Bewegung hörbar machen – Warum? Zur ... - FOKO-NS
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<strong>Bewegung</strong> <strong>hörbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>–</strong> <strong>Warum</strong>? <strong>Zur</strong> Zukunftsperspektive einer systematischen Umsetzung von <strong>Bewegung</strong> in Klänge<br />
1 Einführung<br />
In der sportlichen <strong>Bewegung</strong>spraxis und der sportwissenschaftlichen<br />
Motorikforschung ist die akustische<br />
Begleitinformation zur zeitlichen und<br />
dynamischen Strukturierung der <strong>Bewegung</strong> eingesetzt<br />
worden (Rieder et al., 1991, Pechtl, 1989). Neben<br />
den traditionellen rhythmischen Verfahren wurden<br />
akustische Informationskonzepte entwickelt,<br />
um die menschliche Motorik akustisch ansteuern zu<br />
können. Allerdings fehlt eine Theorie zur Audiomotorik.<br />
Das für die Motorikforschung adaptierte<br />
Sonification-Konzept 1 eröffnet gegenwärtig eine<br />
weiterreichende Perspektive: Über eine Kopplung<br />
von video- und kraftmeßgestützter <strong>Bewegung</strong>sanalyse<br />
und elektronischer Soundsynthese werden<br />
quantitativ und qualitativ neue Formen der Analyse<br />
und Ansteuerung senso-motorischer Prozesse ermöglicht.<br />
Kinematische und dynamische Parameter<br />
komplexer <strong>Bewegung</strong>en können in Klangsequenzen<br />
umgesetzt werden, und die Verlaufscharakteristik<br />
der <strong>Bewegung</strong>sparameter kann akustisch abgebildet<br />
werden.<br />
Es erscheint jedoch neben diesen neuen technischen<br />
Entwicklungen für die Motorikforschung wichtiger,<br />
daß gerade in der Sonification-Forschung gestaltpsychologische<br />
Prinzipien explizit aufgegriffen<br />
werden. Mit der Aufarbeitung und Weiterentwicklung<br />
der Erkenntnisse über die Organisationstendenzen<br />
innerhalb der auditiven Wahrnehmung<br />
soll eine konsistente theoretische Basis zur Strukturierung<br />
und Wirksamkeit akustischer Ereignisreihen<br />
entwickelt werden. Hier liegt auch der<br />
Schwerpunkt des Artikels: Die auf der Ebene der<br />
Phänomene entstehenden auditiven Gestalten<br />
werden mit den kinästhetisch empfundenen <strong>Bewegung</strong>sgestalten<br />
verglichen, um etwaige Analogien<br />
beider Wahrnehmungsbereiche aufzudecken.<br />
Über „bewegungsdefinierte Klangsequenzen“<br />
sollen mögliche Gestaltäquivalenzen kinästhetischer<br />
und auditiver Wahrnehmung zunächst<br />
systematisch erforscht und nachfolgend motorische<br />
Lern- und Umlernprozesse akustisch unterstützt<br />
werden.<br />
2 Zum Stand der Entwicklung und<br />
Wirksamkeit akustischer<br />
Informationskonzepte<br />
Zwischen kinetischen und akustischen Ereignissen<br />
besteht ein untrennbarer Zusammenhang: Geräusche,<br />
Töne und Klänge sind die akustischen Konsequenzen<br />
kinetischer Ereignisse. Geräusche, die<br />
beispielsweise beim Skifahren auf gefrorenem<br />
Untergrund entstehen, enthalten Informationen über<br />
die Eigenschaften der beteiligten Materialien und<br />
Medien (Belag, Kanten, Eis, Schnee) und über die<br />
kinetischen Einflußgrößen (Kraft-Zeit-Verläufe).<br />
<strong>Bewegung</strong>sbegleitende Geräusche werden für die<br />
motorische Steuerung genutzt, allerdings ist ihre<br />
konkrete Funktion für die motorische Steuerung<br />
und Regelung bisher in der Motorikforschung nur<br />
am Rande thematisiert worden 2 . Mit den über die<br />
natürlichen bewegungsbegleitenden Geräusche hinausgehenden<br />
Studien zur nonverbalen akustischen<br />
Informationsgebung können folgende Anwendungs-<br />
und Wirkungszusammenhänge belegt werden:<br />
Voraussetzungen und<br />
Anwendungszusammenhänge:<br />
<strong>–</strong> Die biomechanische Analyse ist als Bezugsgrundlage<br />
für die Erfassung der <strong>Bewegung</strong>smerkmale<br />
geeignet, die ein <strong>Bewegung</strong>smuster<br />
charakterisieren. Darüber hinaus werden sie als<br />
Bezugsgrößen der Klangmodulation herangezogen<br />
(Stache & Woitas, 1988).<br />
<strong>–</strong> Die Auswahl und akustisch/auditive Gewichtung<br />
der erfaßten <strong>Bewegung</strong>smerkmale muß unbedingt<br />
an der Struktur der propriozeptiven <strong>Bewegung</strong>swahrnehmung<br />
orientiert werden (Rieder<br />
et al., 1991).<br />
1 Sonifikation kann sinngemäß mit „systematischer Vertonung“<br />
übersetzt werden. Die Sonification-Forschung<br />
entwickelt sich seit Beginn der neunziger Jahre vor allem<br />
in den Vereinigten Staaten disziplin-übergreifend anwendungsorientiert<br />
(weitere Erläuterungen im Text). Dieser<br />
Forschungszweig ist von Effenberg (1996) in die Motorikforschung<br />
eingeführt worden.<br />
2 Bei Schmidt (1988 2 ,S. 151) findet sich lediglich ein<br />
Hinweis auf audiomotorische Zusammenhänge, Lippens<br />
(1992) und Bauer (1993) behandeln die Rolle von<br />
<strong>Bewegung</strong>sgeräuschen beim Rudern und Dreisprung.<br />
Takeuchi (1993) hat eine Untersuchung im Tennis durchgeführt.<br />
psychologie und sport · Schorndorf 5 (1998) · Heft 1 29