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Untersuchung und Simulation des Einflusses ... - Neue Verpackung

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ELASTOMERE UND KUNSTSTOFFE<br />

ELASTOMERS AND PLASTICS<br />

Ermüdungseigenschaften dynamisches<br />

Risswachstum Bruchmechanik <br />

Lebensdauersimulation Modell-<br />

Fehlstellen Füllstoffdispersion <br />

Agglomerate<br />

Ziel der Forschungsarbeit ist es, den<br />

Einfluss von Fehlstellen, hier von Glaskugeln<br />

als Modellfehlstellen, auf die Ermüdungs-<br />

<strong>und</strong> Risswachstumseigenschafatten<br />

von Elastomerwerkstoffen zu<br />

untersuchen. Weiter ist es Ziel, Vorausberechnungen<br />

der Ermüdung auf Basis<br />

bruchmechanischer Kennwerte vorzunehmen<br />

<strong>und</strong> mit dem Experiment zu<br />

vergleichen. Hierzu wurden einem<br />

EPDM-Werkstoff Glaskugeln mit systematisch<br />

variiertem Durchmesser beigemischt.<br />

Mit steigendem Durchmesser der<br />

Glaskugeln sinkt die Ermüdungsbeständigkeit<br />

der Werkstoffe, während die<br />

Risswachstumseigenschaften kaum beeinflusst<br />

werden. Bruchmechanische<br />

Berechnungen der Ermüdung bzw. Lebensdauer<br />

unter Kenntnis der Fehlstellengröße<br />

(Glaskugeldimensionen) führten<br />

zu einer sehr guten Übereinstimmung<br />

mit den experimentellen Ergebnissen.<br />

Investigation and <strong>Simulation</strong> of<br />

the Influence of Flaws on the<br />

Cut Growth Resistance and the<br />

Fatigue of Elastomers<br />

Fatigue properties Dynamic crack propagation<br />

Fracture mechanics Fatigue<br />

life simulation Model flaws Filler dispersion<br />

Agglomerates<br />

The objective of the research presented<br />

in this paper is to investigate the influence<br />

of glass spheres as model flaws on<br />

the fatigue to failure and crack propagation<br />

properties of rubber materials. A<br />

second objective was to predict fatigue<br />

to failure properties with fracture mechanics<br />

calculations based on crack propagation<br />

properties and to compare<br />

these with experimental observations.<br />

Glass spheres of different sizes were<br />

added to an EPDM material for this<br />

purpose. The glass spheres reduced the<br />

fatigue to failure properties of the EPDM<br />

material considerably depending on the<br />

size of the spheres. Crack propagation<br />

properties were influenced to a minor<br />

extent. Fracture mechanics calculations<br />

with known initial flaw (glass sphere)<br />

sizes resulted in good to excellent correlation<br />

with fatigue to failure experiments<br />

<strong>Untersuchung</strong> <strong>und</strong> <strong>Simulation</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Einflusses</strong> von Fehlstellen<br />

