Meldepflichten im Übernahmerecht - Universität St.Gallen
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<strong>Universität</strong> <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />
1. <strong>St</strong>. Galler Corporate Management Forum<br />
<strong>Meldepflichten</strong> <strong>im</strong> <strong>Übernahmerecht</strong> – Kolloquium<br />
mit Fallstudien<br />
5. November 2010<br />
Rolf Watter<br />
Prof. Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt<br />
rolf.watter@baerkarrer.ch<br />
Sulzer<br />
Sachverhalt<br />
• Verdeckter Beteiligungsaufbau an Sulzer AG durch Investoren<br />
Pecik, <strong>St</strong>umpf und Vekselberg (Dezember 2006 – April 2007)<br />
• 26. April 2007: Offenlegungsmeldung der Everest Beteiligungs<br />
GmbH, Wien, welche zu 50% V und je 25% P und S gehört<br />
- Beteiligung von 31.9% (17.5% Aktien und 14.4% Optionen),<br />
- in der FINMA-Verfügung g als „Donnerschlag“ bezeichnet.<br />
• Anschliessend umfassende Untersuchung durch FINMA mit<br />
Feststellungsverfügung vom 22. Januar 2009<br />
- Für FINMA klar, dass P Pflichten verletzte, insb. durch Einsatz<br />
von Derivatstrukturen mit Barausgleich;<br />
- Nachdem Aufbau <strong>im</strong> wesentlichen durch eine P und S<br />
gehörende Gesellschaft erfolgte, n<strong>im</strong>mt FINMA Gruppe P-S an,<br />
obwohl S behauptet, er habe bis unmittelbar vor Meldung<br />
nichts gewusst;<br />
- Nicht zur Gruppe gerechnet wird V, obwohl er erhebliche Mittel<br />
besteuerte.<br />
www.baerkarrer.ch 2<br />
Rolf Watter, 5. November 2010
Sulzer<br />
Weiteres Verfahren<br />
• <strong>St</strong>rafanzeige der FINMA be<strong>im</strong> Eidgenössischen<br />
Finanzdepartement wegen Verletzung der Offenlegungspflicht,<br />
aber nur gegen P und S<br />
- EFD ermittelt dann aber auch gegen V<br />
• 18. Oktober 2010: Einstellung des <strong>St</strong>rafverfahrens durch EFD<br />
nach Wiedergutmachungszahlung g g von CHF 10 Mio in Anwendung<br />
von Art. 53 <strong>St</strong>GB.<br />
Art. 53 Wiedergutmachung<br />
Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen<br />
unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die<br />
zuständige Behörde von einer <strong>St</strong>rafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht<br />
oder einer Bestrafung ab, wenn:<br />
a. die Voraussetzungen für die bedingte <strong>St</strong>rafe (Art. 42) erfüllt sind; und<br />
b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der <strong>St</strong>rafverfolgung<br />
gering sind.<br />
www.baerkarrer.ch 3<br />
Rolf Watter, 5. November 2010<br />
Implenia<br />
Sachverhalt aus Sicht Implenia<br />
• Informelle Information durch L <strong>im</strong> Februar 2007: “L controls<br />
22% of Target shares“.<br />
• Notifikationen durch L<br />
- 5. April 2007: L Funds halten 12.2% Aktien;<br />
- 16. April 2007: L Funds halten 22.89% Aktien.<br />
• Gemeldete Börsenumsätze<br />
- 4. April 2007: SWX: 50’880 (0.275%) Aktien / OTC: nichts;<br />
- 5. April 2007: SWX: 37’124 (0.201%) Aktien / OTC: nichts.<br />
• Theoretisch sind Umsätze, die der SWX nicht gemeldet werden,<br />
möglich (aber kaum in einem Umfang von 10%).<br />
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Rolf Watter, 5. November 2010
Implenia<br />
Verfahren<br />
30. Juli 2007 Empfehlung der Offenlegungsstelle: CFDs unterliegen<br />
keiner Offenlegungspflicht<br />
12. Dez. 2007 Verfügung der EBK (Attrahierung der Empfehlung<br />
vom 30. Juli 2007): L unterliegt bei Erwerb von<br />
CFDs börsenrechtlicher Offenlegungspflicht (durch L<br />
