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Bewegung hörbar machen – Warum? Zur ... - FOKO-NS

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<strong>Bewegung</strong> <strong>hörbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>–</strong> <strong>Warum</strong>? <strong>Zur</strong> Zukunftsperspektive einer systematischen Umsetzung von <strong>Bewegung</strong> in Klänge<br />

In diesem Abschnitt konnte damit eine Reihe von<br />

Indizien aufgeführt werden, die auf eine strukturell<br />

analoge Funktionsweise zweier Sinnesbereiche hinweisen.<br />

Daß die auditive und die kinästhetische<br />

Wahrnehmung identisch funktionieren, wird damit<br />

ausdrücklich nicht behauptet. Dennoch wird die<br />

besondere strukturelle Analogie dieser beiden<br />

Sinnesbereiche im Vergleich zum Auge deutlich.<br />

Hier sind Intensitätsschwankungen optischer Reize<br />

keineswegs ausschließlich an kinetische Ereignisse<br />

gebunden, ebensowenig ist das Vorhandensein<br />

kinetischer Ereignisse für die visuelle Wahrnehmung<br />

vergleichbar essentiell: Während auch ein<br />

Photo unproblematisch wahrnehmbar ist, existiert<br />

für das Ohr kein adäquates Wahrnehmungsereignis.<br />

Die Integrationsprinzipien in der auditiven bzw.<br />

musikalischen Wahrnehmung und<br />

die Perspektive ihrer Operationalisierung:<br />

Die auditive Wahrnehmung weist einen hohen integrativen<br />

Charakter auf, wobei die zeitliche Integration<br />

einzelner Elemente (z. B. Töne) dominiert. Am<br />

Beispiel der musikalischen Wahrnehmung wird das<br />

deutlich: Töne und Klänge werden mit zunehmender<br />

Wahrnehmungsdauer in „hierarchisch höhere<br />

Gestalten“ integriert (Phrasen, Passagen, Sätze usw.),<br />

Takt, Rhythmus und Melodie sind ebenso gestalthafte<br />

Wahrnehmungsphänomene. Um die dabei wirksamen,<br />

komplexen und gegenseitig konkurrierenden<br />

Integrationsmechanismen bestimmen zu können,<br />

können mit der elektronischen Soundsynthese<br />

akustische Reizkonstellationen exakt definiert werden<br />

(Tonhöhe, Tondauer etc.), um die Integrationstendenzen<br />

präziser bestimmen zu können (Carterette,<br />

1989). Bregman (1984, 1990) hat dazu in Untersuchungen<br />

zum Phänomen der „stream-segregation“<br />

den gegenseitigen Einfluß der Tonhöhe und der<br />

Tondauer für die Entwicklung von Wahrnehmungsgestalten<br />

detailliert überprüft. Deutsch (1982, 1994)<br />

benennt für den Bereich der auditiven Wahrnehmung<br />

die folgenden vier primär wirksam werdenden gestaltbildenden<br />

Prinzipien, die in Verbindung mit den<br />

nachfolgend genannten sechs akustischen Komponenten<br />

als ein Rahmenkonzept dienen können:<br />

1. Das Prinzip der Nähe<br />

2. Das Prinzip der Ähnlichkeit<br />

3. Das Prinzip der Kontinuität<br />

4. Das Prinzip des gemeinsamen Schicksals.<br />

Die verschiedenen Integrationstendenzen unterliegen<br />

gegenseitigen Abhängigkeiten <strong>–</strong> wie sie mit<br />

dem Phänomen der „Stream-segregation“ beispielhaft<br />

angesprochen wurden <strong>–</strong> und beziehen sich bei<br />

der Wahrnehmung homophoner Melodien<br />

hauptsächlich auf die folgenden sechs akustischen<br />

Komponenten (vgl. Deutsch, 1982, 118<strong>–</strong>127):<br />

1. Die Tonfrequenz<br />

2. Die Klangcharakteristik<br />

3. Die Tonamplitude<br />

4. Die Tondauer<br />

5. Die zeitliche Nähe der Töne<br />

6. Den Tonhöhenverlauf in der Melodie.<br />

Auch läßt sich das Zusammenwirken integrierender<br />

Tendenzen an den drei Grundelementen der Musik<br />

(Rhythmus, Melodie, Harmonie) in einfacher<br />

Form veranschaulichen. Im musikalischen Geschehen<br />

wird der Komplex der zeitlichen Gliederung<br />

(Metrum, Tempo, Takt) im Rhythmus <strong>hörbar</strong>. Durch<br />

die Akzente des Rhythmus wird der Takt bestimmbar,<br />

wenn die übergeordnete Gestalt des Rhythmus<br />

bewußt desintegriert wird. Hier muß desintegriert<br />

werden, da wahrnehmungsseitig das rhythmische<br />

Geschehen immer dem Takt übergeordnet ist (vgl.<br />

Seifert, 1981, 5.4./1.). Die Melodie wird durch die<br />

steigende bzw. fallende Tonhöhenlinie bestimmt,<br />

durch die Tonlänge und die zeitliche Aufeinanderfolge<br />

der Töne, sowie durch ihre rhythmisch-dynamische<br />

Abfolge. Während die Melodie also weitgehend<br />

aus der horizontalen Integration der akustischen<br />

Elemente resultiert, kann der Begriff der<br />

Harmonie auch auf den Zusammenklang gleichzeitiger<br />

Töne (Akkorde) und damit auf die vertikale<br />

bzw. spektrale Integration bezogen werden.<br />

Über das Operationalisieren dieser Integrationstendenzen<br />

werden auf der einen Seite die gestaltbedingenden<br />

Beziehungen unter den einzelnen<br />

akustischen Elementen aufgedeckt, die für ihre gestalthafte<br />

Integration verantwortlich sind. Mit der<br />

zeitlichen Zusammenordnung und Abfolge der<br />

einzelnen Klangelemente entstehen in der Wahrnehmung<br />

spezifische Gestalten, die als Ganzheiten<br />

über ihre einzelnen Elemente charakterisiert sind.<br />

Die über diese ganzheitlichen Wahrnehmungsgestalten<br />

transportierte Spezifik bzw. die in ihr verborgene<br />

und doch gleichzeitig anschauliche Ordnung<br />

soll als strukturelle Information über die<br />

bewegungsdefinierte Soundsequenz vermittelt<br />

werden.<br />

psychologie und sport · Schorndorf 5 (1998) · Heft 1 35

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