Eins und eins macht vier - caet.ch
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Verhalten<br />
38<br />
Meinung der Expertin<br />
Mit der Tierpsy<strong>ch</strong>ologin Rosemarie S<strong>ch</strong>är<br />
C. Kasper: Wenn zwei Katzenhalter zusammenziehen,<br />
besteht oft die Sorge,<br />
dass die Büsis viellei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t miteinander<br />
auskommen – gibt es Vorbereitungsmassnahmen,<br />
die man treffen kann?<br />
R. S<strong>ch</strong>är: Am gem<strong>eins</strong>amen Wohnort der<br />
Katzen kann man s<strong>ch</strong>on vor dem Einzug<br />
genügend gute Verstecke s<strong>ch</strong>affen, das<br />
heisst: Verstecke ohne jegli<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tkontakt,<br />
sodass si<strong>ch</strong> die Katzen zurückziehen<br />
können, was gut für den Stressabbau ist.<br />
Ausserdem können der Halter <strong>und</strong> die<br />
Halterin den Geru<strong>ch</strong> ihrer Katze der anderen<br />
zutragen, indem sie z. B. eine<br />
Decke ihrer Katze in die Wohnung des anderen<br />
mitbringen, sodass si<strong>ch</strong> die Tiere<br />
s<strong>ch</strong>on einmal über den Geru<strong>ch</strong> kennen lernen<br />
können.<br />
Wel<strong>ch</strong>e Katzenkombinationen haben betreffend<br />
Alter <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t eher Chancen,<br />
miteinander gut klarzukommen?<br />
Der wi<strong>ch</strong>tigste Punkt für ein gutes Gelingen<br />
der Zusammenführung ist auf jeden<br />
Fall die innerartli<strong>ch</strong>e Sozialisierung der<br />
beiden Katzen, also ob die Tiere s<strong>ch</strong>on<br />
vorher friedli<strong>ch</strong> mit Artgenossen zusammengelebt<br />
haben, zusammen ges<strong>ch</strong>lafen,<br />
gespielt oder einander abgeleckt haben.<br />
Weniger gut stehen die Chancen, wenn<br />
man z. B. eine 12-jährige Katze mit einem<br />
neuen Partner konfrontiert, die zwar die<br />
ersten drei Monate mit Ges<strong>ch</strong>wistern aufgewa<strong>ch</strong>sen<br />
ist, dana<strong>ch</strong> aber als Einzelkatze<br />
gelebt hat.<br />
Der zweitwi<strong>ch</strong>tigste Punkt ist das Selbstvertrauen<br />
der beiden Katzen: Katzen, die<br />
ein ähnli<strong>ch</strong>es Selbstvertrauen haben, passen<br />
oft besser zusammen, als die, die<br />
diesbezügli<strong>ch</strong> sehr vers<strong>ch</strong>ieden sind. So<br />
sind Kätzinnen tendenziell unsi<strong>ch</strong>erer als<br />
Kater, sie lassen si<strong>ch</strong> von Männ<strong>ch</strong>en oft zu<br />
Opfern ma<strong>ch</strong>en. Haben die beiden Katzen<br />
also früher friedli<strong>ch</strong> mit einem Sozialpartner<br />
zusammengelebt <strong>und</strong> verfügen sie<br />
über ein ähnli<strong>ch</strong>es Selbstvertrauen, sind<br />
dies gute Voraussetzungen für das zukünftige<br />
Zusammenleben.<br />
Der dritte Punkt, der au<strong>ch</strong> eine Rolle spielt,<br />
© Katzen Magazin 3/07<br />
ist, dass die beiden ähnli<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>äftigungsbedürfnisse<br />
haben, was ihre Spielfreude<br />
betrifft. Der Altersunters<strong>ch</strong>ied sollte<br />
hier ni<strong>ch</strong>t riesig sein – ein 1-jähriger Kater<br />
passt nur ausnahmsweise zu einem 12-jährigen.<br />
Obwohl ein neutraler Begegnungsort vermutli<strong>ch</strong><br />
idealer als das Re<strong>vier</strong> der einen<br />
Katze wäre, s<strong>ch</strong>eint es vielen zu riskant,<br />
glei<strong>ch</strong> beide Wohnungen zu kündigen.<br />
Was raten Sie?<br />
Mir ist kein Fall bekannt, wo eine neue<br />
Wohnung der Katzen wegen gesu<strong>ch</strong>t wurde;<br />
das wird wohl eher ni<strong>ch</strong>t praktiziert. Es<br />
liegt meist in der Natur der Sa<strong>ch</strong>e, dass die<br />
Mens<strong>ch</strong>en in die grössere der beiden vorhandenen<br />
Wohnungen ziehen. Das ist au<strong>ch</strong><br />
für die Katzen optimaler, weil sie si<strong>ch</strong> besser<br />
auswei<strong>ch</strong>en, aus dem Weg gehen <strong>und</strong><br />
zurückziehen können.<br />
Wie soll man am Tag X vorgehen?<br />
Wenn man die neue Katze bringt, darf man<br />
den Transportkorb auf keinen Fall der anderen<br />
Katze vor die Nase stellen. I<strong>ch</strong> empfehle,<br />
den Korb unsi<strong>ch</strong>tbar für die eingesessene<br />
Katze abzustellen, die neue Katze<br />
