Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die rheinland ...
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftskrise</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>rheinland</strong>-pfälzische Automobil- <strong>und</strong><br />
Automobil-Zulieferindustrie<br />
Ergebnisse einer Befragung im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft,<br />
Verkehr, Landwirtschaft <strong>und</strong> Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz<br />
Prof. Dr. Hajo Weber<br />
Ralph W. Conrad<br />
Kaiserslautern, 3. Dezember 2008<br />
Projektträger <strong>der</strong> Automobil-Zulieferinitiative Rheinland-Pfalz:<br />
IMO – Institut zur Mo<strong>der</strong>nisierung von<br />
Wirtschafts- <strong>und</strong> Beschäftigungsstrukturen GmbH<br />
Dessauer Straße 6<br />
67663 Kaiserslautern<br />
www.imo-institut.de<br />
Seite 1<br />
<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
1. Allgemeine Marktsituation im Herbst 2008<br />
Bedingt durch <strong>die</strong> von den USA ausgegangene <strong>Finanz</strong>krise ergeben sich<br />
weitreichende Folgen. Konjunktur- <strong>und</strong> Beschäftigungseinbrüche weltweit sind<br />
seit Herbst <strong>die</strong>ses Jahres zu verzeichnen.<br />
Der PKW-Absatz im weltgrößten PKW Markt USA erlebte im Oktober einen<br />
Rückgang von 32% (GM –45%, Toyota –23%, Porsche –39%, Daimler –24%,<br />
BMW –5%, VW –7,9%). Manager von GM sprechen vom „schlimmsten Monat seit<br />
dem Ende des zweiten Weltkrieges“. Im Oktober stürzten <strong>die</strong> Zahlen um 45%<br />
ab: „Es war als ob jemand das Licht ausgemacht hätte“ (M. LaNeve,<br />
Vertriebsverantwortlicher für Nordamerika). Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise hat <strong>die</strong><br />
GM-Bank <strong>die</strong> <strong>Finanz</strong>ierung von Fahrzeugen schon stark zurück gefahren, <strong>der</strong><br />
Chrysler-Konzern hat das Leasing-Geschäft vollständig eingestellt.<br />
Die Marktentwicklung in Westeuropa weist eine ähnliche Tendenz <strong>auf</strong>. Je nach<br />
Land <strong>und</strong> differenziert nach Herstellern liegt <strong>der</strong> Nachfragerückgang bei 20 -<br />
40%.<br />
In Deutschland gestaltet sich <strong>der</strong> PKW-Absatz noch relativ stabil bei leichten<br />
Rückgängen, wobei eine hohe Differenzierung nach Hersteller <strong>und</strong> Fahrzeugtyp<br />
zu verzeichnen ist. Statt <strong>der</strong> erwarteten 3,2 Mio. werden in 2008 wohl nur 3,1<br />
Mio. Fahrzeuge neu zugelassen werden. Erstmalig sind Premium-Hersteller <strong>und</strong><br />
Hersteller größerer Fahrzeuge <strong>die</strong> Verlierer <strong>auf</strong> dem Automobilmarkt.<br />
Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> Reithofer (BMW) charakterisierte <strong>die</strong> Situation: „Diese<br />
Krise übertrifft alles, was wir bisher kannten“. Es gibt allerdings auch hierbei<br />
Ausnahmen bei Marken <strong>und</strong> Produkten, <strong>die</strong> gegenläufige Entwicklungen haben,<br />
z.B. VW Golf <strong>und</strong> Audi.<br />
Der LKW-Markt ist seit fünf Jahren <strong>auf</strong> höchstem Niveau in Deutschland <strong>und</strong><br />
Europa. So gab es bis September z.T. noch Auftragspolster von 6 Monaten, seit<br />
Oktober ist allerdings ein Rückgang von bis zu 40% je nach Hersteller erkennbar.<br />
Seit 2 bis 3 Jahren gibt es in den USA einen Rückgang von 30 - 40% in <strong>die</strong>sem<br />
Segment. Die Folgen bei Daimler sind Werksschließungen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe einer<br />
Marke. Ganz dramatisch ist <strong>die</strong> Entwicklung bei Volvo, <strong>die</strong> einen<br />
Auftragsrückgang im dritten Quartal von 42.000 (2007) <strong>auf</strong> 115 (2008) erleben.<br />
