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Skript Dimension 2a

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9<br />

2 Selbstähnlichkeit, Selbstähnlichkeitsdimension<br />

und Fraktale<br />

2.1 Selbstähnlichkeit<br />

Bei den Betrachtungen zur <strong>Dimension</strong> in Kapitel 1 haben wir ähnliche<br />

(im geometrischen Sinn) Figuren miteinander verglichen. Dabei wird<br />

eine Figur durch eine zentrische Streckung mit einem<br />

Skalierungsfaktor k verkleinert oder vergrößert. In diesem Kapitel soll<br />

es nun darum gehen, dass die kleinere Figur in der großen<br />

wiederzufinden ist. Diese Eigenschaft nennt man Selbstähnlichkeit.<br />

Definition (Selbstähnlichkeit)<br />

Eine Struktur heißt selbstähnlich, wenn Teile von ihr verkleinerte<br />

Kopien des Ganzen sind.<br />

Eine Struktur heißt exakt selbstähnlich, wenn sie sich in einzelne,<br />

genaue Kopien des Ganzen zerlegen lässt. Jeder dieser Teile einer<br />

exakt selbstähnlichen Struktur ist eine genaue Kopie des Ganzen. 4<br />

Genauer heißt das, dass es zu einer exakt selbstähnlichen Figur<br />

(Punktmenge) einen Skalierungsfaktor s < 1 und eine Zahl n ∈<br />

gibt, so dass die Vereinigung von n mit s verkleinerten Kopien die<br />

Figur reproduziert.<br />

Beispiele: Jede Strecke kann in eine gewisse Anzahl von Strecken<br />

zerlegt werden. Da alle Strecken trivialerweise zueinander ähnlich<br />

sind, ist jede Strecke also selbstähnlich.<br />

Jeder Quader kann in 8, 27, 64, . . . gleichgroße Teilquader, die zum<br />

ursprünglichen Quader ähnlich sind, zerlegt werden. Jeder Quader ist<br />

also selbstähnlich.<br />

Nicht alle Figuren sind selbstähnlich. So lässt sich zum Beispiel ein<br />

Kreis nicht vollständig durch kleinere Kopien von sich selbst, also<br />

Kreisen, reproduzieren. Das gleiche gilt für ein Sechseck oder eine<br />

Pyramide.<br />

Abb. 2.1: Nicht-selbstähnliche Figuren<br />

4 Fraktale, Selbstähnlichkeit, Chaosspiel, <strong>Dimension</strong>, Ein Arbeitsbuch, Peitgen u. a.,<br />

Seite 1


10<br />

2.2 Selbstähnlichkeitsdimension<br />

In Kapitel 1.4 haben wir bereits Einblicke in die <strong>Dimension</strong>en erhalten,<br />

die wir nun auf selbstähnliche Figuren übertragen wollen.<br />

Dort hatten wir ein Ausgangsbild B 0 durch eine Skalierung mit einem<br />

Faktor k abgebildet auf ein Bild B 1 . Wir nennen in den folgenden<br />

Betrachtungen den Skalierungsfaktor s.<br />

Bei der (exakten) Selbstähnlichkeit erzeugen wir Verkleinerungen B 1<br />

mit dem Faktor s !0 < s


11<br />

Diese Methode führt zur Selbstähnlickeitsdimension. Um Verwechslungen<br />

mit anderen <strong>Dimension</strong>sbegriffen zu vermeiden,<br />

bezeichnen wir sie mit d s ,.<br />

2.3 Fraktale<br />

2.3.1 Was sind Fraktale<br />

Es gibt bis jetzt noch keine umfassende Definition von Fraktalen. Um<br />

einen Arbeitsbegriff zur Verfügung zu haben, werden wir einige<br />

typische Eigenschaften nennen, die als hinreichende Bedingungen für<br />

ein Fraktal gelten. Das bedeutet, wenn eine dieser Eigenschaften<br />

auftritt, sprechen wir von einem Fraktal, wissend, dass es<br />

möglicherweise auch Fraktale ohne diese Eigenschaft gibt.<br />

Der von B. Mandelbrot geprägte Begriff Fraktal leitet sich von dem<br />

lateinischen Wort frangere bzw. fractum ab (deutsch: brechen, bzw.<br />

gebrochen) und bezieht sich auf die oft nicht ganzzahlige <strong>Dimension</strong><br />

von Fraktalen. Eine nicht ganzzahlige <strong>Dimension</strong> ist ein hinreichendes<br />