angefochten)<br />
Auszug aus dem Urteil des Bundesgerichts<br />
vom 11. März 2010 (E. 5.4)<br />
Entscheidend ist vielmehr, dass die CFD-<br />
Emittenten die Aktien der Beschwerdegegnerin<br />
als Sicherung gegen das mit<br />
dem CFD-Verhältnis verbundene Risiko<br />
verwendeten. (…) Ob dieser Zusammenhang<br />
auf einem entsprechenden rechtlichen<br />
Teilgehalt der CFDs selbst, auf<br />
einer davon formell unabhängigen separaten<br />
– ausdrücklichen oder konkludenten<br />
- Vereinbarung oder allenfalls auf<br />
geschäftlicher Usanz beruht, ist genauso<br />
unerheblich wie der Umstand, wer die<br />
Aktien beschafft hatte. Die Beschwerdeführerinnen<br />
konnten so oder so davon<br />
ausgehen, bei der Auflösung der CFDs<br />
die als Sicherung dienenden Aktien der<br />
Beschwerdegegnerin übertragen zu<br />
erhalten.<br />
7. März 2008 Verfügung der EBK: L hat <strong>im</strong> Rahmen des Beteiligungsaufbaus<br />
börsengesetzliche <strong>Meldepflichten</strong> verletzt<br />
(durch L angefochten)<br />
18. Dez. 2008 Abweisung beider Beschwerden durch das Bundesverwaltungsgericht<br />
2. Feb. 2009 L erhebt Beschwerden gegen g beide Urteile des Bun-<br />
desverwaltungsgerichts (an das Bundesgericht)<br />
13. Nov. 2009 Einigung zwischen Laxey und Implenia<br />
11. März 2010 Bundesgericht lehnt beide Beschwerden von L ab<br />
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Rolf Watter, 5. November 2010<br />
Implenia<br />
LAXEY<br />
df<br />
Vorgehen<br />
Händler<br />
Banken<br />
CFD-Gegenpartei<br />
1<br />
2<br />
Auftrag Aktien<br />
zu kaufen<br />
Parkieren<br />
von Aktien<br />
2<br />
3<br />
Vereinbarung von CFDs („Parking-Tickets“)<br />
Zurückholen der parkierten Aktien<br />
1<br />
2<br />
Phase 1: Laxey gibt Brokern den Auftrag Aktien auf dem Markt zu kaufen.<br />
Phase 2: Broker werden angewiesen, Aktien an Banken zu transferieren. Gleichzeitig vereinbart Laxey CFDs mit diesen Banken;<br />
diese Banken agieren als “Parkhäuser”.<br />
3 Phase 3: Laxey holte die parkierten Aktien durch Auflösen der CFDs zurück (wobei CFDs technisch nur einen Geldanspruch geben).<br />
www.baerkarrer.ch 6<br />
Rolf Watter, 5. November 2010
Implenia<br />
Vorgehen<br />
4.70% Aktien parkiert (2.2.07 → 3.4.07)<br />
Banken<br />
- Credit Suisse<br />
3.56% Aktien zurückgeholt am 3.4.07<br />
- 4.70% per 30.3.07<br />
4.9% Aktien parkiert (Ende 06 → 4./5.4.07)<br />
4.9% Aktien zurückgeholt am 4. und 5.4.07<br />
4.9% Aktien parkiert (10.11.06 → 5.4.07)<br />
Laxey<br />
4.87% Aktien zurückgeholt am 5.4.07<br />
4.01% Aktien parkiert (1.3.07 → 16.4.07)<br />
2.29% Aktien zurückgeholt am 16.4.07<br />
1.14% Aktien parkiert (<strong>St</strong>art 07 → 5.4.07)<br />
1.14% Aktien zurückgeholt am 5.4.07<br />
- City Index<br />
- 4.90% per 26.1.07<br />
4.90% per 26.1.07<br />
- Man Financial<br />
- 4.50% per 1.1.07<br />
- 4.90% per 12307 12.3.07<br />
- Bear <strong>St</strong>earns<br />
- 4.01% per 1.3.07<br />
- Cantor Fitzgerald<br />
- 1.14% per 23.3.07<br />
16.76% Aktien per<br />
16.04.07 zurückgeholt<br />
+<br />
4.41% direkt gehalten<br />
Verbleibende 2.89% wahrscheinlich zu<br />
einem späteren Zeitpunkt zurückgeholt<br />
19.65% Aktien per<br />
31.03.07 parkiert<br />
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Rolf Watter, 5. November 2010<br />
Genolier<br />
Sachverhalt<br />
• Aktionärsstruktur t per 31. Dezember 2009:<br />
- Michael Schroeder (MS): 13.28%<br />
- Antoine Hubert (AH): 12.40%<br />
- Ja<strong>im</strong>e Rosell (JR): 11.16%<br />
16%<br />