auf das Risswachstum <strong>und</strong> die<br />

Ermüdung von Elastomeren<br />

Elastomere zeigen im Vergleich zu anderen<br />

Werkstoffen eine sehr hohe Verformung<br />

schon bei relativ niedrigen Spannungen,<br />

was sie zu einem interessanten Konstruktionswerkstoff,<br />

insbesondere in der Verkehrstechnik<br />

macht. Sie haben jedoch auch vieles<br />

gemeinsam mit anderen Werkstoffen, so<br />

eine limitierte Festigkeit <strong>und</strong> eine Tendenz<br />

zur Ermüdung <strong>und</strong> zum Risswachstum. Mechanische<br />

Ermüdung von Elastomeren zeigt<br />

sich beispielsweise in einem permanenten<br />

Abfall <strong>des</strong> Moduls mit zunehmender Lastspielzahl,<br />

was auf einen Abbau charakteristischer<br />

Strukturen (Füllstoffnetzwerk<br />

usw.) sowie möglicherweise Mikrorissbildung<br />

zurückgeführt wird.<br />

Die Ermüdungseigenschaften einer Reihe<br />

von Werkstoffen wie Metallen <strong>und</strong> Keramiken<br />

sind gut untersucht <strong>und</strong> beschrieben in<br />

der Literatur. Dabei wurden sowohl Tests<br />

unter Variation der Spannungsamplitude<br />

als auch der Minimalspannung durchgeführt<br />

<strong>und</strong> die Resultate in Wöhler-Kuven<br />

bzw. Haigh-Diagrammen dargestellt. Deutlich<br />

weniger Studien befassen sich mit der<br />

Ermüdung von Elastomeren <strong>und</strong> der überwiegende<br />

Teil bezieht sich auf Naturkautschuk<br />

(NR). Der Einfluss der Amplitude<br />

<strong>und</strong> der Minimalspannung auf die Ermüdungsbeständigkeit<br />

ist von André et. al.<br />

[1] eingehend untersucht worden, wobei<br />

gezeigt wurde, dass eine Erhöhung der Minimalspannung<br />

aus dem Nullniveau heraus<br />

bei konstanter Spannungsamplitude <strong>und</strong><br />

mit einer Erhöhung der Maximalspannung<br />

zu einem Anwachsen der Lebensdauer<br />

führt. Dieser Effekt ist schon vorher von<br />

Gent [2] gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> einer Unterdrükkung<br />

