Bewegung hörbar machen – Warum? Zur ... - FOKO-NS
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<strong>Bewegung</strong> <strong>hörbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>–</strong> <strong>Warum</strong>? <strong>Zur</strong> Zukunftsperspektive einer systematischen Umsetzung von <strong>Bewegung</strong> in Klänge<br />
der, da ein Element jeweils nur direkt in eine Gestalt<br />
integriert werden kann und sowohl eine Integration<br />
eines Tones mit zeitlich benachbarten Tönen als<br />
auch mit in der Tonhöhe ähnlichen Tönen möglich<br />
ist (Kramer, 1993, 1994) 7 .<br />
Bei der Selbstwahrnehmung kann zunächst in ein<br />
„Körperschema“ oder „Raumbild“ (Katz, 1969; Kohl,<br />
1988) und in die „<strong>Bewegung</strong>sgestalten“ (Buytendijk,<br />
1956) unterschieden werden. Das Körperschema<br />
ist eine plastische Gestalt, in der sich die<br />
Gesamtgestalt maßgeblich in Wechselwirkung mit<br />
den einzelnen Teilen konfiguriert. Die Peripherie<br />
bestimmt durch dynamische Selbstregulierungsvorgänge<br />
das Zentralorgan (vgl. Katz, 1969). Eine<br />
stabile Grundstruktur des Körperschemas ist jedoch<br />
mit der Anatomie des Körpers gegeben, da die<br />
einzelnen Körperteile auf der Ebene der Phänomene<br />
unterschiedliche und eindeutig zuzuordnende<br />
Empfindungen hervorrufen.<br />
Die <strong>Bewegung</strong>sempfindungen hingegen sind dynamische<br />
Zeitgestalten Die Bedeutung von einzelnen<br />
Teilen und dem Ganzen läßt sich erst in der eigenen<br />
gelungenen <strong>Bewegung</strong>sausführung erfassen. Eine<br />
komplexere Gestalt besitzt in der Regel auch eine<br />
größere Prägnanz, was die Transponierbarkeit erleichtern<br />
kann (Katz, 1969). In der Selbstwahrnehmung<br />
wirken vertikale, das „Körperschema“<br />
konfigurierende, und horizontale, für die „<strong>Bewegung</strong>sgestalten“<br />
verantwortliche Integrationstendenzen<br />
zusammen 8 . Die <strong>Bewegung</strong>swahrnehmung<br />
wird jedoch durch die horizontale (über die Zeit<br />
wirkende) Integrationsrichtung dominiert.<br />
Innerhalb der Selbstwahrnehmung werden folgende<br />
Prägnanzmerkmale erkennbar 9 :<br />
7 Auch innerhalb der ökologischen Ansatzes werden<br />
dem Konzept der Selbstorganisation (Kelso et al., 1981;<br />
Turvey, 1991) bzw. dem Synergetik-Ansatz Hakens<br />
(1983) die elementaren Prinzipien der Integration bzw.<br />
Desintegration einzelner Elemente und Komponenten<br />
hinsichtlich übergeordneter systemischer Funktionen<br />
behandelt. Wie allerdings die Selbstorganisation auf den<br />
unteren, nicht bewußtseinsfähigen Ebenen der Wahrnehmungsfunktionen<br />
entsteht, darüber existieren gegenwärtig<br />
lediglich Vermutungen.<br />
8 Während die vertikalen Integrationstendenzen für das<br />
Zustandekommen der generellen <strong>–</strong> weitgehend zeitlich<br />
unabhängigen <strong>–</strong> Körperempfindung verantwortlich sind,<br />
konfigurieren die horizontalen Integrationstendenzen die<br />
<strong>Bewegung</strong>sgestalten in ihrem spezifischen zeitlichen Verlauf.<br />
9 Vgl. Katz (1969); Kohl (1988); Loosch (1993).<br />
a Im Körperschema (vertikale Integrationsrichtung):<br />
<strong>–</strong> distale Körperteile (besonders Hände und Füße)<br />
<strong>–</strong> Gelenkpunkte<br />
<strong>–</strong> Kontaktflächen des Subjekts mit der Umgebung<br />
(auch verwendete Geräte)<br />
b Bezüglich der <strong>Bewegung</strong>sgestalten (horizontale<br />
Integrationsrichtung):<br />
<strong>–</strong> periodisch-rhythmische Muster<br />
<strong>–</strong> Knotenpunkte der <strong>Bewegung</strong><br />
<strong>–</strong> Krafterlebnisse<br />
<strong>–</strong> der primäre Zielaspekt der <strong>Bewegung</strong>.<br />
Die Struktur der Gestalt ist neben ihrer äußeren Erscheinungsform<br />
gerade durch ihren inneren Bau,<br />
ihre innere Struktur und Organisation determiniert.<br />
Die Relationen der einzelnen Teile zueinander und<br />
zum Ganzen sind zentrale Charakteristika. Allerdings<br />
kann die Gestalt nicht vollständig über die<br />
Summe ihrer inneren Proportionen bestimmt werden<br />
(Gestaltkriterium der Übersummativität). Es<br />
gibt bestimmte Proportionen (individuelle Gewichtungen,<br />
wesentliche und unwesentliche Proportionen<br />
etc.), die nicht mit einem ausschließlichen<br />
Bezug auf die Relationen der einzelnen Elemente<br />
zueinander erklärt werden können (Buytendijk,<br />
1956; Katz, 1969). Die Wechselwirkung zwischen<br />
dem Ganzen und seinen Teilen entsteht erst in der<br />
Gestalt. Eine wahrgenommene Gestalt besitzt<br />
offenbar eine Spezifik, über die ihre einzelnen Teile<br />
antizipativ präzise im voraus bestimmt werden<br />
können. Mit dem Sonification-Konzept wird versucht,<br />
die Entwicklung solcher integrativer Wahrnehmungen<br />
und ganzheitlicher Vorstellungen durch<br />
den Einsatz der bewegungsdefinierten Akustiksequenzen<br />
direkt strukturell anzuregen und zu unterstützen.<br />
In der Gegenüberstellung von variablen und invarianten<br />
Strukturmerkmalen der auditiven Wahrnehmung<br />
und der motorischen Steuerung werden eine<br />
Reihe struktureller Analogien sichtbar. Dies läßt aus<br />
10 Die Wahrnehmung bekommt gegenwärtig im Rahmen<br />
des Synergetik-Ansatzes verstärkt Aufmerksamkeit, indem<br />
motorische Selbstorganisationsstrukturen und Ordnungsparameter<br />
beschrieben werden, die funktionell<br />
weitgehend den gestaltbildenden Prinzipien entsprechen.<br />
Haken (1996, S. 34) erkennt „frappierende Analogien<br />
zwischen Synergetik und der Gestaltpsychologie“.<br />
psychologie und sport · Schorndorf 5 (1998) · Heft 1 33