Kunsttherapie in der Onkologie: Ergebnisse einer Literaturstudie
Kunsttherapie in der Onkologie: Ergebnisse einer Literaturstudie
Kunsttherapie in der Onkologie: Ergebnisse einer Literaturstudie
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
<strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong><br />
Christ<strong>in</strong>e Jakabos und Peter Petersen *<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Künstlerisch-therapeutische Forschung ist dr<strong>in</strong>gend notwendig. Darüber s<strong>in</strong>d sich alle<br />
Insi<strong>der</strong> e<strong>in</strong>ig. Zur Aufgabe jedoch stehen die Methoden <strong>der</strong> Forschung, die dem<br />
wissenschaftlichen Gegenstand „Künstlerische Therapie“ gemäß s<strong>in</strong>d. Wie können<br />
wir Studien zur Künstlerischen Therapie konzipieren, ohne den essentiellen Gehalt<br />
dieser Innovation <strong>der</strong> Heilkunde preiszugeben? Wie können wir durch methodisches<br />
Vorgehen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass methodische Anleihen aus <strong>der</strong> klassischen Mediz<strong>in</strong>- und<br />
Psychotherapie-Forschung das Wesen Künstlerischer Therapien verschatten<br />
werden? Von <strong>der</strong> Beantwortung solcher Fragen wird nicht nur die Forschung<br />
Künstlerischer Therapeuten abhängen, son<strong>der</strong>n vor allem auch das professionelle<br />
Selbstverständnis Künstlerischer Therapeuten selbst (Petersen 1998, 1999).<br />
Aus solchen Überlegungen heraus schien es s<strong>in</strong>nvoll, die Publikationen zum Thema<br />
„<strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>“ systematisch zu untersuchen.<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> <strong>Literaturstudie</strong><br />
Die als mediz<strong>in</strong>ische Dissertation ausgeführte <strong>Literaturstudie</strong> „<strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Onkologie</strong>“ ergab für den Zeitraum von 1967 bis 1997 <strong>in</strong>sgesamt 107<br />
Veröffentlichungen, die sich mit dem Thema befassen.<br />
Die Aufgabe bestand dar<strong>in</strong>, diese 107 Publikationen zu sichten, wissenschaftlich<br />
begründete Kriterien <strong>der</strong> Beurteilung aus dem Inhalt <strong>der</strong> Publikationen zu erarbeiten<br />
und schließlich entsprechend diesen Kriterien e<strong>in</strong>e Global-Beurteilung <strong>der</strong><br />
Publikationen zu ermitteln. Um die Global-Beurteilung vorweg zu nehmen: von 107<br />
Publikationen genügten 6 den hier erarbeiteten wissenschaftlichen Kriterien<br />
wissenschaftlicher Beurteilung (Bach, Dreifuß-Kattan, Evertz, Herborn,Petzold,<br />
Waser).<br />
Die weitere Aufgabe bestand dar<strong>in</strong>, wenigstens stichwortartig e<strong>in</strong>e Vision für die<br />
Methode zukünftiger Studien zur Künstlerischen Therapie zu formulieren. Für die<br />
verschiedenen Untersuchungsschritte dieser Studie geben wir <strong>in</strong> diesem Essay nur<br />
* aus dem Forschungs<strong>in</strong>stitut für Künstlerische Therapien<br />
(Leiter Prof. em. Dr. med. Peter Petersen) Kauzenw<strong>in</strong>kel 22, 30627 Hannover<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
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H<strong>in</strong>weise. Wir bitten den Leser, Genaueres dem Orig<strong>in</strong>altext <strong>der</strong> Dissertation<br />
von Christ<strong>in</strong>e Jakabos zu entnehmen.<br />
E<strong>in</strong>e Differenzierung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppe von 28 Fallgeschichten, <strong>der</strong>en<br />
Untersuchung den Kernpunkt <strong>der</strong> Arbeit bildet, sollte das Material so weit wie möglich<br />
vergleichbar glie<strong>der</strong>n und e<strong>in</strong>e optimierte Übersicht über Anzahl, Art, Umfang, Inhalt<br />
und thematische Gewichtung <strong>der</strong> unterschiedlichen Prozeßdokumentationen<br />
verschaffen. Von diesen Intentionen geleitet ergab sich die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeit <strong>in</strong><br />
vier Kapitel, die nun genauer dargestellt werden.<br />
Das erste Kapitel „Grundlagen“ beleuchtete zunächst folgende Fragestellungen:<br />
• Welche grundsätzlichen Anschauungen gibt es <strong>in</strong> kunsttherapeutischen Schulen,<br />
wie z.B. Jungianer, Psychotherapeuten, Anthroposophen? Wie s<strong>in</strong>d diese <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Onkologie</strong> vertreten ?<br />
• Ist diesen Anschauungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Publikation explizit e<strong>in</strong>e praktische<br />
therapeutische Bedeutung zugeordnet? Welche?<br />
• Wie ist <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige Stand auf dem Gebiet <strong>der</strong> kunsttherapeutischen Forschung<br />
zu beurteilen? Im e<strong>in</strong>zelnen: Welche Pr<strong>in</strong>zipien wissenschaftlicher Forschung<br />
können zugrunde gelegt werden? Welche Forschungsansätze f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Kunsttherapie</strong>? Was s<strong>in</strong>d die maßgeblichen Inhalte <strong>der</strong> kunsttherapeutischen<br />
Forschung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>?<br />
Das zweite Kapitel „Darstellung“ befaßte sich mit <strong>der</strong> wissenschaftlichen Praxis <strong>der</strong><br />
Dokumentation therapeutischer Prozesse:<br />
• Wie genau ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner therapeutischer Prozeß beim <strong>in</strong>dividuellen Patienten<br />
dargestellt?<br />
• Wie ist die Methode <strong>der</strong> Darstellung? Welcher Umfang betreffend die<br />
Patientengeschichte liegt im Aufsatz, bzw. im Buch vor?<br />
• Wie ist die Darstellungsmethode zu bewerten: auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite h<strong>in</strong>sichtlich<br />
ihrer Unterscheidung von <strong>der</strong> üblichen mediz<strong>in</strong>ischen Erfolgsstatistik, auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite, was die Berücksichtigung von <strong>Ergebnisse</strong>n bisheriger<br />
kunsttherapeutischer Forschungstätigkeit anbelangt?<br />
Die Entwicklung von Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>e möglichst genaue und<br />
übere<strong>in</strong>kommende Prozeßdarstellung, e<strong>in</strong>e konsekutive Bewertung <strong>der</strong> erbrachten<br />
Leistungen, sowie e<strong>in</strong>e Untersuchung von strukturellem Aufbau und Gewichtung <strong>der</strong><br />