<strong>des</strong> Risswachstums durch die Dehnungskristallisation<br />

<strong>des</strong> NR zugeordnet<br />

worden.<br />

In einer Serie von Studien <strong>des</strong> Deutschen Instituts<br />

für Kautschuktechnologie e.V. (DIK)<br />

konnte nachgewiesen werden, dass auch<br />

im Falle von gefüllten EPDM- <strong>und</strong> SBR-<br />

Werkstoffen aus einer Erhöhung der Minimalspannung<br />

eine höhere Lebensdauer<br />

<strong>und</strong> eine verringerte Risswachstumsgeschwindigkeit<br />

resultiert [3 – 7]. Ziel war es<br />

dabei einerseits die Hypothese der Dehnungskristallisation<br />

als Hauptgr<strong>und</strong> für diesen<br />

Effekt zu überprüfen, andererseits sollte<br />

die Rolle von Füllstoffen (sowohl Ruße als<br />

auch Kieselsäuren) untersucht werden. Im<br />

Ergebnis dieser Studien kann festgehalten<br />

werden, dass nicht allein die ausgeprägte<br />

Dehnungskristallisation von NR als Ursache<br />

für den Minimalspannungseffekt angesehen<br />

werden kann. Vielmehr scheint die Verstärkung<br />

durch Füllstoffe wesentlich für<br />

den Effekt zu sein, da die untersuchten ungefüllten<br />

EPDM- <strong>und</strong> SBR-Werkstoffe keine<br />

Minimalspannungsabhängigkeit gezeigt<br />

haben.<br />

Ein weiteres wesentliches Ziel dieser <strong>Untersuchung</strong>en<br />

war es, der Frage nach einem<br />

eindeutigen Schädigungsparameter bzw.<br />

Ausfallkriterium nachzugehen, da weder<br />

die Maximalspannung, wie oben angesprochen,<br />

noch die Verformung geeignet ist. Die<br />

bisherigen <strong>Untersuchung</strong>en haben ergeben,<br />

dass Energiekriterien die besten Voraussetzungen<br />

zur präzisen Vorhersage der Ermüdung<br />

bzw. der Lebensdauer bieten. Ein Vergleich<br />

der EPDM- <strong>und</strong> SBR-Werkstoffe [7, 8]<br />

ergab jedoch eine deutlich bessere Ermüdungsbeständigkeit<br />

<strong>des</strong> EPDM-Werkstoffs,<br />

während die SBR-Werkstoffe in der dynami-<br />

Autoren<br />

F. Abraham, G. Clauß, Heilbronn,<br />

T. Alshuth, J. Kroll, Hannover<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. Thomas Alshuth<br />

DIK e.V.<br />

Eupener Str. 33<br />

30519 Hannover<br />

Tel.: 05 11/8 42 01-0<br />

Fax: 05 11/8 38 68 26<br />

KGK November 2005 595


ELASTOMERE UND KUNSTSTOFFE<br />

ELASTOMERS AND PLASTICS<br />

schen Risswachstumsbeständigkeit weit<br />

überlegen waren.<br />

Konsequenterweise ergaben bruchmechanische<br />

Berechnungen zur Vorhersage der<br />

Lebensdauer bzw. Ermüdung der Laborprüfkörper<br />

auf Basis der Risswachstumskennwerte<br />

eine fehlerhafte Reihung der Werkstoffe.<br />

Damit stellt sich die Frage nach der<br />

Zuverlässigkeit von Annahmen über die<br />

charakteristischen Fehlstellen in den verwendeten<br />

Werkstoffen, da die Fehlstellengröße<br />

Ausgangspunkt der Berechnungen<br />

ist <strong>und</strong> eine Umkehrung der Reihung eintreten<br />

kann, wenn in den Werkstoffen unterschiedliche<br />

Fehlstellengrößen vorliegen. Ein<br />

erstes Ziel dieser <strong>Untersuchung</strong> ist es, definierte<br />

Fehlstellen mit systematisch variierter<br />

Größe in den Werkstoffen zu erzeugen<br />

<strong>und</strong> deren Auswirkungen auf die Ermüdungsbeständigkeit<br />

<strong>und</strong> die dynamische<br />

Risswachstumsbeständigkeit zu charakterisieren.<br />

Dabei werden Glaskugeln unterschiedlichen<br />

Durchmessers als Modellfehlstellen<br />

eingesetzt. Ein zweites Ziel ist es,<br />

startend mit bekannter Fehlstellengröße<br />

<strong>und</strong> ermittelten Kennwerten <strong>des</strong> dynamischen<br />

Risswachstums bruchmechanische<br />

Berechnungen der Ermüdung bzw. Lebensdauer<br />

von Laborprüfkörpern mit experimentellen<br />

Daten zu vergleichen.<br />

&1<br />

Materialien <strong>und</strong> Methoden<br />

Für die <strong>Untersuchung</strong> wurde ein bereits früher<br />

verwendeter EPDM-Werkstoff [3 – 8]<br />

eingesetzt. Die Kautschukmischungen bestanden<br />

aus einem handelsüblichen EPDM<br />

(Buna EP G5450), einem beschleunigten<br />

Schwefelvernetzungssystem, 70 phr Ruß<br />

N550, 40 phr Ruß N772 <strong>und</strong> 70 phr Weichmacher.<br />

Dieser Referenzmischung mit natürlichen<br />

Fehlstellen wurden Glaskugeln<br />

bekannter Größe in einer Konzentration<br />

von 10 phr beigemischt. Außer der Referenz-<br />

oder Basismischung wurden vier Mischungen<br />

mit Glaskugeln von 203 lm,<br />

119 lm, 71 lm <strong>und</strong> 35 lm hergestellt<br />

(Abb. 1). Es wurde überprüft, dass diese<br />

massiven Kugeln während <strong>des</strong> Einmischens<br />

nicht beschädigt werden.<br />

Die Ermüdungsuntersuchungen wurden an<br />

Hantelprüfkörpern mit einer freien Einspannlänge<br />

von 25 mm <strong>und</strong> einem Durchmesser<br />

von 15 mm in Zug durchgeführt<br />

(siehe Abraham et. al. [4]). Dabei wurde<br />

ein servohydraulisches Testsystem MTS<br />

831.50 benutzt. Die <strong>Untersuchung</strong>en erfolgten<br />

bei 1 Hz Sinus unter Kraftkontrolle bei<br />

Raumtemperatur. In Einstufenversuchen<br />

mit Null Unterlast wurden die Prüfkörper<br />

bis zum Komplettausfall zyklisch belastet,<br />

wobei kontinuierlich die dynamischen Eigenschaften<br />

wie Steifigkeit <strong>und</strong> Verlustfaktor<br />

sowie komplette Hysteresezyklen aufgezeichnet<br />

wurden. Pro Laststufe <strong>und</strong> Werkstoff<br />

wurden min<strong>des</strong>tens drei Prüfkörper<br />

untersucht.<br />

Dynamische Risswachstumsuntersuchungen<br />

sind an einseitig eingeschnittenen<br />

Streifenprüfkörpern<br />

von<br />

60 mm 15 mm 1,5 mm in Zug durchgeführt<br />

worden (single edge notched,<br />

SEN). Einschnitte von ca. 1,5 mm Länge<br />

wurden mit einer Rasierklinge vorgenommen.<br />

Die Tests erfolgten mit einem „Tear-<br />

Fatigue-Analyser“ System Bayer der Fa.<br />

Coesfeld [9]. Dabei handelt es sich um ein<br />

servohydraulisches Testsystem, in dem 10<br />

Prüfkörper simultan untersucht werden<br />

können, wobei über 10 Kraftmesseinrichtungen<br />

die Unterlast geregelt <strong>und</strong> individuelle<br />

Weg-Zeit-Verläufe aufgezeichnet werden<br />

können. Mit Hilfe einer Kamera mit<br />

nachgeschalteter Bildauswertung wird das<br />

Risswachstum unter dynamischer Belastung<br />

aufgezeichnet. Die Tests wurden bei<br />

Raumtemperatur mit Verformungspulsen<br />

von 50 ms bei einer Frequenz von 10 Hz<br />

<strong>und</strong> einer Minimalkraft von 2 N durchge-<br />

&1 Lichtmikroskopische Aufnahmen von Glaskugeln mit unterschiedlichem Durchmesser.<br />