2. Entwicklung von Produktion, Beschäftigung <strong>und</strong> Aufträgen<br />
Die Untersuchung bei den <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Automobilzulieferern – es<br />
wurden ca. 380 Firmen angeschrieben (Näheres zur Untersuchung siehe Anlage)<br />
– lässt deutlich werden, dass <strong>die</strong> oben skizzierten Verän<strong>der</strong>ungen <strong>auf</strong> den<br />
internationalen <strong>und</strong> nationalen Absatzmärkten eine weitgehend direkte<br />
Entsprechung in den Resultaten finden:<br />
Das erste Halbjahr 2008 stellt sich in den untersuchten Dimensionen Output,<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Auftragsbestand ausgesprochen positiv dar, weil zu über 50%<br />
jeweils steigende Entwicklungen konstatiert wurden. Diese Entwicklung fand in<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
den drei Dimensionen ihre gegenteilige <strong>und</strong> abrupte Än<strong>der</strong>ung im zweiten<br />
Halbjahr 2008, in dem sich <strong>die</strong> Werte nahezu umkehrten <strong>und</strong> jeweils ca. 60% <strong>der</strong><br />
Betriebe sinkende Werte angaben.<br />
Für Produktion, Auftragsbestand <strong>und</strong> Beschäftigung sind für 2009 <strong>die</strong> Prognosen<br />
insgesamt sehr pessimistisch, ca. 80% erwarten eine Verschlechterung<br />
gegenüber 2008 bzw. dem zweiten Halbjahr 2008.<br />
Die Unternehmen in Rheinland-Pfalz koppeln sich insgesamt vom allgemeinen<br />
Trend nicht ab. Dies bezieht sich <strong>auf</strong> den Produktionsstatus, <strong>die</strong> erwarteten<br />
Produktionsrückgänge <strong>und</strong> <strong>auf</strong> den Auftragseingang sowie <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Stornierung<br />
bereits bestehen<strong>der</strong> Aufträge.<br />
War <strong>der</strong> Produktionsstatus im ersten Halbjahr 2008 bei mehr als <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong><br />
befragten Unternehmen noch steigend, so ist er im zweiten Halbjahr bereits bei<br />
fast 60% <strong>der</strong> Betriebe sinkend. Die Prognosen für 2009 sind sehr pessimistisch:<br />
Drei Viertel <strong>der</strong> Befragten erwarten eine sinkende Produktion. Nur unter 10%<br />
erwarten einen steigenden Produktionsoutput.<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong> Auftragseingänge folgt im Wesentlichen <strong>der</strong> Entwicklung des<br />
Produktionsoutputs: Erstes Halbjahr 2008: steigend, zweites Halbjahr 2008:<br />
sinkend, 2009: ebenfalls stark sinkend.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Ganz ähnlich zeigt sich auch <strong>die</strong> Situation bei <strong>der</strong> Beschäftigung in den drei<br />
abgefragten Zeiträumen. Mit <strong>der</strong> Entwicklung des Produktionsoutputs <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Auftragseingänge verb<strong>und</strong>en sind auch <strong>die</strong> negativen Effekte <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Beschäftigung (2. Halbjahr 2008 über 50% sinkend). Die Prognose für 2009<br />
weist bei fast 70% <strong>der</strong> Unternehmen <strong>auf</strong> einen Beschäftigungsabbau hin. Hier<br />
sind sowohl <strong>die</strong> Reduzierung von Arbeitsst<strong>und</strong>en als auch in nicht unerheblichem<br />
Umfang Entlassungen zu erwarten.<br />
3. Produktionsstatus<br />
Von Interesse bei <strong>der</strong> Untersuchung war nicht nur <strong>die</strong> Frage nach dem Verl<strong>auf</strong><br />
<strong>der</strong> Entwicklung im Jahre 2008 <strong>und</strong> dem Ausblick 2009, son<strong>der</strong>n es interessierte<br />
darüber hinaus <strong>die</strong> gegenwärtige Situation <strong>der</strong> Automobil-Zulieferer in Rheinland-<br />