Veröffentlichungen und ihre Eignung für objektivierbare Reflexionen und<br />
Vergleichbarkeit mit an<strong>der</strong>en Patienten bildeten den Schwerpunkt <strong>der</strong> Arbeit. Der<br />
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Maßstab für e<strong>in</strong>e optimale Auswertung sollte unbed<strong>in</strong>gt die eigentümlichen<br />
Spezifika künstlerisch-therapeutischer Behandlungen <strong>in</strong>tegrieren. Deshalb wurde er<br />
nicht von außen herangetragen, son<strong>der</strong>n aus den vorliegenden Quellen selbst<br />
synthetisiert. Dieses Vorgehen stellte den Versuch e<strong>in</strong>er balancierten<br />
Berücksichtigung qualitativ und quantitativ von den Autoren <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund<br />
gestellter<br />
Informationen dar.<br />
Dem dritten Kapitel „Die Autoren“ liegt zunächst die Fragestellung zugrunde:<br />
• Welcher Art ist das Selbstverständnis des Autors, und wie glie<strong>der</strong>t er sich <strong>in</strong><br />
Kultur und Wissenschaft e<strong>in</strong> (Beruf, Tätigkeit, evtl. wissenschaftliche Ausbildung)?<br />
Des weiteren war die Frage nach Stellungnahmen <strong>der</strong> Autoren zu folgenden<br />
metatheoretischen Aspekten von Interesse:<br />
• Formuliert <strong>der</strong> Autor e<strong>in</strong>en Wissenschaftsbegriff von dem er geleitet ist?<br />
• Formuliert <strong>der</strong> Autor e<strong>in</strong> Menschenbild, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Reflexionen über die Arzt-<br />
Patient-Beziehung (z.B. h<strong>in</strong>sichtlich Übertragung und Gegenübertragung) und<br />
über die Auffassungen von Krankheit und Tod bei Therapeut und Patient?<br />
• Resultiert aus den Ausführungen des Autors e<strong>in</strong>e Outcome-Def<strong>in</strong>ition, o<strong>der</strong> wird<br />
sie gar konkret formuliert? Dieser letzte und wichtigste Teil des Blocks sollte<br />
klären, wie <strong>der</strong> Autor, bzw. Therapeut se<strong>in</strong>en Erfolg bemißt, wie er also z.B. den<br />
Gew<strong>in</strong>n für die Lebensgestaltung des Patienten def<strong>in</strong>iert.<br />
Das zusammenfassende Ergebnis dieser Studie besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Interpretation zu <strong>der</strong><br />
übergeordneten Frage:<br />
• Ist e<strong>in</strong> Zusammenhang zu erkennen zwischen dem Menschenbild, das <strong>der</strong> Autor<br />
zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt, und <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> Darstellung, welche er für se<strong>in</strong>e<br />
Veröffentlichung gewählt hat?<br />
Diese abschließende Diskussion und Schlußfolgerungen und Ausblick bezüglich<br />
zukünftiger Perspektiven wissenschaftlicher Vorgehensweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong><br />
bilden die Qu<strong>in</strong>tessenz <strong>der</strong> Arbeit.<br />
Der vorliegende Artikel kann lediglich e<strong>in</strong>en knappen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeit gewähren. Deshalb soll im folgenden nach e<strong>in</strong>em kurzen Überblick <strong>der</strong> Kern<br />
<strong>der</strong> Arbeit, nämlich die Untersuchung <strong>der</strong> Patientengeschichten fokussiert werden.<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
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48 von <strong>in</strong>sgesamt 83 Veröffentlichungen, die e<strong>in</strong>er genaueren Untersuchung<br />
unterzogen werden konnten, vertreten e<strong>in</strong>en psychotherapeutischen Ansatz, <strong>der</strong> im<br />
weiteren S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> humanistischen Psychologie zugeordnet werden kann. Weiterh<strong>in</strong><br />
vertreten werden e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> anthroposophischer Ansatz, die Verknüpfung<br />
kunstpädagogischer Aspekte mit psychotherapeutischen, <strong>der</strong> Integrative Ansatz, die<br />
Verknüpfung kunstpädagogischer Aspekte mit e<strong>in</strong>em anthroposophischen Ansatz,<br />
e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> kunstpädagogischer Ansatz und e<strong>in</strong> heilpädagogischer Ansatz.<br />
Für den Großteil <strong>der</strong> Autoren, namentlich für die Vertreter des<br />
psychotherapeutischen Ansatzes, konnten weitere relevante Bezüge herausgestellt<br />
werden. An erster Stelle ist die Beschäftigung mit Prozessen <strong>der</strong><br />
Krankheitsbewältigung zu nennen. Aber auch diagnostische und prognostische, also<br />
im weiten S<strong>in</strong>ne analytische Arbeit, auf psychischer wie auch auf somatischer Ebene<br />
f<strong>in</strong>det zahlreiche Vertreter.<br />
DIAGRAMM 1: Unterschiedliche Ansätze <strong>der</strong> Veröffentlichungen zur <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>.<br />
3 Veröffentlichungen mit Integrativem Ansatz<br />
16 Veröffentlichungen mit<br />
anthroposophischem Ansatz<br />
2 Verknüpfungen von<br />
kunst-pädagogischen<br />
Aspekten<br />
mit dem<br />
anthroposophischen<br />
Ansatz<br />
1 Vertreter des<br />
kunstlerischkunstpädagogischen<br />
Ansatzes<br />
12 Verknüpfungen von<br />
Aspekten des<br />
kunstpädagogischen<br />
Ansatzes mit dem<br />
psychotherapeutischen<br />
Anstaz<br />
Das folgende Diagramm veranschaulicht, welche weiteren Bezüge für die Vertreter des<br />
psychotherapeutischen Ansatzes relevant s<strong>in</strong>d.<br />
4<br />
1 Verknüpfung von Aspekten des<br />
heilpädagogischen Ansatzes mit dem<br />
psychotherapeutischen Ansatz<br />
48 Quellen mit<br />
psychotherapeutischem<br />
Ansatz
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45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
DIAGRAMM 2: Nähere Spezifizierung des psychotherapeutischen<br />
Ansatzes<br />
1<br />
12<br />
37<br />
4<br />
Die im Diagramm zu den e<strong>in</strong>zelnen Balken angegebenen Werte beziehen sich auf die Anzahl <strong>der</strong><br />
entsprechenden Veröffentlichungen.<br />
Die e<strong>in</strong>zelnen Balken repräsentieren folgende Bezüge:<br />
1. Verknüpfung mit heilpädagogischen Aspekten: e<strong>in</strong>e Veröffentlichung.<br />
2. Verknüpfung mit künstlerisch-kunstpädagogischen Aspekten: zwölf Veröffentlichungen.<br />
3. In 37 Veröffentlichungen gehen die Therapeuten analytisch vor im S<strong>in</strong>ne diagnostischer und<br />
prognostischer Zielsetzungen.<br />