führt. Es wurden vier unterschiedliche Verformungsamplituden<br />

gefahren, zur Sicherung<br />

einer ausreichenden Statistik sind<br />

min<strong>des</strong>tens 3 Prüfkörper pro Amplitude untersucht<br />

worden. Die Datenaufzeichnung<br />

liefert Spannungen, Verformungen, Energien<br />

sowie die Risskonturlänge in Abhängigkeit<br />

der Lastspielzahl. Damit stehen<br />

alle Daten zur Bestimmung bruchmechanischer<br />

Kennwerte (z.B. Tearing Energy, Risswachstumsgeschwindigkeit)<br />

zur Verfügung.<br />

Ergebnisse der<br />

Ermüdungsuntersuchungen<br />

Abb. 2 zeigt die Lastspielzahl bis zum Ausfall<br />

bei variierter Maximalspannung für den<br />

EPDM-Referenzwerkstoff sowie die Werkstoffe<br />

mit Glaskugeln unterschiedlicher<br />

Größe. Eingetragen sind jeweils die Mittelwerte<br />

der Lebensdauern von min<strong>des</strong>tens<br />

drei Hantelprüfkörpern. Wie zu vermuten,<br />

zeigt das Referenzsystem ohne Glaskugeln<br />

(*) die höchste Lebensdauer bzw. die geringste<br />

Ermüdungstendenz, der Werkstoff<br />

mit 203 lm Glaskugeln (~) erträgt im Vergleich<br />

hierzu nur etwa 1/10 der Lastspielzahl.<br />

Werden Glaskugeln von 35 lm (&) eingemischt,<br />

liegt die Lebensdauer erwartungsgemäß<br />

relativ nahe an dem Referenzwerkstoff.<br />

Die Werkstoffe mit 71 lm <strong>und</strong><br />

119 lm (~) reihen sich dazwischen ein<br />

<strong>und</strong> besitzen eine ähnlich reduzierte Lebensdauer.<br />

Sehr aufschlussreich ist der Überblick der<br />

Einzelergebnisse der Prüfkörper der Abb. 3.<br />

Man erkennt, dass der Referenzwerkstoff<br />

unter allen Testbedingungen die größte<br />

Spannbreite bzw. Streuung der Lastspielzahlen<br />

besitzt. Bei Zugabe der Kugeln von<br />

35 lm reduziert sich die mittlere Lastspielzahl,<br />

die Spannbreite Streuung nimmt ab.<br />

Offenbar werden die „Langläufer“ durch Zugabe<br />

der Modellfehlstellen weggekappt.<br />

Dies setzt sich bei Zugabe immer größerer<br />

Glaskugeln sukzessive fort. Bei 203 lm Glaskugeldurchmesser<br />

ist die Spannbreite sehr<br />

gering, gleichzeitig hat man den Eindruck,<br />

dass die Ausgleichsgerade dieses Werkstoffs<br />

in etwa die Untergrenze der „Kurzläufer“<br />

<strong>des</strong> Referenzwerkstoffs ohne Glaskugeln bildet.<br />

Unter Kenntnis der Tatsache, dass Ruß<br />

in EPDM problematisch zu dispergieren ist,<br />

könnten diese Beobachtungen folgendermaßen<br />

erklärt werden: In dem Referenzwerkstoff<br />

liegen Fehlstellen in Form von Rußagglomeraten<br />

vor, die überwiegend kleiner<br />

als 35 lm sind <strong>und</strong> damit die Langläufer erlauben.<br />

Die Glaskugeln entfalten dann ihre<br />

Fehlstellenwirkung, wenn zu wenig große<br />

Rußagglomerate in einem Prüfkörper ent-<br />

596 KGK November 2005


&2<br />

&3<br />

&2 Ermüdungseigenschaften eines EPDM-Werkstoffs ohne <strong>und</strong> mit<br />

Glaskugeln, Maximalspannungsabhängigkeit (Wöhlerkurven),<br />

Mittelwerte bei Prüfung von minimal drei Hantelprüfkörpern.<br />

&3 Ermüdungseigenschaften eines EPDM-Werkstoffs ohne <strong>und</strong> mit<br />