Erkennungsmerkmal von Fraktalen. 5<br />

Wir haben im letzten Kapitel den Begriff der Selbstähnlichkeit<br />

eingeführt und gezeigt, dass manche wohlvertraute Figur exakt<br />

selbstähnlich ist.<br />

Eine weitere Methode wurde von Mandelbrot selbst beschrieben:<br />

durch mehrfaches Anwenden einer Verkleinerungs- und<br />

Vervielfältigungsvorschrift, angewendet auf eine Ausgangsfigur, wird<br />

eine geometrische Figur erzeugt. Führt man diese Vorschrift unendlich<br />

oft durch, erhalten wir als Grenzbild dieses Prozesses eine exakt<br />

selbstähnliche Figur, bei der in jedem geeigneten Teil der Figur stets<br />

die Struktur des Ganzen erkennbar ist. Diese Selbstähnlichkeit ist eine<br />

weitere typische Eigenschaft für ein Fraktal. Bei den so erzeugten<br />

Figuren kann man die Selbstähnlichkeitsdimension sehr leicht<br />

bestimmen und es zeigt sich, dass die so ermittelte <strong>Dimension</strong> in den<br />

meisten Fällen nicht ganzzahlig ist.<br />

Es gibt aber auch Fraktale, die nicht selbstähnlich oder nur<br />

eingeschränkt selbstähnlich sind. Für solche Fraktale kann man die<br />

<strong>Dimension</strong> nicht über die Selbstähnlichkeit bestimmen. Diese<br />

Problematik wird im dritten Kapitel durch einen weiteren<br />

<strong>Dimension</strong>sbegriff, die Boxdimension, gelöst.<br />

2.3.2 Konstruktion von selbstähnlichen Fraktalen<br />

Es gibt verschiedene Wege, Fraktale zu erzeugen. Allen Verfahren<br />

gemein ist ein rekursives Vorgehen. Wir beschränken uns auf das<br />

Erstellen von selbstähnlichen Fraktalen durch einen rekursiven<br />

Prozess, der in jeder Stufe die drei Komponenten Verkleinern,<br />

5 Einige besondere Fraktale mit ganzzahliger <strong>Dimension</strong> sind z.B. der Sierpinski-<br />

Tetraeder, die Peano-Kurve und die Hilbert-Kurve. Alle drei Fraktale haben die<br />

<strong>Dimension</strong> 2.


12<br />

mehrfaches Kopieren und anschließendes Zusammensetzen der Kopien<br />

beinhaltet.<br />

1. Beispiel<br />

Nehmen wir als Grundelement (Initiator) eine einfache Strecke. Wir<br />

verkleinern die Strecke mit dem Skalierungsfaktor s = 1 3<br />

und erstellen<br />

von diesem Element 4 Kopien. Diese setzen wir nun so zusammen, wie<br />

in Stufe 1 bei Abb. 2.2 gezeigt. (Generator) Die gewonnene Figur wird<br />

wiederum mit s = 1 3<br />

verkleinert, kopiert und mit den Kopien<br />

zusammengefügt, usw. (Stufe 2, Stufe 3, ...).<br />

Stufe 0<br />

Stufe 1<br />

Stufe 2<br />

Stufe 3<br />

Abb. 2.2: Entstehung der Koch-Kurve<br />

Das beschriebene Verfahren zum Erstellen von Fraktalen wird oft auch<br />

unter Verwendung eines Initiators und eines Generators dargestellt.<br />

Der Vorteil dabei ist, dass die Art des Zusammenfügens der Kopien im<br />

Allgemeinen im Generator ablesbar ist. Das Grundelement, der<br />

Initiator, ist in unserem Fall die Ausgangsstrecke. Der Generator ist<br />

eine Figur, durch welche der Initiator ersetzt werden soll. Er besteht<br />

aus einer bestimmten Anzahl von entsprechend verkleinerten


13<br />

Initiatorelementen. In Abb. 2.2 entspricht Stufe 1 dem Generator. In<br />

jeder weiteren Stufe wird nun jedes Initiatorelement durch eine<br />

entsprechend verkleinerte Kopie des Generators ersetzt. Dieses wird<br />

unendlich oft fortgesetzt.<br />

2. Beispiel<br />

Abb. 2.3: Konstruktion mit Initiator und Generator<br />

Hier werden 3 Kopien des mit s = ! 1 verkleinerten Initiators (Quadrat)<br />

2<br />

zum Generator zusammengesetzt.<br />

Wählt man nun denselben Initiator und ergänzt im Generator<br />

verschiedene Drehvorschriften, ergeben sich eine Vielzahl an<br />

Fraktalen, die gebildet werden können. Um die Drehvorschrift im<br />

Generator ablesen zu können, ist eine Ecke des Initiators markiert.<br />

Abb. 2.4: Drehungen im Generator

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