Pfalz hinsichtlich ihres Status <strong>der</strong> Produktion, da in <strong>der</strong> Presse bereits aus<br />
an<strong>der</strong>en Regionen <strong>und</strong> von an<strong>der</strong>en Herstellern <strong>und</strong> Zulieferern über den<br />
Stillstand <strong>der</strong> Produktion bzw. das Stilllegen von Werken berichtet wurde. Die<br />
Situation bei den <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Automobil-Zulieferern stellt sich wie folgt<br />
dar:<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Gegenwärtig wird in den meisten befragten Betrieben mit einer vermin<strong>der</strong>ten<br />
Stückzahl produziert. Bei r<strong>und</strong> einem Drittel <strong>der</strong> Betriebe hat <strong>die</strong> Krise zurzeit<br />
noch keine <strong>Auswirkungen</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Produktion; sie läuft weiterhin konstant. Bei<br />
lediglich 3% <strong>der</strong> Betriebe ist <strong>die</strong> Produktion gestoppt.<br />
4. Aktuelle Auftragssituation<br />
Neben dem Status <strong>der</strong> Produktion ist für <strong>die</strong> Abschätzung <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong><br />
Zulieferbetriebe <strong>der</strong> gegenwärtige <strong>und</strong> zukünftige Auftragsbestand von Relevanz,<br />
da hierin ein Frühindikator gegenwärtiger <strong>und</strong> zukünftiger Beschäftigung zu<br />
sehen ist. Die Situation stellt sich wie folgt dar:<br />
Der Auftragsbestand bei den Zulieferern beträgt zurzeit im Schnitt 15 Wochen.<br />
Bei einem Teil <strong>der</strong> Befragten ist er sehr gering, bei fast 21% erstreckt er sich<br />
lediglich <strong>auf</strong> einen Monat. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gibt es Zulieferer mit<br />
Auftragsbeständen von 21-50 Wochen (15,8%). Die Auftragssituation ist<br />
insgesamt sehr polarisierend: Einigen Betrieben bietet sich eine langfristige<br />
Perspektive, an<strong>der</strong>en eine von 14 Tagen bis fünf Wochen. Teilezulieferer sind<br />
<strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> direkten Kopplung an <strong>die</strong> Produktion häufiger von<br />
Produktionsschwankungen betroffen als bspw. Ausrüster wie<br />
Maschinenbaubetriebe.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Ganz dramatisch zeigt sich <strong>die</strong> Situation bei <strong>der</strong> Frage, ob bereits Kürzungen<br />
o<strong>der</strong> Stornierungen vorhandener Aufträge zu verzeichnen sind. Bei mehr als <strong>der</strong><br />
Hälfte <strong>der</strong> Zulieferbetriebe ist <strong>die</strong>s bereits <strong>der</strong> Fall <strong>und</strong> bei 22% bereits<br />
angekündigt o<strong>der</strong> zu erwarten. Umgekehrt ausgedrückt: Lediglich bei unter 20%<br />
<strong>der</strong> Betriebe ist <strong>der</strong> status quo bei <strong>der</strong> Auftragsabarbeitung konstant.<br />
Nicht nur <strong>der</strong> Sachverhalt, ob Betriebe von einer Kürzung betroffen sind ist von<br />
Interesse, son<strong>der</strong>n auch das Maß bzw. <strong>der</strong> Umfang von dem <strong>die</strong> Betriebe in ihrer<br />
Produktion betroffen sind. Es zeigt sich folgendes Bild:<br />
Zurzeit wird <strong>die</strong> Produktion in den <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Betrieben drastisch<br />
reduziert: 18,9% gaben an, ihre Produktion um bis zu 50% zu reduzieren, fast<br />
60% <strong>der</strong> Betriebe um bis zu 25%. Fast 80% leiden direkt unter <strong>der</strong> Krise <strong>und</strong><br />
kürzen ihre Produktion.<br />
Neben den Auftragseingängen sind <strong>die</strong> Aktivitäten <strong>der</strong> Unternehmen im Bereich<br />