Glaskugeln, Maximalspannungsabhängigkeit, Einzelergebnisse bei<br />

Prüfung von minimal drei Hantelprüfkörpern.<br />

&4 &5<br />

&4 Ermüdungseigenschaften eines EPDM-Werkstoffs ohne <strong>und</strong> mit<br />

Glaskugeln, Maximalverformungsabhängigkeit, Mittelwerte bei<br />

Prüfung von minimal drei Hantelprüfkörpern.<br />

&5 Dynamische Risswachstumseigenschaften eines EPDM-Werkstoffs<br />

ohne <strong>und</strong> mit Glaskugeln, Maximalspannungsabhängigkeit, Mittelwerte<br />

bei Prüfung von minimal drei Streifenprüfkörpern.<br />

halten sind (Kappung). Es muss jedoch auch<br />

vereinzelt Agglomerate bis zu etwa 200 lm<br />

geben, die die Kurzläufer <strong>des</strong> Referenzwerkstoffs<br />

bedingen. Bei 200 lm-Glaskugeln<br />

sollten dann sämtliche Kurzläufer weggekappt<br />

sein, die Modellfehlstellen kontrollieren<br />

das Ermüdungsverhalten bzw. die Lebensdauer.<br />

Dieser Arbeitshypothese wird<br />

unten nachgegangen. Zur Vervollständigung<br />

der Ermüdungsergebnisse ist die Lastspielzahl<br />

bei Variation der Maximalverformung<br />

in Abb. 4 dargestellt. Mit zunehmendem<br />

Glaskugeldurchmesser nimmt die Lebensdauer<br />

sukzessive ab.<br />

Ergebnisse der dynamischen<br />

Risswachstumsuntersuchungen<br />

Die Ergebnisse der Risswachstumsuntersuchungen<br />

für die verschiedenen Glaskugelgefüllten<br />

EPDM-Materialien in Abhängigkeit<br />

der maximalen Dehnung finden sich<br />

in Abb. 5. Die Versuche wurden Dehnungs-kontrolliert<br />

durchgeführt <strong>und</strong> die<br />

Pulse von 50 ms mit einer Frequenz von<br />

10 Hz aufgebracht. Die in Abb. 5 gezeigten<br />

Datenpunkte bilden die Mittelwerte der jeweiligen<br />

Ergebnisse, die man bei Aufbringung<br />

verschiedener Integraldehnungsamplituden<br />

(15 %, 20 %, 30 %, 40 %) bei konstanter<br />

Vorlast von 2 N erhält. Mit steigender<br />

Dehnungsamplitude – <strong>und</strong> entsprechend<br />

größeren Maximalspannungen –<br />

steigt die Risswachstumsrate; entsprechend<br />

nimmt die Zahl der Belastungszyklen<br />

bis zum Durchriss ab. Verglichen mit den Lebensdauerdaten<br />

zeigt sich das Risswachstum<br />

durch die zugegebenen Glaskugeln<br />

nur leicht beeinflusst.<br />

&6 &6 Dynamische Risswachstumseigenschaften<br />

eines<br />

EPDM-Werkstoffs<br />

ohne <strong>und</strong> mit<br />

Glaskugeln, maximale<br />

dynamische<br />

Verformung,<br />

Mittelwerte bei<br />

Prüfung von minimal<br />

drei Streifenprüfkörpern.<br />

KGK November 2005 597


ELASTOMERE UND KUNSTSTOFFE<br />

ELASTOMERS AND PLASTICS<br />

&7<br />

&8<br />

&7 Dynamische Risswachstumseigenschaften eines EPDM-Werkstoffs<br />

ohne <strong>und</strong> mit Glaskugeln, Abhängigkeit von der Energiefreisetzungsrate<br />

