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RAFAEL KUBELÍK

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das eine Vorliebe für Mahler, Janáček und Britten erkennen ließ; ihre Werke<br />

bezeichnete er einmal als „eine musikalische Sprache, die dramatisch und beredt<br />

genug ist, um im Hörer den Wunsch zu wecken, ein besserer Mensch zu<br />

werden“. Ebenfalls von München aus startete Kubelík ein weiteres, nicht eben<br />

ungetrübtes Intermezzo in Amerika. 1971 bestimmte ihn der neu ernannte Generaldirektor<br />

der New Yorker Metropolitan Opera, Göran Gentele, zum Musikalischen<br />

Leiter, dem ersten in der Geschichte des Hauses. Noch bevor Kubelík<br />

1973 mit „Les Troyens” seinen Einstand gab, starb Gentele; somit entfiel einer<br />

seiner entschiedensten Fürsprecher. Noch vor Jahresfrist trat Kubelík von seinem<br />

neuen Amt zurück. Als Grund gab er die notorische Finanzknappheit des<br />

Hauses an (die damals ein offenes Geheimnis war), die ihn an der adäquaten<br />

Umsetzung seiner künstlerischen Konzeptionen hinderte; vermutlich war<br />

Kubelík aber auch durch seine längeren Abwesenheiten von New York und<br />

seinen etwas unorganisierten Führungsstil ins Kreuzfeuer geraten, und nicht<br />

zuletzt waren sicherlich auch gesundheitliche Gründe bei dem Entschluss, aus<br />

New York fortzugehen, ausschlaggebend, denn Kubelík litt seit längerem an<br />

Gicht und einer immer schlimmer werdenden Arthritis. Letztere bewog ihn<br />

denn auch dazu, die kalten Monate in seinem Winterdomizil in Palm Springs zu<br />

verbringen – das heiße, trockene Wüstenklima konnte den Fortgang der Krankheit<br />

zumindest verzögern; während des restlichen Jahres lebte er mit seiner<br />

zweiten Frau, der australischen Sopranistin Elsie Morison, die er 1963 geheiratet<br />

hatte, bei Luzern.<br />

DEUTSCH 11<br />

Eigentlich hatte Kubelík mit Erreichen des Pensionsalters im Jahre 1979 die Leitung<br />

des BR-Symphonieorchesters abgeben wollen, denn die Arthritis machte<br />

das Dirigieren allmählich zur Qual. Da jedoch sein designierter Nachfolger Kiril<br />

Kondrashin überraschend starb, blieb er im Amt, bis ihn 1983 Sir Colin Davis<br />

ablöste. Bei seinem letzten Konzert in München, einem Gastdirigat im Sommer<br />

1985, musste er eine Aufführung von Bruckners „Neunter Symphonie” nach<br />

dem Scherzo wegen eines plötzlichen Unwohlseins abbrechen. Er nahm sich<br />

vor, nie wieder zu dirigieren, aber die politischen Ereignisse entschieden anders.<br />

Das denkwürdige, bewegende Konzert, bei dem er nach 41 Jahren des<br />

Exils noch einmal nach Prag zur Tschechischen Philharmonie zurückkehrte, um<br />

Smetana zu dirigieren, wurde live im Radio und im Fernsehen übertragen.<br />

„Öffentlich bin ich nicht mehr als Dirigent tätig, aber ohne Komponieren könnte<br />

ich nicht leben, wie ich auch nicht dirigieren könnte, ohne zu komponieren.“<br />

Nicht wenige bedeutende Dirigenten des 20. Jahrhunderts waren auch Komponisten,<br />

am prominentesten vielleicht Leonard Bernstein; auch zahlreiche<br />

historische Vorbilder lassen sich benennen: Mozart, Mendelssohn und Mahler<br />

etwa. Kubelíks Werke sind keine bloße Kapellmeistermusik und nehmen in<br />

seinem künstlerischen Selbstverständnis eine zentrale Position ein; er selbst<br />

nannte sie „meine private Sprache”. Im Gegensatz zu seinem Lebenswerk als<br />

Dirigent, das in zahlreichen Aufnahmen gut dokumentiert ist, kennt man seine<br />

Kompositionen so gut wie gar nicht. Das in den 1930er Jahren entstandene<br />

Frühwerk steht, kaum überraschend, noch deutlich im Zeichen der Zusammen-

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