<strong>der</strong> Entwicklung neuer Produkte für <strong>die</strong> Zukunftsfähigkeit <strong>der</strong> Firmen <strong>und</strong> damit<br />
<strong>die</strong> Beschäftigung in Rheinland-Pfalz von großer Bedeutung. Von Interesse ist<br />
daher, in welchem Umfang <strong>die</strong> verän<strong>der</strong>te wirtschaftliche Situation<br />
entsprechende Effekte <strong>auf</strong> das Ausmaß <strong>der</strong> Entwicklungsaktivitäten zeigt. Stellen<br />
<strong>die</strong> Betriebe <strong>die</strong> Entwicklung ein <strong>und</strong> / o<strong>der</strong> verlagern sie <strong>die</strong>se ins Ausland, wäre<br />
<strong>die</strong>s ein Alarmzeichen. Halten <strong>die</strong> Betriebe den Umfang an<br />
Entwicklungsaktivitäten konstant o<strong>der</strong> weiten sie gar aus, dann lässt <strong>die</strong>s <strong>auf</strong><br />
eine gute Situation <strong>und</strong> Entwicklungschancen bei den Zulieferern schließen.<br />
Damit sind <strong>die</strong> Entwicklungsaktivitäten ein Indikator für <strong>die</strong> Zukunftsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Branche.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Die Untersuchung zeigt ein recht erfreuliches Resultat bei den befragten<br />
Unternehmen. Statt in <strong>der</strong> Krise <strong>die</strong> Aktivitäten einzuschränken, erhöhen 18,4%<br />
ihre Entwicklungsaktivitäten, 71% halten <strong>die</strong>se konstant. Dies lässt <strong>auf</strong> eine<br />
entsprechend robuste Struktur in <strong>der</strong> <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Zuliefer-Landschaft<br />
schließen. Für fast 20% stellt <strong>die</strong> momentane Situation offensichtlich eine<br />
Stimulanz dar, <strong>die</strong> Aktivitäten zu steigern, nur 5,3% haben sie verringert.<br />
5. <strong>Finanz</strong>ielle Situation <strong>der</strong> Zulieferbetriebe<br />
Die finanzielle Ausgangssituation vieler Zulieferbetriebe vor Beginn <strong>der</strong> Krise<br />
kann – auch wenn dafür kaum dezi<strong>die</strong>rte Daten vorliegen – in <strong>der</strong> Regel als<br />
solide bzw. gut charakterisiert werden. Analysen in <strong>der</strong> Wirtschaftspresse haben<br />
gezeigt, dass <strong>die</strong> Rentabilität von (großen) Zulieferern häufig deutlich über <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> OEM´s liegt. Dieser Sachverhalt wi<strong>der</strong>legt Annahmen aus den 90er Jahren,<br />
<strong>die</strong> ein rasches Absterben von Zulieferbetrieben prognostizierten. Diese<br />
Entwicklung ist bislang ausgeblieben.<br />
Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist daher, ob <strong>die</strong> seit ca. 1,5 Jahren sich anbahnende<br />
<strong>Finanz</strong>krise bereits Spuren bei den Zulieferern hinterlassen hat. Wir<br />
unterscheiden dabei zwischen <strong>der</strong> Beurteilung des generellen finanziellen Status<br />
<strong>der</strong> Firmen <strong>und</strong> dem aktuellen Stand <strong>der</strong> finanziellen Situation. Da Angaben zur<br />
finanziellen Situation <strong>der</strong> Unternehmen immer ausgesprochen sensibel sind,<br />
verzichteten wir <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Erhebung exakter wirtschaftlicher Daten <strong>und</strong> begnügten<br />
uns mit entsprechenden Umschreibungen. Für <strong>die</strong> <strong>rheinland</strong>-pfälzischen<br />
Zulieferbetriebe stellt sich <strong>die</strong> Situation wie folgt dar:<br />
Die Untersuchung bestätigt den Sachverhalt, dass einzelne Automobil-Zulieferer<br />
eine überaus positive Entwicklung in <strong>der</strong> Vergangenheit nahmen. Ca. 15% <strong>der</strong><br />
Unternehmen gaben an, dass <strong>die</strong> Situation 2008 besser war als im Jahr zuvor.<br />