(Tearing-Energy), Mittelwerte bei Prüfung von minimal<br />

drei Streifenprüfkörpern.<br />

&8 Vergleich der berechneten <strong>und</strong> experimentell bestimmten Ermüdung<br />

bzw. Lebensdauer von Hantelprüfkörpern in Abhängigkeit<br />

von der Fehlstellengröße.<br />

Das Verhalten der Werkstoffe bei Variation<br />

der Dehnungsamplitude ist in Abb. 6 dargestellt.<br />

Erneut ist der Einfluss der Glaskugelzugabe<br />

gering. Es lässt sich allenfalls eine<br />

leichte Tendenz zu – verglichen mit dem Referenzmaterial<br />

– kleineren Risswachstumsraten<br />

beobachten. Eine Erklärung könnte<br />

darin liegen, dass die voranschreitende Rissspitze<br />

von weniger als 30 lm Durchmesser<br />

eine moderate bis starke Aufweitung beim<br />

Auftreffen auf die nicht angeb<strong>und</strong>enen,<br />

teils deutlich größeren Glaskugeln erfährt.<br />

Abb. 7 zeigt den Zusammenhang zwischen<br />

Risswachstumsrate <strong>und</strong> der mittels Gleichung<br />

(1) bestimmten Energiefreisetzungsrate<br />

(Tearing-Energie T). Wie zuvor in den<br />

Fällen von maximaler Spannung bzw. Dehnung<br />

ist der Einfluss der Glaskugelzugabe<br />

äußerst gering <strong>und</strong> vor allem nicht systematisch.<br />

<strong>Simulation</strong> <strong>des</strong> Risswachstums<br />

Unter Verwendung Bruchmechanischer Berechnungen<br />

[10, 11] ist es nun möglich, die<br />

Lebensdauer von Elastomerwerkstoffen<br />

<strong>und</strong> Bauteilen unter dynamischer Beanspruchung<br />

zu simulieren. Ausgangspunkt<br />

hierfür ist die Energiefreisetzungsrate (Tearing-Energie<br />

T), welche sich für den verwendeten<br />

SEN-Prüfkörper <strong>und</strong> uniaxialem<br />

Spannungszustand zu<br />

T ¼ 2 k w c<br />

ð1Þ<br />

berechnet. In (1) bezeichnet w die Energiedichte,<br />

c die Risslänge <strong>und</strong> k eine von der<br />

Dehnung k abhängige Funktion<br />

k ¼ p<br />

ffiffiffi<br />

ð2Þ<br />

k<br />

Für den technisch relevanten Bereich wird<br />

eine lineare Zunahme <strong>des</strong> Logarithmus<br />

der Risswachstumsrate dc/dn mit der Tearing-Energie<br />

beobachtet (Abb. 7)<br />

dc<br />

dn ¼ B Tb<br />

ð3Þ<br />

wobei B <strong>und</strong> b experimentell zu bestimmende<br />

Materialkonstanten sind. Integration<br />

von (3) führt auf<br />

" #<br />

n ¼ 1<br />

b 1 1<br />

B ð2 k wÞ b<br />

" #<br />

1 1<br />

<br />

c 0<br />

b 1 c b 1<br />

ð4Þ<br />

In Gleichung (4) bezeichnet c 0 die Anfangsrisslänge.<br />

Unter der Annahme, dass die Glaskugeln als<br />

Fehlstellen der Anfangsrisslänge c 0 in einer<br />

im Vergleich hierzu nahezu unendlichen<br />

Umgebung mit uniaxialer Verformung anzusehen<br />

sind, kann die Lebensdauer von<br />

Hantelprüfkörpern mittels (4) berechnet<br />

werden. Abb. 8 zeigt diese Lebensdauersimulationen<br />

nðc 0 Þ in Abhängigkeit von c 0 ,<br />

wobei angenommen wurde, dass die Hantelprüfkörper<br />

bei einer erreichten Gesamtrisslänge<br />

von 15 mm (Durchmesser der<br />

Hanteln) ausfallen. Man beachte, dass die<br />

Materialkennwerte B <strong>und</strong> b aus den dynamischen<br />

Risswachstumsuntersuchungen<br />

am Referenzwerkstoff stammen, die Energiedichte<br />

w wurde aus den Ermüdungsuntersuchungen<br />

an Hantelprüfkörpern bestimmt.<br />

Für das mit 203 lm-Glaskugeln gefüllte<br />

Material ist eine exzellente Übereinstimmung<br />

zwischen Experiment <strong>und</strong> <strong>Simulation</strong><br />

zu beobachten. Diese wird systematisch<br />

schlechter, je kleiner die zugegebenen<br />

Glaskugeln sind.<br />

Die Abnahme der experimentell bestimmten<br />

Lebensdauer gegenüber den simulierten<br />

würde sich nun konsistent in das Bild<br />

einfügen, wenn die Fehlstellen im rußgefüllten<br />

EPDM-Referenzwerkstoff von der<br />

Größenordnung der größten zugegebenen<br />

Glaskugeln sind.<br />

Um diese Vermutung zu überprüfen, wurden<br />

30 auflichtmikroskopische Aufnahmen<br />

