BdB Verbandszeitung Oktober Nr. 36.indd - FB Sozialwesen / FH ...
BdB Verbandszeitung Oktober Nr. 36.indd - FB Sozialwesen / FH ...
BdB Verbandszeitung Oktober Nr. 36.indd - FB Sozialwesen / FH ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fachteil<br />
also wozu ein Prozess dient, welche Bedeutung<br />
und Risiken damit verbunden sind<br />
und wer beteiligt ist. Arbeitsanweisungen<br />
dagegen sind Handreichungen für die<br />
konkrete Durchführung von Aktivitäten,<br />
was Ablaufpläne und auch Checklisten<br />
oder Merkzettel sein können.<br />
Der Sinn von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen<br />
besteht vor allem in der<br />
Sicherheit, dass der Betreuer einen Prozess<br />
nach einem Standard immer wieder durchführen<br />
und nach Misserfolgen systematisch<br />
verbessern kann. Es ist davon auszugehen,<br />
dass diese Fähigkeit auf Seiten<br />
der Betreuten und weiterer Beteiligter<br />
vertrauensbildend wirkt.<br />
Es gibt eine Vielzahl von Handreichungen,<br />
Tätigkeitskatalogen und Leitfäden 24 ,<br />
die Kernprozesse der Berufsbetreuung<br />
beschreiben. Damit diese Prozesse transparent,<br />
kommunizierbar und steuerbar<br />
werden, können diese Prozessbeschreibungen<br />
in Ablaufdiagrammen abgebildet<br />
und anschließend in Checklisten umgesetzt<br />
werden.<br />
Viele Berufsbetreuer verfügen wohl<br />
bereits über eine Sammlung von mehr oder<br />
minder systematisch erfassten Ablaufbeschreibungen,<br />
mit denen vor allem kritische<br />
Prozesse vorbereitet und gesteuert<br />
werden. Denkbar wäre dies zum Beispiel<br />
für die zuweilen gefährliche Durchführung<br />
von Unterbringungen oder um komplexe<br />
Verwaltungsarbeiten zu steuern, wie die<br />
Sammlung, Erfassung und Verbuchung<br />
der Vermögensbewegungen der Betreuten<br />
und Einspeisung in den Prozess der Rechenschaftslegung<br />
über die Verwaltung<br />
des Betreutenvermögens gegenüber dem<br />
Vormundschaftsgericht.<br />
Genaue Checklisten hierzu werden den<br />
Betreuten zwar weniger interessieren,<br />
wohl aber, wozu seine Kontoauszüge gebraucht<br />
werden, dass der Berufsbetreuer<br />
genau Buch führen muss zu seiner eigenen<br />
Entlastung und was der Betreuer dem<br />
Betreuten zusichert im Umgang mit dessen<br />
Vermögen.<br />
Gleiches gilt beispielsweise für Unterbringungen.<br />
Die Checkliste für die konkrete<br />
Durchführung mag den einen oder anderen<br />
Betreuten vielleicht interessieren. Ganz<br />
bestimmt von Bedeutung ist aber die<br />
schriftliche Beschreibung und Zusicherung<br />
von Aspekten, die dem Betreuten das<br />
Gefühl von Respekt und würdevoller Behandlung<br />
in einer derartigen Krisensituation<br />
vermitteln.<br />
Durch solche Beschreibungen besteht<br />
erst die Möglichkeit, die Überzeugungen<br />
und Werte des Berufsbetreuers ablauforganisatorisch<br />
einzuplanen und nachzuweisen.<br />
Jeder Berufsbetreuer kann dann<br />
hoffentlich die Frage beantworten, woran<br />
ein Betreuter oder das Vormundschaftsgericht<br />
die spezielle Qualitätsüberzeugung in<br />
jedem einzelnen Prozess erkennen kann.<br />
2.4.2.3 Aufzeichnungen<br />
über das Qualitätsmanagement<br />
Damit überprüft werden kann, in welchem<br />
Umfang Übereinstimmungen und Abweichungen<br />
zwischen den Qualitätskriterien<br />
und der Praxis der Betreuung bestehen,<br />
sind dazu eigene Qualitätsaufzeichnungen<br />
notwendig. Für diese sind ein kontinuierlicher<br />
Einsatz sowie Sicherheit im Umgang<br />
und Funktionsfähigkeit sehr wichtig.<br />
Typische Probleme der Praxis sind nämlich<br />
mangelnde Lesbarkeit, wenn im Arbeitsablauf<br />
Notizen angefertigt werden, oder<br />
dass Aufzeichnungen verlegt und nicht<br />
zeitnah gefunden werden. In größeren<br />
Organisationen wie Vereinen und Behörden<br />
kommen auch unklare Zuständigkeiten und<br />
Kompetenzen als Problemfaktoren hinzu.<br />
Deshalb sollte das Dokumentationssystem<br />
Regelungen beinhalten, durch die sicher<br />
gestellt wird, wer für diese Aufzeichnungen<br />
