BERLlN - Berliner Anstoß - DKP Berlin
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<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />
11<br />
Serie<br />
Spurensuche<br />
Sofort kamen Kindheitserinnerungen<br />
hoch. Die Erzählungen meines Vaters.<br />
Von den vielen Menschen die ihre<br />
Miete nicht mehr zahlen konnten. Und<br />
sich seit 1913 sich in kleine Lauben<br />
„auf Kuhle Wampe“ retteten. Von den<br />
6 Monaten in einem kleinen Verschlag<br />
hinter der Laube eines Freundes auf<br />
dem Zeltplatz Kuhle Wampe. Das war<br />
1942. Er versteckte sich dort vor den<br />
Nazis. Wie viele andere Genossen<br />
auch. Er erzählte oft den nächtlichen<br />
Razzien der Gestapo – von der Angst<br />
und dem Hunger. Und dass viele<br />
Menschen ohne die Zufl ucht „Kuhle-<br />
Wampe“ den Krieg nicht überlebt<br />
hätten.<br />
Der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> auf den Spuren<br />
der Arbeiterbewegung in <strong>Berlin</strong><br />
kuhle Wampe -<br />
oDer Wem gehÖrt Die Welt?<br />
Die kleine proletarische Insel am Müggelsee<br />
bzw. an der großen Krampe<br />
Manchmal gerät man auch auf Spuren, indem man sich einfach verläuft.<br />
Wenn man auf der Suche nach ein paar raren Sonnenstrahlen auf unbekannten<br />
Pfaden in Müggelheim landet und plötzlich vor einem Schild steht „Kleingartenanlage<br />
Kuhle-Wampe 1,2 km“.<br />
Aber auch Erinnerungen an den<br />
grandiosen Film „Kuhle Wampe“der<br />
zu großen Teilen auf dem Zeltplatz<br />
gedreht wurde. An das Freilicht - Kino<br />
in der Pionierrepublik Werbellinsee wo<br />
ich als Westberliner Thälmann-Pionier<br />
mit Pionieren aus sehr vielen Ländern<br />
zusammen den Kuhle-Wampe-Film<br />
ansehen durfte. Die Liebesgeschichte<br />
war mir damals noch ziemlich egal.<br />
Aber nicht die grandiose Schluss-Szene<br />
in der Bahn. Der Streit darum, wer die<br />
Welt verändern könnte. Na die, denen<br />
die Welt nicht gefällt ! Klar – wer sonst.<br />
Das leuchtete uns sofort ein. Und das<br />
Solidaritätslied haben alle begeistert<br />
mit gesungen.<br />
Der Film „Kuhle Wampe“ wurde nach<br />
vielen Schwierigkeiten im Mai 1932<br />
im Kino Atrium aufgeführt und dann<br />
in 13 weiteren Kinos in <strong>Berlin</strong> gezeigt.<br />
Berthold Brecht hatte große Teile des<br />
Drehbuches geschrieben und Hans<br />
Eisler die Filmmusik.<br />
Aber schon Ende 1932 wurde der Film<br />
wegen angeblicher Beleidigung des<br />
Reichspräsidenten und der Religion<br />
verboten. Nach Protesten durfte er<br />
vorübergehend wieder gezeigt werden.<br />
Aber im März 1933 war aber endgültig<br />
Schluss.<br />
Brecht schrieb dazu: Der Inhalt und die<br />
Absicht des Films geht am besten aus<br />
der Aufführung der Gründe hervor, aus<br />
denen die Zensur ihn verboten hat"<br />
Nach dem 2. Weltkrieg war der Film<br />
erst einmal verschollen und tauchte<br />
dann in den 50er Jahren in der DDR<br />
wieder auf und wurde dann ab 1968<br />
auch in der BRD und Westberlin<br />
gezeigt.<br />
Aus dieser Zeit gibt auch die Kuhle-<br />
Wampe Motorrad-Clubs in vielen Städten,<br />
die als Teil der antifaschistischen<br />
Szene wirken.<br />
Aber was ist geblieben von „Kuhle<br />
Wampe“ - der kleinen proletarischen<br />
Insel? Erst einmal ist „Kuhle Wampe“<br />
nicht mehr am Müggelsee sondern an<br />
der großen Krampe. (Straße zur Krampenburg).Und<br />
wirkt ehrlich gesagt, sehr<br />
wenig revolutionär. Kleine Häuschen,<br />
gepflegte Gärten, der Duft nach Kaffee<br />
und Kuchen.<br />
Es gibt am Eingang ein nettes kleines<br />
Gartenlokal. Und eine Gedenktafel, die<br />
an die Mitarbeit Bert Brechts an den<br />
Film erinnert. Das Bier ist gut und das<br />
Eis sehr lecker. Und der junge Mann,<br />
der das Bier bringt weiß viel über die<br />
Geschichte von „Kuhle Wampe“Wir<br />
trafen dort ein nettes junges Paar.<br />
Touristen aus Australien. Die hatten<br />
sich auch verlaufen. Aber sie kannten<br />
den Film „Kuhle Wampe“ und waren<br />
ganz begeistert wirklich am Ort des<br />
Geschehens zu sein. Wir haben ihnen<br />
die Sache mit dem Ortswechsel nicht<br />
verraten. Und mit ihnen über die Frage<br />
„Wem gehört die Welt“ diskutiert.<br />
Nach drei Bier waren wir dann einer<br />
Meinung.<br />
Ingeborg Lohse-Geserick