von Glanzschnitten <strong>des</strong> mit Ruß gefüllten<br />

EPDM-Referenzwerkstoffs hinsichtlich der<br />

Größenverteilung der Rußagglomerate untersucht.<br />

Abb. 9 zeigt, dass die Mehrheit<br />

der Rußagglomerate Durchmesser von weniger<br />

als 60 lm aufweisen. Eine kleine Anzahl<br />

(ca. 1 %) liegt jedoch auch im Bereich<br />

100 – 300 lm – <strong>und</strong> ist somit z.T. größer<br />

als die durchmessergrößten Glaskugeln.<br />

Werden diese wenigen, unregelmäßig verteilten,<br />

aber sehr großen Agglomerate als<br />

Ausgangspunkte <strong>des</strong> Risswachstums angenommen,<br />

so lassen sich die beobachteten<br />

Streuungen in den Lebensdauern <strong>des</strong> rußgefüllten<br />

Systems <strong>und</strong> deren systematische<br />

Abnahme bei Glaskugelzugabe (größere<br />

Glaskugeln – größere Reduktion der Streuung,<br />

vgl. Abb. 3) erklären. Die nahezu vollständige<br />

Reduktion der Streuung im Falle<br />

der 203 lm messenden Glaskugeln unterstreicht<br />

dann die Hypothese, dass die Rußagglomerate<br />

als Lebensdauer-bestimmende<br />

Fehlstellen angesehen werden können.<br />

Zusammenfassung<br />

Die vorgestellten <strong>Untersuchung</strong>en von<br />

EPDM-Werkstoffe zeigen, dass die Einmischung<br />

von in ihren Durchmessern systematisch<br />

variierten Glaskugeln ein in hohem<br />

Maße geeignetes Werkzeug darstellen, den<br />

598 KGK November 2005


&9 &9 Größenverteilung<br />

der Rußagglomerate<br />

<strong>des</strong> EPDM-<br />

Referenzwerkstoffs<br />

aus einer<br />

auflichtmikroskopischen<br />

<strong>Untersuchung</strong>.<br />

Die <strong>Untersuchung</strong> hat gezeigt, dass bruchmechanische<br />

Kennwerte aus dynamischen<br />

Risswachstumsuntersuchungen im Labor<br />

unter Detailkenntnis der Fehlstellengröße<br />

erfolgreich zur Vorhersage der Ermüdung<br />

bzw. Lebensdauer von zumin<strong>des</strong>t einfachen<br />

Bauteilen (Hantelprüfkörpern) genutzt werden<br />

können. Für die Praxis unterstreichen<br />

die Ergebnisse der <strong>Untersuchung</strong> die Rolle<br />

der Füllstoffdispersion <strong>und</strong> damit auch<br />

der Mischtechnologie für die Optimierung<br />

der Lebensdauer von Elastomerbauteilen.<br />

Einfluss von Fehlstellen auf Lebensdauer<br />

<strong>und</strong> Risswachstum zu modellieren. Die Zugabe<br />

von Glaskugeln in EPDM führt bei Erhöhung<br />

der Durchmesser <strong>und</strong> konstant gehaltener<br />

Konzentration zu einer Abnahme<br />

der Lebensdauer der aus diesen Werkstoffen<br />

hergestellten Hantelprüfkörpern. Dabei<br />

wird die Streuung in Lebensdauertests mit<br />

der Zugabe der Glaskugeln gegenüber<br />

einem rußgefüllten Referenzmaterial ohne<br />

Glaskugeln systematisch reduziert. Dieser<br />

Effekt kann erklärt werden, indem man Größe<br />

<strong>und</strong> Anzahl der Rußagglomerate als den<br />

lebensdauer-bestimmenden Faktor ansieht.<br />

Der natürlichen Fehlstellenverteilung werden<br />

die per Glaskugeln eingebrachten überlagert,<br />

was zu einer Dominanz <strong>des</strong> Lebensdauerverhaltens<br />

führt, wenn der Glaskugeldurchmesser<br />

in den Bereich der größten Rußagglomerate<br />

kommt. Dies begründet dann<br />

die systematische Reduktion der Streuung<br />

in den Lebensdauern mit der Erhöhung<br />

der Glaskugelgröße. Einer großen Beeinflussung<br />

der Lebensdauern auf der einen Seite<br />

steht ein nur geringer Einfluss der Glaskugelgröße<br />

auf das Risswachstum gegenüber.<br />

Hier ist allenfalls eine leicht fallende Tendenz<br />

bei Zugabe der Glaskugeln auszumachen.<br />

Erklärt werden könnte diese durch<br />

eine starke Aufweitung der Rissspitze im<br />

Falle <strong>des</strong> Erreichens einer im Vergleich zur<br />

natürlichen Rissspitze (ca. 30 lm) größeren<br />

Glaskugel.<br />

Eine Gegenüberstellung der experimentellen<br />

Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> <strong>Simulation</strong>sdaten von Lebensdauern,<br />

