />

gern gesehen.<br />

Die fachliche Kompetenz des ehemaligen<br />

Nutzers und die tatsächlichen<br />

Kundenanfor<strong>der</strong>ungen – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

aus den aktuellen E<strong>in</strong>satzerfor<strong>der</strong>nissen<br />

– macht hier diese Erfahrung für die<br />

Industrie beson<strong>der</strong>s wertvoll, nicht zuletzt<br />

deswegen, da <strong>in</strong> höheren Führungspositionen<br />

häufig Manager ohne o<strong>der</strong><br />

nur ger<strong>in</strong>ger eigener militärischer Erfahrung<br />

sitzen. In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

ist <strong>der</strong> Austausch zwischen Militär<br />

und Industrie alltäglicher. Möglicherweise<br />

wird sich dies im Rahmen <strong>der</strong><br />

Neustrukturierung <strong>der</strong> Streitkräfte zum<strong>in</strong>dest<br />

mittelfristig än<strong>der</strong>n.<br />

Immer noch besteht auf Seite <strong>der</strong><br />

zivilen Wirtschaft schmales Wissen<br />

über die tatsächlichen Führungserfahrungen<br />

und -qualitäten von<br />

ausgeschiedenen Soldaten.<br />

Die akademische Ausbildung <strong>der</strong><br />

<strong>Offiziere</strong> ist <strong>in</strong> den Personalabteilungen<br />

bekannt, die spezifischen Führungserfahrungen<br />

können aber meist nicht<br />

wirklich e<strong>in</strong>geschätzt werden, außer<br />

<strong>der</strong> Gegenüber hat selbst e<strong>in</strong>en militärischen<br />

H<strong>in</strong>tergrund. Hier wird <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> ausscheidende Zeitsoldat<br />

mit Mitarbeitern gleichgesetzt, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> freien Wirtschaft von vergleichbaren<br />

Führungserfahrungen mit entsprechen<strong>der</strong><br />

Personalverantwortung weit<br />

entfernt s<strong>in</strong>d. Basierend auf diesem<br />

Missverständnis, so konnte ich es bei<br />

diversen Vorstellungsgesprächen erleben,<br />

entsteht dann auf beiden Seiten Enttäuschung.<br />

Der ausscheidende Soldat<br />

muss sich deswegen häufig se<strong>in</strong>e Meriten<br />

neu verdienen, und kann se<strong>in</strong>e ureigenen<br />

Führungserfahrungen nur beschränkt<br />

umsetzen.<br />

Für e<strong>in</strong>en ehemaligen Offizier e<strong>in</strong>e<br />

doch wichtige Erfahrung ist die<br />

Notwendigkeit sich <strong>in</strong>tensiv um die<br />

57


Führung-Ausbildung-Technik<br />

eigene Karriere zu kümmern, die Personalabteilung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Firma o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Konzern ist e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Dienstleistungsabteilung.<br />

Um die eigene Weiterbildung,<br />

Gehaltserhöhungen, neue<br />

Führungsaufgaben o<strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

muss man selber aktiv werden<br />

und kämpfen. Die Rolle <strong>der</strong> Personalabteilung<br />

<strong>in</strong> den Streitkräften stellt sich<br />

doch ganz unterschiedlich dar.<br />

Trotz <strong>der</strong> e<strong>in</strong>deutigen Ausrichtung sich<br />

als Soldat zu bewähren und über Lehrgänge,<br />

E<strong>in</strong>satz- und Führungserfahrungen,<br />

Beurteilungen und nicht zuletzt<br />

auch persönliche Beziehungen sich für<br />

die För<strong>der</strong>ung zu empfehlen, ist die<br />

Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft e<strong>in</strong>e<br />

ganz an<strong>der</strong>e.<br />

Hier ist die Selbstdarstellung deutlich<br />

wichtiger, es reicht nicht e<strong>in</strong> Projekt<br />

erfolgreich zu führen, son<strong>der</strong>n man<br />

muss „Eigen-Market<strong>in</strong>g“ betreiben und<br />

e<strong>in</strong> guter Netzwerker se<strong>in</strong>. Darauf zu<br />

warten, dass e<strong>in</strong> Vorgesetzter e<strong>in</strong>en entdeckt<br />