zuständig ist. Es ist sicherzustellen, dass<br />
Aufzeichnungen über Qualitätsprobleme<br />
eindeutig erkennbar sind und sicher aufbewahrt<br />
und geschützt werden. Letztlich ist<br />
auch zu regeln, wie diese Aufzeichnungen<br />
jederzeit gefunden werden können und wie<br />
verhindert wird, dass sie nicht länger als<br />
nötig archiviert bleiben.<br />
2.5 Übernahme von<br />
Qualitätsverantwortung<br />
Erfahrene und erfolgreiche Berufsbetreuer<br />
sind in der Regel Unternehmerpersönlichkeiten,<br />
die Verantwortung für<br />
die Übereinstimmung der Strukturen und<br />
Bedingungen ihres Arbeitens mit den<br />
eigenen Zielen übernehmen. Deshalb ist<br />
es notwendig, dass der Berufbetreuer die<br />
tatsächliche Infrastruktur und Ausstattung<br />
der Betreuungskanzlei in Beziehung zu<br />
Visionen, Zielen und Leistungsanforderungen<br />
setzt. Der Berufsbetreuer sollte<br />
begründen können, welche Ausstattung<br />
und Merkmale seiner Betreuungskanzlei er<br />
für qualitätsrelevant hält. Es geht also um<br />
den Beitrag, den die Infrastruktur der Betreuungskanzlei<br />
nachweislich zum Vorteil<br />
der Betreuten und Vormundschaftsgerichte<br />
liefert.<br />
2.5.1 Qualitätsvisionen<br />
und Qualitätspolitik<br />
Fragt man Berufsbetreuer nach Grundsätzen<br />
ihres Managements, so tauchen<br />
9<br />
häufig ähnliche Konzeptelemente auf,<br />
die in einem bestimmten Verhältnis ausbalanciert<br />
werden. Deren ausgewogene<br />
Beachtung liefert in der täglichen Betreuungspraxis<br />
einen bedeutsamen Beitrag zum<br />
Berufserfolg. 25 Diese Grundsätze bilden<br />
als Rahmen einer ganzheitlich ausgerichteten<br />
Organisation erst die Grundlage zur<br />
Qualitätsorientierung der Berufsbetreuer<br />
und sollten deshalb schriftlich formuliert<br />
werden.<br />
Über eigene Qualitätsbemühungen wird<br />
im <strong>Sozialwesen</strong> nicht immer gerne öffentlich<br />
gesprochen. Zu groß ist die Befürchtung,<br />
dass Fehler als peinliches Versagen<br />
interpretiert werden. Ernstgenommenes<br />
Qualitätsmanagement fordert aber ein<br />
Gemessen werden an den eigenen Ansprüchen<br />
geradezu heraus. Deshalb reflektieren<br />
in einem Handbuch zum Qualitätsmanagement,<br />
in Prospekten oder auf dem Briefkopf<br />
publik gemachte Visionen oder ein Berufsmotto<br />
des Berufsbetreuers die Bereitschaft<br />
zur Übernahme von Qualitätsverantwortung.<br />
Andere öffentlichkeitswirksame<br />
Darstellungen der Qualitätsorientierung<br />
der Betreuungsorganisation unterstützen<br />
dies wirkungsvoll und üben einen selbst<br />
auferlegten Druck aus, sich regelmäßig<br />
der Qualitätsthematik zu stellen.<br />
Zu Beginn sollte jeder Betreuer also<br />
seine Vision oder Gedanken über die<br />
eigenen Qualitätsziele und die Wege zu<br />
deren Erreichung formulieren. Nur in wenigen<br />
Ausnahmefällen oder bei geringer<br />
Berufserfahrung arbeiten Berufsbetreuer<br />
nämlich ohne konkrete Vorstellungen,<br />
weshalb sie Betreuungen führen und<br />
welchen ideellen Beitrag sie für die Gesellschaft<br />
und die betroffenen Menschen<br />
leisten.<br />
Auf Nachfragen kann leicht von Betreuern<br />
erfahren werden, was sie unter guter<br />
Betreuungsarbeit verstehen und was sie<br />
für bemerkenswert an den eigenen Betreuungsleistungen<br />
halten. Meist stehen<br />
die Überzeugungen der Berufsbetreuer<br />
in Einklang mit den Intentionen des<br />
Gesetzgebers zur Abschaffung des Vormundschaftsrechts<br />
und oft reflektieren<br />
Berufsbetreuer noch den Optimismus der<br />
Psychiatriereform. 26<br />
Im Rahmen der Managementdokumentation<br />
geht es also zunächst einfach um das<br />
schriftliche Formulieren dieser Maßstäbe<br />
und Ziele des betreuerischen Handelns.<br />
Zugegeben braucht das Mut, denn der Freiberufler<br />
macht sich dadurch erst diskutabel<br />
und angreifbar. Andererseits kann diese<br />
Offenheit von Betreuten mit Vertrauen<br />
belohnt werden: Wenigstens zu wissen, mit<br />
wem man es zu tun hat und was betreuerische<br />
Werte und Ziele sind.