42% gaben trotz <strong>der</strong> Krise an, dass <strong>die</strong> finanzielle Situation gleich sei. Ca. 37%<br />
gaben jedoch an, dass <strong>die</strong> Situation sich verschlechtert habe. Dieses Ergebnis<br />
verdeutlicht, dass wir es hinsichtlich des finanziellen Ertrages mit einer<br />
polarisierenden Entwicklung bei den untersuchten Unternehmen zu tun haben.<br />
Wenn man so will: Zwei Drittel geht es gleich gut o<strong>der</strong> besser, einem Drittel geht<br />
es schlechter.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Neben einer generellen Beurteilung spielt <strong>die</strong> Beurteilung <strong>der</strong> spezifischen<br />
Situation eine wichtige Rolle. Hier ergibt sich ein ähnliches Bild: Zufriedenstellend<br />
bis gut bezeichnen ca. 58% <strong>der</strong> Betriebe ihre finanzielle Situation, 26%<br />
betrachten sie als ausreichend <strong>und</strong> 13% als unbefriedigend.<br />
Die oben angekündigten Produktions- <strong>und</strong> Auftragskürzungen haben<br />
offensichtlich bislang noch keine Spuren bei <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>kraft <strong>der</strong> Unternehmen<br />
hinterlassen können. In Anbetracht <strong>der</strong> in Zukunft zu erwartenden drastischen<br />
Kürzungen dürfte es jedoch unsicher sein, ob <strong>die</strong> finanzielle Situation von Dauer<br />
sein wird.<br />
6. Reaktionen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Krise<br />
Ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk legt <strong>die</strong> Untersuchung <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Analyse <strong>der</strong> Reaktionen<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> gegenwärtige Krise. Beson<strong>der</strong>es Interesse kommt dabei nicht nur den<br />
Reaktionen <strong>der</strong> Zulieferbetriebe <strong>und</strong> ihren jeweiligen Aktionsparametern zu,<br />
son<strong>der</strong>n ebenfalls <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Auftraggeber in <strong>die</strong>ser Krisensituation, also etwa<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hersteller bzw. <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Zulieferer.<br />
In Krisensituationen haben insbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong> Auftraggeber verschiedene Optionen<br />
zur Bewältigung. So können sie etwa <strong>die</strong> Produktion reduzieren, zeitlich<br />
vertagen, verlagern o<strong>der</strong> gar einstellen. Die Zulieferer müssen dann jeweils <strong>auf</strong><br />
ihre spezifische Situation hin agieren. Beson<strong>der</strong>s negativ sind in solchen Fällen<br />
natürlich jene Zulieferer betroffen, <strong>der</strong>en K<strong>und</strong>e <strong>die</strong> Produktion eingestellt bzw.<br />
ins Ausland verlagert hat.<br />
Die beson<strong>der</strong>e Situation zwischen großen K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> kleinen <strong>und</strong><br />
mittelständischen Zulieferern impliziert auch stets <strong>die</strong> Möglichkeit, Macht in den<br />
Marktbeziehungen wirksam werden zu lassen. Die offensichtlichste Form hierfür<br />
ist <strong>die</strong> Kürzung von Preisen für Produkte <strong>der</strong> Zulieferer. Zum weiteren normalen<br />
Repertoire in Situationen sinkenden Absatzes gehören <strong>die</strong> Verschiebung des<br />
Lieferzeitpunktes <strong>und</strong> <strong>die</strong> Reduzierung des Lieferumfanges. Für Rheinland-Pfalz<br />
zeigt <strong>die</strong> Untersuchung folgendes Bild:<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
Wichtigstes Ergebnis für <strong>die</strong> Zulieferbetriebe: Eine Produktionsverlagerung in <strong>der</strong><br />
Krise ist keine direkte Bedrohung, gleichwohl werden 10% mit<br />