und dann entsprechend för<strong>der</strong>t,<br />

reicht nicht aus. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Aspekt<br />

ist aber auch, dass e<strong>in</strong> Aufstieg <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

freien Wirtschaft deutlich schneller<br />

und allen Regularien vorbei immer<br />

wie<strong>der</strong> stattf<strong>in</strong>det, was die Streitkräfte<br />

grundsätzlich nicht zulassen. Damit ist<br />

im Umkehrschluss auch klar, dass e<strong>in</strong><br />

systematischer Aufbau für Führungsfunktionen<br />

eher die Ausnahme ist. Entwe<strong>der</strong><br />

man geht selbst diesen ste<strong>in</strong>igen<br />

Weg, wechselt bewusst auch zwischen<br />

diversen Firmen, wird geför<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

man bleibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Karriere hängen.<br />

Die umfangreiche und gesteuerte Ausbildung<br />

gezielt für Führungspositionen,<br />

wie <strong>in</strong> den Streitkräften, gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wirtschaft nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen.<br />

Dieses Defizit ist erkannt und es wird versucht<br />

durch <strong>in</strong>terne Auswahlverfahren,<br />

Sem<strong>in</strong>are, Ausbildungen an externen E<strong>in</strong>richtungen<br />

o<strong>der</strong> Beratern und Coaches<br />

dies zu kompensieren. Hier haben<br />

Führungskräfte aus den Streitkräften<br />

e<strong>in</strong> deutliches Plus an Fähigkeiten,<br />

welches es offensiv auszuspielen gilt, da<br />

es wie oben bereits angesprochen häufig<br />

nicht bekannt ist.<br />

Das System <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Lage<br />

kann und wird <strong>in</strong> sehr vielen Situationen<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft angewandt,<br />

auch wenn es sich unter häufig<br />

h<strong>in</strong>ter an<strong>der</strong>en Begriffen versteckt. Das<br />

System Lagebeurteilung wird gerne<br />

von Unternehmensberatungen immer<br />

wie<strong>der</strong> als die Lösung angeboten.<br />

Erstaunlich – o<strong>der</strong> eigentlich eben<br />

nicht erstaunlich – ist die Bewährung<br />

des Systems <strong>der</strong> Lagebeurteilung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wirtschaft, welche sich <strong>in</strong> fast je<strong>der</strong><br />

Situation – unter angepasster Überschrift<br />

– anwenden lässt. So wird <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>dlage eben durch die Beurteilung<br />

<strong>der</strong> potentiellen Konkurrenten<br />

ersetzt.<br />

Führen mit Auftrag, dabei die Absicht<br />

<strong>der</strong> übergeordneten Führung im<br />

Blick zu behalten und die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

bzw. Auflagen zu beachten,<br />

all dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen Prozess,<br />

ist für e<strong>in</strong>en geschulten Offizier alltägliches<br />

Rüstzeug. Genau diese Mittel<br />

helfen e<strong>in</strong>em fast jede denkbare Situation<br />

zu strukturieren und damit zu tragfähigen<br />

Entscheidungen zu kommen.<br />

Dies ist dann allerd<strong>in</strong>gs meist e<strong>in</strong> länger<br />

währen<strong>der</strong> Prozess, <strong>der</strong> eben nicht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Befehlsausgabe endet, son<strong>der</strong>n<br />

über Besprechungen und Protokolle zu<br />

e<strong>in</strong>er Entscheidung reift.<br />

Die Umsetzung erfolgt dann häufig,<br />

vor allem wenn es sich um f<strong>in</strong>anzwirksame<br />

Entscheidungen handelt, ähnlich<br />

schnell wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Übungssituation.<br />