4. Das Katathyme Bil<strong>der</strong>leben nach Leuner als Weiterentwicklung <strong>der</strong> Aktiven Imag<strong>in</strong>ation nach<br />
C.G.Jung ist viermal vertreten.<br />
5. In sieben Veröffentlichungen wird die Visualisierungstherapie nach Simonton als Methode<br />
autosuggestiver E<strong>in</strong>flußnahme auf physiologische und pathophysiologische Abläufe e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
6. 24 Veröffentlichungen weisen explizite Bezüge zu C.G.Jung auf,<br />
7. fünf zu Sigmund Freud.<br />
8. 41 Veröffentlichungen formulieren Krankheitsbewältigung als e<strong>in</strong> Hauptanliegen (<strong>in</strong> Anlehnung an<br />
das Phasenmodell nach Elisabeth Kübler-Ross o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Beziehung zur Cop<strong>in</strong>g- und<br />
Lebensqualitätsforschung).<br />
9. E<strong>in</strong>e Autor<strong>in</strong> mißt ihrer fem<strong>in</strong>istischen E<strong>in</strong>stellung therapeutische Bedeutung bei.<br />
Nur bei wenigen Autoren f<strong>in</strong>den sich Angaben darüber, wie konsequent e<strong>in</strong>mal<br />
beschrittene therapeutische Handlungsebenen im E<strong>in</strong>zelfall beibehalten werden.<br />
Dies trifft im beson<strong>der</strong>en auf die Autoren des psychotherapeutischen Ansatzes mit<br />
Komb<strong>in</strong>ation unterschiedlicher Elemente zu. Im Gegensatz dazu deuten sich bei<br />
mehreren Autoren durch die Inhalte <strong>der</strong> Fallgeschichten und Beispiele Sprünge<br />
zwischen verschiedenen Ebenen an. Die konkrete therapeutische Leitl<strong>in</strong>ie bleibt bei<br />
vielen Autoren unklar.<br />
7<br />
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.<br />
5<br />
24<br />
5<br />
41<br />
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Dreifuß-Kattan (1986), Petzold (1980, 1984, 1991) und Rudloff (1985)<br />
berücksichtigen starke Schmerzmittel als Störfaktor. Nahezu alle Autoren halten<br />
mediz<strong>in</strong>isches H<strong>in</strong>tergrundwissen für erfor<strong>der</strong>lich. Sie verleihen dieser Notwendigkeit<br />
entwe<strong>der</strong> explizit Ausdruck, o<strong>der</strong> sie vermitteln dem Leser e<strong>in</strong>leitend entsprechende<br />
Informationen.<br />
E<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> Autoren stellt Betrachtungen bezüglich typischer<br />
psychodynamischer Konstellationen und Persönlichkeitsmerkmale <strong>in</strong> Assoziation zur<br />
Krebserkrankung an. Diese Auffassungen gründen auf Forschungen <strong>der</strong><br />
mediz<strong>in</strong>ischen Psychologie, die lebensgeschichtliche Geme<strong>in</strong>samkeiten von<br />
Krebspatienten zum Inhalt haben, und auf Forschungen <strong>der</strong> Psychoonkologie, die<br />
sich mit typischen Konstellationen <strong>der</strong> Persönlichkeitsstruktur befaßt.<br />
Der Zusammenhang solcher Typizitäten mit den anti-tumorösen Aktivitäten des<br />
menschlichen Immunsystems f<strong>in</strong>det sich als Objekt psychoneuroimmunologischer<br />
Forschungsarbeit. E<strong>in</strong>ige Kunsttherapeuten erwägen orientierend ihre Erfahrungen<br />
mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen <strong>der</strong> onkologischen Patienten. Das Ziel<br />
therapeutischer Interventionen ist dabei dann meist e<strong>in</strong>e Unterstützung bei <strong>der</strong><br />
Entwicklung angemessener Bewältigungsstrategien; e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Unterstützung ist<br />
nur dann möglich, wenn <strong>der</strong> Patient ihr zugänglich und bereit ist, aktiv mitzuarbeiten.<br />
Deshalb f<strong>in</strong>det auch Rodewig (1991) für die Psychotherapie irrelevant, ob es sich bei<br />
den Phänomenen um kausale, reaktive o<strong>der</strong> als somatopsychische Zusammenhänge<br />
handelt- im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Gleichzeitigkeit <strong>der</strong> Entstehung. Ausschlaggebend sei die<br />
typischerweise starke Ausprägung <strong>der</strong> Abwehrmechanismen Verdrängung,<br />
Verleugnung, Anpassung und Vermeidung, die den Zugang zum Patienten<br />
erschwerten.<br />
Alle Autoren des anthroposophischen Ansatzes gehen von <strong>der</strong> Existenz „typischer<br />
Krebspersönlichkeiten“ aus. Diese Auffassung fußt auf <strong>der</strong> anthroposophischen<br />
Weltsicht, <strong>der</strong> die Therapeuten, ausgehend von stark differieren<strong>der</strong> Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Individualität des Patienten, aber mit unterschiedlichen Konsequenzen Rechnung<br />
tragen. Der E<strong>in</strong>satz üben<strong>der</strong> Verfahren soll grundsätzlich den mangelhaft<br />
entwickelten Persönlichkeitsanteilen, die zur Krankheitsentwicklung beigetragen<br />
haben, zum Ausgleich verhelfen. E<strong>in</strong>ige Autoren schreiben detailliert spezifische<br />
Malübungen <strong>in</strong> ausschließlicher Abhängigkeit von <strong>der</strong> Tumorart vor (z.B. Collot<br />
d`Herbois 1993); für an<strong>der</strong>e Autoren steht die <strong>in</strong>dividuelle Freisetzung und<br />
Entwicklung künstlerischer Fähigkeiten und wachsen<strong>der</strong> eigenständiger Aktivität des<br />
Patienten vollständig im Vor<strong>der</strong>grund (z.B. Brockhoff 1986).<br />
E<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Reflexion <strong>der</strong> konkreten therapeutischen Handlungsweise auf<br />
<strong>der</strong> Grundlage des vertretenen Ansatzes kann grob zusammengefaßt kaum e<strong>in</strong>em<br />
<strong>der</strong> Autoren zugesprochen werden. E<strong>in</strong>en Son<strong>der</strong>fall <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht, aber auch <strong>in</strong><br />
bezug auf die gesamte Methode <strong>der</strong> Darstellung, bilden die Veröffentlichungen von<br />
Herborn (1995, 1997), auf die wir im weiteren zurückkommen werden.<br />
Die grundsätzliche Verknüpfung kunsttherapeutischer Forschung und<br />
naturwissenschaftlicher, bzw. mediz<strong>in</strong>ischer Forschung ersche<strong>in</strong>t gerade auf dem<br />
geme<strong>in</strong>samen Sektor <strong>der</strong> onkologischen Therapie für beide Seiten als potentiell<br />
entwicklungsför<strong>der</strong>nde und daher auch erfor<strong>der</strong>liche Perspektive: Der beson<strong>der</strong>e<br />
Augenmerk muß sich auf die Verbesserung von Krankheitsbewältigung und<br />