Produktionseinstellungen ihrer K<strong>und</strong>en konfrontiert. Dies bedeutet, dass <strong>die</strong><br />
entsprechenden Zulieferer in <strong>der</strong> Regel ihre Aufträge verlieren. Auch <strong>die</strong><br />
Ausübung von Marktmacht zur Reduzierung von Preisen ist zu beobachten. 8,7%<br />
berichten, dass K<strong>und</strong>en von ihnen entsprechende Preisabschläge verlangen. Der<br />
Schwerpunkt <strong>der</strong> Reaktionen liegt - ohne Frage - bei Lieferzeitpunktverschiebung<br />
<strong>und</strong> Reduzierung des Lieferumfanges mit jeweils ca. 40 bzw. 36%. Damit<br />
befindet sich das Reaktionsspektrum im Repertoire, das von den meisten<br />
Zulieferern bewältigt werden dürfte. Größere Komplikationen dürften <strong>die</strong> mit<br />
Produktionseinstellungen konfrontierten Betriebe haben.<br />
Die Reaktionen <strong>der</strong> Auftraggeber <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Krisensituation haben unmittelbare<br />
Reaktionen <strong>der</strong> Zulieferer zur Folge. Von Interesse waren hier insbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong><br />
Reaktionen <strong>der</strong> Zulieferer im Bereich <strong>der</strong> Produktentwicklung, <strong>der</strong> Beschäftigung<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Produktion.<br />
Für <strong>die</strong> Zukunftsfähigkeit ist insbeson<strong>der</strong>e, wie bereits ausgeführt, <strong>die</strong><br />
Produktentwicklung von Bedeutung. Hier zeigt sich, dass sowohl <strong>die</strong> Reduzierung<br />
als auch <strong>die</strong> Auslagerung von Entwicklungsaktivitäten von geringer bis keiner<br />
Bedeutung sind: Die Produktentwicklung wird we<strong>der</strong> eingestellt noch ins Ausland<br />
verlagert. Statt dessen werden <strong>die</strong> Entwicklungsaktivitäten konstant gehalten<br />
o<strong>der</strong> sogar noch ausgebaut – was insgesamt ein positiver Aspekt ist.<br />
Bei <strong>der</strong> Anpassung des Beschäftigungsvolumens an <strong>die</strong> Produktion ragt mit ca.<br />
24% <strong>die</strong> Reduzierung <strong>der</strong> St<strong>und</strong>en <strong>der</strong> Beschäftigten hervor, gefolgt von <strong>der</strong><br />
Strategie <strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong> Beschäftigten. Dies ist bei einem Fünftel <strong>der</strong> Fall.<br />
Da parallel dazu 25% <strong>der</strong> Betriebe <strong>die</strong> Produktion reduzieren, sind <strong>die</strong>se<br />
Ergebnisse nicht weiter erstaunlich. Nur 7,1% <strong>der</strong> Betriebe berichten über eine<br />
konstant gehaltene Produktion, positiv: Keiner <strong>der</strong> Betriebe will <strong>die</strong> Produktion<br />
ins Ausland verlagern.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
7. Beitrag von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Banken zur Lösung betrieblicher Probleme<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise, wie <strong>rheinland</strong>-pfälzische Zulieferer <strong>die</strong> Krise bewältigen, hängt<br />
nicht nur von <strong>der</strong>en eigenem Reaktionspotenzial ab, son<strong>der</strong>n wird ebenfalls<br />
beeinflusst durch <strong>die</strong> unterstützende o<strong>der</strong> nicht unterstützende Rolle <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en<br />
in <strong>der</strong> Krisensituation.<br />
Ca. 8% beurteilen <strong>die</strong> Rolle <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en bei <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Krise als gut, ca.<br />
37% als zufriedenstellend. Als unbefriedigend bezeichnen ca. 16% den Beitrag<br />
<strong>der</strong> K<strong>und</strong>en zur Lösung <strong>der</strong> Probleme.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuellen <strong>Finanz</strong>krise <strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Bedeutung <strong>der</strong><br />