Die erlebte eigene Ausbildung, durch<br />

die verschiedenen Hierarchieebenen<br />

<strong>der</strong> Führungsverantwortung – von<br />

unten mit <strong>der</strong> Grundausbildung<br />

beg<strong>in</strong>nend – zu laufen, war für mich<br />

aus heutiger Sicht die entscheidende<br />

Prägung als Führungskraft.<br />

Neben diversen Erfahrungen b<strong>in</strong> ich<br />

hier vor allem durch Personen bee<strong>in</strong>flusst<br />

und geprägt worden. Genau<br />

dieser Weg, nämlich durch e<strong>in</strong>e<br />

Hierarchie von unten nach oben gehen<br />

zu müssen, fehlt meist jungen Führungskräften<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Fertigung zu arbeiten, mit den Werkern<br />

o<strong>der</strong> dem Controller, <strong>der</strong> die eigenen<br />

SAP-Daten e<strong>in</strong>pflegt sich ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

zusetzen, etwas was man als Führer im<br />

Heer <strong>in</strong>tensiv und ständig erlebt, f<strong>in</strong>det<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> größeren Firmen bei<br />

Führungskräften im Alltag nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen<br />

statt.<br />

Dieses Fehl kann auch nur aufwändig<br />

durch Schulung und Ausbildung beseitigt<br />

werden, die Konsequenz ist dann entwe<strong>der</strong><br />

das Scheitern an <strong>der</strong> Führungsaufgabe<br />

o<strong>der</strong> das Bestehen, so das entsprechende<br />

Talent vorhanden ist.<br />

Dienstaufsicht – als Begriff <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien<br />

Wirtschaft so nicht bekannt – erfolgt<br />

hier meist als re<strong>in</strong>e Ergebniskontrolle<br />

und häufig auch unpersönlich.<br />

Zu e<strong>in</strong>em Mitarbeiter <strong>in</strong>s Büro o<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> die Fertigungshalle zu gehen,<br />

wenn e<strong>in</strong>e Frage besteht, ist eher<br />

unüblich, man bestellt ihn zu sich.<br />

Auf welche E<strong>in</strong>drücke man mit dieser<br />

Methode zwangsläufig verzichtet, auf<br />

welche Mittel <strong>der</strong> Lagefeststellung man<br />

nicht zurückgreift und vor allem, wie<br />

man den entsprechenden sozialen Kontakt<br />

auf e<strong>in</strong>e Oben-Unten -Situation<br />

reduziert, ist den meisten Führungskräften<br />

ohne entsprechenden militärisch<br />

geprägten H<strong>in</strong>tergrund nicht<br />

bewusst.<br />

Wenn e<strong>in</strong> glänzen<strong>der</strong> Hochschulabsolvent<br />

nach se<strong>in</strong>em Studium <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Stabsverwendung kommt und danach<br />

sofort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Führungsverantwortung<br />

übernimmt, müssen solche Defizite fast<br />

zwangsläufig auftreten und können auch<br />

nicht durch e<strong>in</strong> dreitägiges Sem<strong>in</strong>ar beseitigt<br />

werden. Mir ist allerd<strong>in</strong>gs sehr<br />

wohl bewusst, dass Fehlleistungen <strong>in</strong><br />

Führungsfunktionen – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Menschenführung – ke<strong>in</strong> wirtschaftsspezifisches<br />

Phänomen ist, trotz<br />

<strong>der</strong> umfassenden Ausbildung zum<br />

Führen gibt es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

nicht nur glänzende Führungskräfte.<br />

Dennoch ist die umfangreiche Ausbildung<br />

und vor allem die Anwendung<br />

dieser Führungsgrundsätze <strong>in</strong> den<br />

Streitkräften e<strong>in</strong> wesentlicher Unterschied<br />

zur freien Wirtschaft. Dort wird<br />

diese Bed<strong>in</strong>gung für e<strong>in</strong>en erfolgreichen<br />

Manager e<strong>in</strong>fach vorausgesetzt, man<br />

br<strong>in</strong>gt sie mit – o<strong>der</strong> auch nicht, die<br />

Streitkräfte können sich diesen Luxus<br />

bisher nicht leisten.<br />

58 Das Schwarze Barett <strong>Nr</strong>. 48


Führungserfahrung<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip des Führens von Vorne<br />

– e<strong>in</strong> Muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kampftruppe<br />

und <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>sätzen entscheidende<br />