Lebensqualitätserhöhung <strong>der</strong> Patienten richten. Offensichtliche<br />
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Verschaltungsmöglichkeiten bilden die Soziologie, die Psychologie und die<br />
Psychosomatik.<br />
Neben Versuchen <strong>der</strong> theoretischen Anknüpfung an die genannten Gebieten liegen<br />
als ausdrückliche Forschungsunterfangen <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong> aber<br />
noch weitere Arbeiten vor. Diese untersuchen jedoch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall die Ursachen<br />
von Phänomenen. Vielmehr richten sie ihr Interesse auf das vorangehende Stadium<br />
von Forschung, nämlich auf die Frage:<br />
• Welche kunsttherapeutischen Phänomene s<strong>in</strong>d vorhanden und wie s<strong>in</strong>d sie<br />
beschreibbar?<br />
Die <strong>Kunsttherapie</strong> mit kreativen Medien sollte feststehende formalästhetische<br />
Betrachtungskriterien für die Patientenwerke vorlegen können. Auch Unterschiede <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung und Arbeitsweise <strong>der</strong> Patienten lassen sich beobachten und<br />
möglicherweise nach phänomenalen Gesichtspunkten auswerten. Beson<strong>der</strong>s das<br />
evokative, aber auch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutig relaxierendes Potential bestimmter Medien und<br />
Gestaltungstechniken s<strong>in</strong>d relevante Gegenstände <strong>der</strong> Beobachtung. Für<br />
Gruppentherapien könnte e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung bekannter gruppendynamischer<br />
Phänomene <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Mediene<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Beschreibung bedürfen.<br />
Künstlerische Therapeuten, die mit an<strong>der</strong>en Medien als solchen <strong>der</strong> bildenden<br />
Künste arbeiten, nennen e<strong>in</strong>e Reihe von therapeutischen Phänomenen, <strong>der</strong>en<br />
spezifische Ausprägung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie mit kreativen Medien ebenfalls dr<strong>in</strong>gend <strong>der</strong><br />
Untersuchung bedarf. Als Beispiele seien hier genannt <strong>der</strong> therapeutische Dialog,<br />
bzw. die Begegnung, Prozeß des Stirb und Werde, <strong>in</strong>tensiviertes S<strong>in</strong>nerleben, „Sich<br />
selbst se<strong>in</strong>“ und das Heilmittel als Gabe, wie sie bei Petersen (1990) ihre<br />
Beschreibung f<strong>in</strong>den. In diesem Zusammenhang steht für die <strong>Kunsttherapie</strong> auch<br />
e<strong>in</strong>e Differenzierung <strong>der</strong> mittelbaren, unmittelbaren und unvermittelbaren Faktoren<br />
aus, wie Knill (1990) sie vornimmt. Schließlich ist noch e<strong>in</strong>e vertiefte Beobachtung<br />
<strong>der</strong> spezifischen Manifestation verschiedener Phasen kunsttherapeutischer Prozesse<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit mit kreativen Medien als s<strong>in</strong>nvoll anzusehen.<br />
Angesichts <strong>der</strong> unterentwickelten wissenschaftlichen Gegenstandsbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Kunsttherapie</strong> sollte bei <strong>der</strong> Auswertung von Fallgeschichten folgende Frage bedacht<br />
werden:<br />
• Welche Phänomene werden von den Autoren <strong>der</strong> Fallgeschichten zur<br />
<strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong> tatsächlich beobachtet und beschrieben, wie<br />
werden sie beschrieben? Was erhält den Rang e<strong>in</strong>es Phänomens?<br />
E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Probleme bei <strong>der</strong> Erforschung therapeutischer Prozesse ist die Tatsache,<br />
daß gerade konkrete, s<strong>in</strong>nlich wahrnehmbare, persönlich erlebbare,<br />
bedürfnisrelevante Gesichtspunkte den essentiellen und tragenden Anteil von<br />
Therapie darstellen. Der Kunsttherapeut als Forscher kann also solchen subjektiven<br />
Wahrheiten gar nicht „unverdient große“ Bedeutung beimessen: Er selbst gestaltet<br />
entscheidend Bedeutung und Intensität <strong>der</strong> Begegnung mit und verleiht dadurch<br />
solchen Fakten ihr <strong>in</strong>dividuell angemessenes und beson<strong>der</strong>es Gewicht. Der<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
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forschende Kunsttherapeut ist niemals neutraler Beobachter, son<strong>der</strong>n emotional<br />
<strong>in</strong>volvierter und praktisch teilhaben<strong>der</strong> Begleiter (Petersen 1999). Praktisch alle<br />
Autoren <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong> sprechen sich im Rahmen ihres<br />
therapeutischen Selbstverständnisses Empathie als fundamentale Eigenschaft zu.<br />
Als ebenso wichtig stellen sie das grundsätzliche Angebot e<strong>in</strong>er Begleitung<br />
(=etymologischer Ursprung von „Therapie“) für den Patienten heraus.<br />
Insgesamt formulieren die Autoren für sich nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige therapeutische Qualität,<br />
die abweicht von geläufigen Eigenschaften psychotherapeutischer Arbeit; das ist<br />
zugleich die e<strong>in</strong>zige Qualität, die hauptsächlich an das spezifische Therapiemedium<br />
Kunst angelehnt ist: Pädagogik- wie es e<strong>in</strong>ige Autoren bezeichnen. Brockhoff (1986)<br />
hebt als e<strong>in</strong>zige Autor<strong>in</strong> die Notwendigkeit <strong>der</strong> Selbstlosigkeit als Künstler im<br />
therapeutischen Umgang mit dem Patienten und se<strong>in</strong>en Werken hervor. Pädagogik<br />
und die Selbstlosigkeit als Künstler <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit „herkömmlicher“<br />
Psychotherapiearbeit ist also die e<strong>in</strong>zige Differenz von <strong>Kunsttherapie</strong> zur<br />
Psychotherapie, wie es den Ausführungen <strong>der</strong> Autoren zu entnehmen war. Dabei<br />
stimmt das Selbstverständnis <strong>der</strong> anthroposophischen Autoren entwe<strong>der</strong> explizit mit<br />
dem bisher Gesagten übere<strong>in</strong> (evtl. eigene Term<strong>in</strong>ologie) o<strong>der</strong> es liegt implizit<br />
nzugrunde.<br />
Neben Bach (1966) und Herrlen-Pelzer et al. (1998), die ohneh<strong>in</strong> methodisch<br />
geplante Studien vorgelegt haben, def<strong>in</strong>iert sich nur Baron (1989) ausdrücklich als<br />
Forscher<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dem sie die Dokumentation therapeutischer Prozesse zu ihren<br />
