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Bewegung hörbar machen – Warum? Zur ... - FOKO-NS

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<strong>Bewegung</strong> <strong>hörbar</strong> <strong>machen</strong> <strong>–</strong> <strong>Warum</strong>? <strong>Zur</strong> Zukunftsperspektive einer systematischen Umsetzung von <strong>Bewegung</strong> in Klänge<br />

Dabei bezieht sich die Sonification-Forschung auf<br />

die gestalthaft integrierende Wahrnehmungsorganisation,<br />

da diese bedeutungskonstituierend wirkt:<br />

“Auditory grouping is the perceptual process by<br />

which the listener separates out the information<br />

from an acoustic signal into individual meaningful<br />

sounds.” (Williams, 1993, S. 4.66).<br />

Innerhalb der Sonification-Forschung werden die<br />

Relationen zwischen den einzelnen in die Gestalt<br />

eingehenden Elemente bzw. Ereignisse als das<br />

grundsätzlich Gestalt-konstituierende Element verstanden,<br />

doch heißt das nicht, daß mit einer derartigen<br />

Sicht gestalthafte Phänomene wie z. B. die<br />

Übersummativität ausgeschlossen werden: Es wird<br />

lediglich ein bestimmbares Verhältnis zwischen den<br />

Strukturen, wie sie physikalischen Ereignisreihen<br />

eigen sind, und den durch sie angeregten Wahrnehmungsgestalten<br />

angenommen. Den Wahrnehmungsgestalten<br />

werden durchaus emergente Qualitäten<br />

zugerechnet, diese sollen gerade über die<br />

auditive Wahrnehmung gezielt angeregt werden.<br />

Die internen Integrationstendenzen in der Wahrnehmung,<br />

die zu einer gestalthaften Strukturierung<br />

der Phänomene führen, sollen durch die systematische<br />

Strukturierung der akustischen Informationssequenzen<br />

gezielt genutzt werden.<br />

Das Sonification-Konzept in der<br />

Motorikforschung: Wie sieht eine Sonification<br />

eines <strong>Bewegung</strong>smusters beispielhaft aus?<br />

Zunächst einmal sind die Parameter einer <strong>Bewegung</strong><br />

auszuwählen, die einerseits für die <strong>Bewegung</strong>stechnik<br />

charakteristisch sind und andererseits<br />

mit der zur Verfügung stehenden Technik (z. B.<br />

Kraftmeßsensoren, Videotechnik) quantitativ erfaßt<br />

werden können. Soll beispielsweise die Technik des<br />

Hochentlastungsschwungs im alpinen Skifahren<br />

mit der eines Tiefentlastungsschwungs verglichen<br />

werden <strong>–</strong> sofern in den Bindungsplatten der Ski<br />

integrierte Kraftmeßaufnehmer, Videotechnik und<br />

ein 3D-<strong>Bewegung</strong>sanalysesystem zur Verfügung<br />

stehen (vgl. Mester, 1988; Rieder et al., 1991) <strong>–</strong> so<br />

können die berechneten dreidimensionale <strong>Bewegung</strong>sdaten<br />

(z. B. Winkelverläufe, <strong>Bewegung</strong>sgeschwindigkeiten<br />

und -beschleunigungen) und<br />

Kraftmeßwerte systematisch in Tonhöhen- oder<br />

Lautstärkemodulationen umgesetzt werden.<br />

Überträgt man die erzeugte Akustiksequenz auf das<br />

Videoband, so können z. B. die mit den Kraftmeßaufnehmern<br />

ermittelten Reaktionskräfte auf die<br />

Bindungsplatten als ein an- bzw. abschwellender<br />

Ton wahrgenommen werden, und zwar synchron<br />

zum Videobild, so daß eine konkretere Vorstellung<br />

der durch die jeweilige <strong>Bewegung</strong>saktion erzeugten<br />

und kinästhetisch wahrgenommenen Kräfte (zeitlich-dynamische<br />

<strong>Bewegung</strong>sstruktur) in Relation zu<br />

den zeitlich-räumlichen Komponenten (z. B. Drehen<br />

der Ski) vermittelt werden kann. Auf diese<br />

Weise läßt sich auch die unterschiedliche zeitliche<br />

Abfolge der entlastenden Aktion (Hochschwung =<br />

Knie-/Hüftgelenkstreckung, Tiefschwung = Knie-/<br />

Hüftgelenkbeugung) und der Drehbewegung der<br />

Ski prägnanter darstellen und vermitteln: Die Kompression<br />

der Gelenke muß beim Tiefschwung<br />

wesentlich explosiver erfolgen, die Drehung der Ski<br />

fällt zeitlich dichter mit der Kompression zusammen.<br />

Bei Aneinanderreihung einiger Schwünge entsteht<br />

in Vergleich zum Hochschwung ein anderer<br />

<strong>Bewegung</strong>srhythmus, der <strong>–</strong> akustisch transformiert<br />

<strong>–</strong> kontinuierlich quantitativ dargestellt werden<br />

kann und von dem angenommen werden kann, daß<br />

er eine strukturelle Analogie zu den Kraftempfindungen<br />

aufweist.<br />

Von „bewegungsdefinierten Akustik- oder auch<br />

motoakustischen Informationssequenzen“ wird in<br />

diesem Zusammenhang gesprochen, weil die<br />

elektronisch erzeugten, akustischen Ereignisreihen<br />

(z. B. Tonreihen) direkt über die <strong>Bewegung</strong>sparameterverläufe<br />

moduliert werden. Motorische<br />

Lernprozesse können über motoakustische Zusatzinformationen<br />

unterstützt werden, indem auf der<br />

Ebene der Wahrnehmungsphänomene auditive Gestalten<br />

angeregt werden, die von ihrer Struktur her<br />

den <strong>Bewegung</strong>sgestalten entsprechen. So kann<br />

beispielsweise der <strong>Bewegung</strong>srhythmus direkt in<br />

einen akustischen Rhythmus transformiert werden.<br />

Weitere bewegungsbezogene Komponenten können<br />

parallel abgebildet werden: Bei dem Beispiel des<br />

Hoch-/Tiefentlastungsschwingens sind etwa Oberkörperdrehung<br />

(Schulterachse relativ zur Hüftachse)<br />

und Stockeinsatz ergänzend darstellbar. Primär<br />

sollen zeitlich-dynamische Komponenten der <strong>Bewegung</strong>sstruktur<br />

zusätzlich zum Videobild dargestellt<br />

werden.<br />

Das Ziel der <strong>Bewegung</strong>s-Sonification liegt primär<br />

in der akustischen Unterstützung der <strong>Bewegung</strong>svorstellung.<br />

Diese kann über die akustische Darstellung<br />

der zeitlich-dynamischen Koordinationsstruktur<br />

im Zusammenhang unterstützt werden: Im<br />

Gegensatz zur verbalen <strong>Bewegung</strong>sbeschreibung<br />

psychologie und sport · Schorndorf 5 (1998) · Heft 1 31

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