Bed<strong>in</strong>gung für den Erfolg – zeigt sich<br />

nach me<strong>in</strong>er Erfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien<br />

Wirtschaft selten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong><br />

größeren Organisationen. F<strong>in</strong>det es<br />

dennoch statt, wird es überrascht zur<br />

Kenntnis genommen und dann auch<br />

meist positiv bewertet, ist aber aus<br />

me<strong>in</strong>er bisherigen Erfahrung e<strong>in</strong>deutig<br />

die Ausnahme. In kle<strong>in</strong>eren Firmen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

von den Inhabern geführte<br />

Firmen, stellt sich die Situation sicherlich<br />

an<strong>der</strong>s dar. Dort wo es praktiziert<br />

wird, beispielsweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fertigung<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er großen Abteilung, selbst <strong>in</strong><br />

höheren Management-Funktionen ist<br />

die Leistung und die Berufszufriedenheit<br />

bei den Mitarbeitern spürbar höher,<br />

als bei entsprechenden Abteilungen <strong>in</strong><br />

denen <strong>der</strong> Vorgesetzte nur per Mails,<br />

Meet<strong>in</strong>gs, Telefon und <strong>der</strong> jährlichen<br />

Weihnachtsfeier führt.<br />

Die Rolle <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzerfahrung kann<br />

nur ganz subjektiv betrachtet werden,<br />

da sie entscheidend von den persönlichen<br />

Erlebnissen und den Aufgaben<br />

im E<strong>in</strong>satz her zu beurteilen ist. E<strong>in</strong><br />

Kampfe<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Afghanistan stellt<br />

zwangsläufig an<strong>der</strong>e For<strong>der</strong>ungen als<br />

e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz im heutigen Kosovo an den<br />

jeweiligen Führer.<br />

Aus me<strong>in</strong>em Erleben ist das Tragen<br />

<strong>der</strong> Verantwortung für Kameraden<br />

im E<strong>in</strong>satz aber e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

welche es <strong>in</strong> <strong>der</strong> zivilen Wirtschaft<br />

so nicht gibt. Ich persönlich b<strong>in</strong><br />

dankbar für die umfangreichen Erfahrungen<br />

– positive wie negative – aus den E<strong>in</strong>sätzen,<br />

welche das eigene Führungsverhalten<br />

<strong>in</strong>tensiv und unbarmherzig auf<br />

se<strong>in</strong>e Tauglichkeit h<strong>in</strong> prüft. Natürlich<br />

verlangt die Führung e<strong>in</strong>es Teilbereiches<br />

e<strong>in</strong>es Unternehmens o<strong>der</strong> des gesamten<br />

Unternehmens <strong>in</strong> wirtschaftlicher H<strong>in</strong>sicht<br />

e<strong>in</strong>en hohen E<strong>in</strong>satz und bedeutet<br />

hohe persönliche Verantwortung.<br />

Die Mitarbeiter erwarten die Sicherung<br />

ihres Arbeitsplatzes und ihres E<strong>in</strong>kommens.<br />

Die umfassende Verantwortung<br />

e<strong>in</strong>es Offiziers im E<strong>in</strong>satz bildet<br />

sich dennoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Dimension<br />

ab. Aus <strong>der</strong> Vorbereitung und <strong>der</strong><br />

Das Schwarze Barett <strong>Nr</strong>. 48<br />

erfolgreichen Bewältigung dieser Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

im E<strong>in</strong>satz sollten e<strong>in</strong>e<br />

starke Prägung und e<strong>in</strong> stabiles Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

her entstehen. Viele D<strong>in</strong>ge<br />

können e<strong>in</strong>en danach nicht mehr<br />

erschrecken.<br />

E<strong>in</strong> sehr großer Unterschied zeigt sich<br />

bei <strong>der</strong> Rolle des Kostenbewußtse<strong>in</strong>s<br />

zwischen den beiden Bereichen, die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> positiven wirtschaftlichen<br />