<strong>Finanz</strong>ierung in <strong>der</strong> Automobilwirtschaft wurde ebenfalls <strong>der</strong> Beitrag <strong>der</strong> Banken<br />
durch <strong>die</strong> Zulieferer bewertet. Die Untersuchung zeigt, dass <strong>die</strong> Zulieferer<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Banken zu einer unterschiedlichen Einschätzung<br />
kommen: Nämlich zu einer nahezu gleichen Verteilung <strong>der</strong> Zustimmung zu all<br />
den abgefragten Untersuchungsdimensionen, d.h. <strong>die</strong> Anzahl <strong>der</strong> mit „gut“<br />
bewertetet Angaben entspricht <strong>der</strong> mit „unbefriedigend“ angegebenen. Die hohe<br />
Anzahl an fehlenden Antworten zeigt, dass <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> Zulieferer ein sehr<br />
sensibles Themenfeld ist <strong>und</strong> das gegebene Antwortspektrum vor <strong>die</strong>sem<br />
Hintergr<strong>und</strong> zu relativieren ist.<br />
Seite 10<br />
<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
8. Unterstützungsleistungen in <strong>der</strong> Krise<br />
Wer in <strong>der</strong> Krise ist bedarf häufig <strong>der</strong> Unterstützung. Von Interesse ist, von wem<br />
<strong>die</strong> <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Zulieferbetriebe Hilfestellung erwarten. Die<br />
Untersuchung zeigt, dass <strong>die</strong> geringste Unterstützung mit 11,1% von den<br />
K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> mit 14,8% von den Banken erwartet wird. Den größten Erwartungen<br />
richten sich an <strong>die</strong> Politik mit annähernd 30% <strong>und</strong> <strong>die</strong> ISB mit fast 26%.<br />
Annähernd 19% machten keine Angaben. Ca. ein Fünftel <strong>der</strong> Befragten erwartet<br />
offensichtlich von den o.g. Organisationen keinerlei Unterstützung, auch <strong>die</strong> Rolle<br />
<strong>der</strong> K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Banken wird niedrig eingeschätzt. Fasst man <strong>die</strong> Akteure des<br />
Landes RLP zusammen (Politik & ISB), ergibt sich mit nahezu 60% eine sehr<br />
große Erwartung an <strong>die</strong> Politik des Landes.<br />
Unterstützungsleistungen seitens des K<strong>und</strong>en, wie schnellere Begleichung von<br />
Außenständen o<strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>ierungen von Anlagen <strong>und</strong> Entwicklungs<strong>auf</strong>trägen, gibt<br />
es gar nicht. Die Zulieferer werden also von <strong>die</strong>ser Seite nicht unterstützt. Bei<br />
Stilllegungen <strong>der</strong> Produktion beim Zulieferer könnte <strong>die</strong>s zeitverzögert negative<br />
Folgen für den Automobilhersteller haben, wie verschiedene Beispiele aus <strong>der</strong><br />
Vergangenheit gezeigt haben.<br />
Ferner wurde gefragt, ob <strong>die</strong> Zulieferer aus an<strong>der</strong>en Quellen Unterstützung<br />
erhielten. Nahezu 75% <strong>der</strong> Zulieferer gaben an, keinerlei Unterstützung zu<br />
erhalten, 18% von Banken <strong>und</strong> 8% von <strong>der</strong> Investitions- <strong>und</strong> Strukturbank<br />
Rheinland-Pfalz - ISB.<br />
9. Herausfor<strong>der</strong>ungen für das Jahr 2009<br />
Neben <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Situation in den einzelnen Betrieben stellte sich für eine<br />
zukunftsorientierte Strategie für <strong>die</strong> Zulieferer <strong>die</strong> Frage, worin sie <strong>die</strong> zentralen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen für ihr Unternehmen in den Jahren 2009 ff sehen. Hierbei<br />
stellten sich fünf Schwerpunkte heraus:<br />