herauszunehmen, mit ihr zum Katzenklo zu<br />
gehen <strong>und</strong> sie reinzusetzen. In dieser Zeit<br />
hat die andere Katze Gelegenheit, den Käfig<br />
ungestört zu bes<strong>ch</strong>nuppern. Dann kann<br />
man beiden Tieren Le Parfait in die Mitte<br />
der Körperseiten strei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> beoba<strong>ch</strong>ten,<br />
wie sie si<strong>ch</strong> verhalten, wenn sie einander<br />
sehen. Fau<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> knurren ist dabei<br />
ganz normal – damit gehen die Katzen auf<br />
Distanz, <strong>und</strong> aus Distanz wollen sie si<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> kennen lernen. Wenn trotzdem eine<br />
der beiden diese Warnsignale missa<strong>ch</strong>tet<br />
<strong>und</strong> der anderen zu nahe kommt, bekommt<br />
sie eine Ohrfeige. Au<strong>ch</strong> das ist normal, <strong>und</strong><br />
die Mens<strong>ch</strong>en sollten si<strong>ch</strong> keinesfalls einmis<strong>ch</strong>en.<br />
Es ist sinnvoll, dass die Halter/innen<br />
während dieser ganzen Begegnungszeit<br />
die Katzen ni<strong>ch</strong>t strei<strong>ch</strong>eln, sondern sie nur<br />
beoba<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> beruhigend auf sie <strong>eins</strong>äuseln.<br />
Man<strong>ch</strong>e Halter/innen sind übrigens irritiert,<br />
wenn die Tiere si<strong>ch</strong> ihnen gegenüber<br />
gereizt verhalten – au<strong>ch</strong> das ist in einer sol<strong>ch</strong>en<br />
Stresssituation ganz normal. Falls also<br />
alles im übli<strong>ch</strong>en, normalen Rahmen abläuft,<br />
kann man na<strong>ch</strong> einer Weile versu<strong>ch</strong>en,<br />
die Katzen zu füttern, was friedensstiftend<br />
wirkt. Die Häufigkeit des Fau<strong>ch</strong>ens<br />
<strong>und</strong> Knurrens sollte si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> etwa zwei<br />
Wo<strong>ch</strong>en gelegt haben. Hat es si<strong>ch</strong> hingegen<br />
sogar no<strong>ch</strong> verstärkt oder zieht si<strong>ch</strong> eine<br />
der beiden Katzen immer mehr zurück,<br />
ist es auf jeden Fall ratsam, professionelle<br />
Hilfe zu holen.<br />
Vorsi<strong>ch</strong>t ist angebra<strong>ch</strong>t, wenn die Katzen in<br />
der Integrationssituation das Fell sträuben.<br />
Sofort eingreifen muss man, wenn eine der<br />
beiden wie eine Rakete auf die andere losgeht,<br />
<strong>und</strong> au<strong>ch</strong>, wenn sie zu singen beginnt.<br />
In sol<strong>ch</strong>en Situationen muss man ohne<br />
abzuwarten dazwis<strong>ch</strong>engehen! Es darf<br />
also auf gar keinen Fall zu einem Angriff<br />
kommen, <strong>und</strong> man muss die beiden Katzen<br />
in separaten Zimmern unterbringen. Ein sol<strong>ch</strong>er<br />
Auftakt ist denkbar ungünstig <strong>und</strong> hat<br />
s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Prognosen; selbst mit einer aufwändigen<br />
Verhaltenstherapie s<strong>ch</strong>ätze i<strong>ch</strong><br />
die Erfolgsquote auf weniger als 10 %.<br />
Au<strong>ch</strong> heikel ist es, wenn eine Katze die andere<br />
bewa<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> die geringste Bewegung<br />
von ihr eine mehr oder weniger heftige Reaktion<br />
auslöst. Man sieht also sehr gut, dass<br />
hier etwas ganz <strong>und</strong> gar ni<strong>ch</strong>t stimmt. Au<strong>ch</strong><br />
hier muss man die Tiere sofort trennen, <strong>und</strong><br />
die Erfolgsquote einer Therapie liegt meiner<br />
Meinung na<strong>ch</strong> einiges unter 50 %.<br />
Was empfehlen Sie, wenn zwei Freilaufkatzen<br />
am Wohnort der einen Katze zusammenkommen?<br />
Die eingesessene Katze sollte man mehrere<br />
Tage bis Wo<strong>ch</strong>en im Haus behalten, je<br />
na<strong>ch</strong>dem, wie gut si<strong>ch</strong> die beiden miteinander<br />
arrangieren. Lässt man die eingesessene<br />
Katze zu früh heraus, besteht die Gefahr,<br />
dass sie s<strong>ch</strong>mollt <strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr na<strong>ch</strong><br />
Hause kommt. Es ist deshalb sehr wi<strong>ch</strong>tig,<br />
dass sie si<strong>ch</strong> mit der neuen Situation auseinander<br />
setzen muss. Dass sie wegen des<br />
verweigerten Freilaufs am Anfang reklamiert,<br />
ist ganz normal <strong>und</strong> legt si<strong>ch</strong> meist