- Lincoln Vale (LV): 8.08% unzufrieden mit Führung<br />
- Alain Fabarez (AF): 5.94%<br />
• Treffen vom 8. Juni 2010 (am Vorabend der GV) zwischen JR,<br />
LV und AF. VR MS (mit RA) und unabhängiger VR Zerkowski (Z)<br />
nahmen ebenfalls teil. Abschluss Aktionärbindungsvertrag<br />
g<br />
zwischen JR, AF und LV (mit Gruppenmeldung: 24.53%)<br />
• Generalversammlung vom 9. Juni 2010: Keine Wiederwahl<br />
der bisherigen Führung (mit Hilfe der <strong>St</strong><strong>im</strong>men von MS); einzig<br />
Wiederwahl von MS, Z und P (der am 15. Juni 2010 zurücktrat)<br />
• 22. Juni 2010: Auflösung Gruppe (mit Offenlegungsmeldung)<br />
ld www.baerkarrer.ch 8<br />
Rolf Watter, 5. November 2010
Genolier<br />
Verfahren UEK:<br />
• Frage der Angebotspflicht: Handelte MS in gemeinsamer<br />
Absprache mit der gemeldeten Aktionärsgruppe (total<br />
<strong>St</strong><strong>im</strong>mrechte über 33 1/3 %)?<br />
• Verfügung UEK vom 22. Juli 2010: Indizien führen zum<br />
Schluss, dass MS nicht in gemeinsamer Absprache mit der<br />
Aktionärsgruppe handelte, u.a.:<br />
- Weil Interessen von MS und Aktionärsgruppe sind nicht gleich<br />
(MS ist zusammen AH an Vermieterin der Spitäler beteiligt);<br />
- Teilnahme von MS am Treffen vom 8. Juni 2010 zusammen mit<br />
unabhängigen Drittpersonen (Z, RA), aber Verlassen des<br />
Raumes während der Absprache der Aktionärsgruppe;<br />
- Wahlverhalten von MS ist als einfaches Parallelverhalten zu<br />
würdigen.<br />
www.baerkarrer.ch 9<br />
Rolf Watter, 5. November 2010<br />
Genolier<br />
Rechtliche Grundlagen:<br />
• Relevante Gesetzesartikel<br />
Art. 31 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe<br />
(Art. 32 Abs. 1, 3 und 6 BEHG)<br />
Für <strong>im</strong> Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe<br />
handelnde Erwerbspersonen von angebotspflichtigen Beteiligungen der Zielgesellschaft gilt Artikel 10 Absätze 1<br />
und 2 sinngemäss.<br />
Art. 10 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe<br />
(Art. 20 Abs. 1, 3 und 5 BEHG)<br />
1 In gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, wer seine Verhaltensweise <strong>im</strong> Hinblick auf den<br />
Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von <strong>St</strong><strong>im</strong>mrechten mit Dritten durch<br />
Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abst<strong>im</strong>mt.<br />
2 Eine Abst<strong>im</strong>mung der Verhaltensweise liegt namentlich vor bei:<br />
a.Rechtsverhältnissen zum Erwerb oder der Veräusserung von Beteiligungspapieren;<br />
b. Rechtsverhältnissen, welche die Ausübung der <strong>St</strong><strong>im</strong>mrechte zum Gegenstand haben (st<strong>im</strong>mrechtsverbundene<br />
Aktionärs-gruppen); oder<br />
c. der Zusammenfassung von natürlichen oder juristischen Personen durch die Mehrheit von <strong>St</strong><strong>im</strong>mrechten oder<br />
Kapitalanteilen oder durch eine Beherrschung auf andere Weise zu einem Konzern oder einer<br />
Unternehmensgruppe.<br />
3 Wer in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, hat die gesamte Beteiligung, die Identität<br />
der einzelnen Mitglieder, die Art der Absprache und die Vertretung zu melden.<br />
4 Erwerb und Veräusserung unter verbundenen Personen, die ihre Gesamtbeteiligung gemeldet haben, sind von<br />
der Meldepflicht ausgenommen.<br />
5 Zu melden sind demgegenüber Änderungen in der Zusammensetzung des Personenkreises und der Art der<br />
Absprache oder der Gruppe.<br />
www.baerkarrer.ch 10<br />
Rolf Watter, 5. November 2010