Kenndaten ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft<br />

entscheidend, hier liegt <strong>der</strong> wesentliche<br />

Schwerpunkt des Führungshandelns,<br />

hier muss kontrolliert und überwacht<br />

werden, denn über die F<strong>in</strong>anzen werden<br />

fast alle Entscheidungen gesteuert.<br />

Geld, welches nicht da ist, kann auch<br />

nicht ausgegeben werden, Kosten erzw<strong>in</strong>gen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft häufig<br />

ganz schnelle Entscheidungen.<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> positiven<br />

wirtschaftlichen Kenndaten<br />

ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Wirtschaft<br />

entscheidend<br />

Hier kann am ehesten e<strong>in</strong> Vergleich zu<br />

e<strong>in</strong>er Entscheidungssituation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gefecht gezogen werden. Die Bedeutung<br />

dieses entscheidenden Mittels<br />

ist trotz SAP, KLV und diverser an<strong>der</strong>er<br />

Aktivitäten <strong>in</strong> den Streitkräften <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

zivilen Wirtschaft <strong>der</strong> große Unterschied<br />

zu den Streitkräften schlechth<strong>in</strong>.<br />

Hier bestand trotz me<strong>in</strong>es Studiums <strong>der</strong><br />

Wirtschaftswissenschaften das größte<br />

Defizit <strong>in</strong> den weiteren Führungsaufgaben,<br />

das sich die Bedeutung <strong>der</strong><br />

f<strong>in</strong>anziellen Kennzahlen <strong>in</strong> den Streitkräften<br />

doch gänzlich an<strong>der</strong>s für mich<br />

dargestellt hat.<br />

SYMPOSIUM 2013<br />

MUNSTER<br />

7. UND 8 MÄRZ 2013<br />

Als Kernaussage und zentrale persönliche<br />

Erfahrung steht für mich<br />

heute fest, dass ich das Führen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bundeswehr gelernt habe. Mit diesem<br />

„Pfund“ ist man sehr gut vorbereitet<br />

für diverse Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

zivilen Wirtschaft. Insofern kann je<strong>der</strong><br />

Offizier, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Frage steht diesen<br />

Schritt zu gehen, sich hier auf se<strong>in</strong>e ureigensten<br />

Fähigkeiten verlassen.<br />

<br />

Vita:<br />

1959 geboren <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

1979 E<strong>in</strong>tritt als OA bei PzBtl 284<br />

DORNSTADT, Ausbildung<br />

zum Panzeroffizier<br />

1980 Studium WOW UniBw<br />

MÜNCHEN<br />

1984 ZgFhr PzBtl 284<br />

1987 S2-Offz PzBtl 284<br />

1988 KpChef 3./ PzBtl 284<br />

1992 GenStAusb FüAkBw<br />

HAMBURG, 35.GenStLg<br />

1994 SO StAL FüS I, BMVg BONN<br />

1996 G3 PzGrenBrig 30,<br />

ELLWANGEN<br />

1998 G3 NatBefH SFOR<br />

2000 Kdr PzBtl 104 PFREIMD,<br />

dabei E<strong>in</strong>satz als Kdr TF ZUR<br />

bei SFOR<br />

2002 Ausscheiden auf eigenen Antrag<br />

aus dem Dienstverhältnis als<br />

Berufsoffizier und<br />

E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Immobilien-<br />

Consult<strong>in</strong>g Unternehmen als<br />

leiten<strong>der</strong> Angestellter<br />

2004 E<strong>in</strong>tritt bei Rhe<strong>in</strong>metall<br />

Defence, verschiedene<br />

Verwendungen,<br />

jetzt Hauptabteilungsleiter<br />

e<strong>in</strong>es Produktbereiches bei<br />

Rhe<strong>in</strong>metall Combat Systems.<br />

W<br />

ie gewohnt, so auch <strong>in</strong> 2013 e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam ausgerichtetes Symposium <strong>der</strong><br />

<strong>Freundeskreis</strong>e <strong>der</strong> Panzer- und Panzergrenadiertruppe. Für die Ausrichtung<br />

zeichnet <strong>in</strong> diesem Jahr <strong>der</strong> FK <strong>der</strong> PzGrenTr verantwortlich. Programm und Anmeldeformulare<br />

siehe Seiten 108 und 109. Anmelden!! Anmelden!!<br />

59

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