Aufgaben rechnet.<br />
Obwohl die meisten Dokumentationen kunsttherapeutischer Erfahrung aus dem<br />
kl<strong>in</strong>ischen Bereich stammen, <strong>in</strong> dem <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Kommunikation die Effektivität<br />
<strong>der</strong> Arbeit bee<strong>in</strong>flußt, schlägt sich dieser Aspekt nur durch zwei Veröffentlichungen<br />
<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Arbeitsgruppen nie<strong>der</strong> (Herrlen-Pelzer et al. 1998, Stålhammar et al.<br />
1997).<br />
Künstlerische Bildung, Anteilnahme und folglich e<strong>in</strong>e hohe Achtung für den Wert und<br />
die Bedeutung <strong>der</strong> eigenen Erfahrung werden zwar von vielen Autoren benannt,<br />
bilden sich im Großteil <strong>der</strong> Quellen jedoch nicht ab. We<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den sich entsprechende<br />
Reflexionen, noch werden von den Autoren Standpunkte h<strong>in</strong>sichtlich ihres<br />
Wissenschaftsbegriffes und ihres Menschenbildes formuliert, denen die Attribute<br />
„produktiv“ o<strong>der</strong> „kreativ“ verliehen werden könnten,- Attribute, auf die Künstler<br />
eigentlich e<strong>in</strong>en Anspruch erheben sollten!<br />
Zu den Voraussetzungen kreativer Problemlösung (produktives Denken) kann das<br />
Durchbrechen von Traditionen, kulturellen Wertvorstellungen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umwelt<br />
begründeter Blockierungen gehören. Erst das Zerschlagen solcher Konzeptblöcke<br />
(„conceptual blockbust<strong>in</strong>g“, Adams 1976, nach Zimbardo 1983, Petersen 1992)<br />
eröffnet häufig den Blick darauf, wie e<strong>in</strong>e „bessere Welt“ aussehen könnte.<br />
Auffallend ist, daß zwar e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Autoren das Interesse auf Ursache und Wirkung<br />
von Kreativität lenken, sie aber nur auf dem Niveau re<strong>in</strong> spekulativer Äußerungen<br />
e<strong>in</strong>en knappen Standpunkt dazu formulieren. Demzufolge mußte e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong>e<br />
Untersuchung des Kreativitätsbegriffes <strong>der</strong> Autoren vollständig entfallen. Die<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
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Literaturrecherche von Broich, Olearius und Daumüller (1998) kam <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Untersuchung ausgewählter Fallgeschichten zu dem selben Ergebnis. Demnach<br />
„betonen“ die Autoren <strong>der</strong> Fallgeschichten häufig die heilsame Wirkung des<br />
Gestaltungsprozesses. E<strong>in</strong>ige stellen Vermutungen über den Ursprung von<br />
Kreativität an, wobei auch Broich et al. (1998) den Quellen ke<strong>in</strong>e tiefergehenden<br />
Erörterungen, bzw. spezifische Ausarbeitungen entnehmen konnten.<br />
Die Untersuchung <strong>der</strong> Darstellung von Fallgeschichten bezog sich auf die genaue<br />
Prozeßdarstellung, die Darstellungsmethode und den Umfang <strong>der</strong><br />
Patientengeschichten. Auf allen Ebenen ergab sich e<strong>in</strong>e bemerkenswerte<br />
Inhomogenität, obwohl die angelegten Maßstäbe gleichsam auf die Quellen<br />
zugeschnitten se<strong>in</strong> sollten. Diese Unregelmäßigkeit ist zunächst anzusehen als <strong>der</strong><br />
Effekt von Schwankungen zwischen phänomenologischer Betrachtungsweise und<br />
an<strong>der</strong>en Perspektiven. Die unterschiedlichen Ansätze und weiteren Bezüge ließen<br />
bereits erahnen, daß e<strong>in</strong>e Vielzahl von Betrachtungsweisen für den<br />
kunsttherapeutischen Prozeß möglich ist. E<strong>in</strong> Mangel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strukturierung<br />
kunsttherapeutischer Falldarstellungen zeigt sich im perspektivischen Wechsel<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Veröffentlichung, ohne dass <strong>der</strong> Autor diesen Wechsel reflektiert.<br />
Der folgende Tabellenaufbau erwies sich als Basis für e<strong>in</strong>e vergleichende<br />
Auswertung <strong>der</strong> kunsttherapeutischen Patientengeschichten als praktikabel:<br />
AUSWERTUNGSTABELLE 1 (Kopfzeile):<br />
Biographie<br />
(Anamnese)<br />
E<strong>in</strong>stellung<br />
(<strong>in</strong>itiale Rk.)<br />
Bef<strong>in</strong>den<br />
psych.<br />
som.<br />
Pat.-Zitat<br />
(Bild/<br />
Outcome)<br />
9<br />
Bildserie<br />
(m<strong>in</strong>d. 2)<br />
Erläuterungen zum Verständnis <strong>der</strong> Tabellenstruktur:<br />
Vorgehen<br />
(des Pat.)<br />
Reflexion<br />
(Gefühle)<br />
Planung<br />
(Intention)<br />
Je<strong>der</strong> veröffentlichten Fallgeschichte wurde e<strong>in</strong>e Zeile <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tabelle zugeordnet, so<br />
daß durch e<strong>in</strong>e graue Unterlegung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Tabellenzellen die enthaltenen<br />
Informationen zu folgenden überschriebenen Kriterien übersichtlich markiert werden<br />
konnten:<br />
1. Biographie (Anamnese): Enthält <strong>der</strong> Text biographische o<strong>der</strong> anamnestische Angaben über den<br />
Patienten?<br />
2. E<strong>in</strong>stellung (<strong>in</strong>itiale Reaktion): Gibt <strong>der</strong> Text Auskunft über die E<strong>in</strong>stellung des Patienten zur<br />
Therapie, d.h. über die Erwartungen, die <strong>der</strong> Patient an die Therapie stellt, se<strong>in</strong>e Motivation o<strong>der</strong><br />
se<strong>in</strong>e Reaktionen auf therapeutische Maßnahmen?<br />
3. Bef<strong>in</strong>den (psychisch/ somatisch): Ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> psychische bzw. somatische<br />
Zustand des Patienten festgehalten?<br />
4. Patienten-Zitat (zu Bild/ Outcome): Be<strong>in</strong>haltet die Darstellung wörtliche Wie<strong>der</strong>gabe von<br />
Ansichten des Patienten zur Bedeutung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> zum persönlichen Gew<strong>in</strong>n, den er aus <strong>der</strong><br />
Therapie gezogen hat? (Dieses Kriterium wurde auch als erfüllt gewertet, wenn <strong>der</strong> Autor se<strong>in</strong>e<br />
Darstellung explizit auf detailierte Therapieprotokolle stützt, se<strong>in</strong>e Kommentare also die<br />
Zusammenfassung e<strong>in</strong>es dokumentierten therapeutischen Gespräches s<strong>in</strong>d.)
Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
5. Bildserie (m<strong>in</strong>destens zwei): S<strong>in</strong>d dem Text m<strong>in</strong>destens zwei Werke des Patienten<br />
beigefügt, die also zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Schritt des Arbeitsprozesses im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Fortschrittes dokumentieren könnten?<br />
6. Vorgehen (des Patienten): Wird dem Vorgehen des Patienten während des<br />
Gestaltungsvorganges, <strong>der</strong> Reihenfolge <strong>der</strong> Darstellung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>zelner Bildobjekte<br />
therapeutische Bedeutung beigemessen?<br />
7. Reflexion (eigene Gefühle): S<strong>in</strong>d die eigenen Gefühle und Reaktionen des Therapeuten<br />
dokumentiert o<strong>der</strong> gibt er zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e weitere Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Fall an (außer <strong>der</strong><br />
Tatsache <strong>der</strong> Veröffentlichung)?<br />
8. Planung (Intention): Ist e<strong>in</strong> geplantes, strukturiertes aber zugleich <strong>in</strong>dividuell flexibles Vorgehen<br />
des Therapeuten <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>zusehen, als er m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e spezielle Zielsetzung formuliert<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e spezielle therapeutische Maßnahme erläutert?<br />
Dazu führen wir etwas genauer aus:<br />
1. Die biographischen und anamnestischen Angaben über die Patienten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
ihren Inhalten e<strong>in</strong>er starken Variationsbreite unterworfen, die durch die<br />
differierenden Anschauungen und Zielsetzungen <strong>der</strong> Therapeuten begründet<br />
werden könnte.<br />
2. Fast alle Autoren äußern sich zu den Erwartungen o<strong>der</strong> anfänglichen<br />
Reaktionen und E<strong>in</strong>stellungen ihrer Patienten <strong>in</strong> bezug auf die <strong>Kunsttherapie</strong>.<br />
3. Obwohl nahezu alle Autoren auf die Notwendigkeit mediz<strong>in</strong>ischer Kenntnisse<br />
h<strong>in</strong>weisen, versäumen es e<strong>in</strong>ige, das somatische Bef<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Patienten im<br />
Therapieverlauf zu dokumentieren. Dies ist als beson<strong>der</strong>s pe<strong>in</strong>lich zu bewerten,<br />
wenn Therapeuten somatische Zielsetzungen verfolgen. Wenige Autoren<br />
berücksichtigen ausdrücklich die Schwierigkeit e<strong>in</strong>er realistischen E<strong>in</strong>schätzung<br />
des Beitrags <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong> zum Genesungsprozeß angesichts parallel<br />
applizierter Physio- und Pharmakotherapie (z.B. Musick 1978). In e<strong>in</strong>igen Fällen<br />
ist die Entwicklung <strong>der</strong> psychischen Verfassung nicht dokumentiert worden,<br />
obwohl dies aufgrund <strong>der</strong> Zielsetzung durchaus wünschenswert wäre.<br />
4./5. Über das E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Patientenäußerungen und Bildserien für die<br />
Prozeßdokumentation herrscht E<strong>in</strong>igkeit beim Großteil <strong>der</strong> Autoren. Die Anzahl<br />
und Genauigkeit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gaben ist aber e<strong>in</strong>er starken Variationsbreite<br />
unterworfen. Bei den Zitaten fehlen meist Angaben zu Gesamtsituation, Kontext<br />
und Reaktion des Gesprächspartners. Bei den Bildserien s<strong>in</strong>d selten alle im<br />
Prozeßverlauf entstandenen Werke abgebildet (z.B. Stålhammar 1993, 1997).<br />
Hier muß zugestanden werden, daß dies sicher aufgrund <strong>der</strong> großen Menge<br />
entstandener Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Plastiken nicht immer möglich ist. Aber es werden nur<br />
ausnahmsweise Kriterien <strong>der</strong> getroffenen Auswahl erläutert und dazwischen<br />
stattf<strong>in</strong>dende Entwicklungen beschrieben (z.B. Evertz 1997).<br />
6. Das Vorgehen des Patienten beim Gestaltungsvorgang f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
vom kunsttherapeutischen Ansatz Beachtung.<br />
7. Wenige Autoren/ Therapeuten br<strong>in</strong>gen sich selbst <strong>in</strong> ihre Falldarstellung e<strong>in</strong>;<br />
sie ersche<strong>in</strong>en dadurch uns<strong>in</strong>nigerweise wie e<strong>in</strong> „allwissen<strong>der</strong> Erzähler“, <strong>der</strong> über<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
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<strong>der</strong> stattf<strong>in</strong>denden Handlung steht. E<strong>in</strong>ige anthroposophische Autoren<br />
unterlassen es gänzlich, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fallbeschreibung, auf die Rolle <strong>der</strong><br />
Individualität, was den Patienten und den Therapeuten betrifft, e<strong>in</strong>zugehen (z.B.<br />
Glöckler, Schürholz, Treichler 1991): Subjektive Wahrnehmungen müssen so <strong>in</strong><br />
verwirren<strong>der</strong> Art und Weise als Tatsachen ersche<strong>in</strong>en. Dabei folgen die<br />
anthroposophischen Autoren häufig e<strong>in</strong>em nach Wesensglie<strong>der</strong>n strukturierten<br />
Aufbau und entsprechend e<strong>in</strong>er methodischen Konsequenz. Die<br />
Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit von Fallbeschreibungen scheitert aber<br />
auch bei Autoren dieses Ansatzes oftmals an e<strong>in</strong>er willkürlich ersche<strong>in</strong>enden<br />
Variationsbreite von Inhalt und Menge überschriebener Informationen, z.B.<br />
verstehen die Autoren unter „Ersche<strong>in</strong>ung“ die Physiognomie, die psychische<br />
Verfassung o<strong>der</strong> auch die Krankengeschichte des Patienten. Anthroposophischen<br />
wie auch den Autoren, die das mediale Vorgehen als Erweiterung übergeordneter<br />
psychotherapeutischer o<strong>der</strong> psychoanalytischer Verfahren betrachten, z.B.<br />
Eibach (1979, 1996), Petzold (1980, 1984, 1991), Riedel (1992) ist vorzuwerfen,<br />
daß ihre Falldarstellungen e<strong>in</strong>er konsequenten und ausführlichen Reflexion<br />
metatheoretischer und praxeologischer Grundlagen entbehren. Gerade dies wäre<br />
aber von Autoren, die über solche verfügen, als Beitrag zur Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />
geme<strong>in</strong>samen Fundamentes <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong> zu wünschen.<br />
8. Extreme Defizite fanden sich bei e<strong>in</strong>igen Autoren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung von<br />
Intentionen, sowohl bei therapeutischen Interventionen (Planung, spezielle<br />
Maßnahmen), als auch den S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Veröffentlichung betreffend. Die<br />
unterschiedlichen und komplexen Rollen, die <strong>der</strong> künstlerische Therapeut im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>es Therapieprozesses e<strong>in</strong>nimmt, bedürfen<br />
ausführlicher Reflexion. Dabei ist dem Therapeuten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />
Dokumentation und Deutung se<strong>in</strong>er eigenen Reaktionen und Gefühle zugänglich.<br />