bei denen die Ausgangsrisslänge<br />

mit der Fehlstellengröße identifiziert<br />

wurde, zeigt eine exzellente Übereinstimmung<br />

für den mit Glaskugeln von 203 lm<br />

gefüllten Werkstoff. Die Zugabe von kleineren<br />

Glaskugeln führt hingegen zu im Vergleich<br />

zur <strong>Simulation</strong> geringeren Lebensdauern.<br />

Als Erklärung für dieses Absinken<br />

können die natürlichen, von Rußagglomeraten<br />

eingebrachten Fehlstellen herangezogen<br />

werden. Die Streuung der Lebensdauern,<br />

die in Folge inhomogenen Agglomeratverteilung<br />

von diesen Fehlstellen verursacht<br />

wird, erfährt eine Reduktion, die zunimmt,<br />

wenn größere Glaskugeln zugegeben werden.<br />

In einem nächsten Schritt sollen daher<br />

Systeme untersucht werden, deren natürliche<br />

Fehlstellengröße durch Siebung (Strainern)<br />

systematisch begrenzt ist. Darüber<br />

hinaus ist zu prüfen, wie sich neben der<br />

Fehlstellengröße die Glaskugelkonzentration<br />

auf Lebensdauer bzw. Risswachstum<br />

der Werkstoffe auswirkt, um auch den Einfluss<br />

der Fehlstellenhäufigkeit herauszuarbeiten<br />

<strong>und</strong> einen Anschluss an das Histogramm<br />

der Füllstoffagglomerate zu ermöglichen.<br />

Literatur<br />

[1] N. André, G. Cailletaud <strong>und</strong> R. Piques, Kautsch.<br />

Gummi Kunstst. 52 (1999) 120.<br />

[2] A.N. Gent, „Science and Technology of Rubber“<br />

Mark J E, Erman B, Eirich FR (eds), 2nd ed. Academic<br />

Press, Chapter No. 10 (1994) 471.<br />

[3] F. Abraham, T. Alshuth <strong>und</strong> S. Jerrams, Kautsch.<br />

Gummi Kunstst. 54 (2001) 643.<br />

[4] F. Abraham, T. Alshuth <strong>und</strong> S. Jerrams, Plastics,<br />

Rubber and Composites 30 (2001) 421.<br />

[5] F. Abraham, T. Alshuth <strong>und</strong> S. Jerrams, Kautsch.<br />

Gummi Kunstst. 55 (2002) 674.<br />

[6] T. Alshuth, F. Abraham <strong>und</strong> S. Jerrams, Rubber<br />

Chem. and Technol. 75 (2002) 635.<br />

[7] F. Abraham, PhD-Thesis Coventry University,<br />

December (2002).<br />

[8] F. Abraham, T. Alshuth <strong>und</strong> G. Clauß, Konferenz<br />

3. ECCMR 2003, London, 15 – 17 September<br />

(2003).<br />

[9] U. Eisele, S. Kelbch <strong>und</strong> H.W. Engels, Kautsch.<br />

Gummi Kunstst. 45 (1992)1064.<br />

[10] R.S. Rivlin <strong>und</strong> A.G. Thomas, Journal of Polymer<br />

Science, Vol 10, No 3 (1952) 291.<br />

[11] R. Seldén, Progress in Rubber and Plastics Technology,<br />

11 (1995) 56.<br />

Autoren<br />

Dr. Frank Abraham ist Post Doc im Automotive<br />

Competence Center (ACC) der FH Heilbronn.<br />

Dr. Thomas Alshuth leitet die Abteilung<br />

Elastomerphysik <strong>des</strong> DIK. Prof. Dr. Georg<br />

Clauss ist Professor an der FH Heilbronn.<br />

Dr. Jochen Kroll ist stellvertretender Abteilungsleiter<br />

Elastomerphysik im DIK.<br />

KGK November 2005 599

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