1. Rohstoffpreisentwicklung: gerade <strong>die</strong> ursprünglich stark steigenden, später<br />
stark sinkenden Rohstoffpreise stellen für eine primär in <strong>der</strong><br />
Metallverarbeitung tätige Zulieferbranche eine entsprechende<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung dar, da auch in <strong>der</strong> Situation stark steigen<strong>der</strong> Preise<br />
<strong>die</strong>se nicht immer an <strong>die</strong> K<strong>und</strong>en weiter gereicht werden können.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz
2. Kapazitätsmanagement: <strong>die</strong> stark schwankende Nachfrage nach Produkten<br />
hat, wie gezeigt wurde, enorme Oszillationen in <strong>der</strong> Mengenausbringung<br />
zur Folge. Das Management <strong>die</strong>ser Schwankungen ist daher ein zentrales<br />
Thema.<br />
3. Entwicklung neuer Produkte: <strong>die</strong> <strong>rheinland</strong>-pfälzischen Firmen haben in<br />
erstaunlichem Maße trotz <strong>der</strong> Schwankungen <strong>der</strong> Produktion ihre<br />
Aufwendungen für Entwicklung konstant gehalten o<strong>der</strong> sogar gesteigert.<br />
Es ist daher nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass von den Firmen in <strong>der</strong><br />
Produktentwicklung ein zentrales Thema gesehen wird.<br />
4. Abbau von Beschäftigung: wie gezeigt wurde, folgt das<br />
Beschäftigungsvolumen dem Produktionsvolumen. Bislang konnten <strong>die</strong><br />
Firmen dabei Flexibilitätsspielräume durch Leiharbeiter <strong>und</strong> durch<br />
Lohnkonten nutzen. Sind <strong>die</strong>se <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> von Reduktionsstrategien<br />
<strong>auf</strong>gebraucht, stellt sich das Problem <strong>der</strong> Entwicklung weiterer<br />
Maßnahmen zur Reduktion von Beschäftigungsvolumina o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en<br />
alternativer Einsatz.<br />
5. supply-chain-management: <strong>die</strong> Automobilindustrie weist ein komplexes<br />
Netzwerk von Hersteller-Zulieferer-Beziehungen <strong>auf</strong>. Neben Preis, Qualität<br />
<strong>und</strong> Liefertreue wurden in den letzen Jahren in Anlehnung an an<strong>der</strong>e<br />
erfolgreiche Unternehmen unterschiedliche Programme zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Beziehungen <strong>auf</strong>gelegt. Wieweit <strong>die</strong>se in Krisensituationen tragen<br />
werden, ist offen. Sicher scheint, dass sie nicht so nachhaltig sein werden,<br />
wie <strong>die</strong> seit langen Jahren etablierte Supply-Chain von erfolgreichen<br />
Unternehmen wie Toyota. Während in <strong>der</strong> Produktion in den vergangenen<br />
Jahren Prinzipien des Toyota-Produktions-System handlungsleitend waren,<br />
fehlt <strong>die</strong>ses Organisationsprinzip in <strong>der</strong> Neustrukturierung <strong>der</strong><br />
Zulieferbeziehungen noch weitgehend. Entsprechend wird das Thema<br />
seitens <strong>der</strong> Zulieferer als große Herausfor<strong>der</strong>ung gesehen.<br />
Die weiteren Herausfor<strong>der</strong>ungen wurden oft nicht mit <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Priorität versehen <strong>und</strong> beruhen auch häufig <strong>auf</strong> Problemen <strong>und</strong> Themen jenseits<br />
des Handlungsraumes einzelner Unternehmen. Häufig sind es Themen, <strong>die</strong> an<br />
staatliche Organisationen adressiert werden, dennoch sollten sie nicht ignoriert<br />
werden.<br />
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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Finanz</strong>krise <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Automobil-Industrie in Rheinland-Pfalz