An e<strong>in</strong>em solchen Vorgehen mangelt es e<strong>in</strong>em großen Teil <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Veröffentlichungen ebenso wie an <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe von therapeutischen<br />
Absichten und Therapieplanung.<br />
Die Kont<strong>in</strong>uität therapeutischer Prozesse war <strong>in</strong> sehr wenigen Veröffentlichungen<br />
nachvollziehbar. Jedoch war diese Kont<strong>in</strong>uität bei folgenden Autoren erkennbar:<br />
Eva Herborn (1995, 1997) und Hilarion Petzold (1980, 1984, 1991) haben<br />
Falldarstellungen veröffentlicht, die als persönliche Erfahrungsberichte mit<br />
erzählerischen Stilmitteln konzipiert s<strong>in</strong>d. Zum e<strong>in</strong>en legten diese Autoren<br />
Falldarstellungen vor, die <strong>in</strong> konsistenter Art und Weise den größten Teil <strong>der</strong><br />
angelegten Bewertungskriterien berücksichtigen. Dadurch s<strong>in</strong>d sie sogar <strong>in</strong><br />
gewissem Maße mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vergleichbar. Problematisch bei e<strong>in</strong>em solchen<br />
Vergleich ist die Tatsache, daß beide Autoren ihre offensichtlich vorhandenen<br />
allgeme<strong>in</strong>en anthropologischen H<strong>in</strong>tergründe äußerst knapp am <strong>in</strong>dividuellen Fall<br />
reflektieren.- Außerdem läßt sich bei Herborn und Petzold tatsächlich von e<strong>in</strong>em<br />
Zusammenhang zwischen Menschenbild und Methode <strong>der</strong> Darstellung sprechen. E<strong>in</strong><br />
solcher Zusammenhang könnte ebenfalls noch Waser (1990) und Evertz (1997)<br />
zugesprochen werden.<br />
Waser (1990) legt e<strong>in</strong>e ausführliche Monographie vor. Als Psychiater und<br />
Psychotherapeut arbeitet er auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Analytischen Psychologie nach<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
C.G.Jung. Waser stellt se<strong>in</strong>e Patient<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Mittelpunkt und bezieht von ihr<br />
mitgebrachte Bil<strong>der</strong> und Tagebücher sowohl <strong>in</strong> den therapeutischen Prozeß als auch<br />
<strong>in</strong> dessen Dokumentation e<strong>in</strong>. Er leitet se<strong>in</strong>e Falldarstellung e<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er<br />
philosophischen Betrachtung <strong>der</strong> Existenz. Abschließend formuliert er differenzierte<br />
<strong>Ergebnisse</strong> auf somatischer, psychosomatischer, psychodynamischer, theologischmetaphysischer<br />
und persönlicher Ebene.<br />
Evertz (1997) arbeitet als bilden<strong>der</strong> Künstler und Kunsttherapeut. Ausgehend von<br />
philosophischen, psychosomatischen, künstlerischen und psychoanalytischen<br />
Grundüberlegungen erläutert er das Konzept se<strong>in</strong>es eigenen Ansatzes. Se<strong>in</strong>e<br />
übergeordnete Intention ist die Untersuchung <strong>der</strong> Ersche<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>es<br />
„Kernproduktes“. Dieses Phänomen manifestiere sich häufig als zentrales Thema<br />
des therapeutischen Prozesses und gleichzeitiger Höhepunkt des künstlerischen<br />
Prozesses des Patienten. Se<strong>in</strong>e Beobachtung dokumentiert Evertz (1997) mit e<strong>in</strong>er<br />
Falldarstellung. Den psychischen und künstlerischen Prozeß e<strong>in</strong>er Patient<strong>in</strong> bildet er<br />
durch systematische Bildbeschreibungen ab. Diese vere<strong>in</strong>en als Ergebnis des<br />
therapeutischen Dialoges die Betrachtungen auf allen e<strong>in</strong>leitend genannten<br />
Arbeitsebenen. Die Gesamtzahl <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> ist angegeben. Die zwischen den<br />
Abbildungen liegenden Arbeitsperioden s<strong>in</strong>d zusammenfassend beschrieben.<br />
Petzold (1980, 1984, 1990) vertritt e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegrativen Ansatz, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Ursprung <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Gestalttherapie hat. Als grundlegende E<strong>in</strong>heit von Wahrnehmung und Erfahrung<br />
gilt die Gestalt. Gemäß dieser Auffassung prägt das Ganze, das „mehr ist als die<br />
Summe se<strong>in</strong>er Teile“, Charakter und Verhalten dieser Teile- und nicht umgekehrt.<br />
„Die grundlegende Annahme <strong>der</strong> Gestaltpsychologen, daß die Organisation e<strong>in</strong> Teil<br />
je<strong>der</strong> Wahrnehmung ist und nicht etwas, was später h<strong>in</strong>zugefügt wird, nachdem die<br />
Elemente empfunden worden s<strong>in</strong>d, wird allgeme<strong>in</strong> anerkannt.“ (Zimbardo 1983)<br />
Petzolds (1980, 1984, 1991) Methode <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> therapeutischen<br />
Erfahrung mit se<strong>in</strong>em Patienten Lutz ist umfassend nachvollziehbar. Die<br />
Darstellungsmethode stimmt <strong>in</strong>sofern mit dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Gestaltpsychologie<br />
übere<strong>in</strong>, als die Fallgeschichte dem Leser e<strong>in</strong>e Ahnung bzw. e<strong>in</strong> Gefühl <strong>der</strong><br />
therapeutischen Dynamik auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>tersubjektiven Ebene zu vermitteln vermag.<br />
Derselbe Effekt f<strong>in</strong>det sich bei Herborn (1995, 1997).<br />
Die Schlußfolgerung liegt nahe, daß es weniger bestimmte Term<strong>in</strong>i o<strong>der</strong><br />
Formulierungen s<strong>in</strong>d, die dies ermöglichen, als vielmehr die beson<strong>der</strong>e Methode <strong>der</strong><br />
Darstellung. Nur e<strong>in</strong>e Erzählung ermöglicht es dem Autor, zwischen den Zeilen zu<br />
schreiben, und dem Leser, zwischen den Zeilen zu lesen, was für sie jeweils als<br />
ausschlaggebende und nicht verbalisierbare Information ersche<strong>in</strong>t. Hier bietet sich im<br />
H<strong>in</strong>blick auf die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Darstellungsmethode e<strong>in</strong>e<br />
Anknüpfungsmöglichkeit an die Literaturwissenschaft.<br />
Insgesamt drängte sich bei den Recherchen die Vermutung auf, daß auf dem<br />
therapeutischen Sektor verschiedenen Natur- und Geisteswissenschaften, aus<br />
entgegengesetzten Richtungen kommend, versuchen, identische Phänomene zu<br />
begreifen. Es sche<strong>in</strong>t sich nicht ausschließlich um e<strong>in</strong> term<strong>in</strong>ologisches Problem zu<br />
handeln, das die unterschiedlichen Diszipl<strong>in</strong>en vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abschottet; im<br />
wie<strong>der</strong>holten Durchsche<strong>in</strong>en und Auftauchen des Begriffes „Mystik“ deuten sich nach<br />
unserer Ansicht zwei fundamentale und evolutionäre Erkenntnisse an:<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
Die Fähigkeit zu H<strong>in</strong>gabe und Versenkung wird als essentieller Anteil menschlicher<br />
Existenz erkannt, und nicht mehr als überholtes, schwächlich anmutendes Bedürfnis<br />
nach Religiosität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Atemzug mit antiquierter demütiger mönchischer<br />
Selbstgeißelung verspottet.<br />
Die Formen des Denkens und <strong>der</strong> damit notwendigen neuen Ausdrucksformen<br />
sche<strong>in</strong>en vor e<strong>in</strong>er Pforte zur entwicklungsträchtigen Eruption anzudrängen.<br />
