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Die Tsingtauer Landordnung des ... - Tsingtau.org

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<strong>Die</strong> <strong><strong>Tsingtau</strong>er</strong> <strong>Landordnung</strong> <strong>des</strong> Chinesenkommissars Wilhelm Schrameier - von Wilhelm Matzat - www.tsingtau.<strong>org</strong> 19/33<br />

Teil 2<br />

DIE LANDORDNUNG VON TSINGTAU und<br />

der Bund Deutscher Bodenreformer.<br />

Das ganz Exzeptionelle der Schrameierschen<br />

<strong>Landordnung</strong> von <strong>Tsingtau</strong> ist Folgen<strong>des</strong>: Zum<br />

ersten Male in der Welt wurde eine Besteuerung<br />

<strong>des</strong> zukünftigen unverdienten Bodenwertzuwachses<br />

gesetzlich eingeführt. <strong>Die</strong> <strong><strong>Tsingtau</strong>er</strong><br />

„Gouvernementsverordnung betr. den Landerwerb<br />

in dem deutschen Kiautschougebiete“<br />

vom 2.9.1898 umfaßte 8 Paragraphen. Sie<br />

wurde später durch zwei Verordnungen vom<br />

30.3. und 31.12.1903 ergänzt und abgeändert.<br />

(25) Wie bereits geschildert, hatte das deutsche<br />

Gouvernement das ausschließliche Recht,<br />

Land von den ursprünglichen chinesischen<br />

Eigentümern zu erwerben und es kaufte allmählich<br />

allen Grund und Boden in dem westlichen Teil<br />

<strong>des</strong> Pachtgebietes auf, das für eine städtische<br />

Neuanlage in Betracht kam. Hier behielt das<br />

Gouvernement nur das Terrain für sich, das man<br />

für öffentliche Bauten, Straßen, Aufforstungen<br />

und alle anderen öffentlichen Arbeiten bedurfte.<br />

Der gesamte übrige Boden war für den Erwerb<br />

zu Privateigentum bestimmt. Für die Vergabe <strong>des</strong><br />

Bodens kam in Betracht, ob das Land zur Anlage<br />

gemeinnütziger oder den allgemeinen Interessen<br />

dienender Anstalten oder wirtschaftlicher<br />

Unternehmungen wie Eisenbahnen, Privatwerften,<br />

Fabriken, Missionsgesellschaften und dergleichen<br />

gebraucht wurde. In diesem Falle wurde das<br />

Land teils umsonst, teils gegen eine nominelle<br />

Kaufsumme hergegeben. Zur Unterbringung<br />

der chine-sischen Arbeiterbevölkerung in den<br />

Stadtteilen Tai tung tschen und Tai hsi tschen<br />

wurde ein modifi ziertes Erbbaurecht eingeführt.<br />

In allen übrigen Fällen wurde das Land verkauft<br />

und damit eine teilweise Rückerstattung der<br />

Kosten bewirkt, die das Gouvernement für den<br />

Aufkauf <strong>des</strong> Territoriums gehabt hatte. <strong>Die</strong><br />

Veräußerung erfolgte im Wege der öffentlichen<br />

Versteigerung, vor der je<strong>des</strong> Mal ein Min<strong>des</strong>tgebot<br />

festgesetzt wurde. Dem Meistbietenden wurde<br />

das Land zugeschlagen. Unbeschadet <strong>des</strong><br />

rechtlichen Grundgedankens <strong>des</strong> Erwerbes<br />

an vollem Privateigentum wurden besondere,<br />

weitgehende Kautelen getroffen, welche die<br />

öffentlichen Interessen sichern und insbesondere<br />

verhindern sollten, daß der Grund und Boden<br />

durch spekulative Geschäftspraxis künstlich<br />

verteuert und damit den neu hinzuziehenden<br />

Europäern und Chinesen von vornherein die<br />

Lebenshaltung erschwert wurde. Zugleich war<br />

darauf Bedacht genommen, der Gesamtheit als<br />

solcher bzw. dem Fiskus den berechtigten Anteil<br />

an dem Wertertrage <strong>des</strong> Bodens, namentlich<br />

an der Wertsteigerung zu sichern, die nicht<br />

durch die Tätigkeit <strong>des</strong> einzelnen, sondern<br />

durch die öffentlichen Maßnahmen und den<br />

Aufschwung <strong>des</strong> ganzen Wirtschaftslebens der<br />

Stadt verursacht wurde. Zur Durchführung dieser<br />

bodenpolitischen Ideen dienten insbesondere 3<br />

Gruppen von Maßnahmen:<br />

1) Vor jeder Weiterveräußerung eines<br />

Grundstückes hatte der Eigentümer dem<br />

Gouvernement von seinem Gewinn unter<br />

Mitteilung <strong>des</strong> gebotenen Kaufpreises Anzeige<br />

zu machen. Es wurde alsdann der Reingewinn,<br />

d.h. die Differenz zwischen dem früher gezahlten<br />

und dem jetzt gebotenen Preis berechnet, und von<br />

dieser hatte der Eigentümer an das Gouvernement<br />

die direkte und indirekte Zuwachssteuer von 33<br />

1/3 % auszukehren. Bei der Berechnung dieses<br />

Rein-gewinnes wurden die Verbesserungen, die<br />

der Eigentümer nach seinen eigenen Angaben<br />

an den Grundstücken v<strong>org</strong>enommen hatte,<br />

zuzüglich einer Verzinsung von 6% in Abzug<br />

gebracht. Zur Vermeidung von Hinterziehungen<br />

<strong>des</strong> staatlichen Gewinnanteils durch Angabe<br />

eines zu niedrigen fi ngierten Kaufpreises hatte<br />

die Administration sich ein Vorkaufsrecht zu dem<br />

von dem Eigentümer angebotenen Verkaufspreise<br />

vorbehalten. Für Grundstücke, die innerhalb von<br />

25 Jahren den Eigentümer durch freiwilligen<br />

Verkauf nicht gewechselt hatten, behielt sich<br />

die Regierung die Erhebung einer besonderen<br />

einmaligen Abgabe vor, die den Gewinnanteil<br />

von 33 1/3 % nicht übersteigen durfte.<br />

2) Der Boden unterlag einer Bodenwertsteuer<br />

in Höhe von 6 % <strong>des</strong> Kapitalwertes, die<br />

gleichfalls dazu beitrug, ein Aufkaufen und<br />

Brachliegenlassen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zum Zwecke von<br />

Preistreibereien zu erschweren. Es handelte sich<br />

dabei um keine Bodenrentensteuer, sondern um

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