E<strong>in</strong> wesentlicher Aspekt für e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Prozeßdokumentation <strong>der</strong><br />
<strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong> läßt sich so formulieren: Im Zentrum<br />
kunsttherapeutischer Forschung stehe <strong>der</strong>zeit nicht die Systematik von Modellen,<br />
son<strong>der</strong>n die Deskription und Rekonstruktion <strong>der</strong> therapeutischen Abläufe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
geeigneten und angemessenen Sprache (Petersen 1990). In <strong>der</strong> Lyrik wird die durch<br />
das lexikalische Verständnis <strong>der</strong> Wörter aufgenommene <strong>in</strong>haltliche Bedeutung des<br />
Textes vielfach überlagert von sprachlichen Auffälligkeiten, die vom Leser mit S<strong>in</strong>n<br />
aufgeladen werden. Dieser Vorgang <strong>der</strong> Semantisierung f<strong>in</strong>det auf mehreren<br />
sprachlichen Ebenen statt. Dies ist ke<strong>in</strong> Vorschlag, den <strong>in</strong> Balladenform verfaßten<br />
Fallgeschichten Reim und Metrum zugrunde zu legen, es sei denn, <strong>der</strong> Autor<br />
empf<strong>in</strong>det dies als angemessen. Geme<strong>in</strong>t ist hier <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz sprachlicher Technik,<br />
sozusagen literaturwissenschaftlicher Erkenntnisse zur optimierten Vermittlung und<br />
Rezeption verdichteter Informationen.<br />
Umberto Eco (1973) äußerte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Aufsatz zur poetischen Funktion <strong>der</strong><br />
Sprache, also zu ihrer Verdichtung, wie folgt (gekürzt durch Jakabos): „Als<br />
dichterisch gilt für gewöhnlich jene Redeweise, die, zugleich mit e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Bedeutung auch e<strong>in</strong>e neuartige Emotion vermittelt; und dies so sehr, daß die<br />
Emotion auch dann entsteht, wenn die Bedeutung nicht sofort klar wird.“ E<strong>in</strong> Beispiel:<br />
Du klar-frisch-süße Quelle,<br />
Dare<strong>in</strong> die schönen Glie<strong>der</strong><br />
Die Frau getaucht, die mir gefiel wie ke<strong>in</strong>e.<br />
(Gedicht von Francesco Petrarca, deutsch von Benno Geiger, nach Eco 1973)<br />
Dieses Beispiel zeige, daß die Orig<strong>in</strong>alität <strong>der</strong> Organisation, die Unvorhersehbarkeit<br />
<strong>in</strong> bezug auf das Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitssystem <strong>der</strong> Sprache, zu e<strong>in</strong>em Zuwachs an<br />
Informationen führen kann. Undzwar zu e<strong>in</strong>em Zuwachs <strong>der</strong>jenigen Informationen,<br />
die <strong>der</strong> Verfasser wirklich vermitteln will: die Essenz e<strong>in</strong>er subjektiven und<br />
situationsgebundenen Wahrheit. „Dem Liebenden [<strong>in</strong> diesem Gedicht] gel<strong>in</strong>gt es so,<br />
zum Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen, daß er sich er<strong>in</strong>nert und noch weiterh<strong>in</strong> liebt, und dabei die<br />
Stärke se<strong>in</strong>er Liebe durch die heftige Bewegung dieser empathisch sich äußernden<br />
Er<strong>in</strong>nerung selbst mit <strong>der</strong> Unmittelbarkeit e<strong>in</strong>er gegenwärtigen Anschauung zu<br />
verdeutlichen.“<br />
Interessant ersche<strong>in</strong>t uns <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die Frage nach Perspektiven für<br />
die Entwicklung von Ausdruck auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en, und von Rezeption und Wahrnehmung<br />
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Jakabos, C and petersen, P (2001) <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Onkologie</strong>: <strong>Ergebnisse</strong> e<strong>in</strong>er<br />
<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
künstlerisch-therapeutischer Prozesse auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Knill (1990)<br />
schreibt, daß sich die Bezeichnungen <strong>der</strong> Therapien meist auf das<br />
Handlungsmedium, das Behandelte o<strong>der</strong> das Modell, aus welchem gehandelt wird,<br />
beziehen. <strong>Kunsttherapie</strong> im Gegensatz zu Psychoanalyse (das Modell),<br />
Gesprächstherapie, Chirurgie (das Medium), Physiotherapie (das Behandelte) kann<br />
alle drei Möglichkeiten betreffen und stellt damit e<strong>in</strong>en sehr <strong>in</strong>teressanten Son<strong>der</strong>fall<br />
dar. Geht man von dieser Erkenntnis aus, so ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> von Herborn (1995, 1997)<br />
und Petzold (1980, 1984, 1991) e<strong>in</strong>geschlagene Weg künstlerischer Dokumentation<br />
und Forschungsmethodik be<strong>in</strong>ahe als logische Konsequenz zur Wahrung <strong>der</strong><br />
Authentizität dieser Therapieform. Zudem hat dieser Weg den Vorteil, daß er neu und<br />
eigentümlich, <strong>der</strong> <strong>Kunsttherapie</strong> angemessen gestaltet werden kann.<br />
Bevor allerd<strong>in</strong>gs die <strong>Kunsttherapie</strong> Perspektiven für die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />
angemessenen Ausdrucks für die Phänomene <strong>in</strong> ihren Therapien ausbauen kann,<br />
muß sie zunächst e<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>tes tragendes Fundament hierfür evoluieren. E<strong>in</strong>e solche<br />
Grundlage, auf <strong>der</strong> möglicherweise sogar die verschiedenen Ansätze kooperieren<br />
und kommunizieren können, bildet die anzustrebende E<strong>in</strong>igung und Schulung von<br />
Rezeption und Wahrnehmung im H<strong>in</strong>blick auf die zu klärenden spezifischen<br />
künstlerisch-therapeutischen Ersche<strong>in</strong>ungen.<br />
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H.G. Petzold: Integrative <strong>Kunsttherapie</strong> und Arbeit mit kreativen Medien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Begleitung<br />
Sterben<strong>der</strong>. In: Petzold, H.G., Orth, I., Hrsg. Die neuen Kreativitätstherapien: Handbuch <strong>der</strong><br />
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H.G. Petzold: Überlegungen und Konzepte zur Integrativen Therapie mit kreativen Medien<br />
und e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>termedialen Kunstpsychotherapie. In: Petzold, H.G., Orth, I., Hrsg. Die neuen<br />
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Zusammenfassung<br />
16
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<strong>Literaturstudie</strong>. Music Therapy Today (onl<strong>in</strong>e), November, available at<br />
www.musictherapyworld.<strong>in</strong>fo<br />
<strong>Literaturstudie</strong> über 107 Publikationen zum Thema <strong>Kunsttherapie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Onkologie</strong> aus den Jahren 1967-1997. Davon hielten 6 Publikationen den ermittelten<br />
acht Kriterien für e<strong>in</strong>e angemessene Dokumentation von <strong>Kunsttherapie</strong>n stand:<br />
Biographie, Motivation des Klienten, psychisch-somatisches Bef<strong>in</strong>den,<br />
Patientenzitate zur Therapiewirkung, Bildserien mit zum<strong>in</strong>dest zwei Abbildungen,<br />
Gestaltungsprozeß des Klienten, Reflexion <strong>der</strong> Gegenübertragung, Intention des<br />
Therapeuten, Sett<strong>in</strong>g, kunsttherapeutischer Ansatz und Praxeologie und zugrunde<br />
liegende Anthropologie.<br />
17