Einsatz standardisierter Steuerungssysteme im ... - RDB eV
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Automatisierung<br />
<strong>Einsatz</strong> <strong>standardisierter</strong> <strong>Steuerungssysteme</strong><br />
<strong>im</strong> automatisierten Steinkohlebergbau<br />
Dr.-Ing. habil. Franz Becker, Friedrichsthal; Prof. Dr. Walter Jakoby, Trier;<br />
Ing. Karlheinz Soyke, Bottrop*<br />
Die Weiterentwicklung industrieller<br />
Produktionsprozesse erfordert<br />
kontinuierliche Innovationen. Sie<br />
dienen zur Verbesserung der<br />
Wirtschaftlichkeit und zur<br />
Erhöhung der Sicherheit. Innovationen<br />
erfolgen durch die Weiterentwicklung<br />
der eingesetzten<br />
Maschinen („größer, stärker,<br />
schneller“), durch die Automatisierung<br />
des Maschinenbetriebs mit<br />
Hilfe von Rechnern und durch<br />
Vernetzung der Rechner für einen<br />
lückenlosen und durchgängigen<br />
Informationsaustausch.<br />
Sowohl auf der Seite der Produktionsprozesse<br />
als auch auf der<br />
Seite der Automatisierungsgeräte<br />
ist der Grad der Vernetzung und<br />
der Komplexität bereits auf ein<br />
enormes Niveau angewachsen.<br />
An alle Beteiligten – Hersteller,<br />
Entwickler, Konstrukteure, Betreiber<br />
und Bediener – stellt das<br />
erreichte Komplexitätsniveau<br />
hohe Anforderungen. Es gibt<br />
verschiedene Methoden, um<br />
diese Anforderungen trotz eines<br />
l<strong>im</strong>itierten Zeitbudgets erfüllen zu<br />
können.<br />
Die beiden wirksamsten Methoden<br />
sind Standardisierung und Modularisierung<br />
zur Schaffung von wieder<br />
verwendbaren Modulen. Der<br />
Standardisierungsansatz kann dabei<br />
in allen Phasen des Produkt-<br />
Lebenszyklus und von<br />
allen Beteiligten verfolgt werden.<br />
Standardisierung gibt es be<strong>im</strong><br />
Hersteller hoch integrierter<br />
elektronischer Bauteile, be<strong>im</strong><br />
Entwickler von Automatisierungsbaugruppen<br />
und -geräten, be<strong>im</strong><br />
*Dr.-Ing. habil. Franz Becker, Becker Mining Systems<br />
AG, Barbarastraße 3, 66299 Friedrichsthal,<br />
Prof. Dr. Walter Jakoby, Fachhochschule Trier,<br />
Schneidershof, 54293 Trier, Ing. Karlheinz Soyke,<br />
Deutsche Steinkohle AG, Prosperstraße 350,<br />
46238 Bottrop<br />
Aufbau von<br />
Kommunikationsschnittstellen,<br />
be<strong>im</strong> Entwurf<br />
von Benutzer-Interfaces<br />
und auch<br />
bei der Projektierung<br />
von<br />
Automatisierungslösungen.<br />
Die beispielhafte<br />
Umsetzung des Standardisierungsansatzes<br />
und der Nutzen<br />
für den Anwender sollen<br />
in diesem Aufsatz<br />
am Beispiel der<br />
IPC-Technik <strong>im</strong> automatisierten<br />
Steinkohlebergbau<br />
demonstriert<br />
werden.<br />
Mit den Steuergeräten<br />
MINCOS MMC<br />
und MINING MASTER<br />
(Bild 1) hat die Becker<br />
Mining Systems AG<br />
bekannte Hardwareund<br />
Software-Standards<br />
für den <strong>Einsatz</strong><br />
<strong>im</strong> Steinkohlebergbau<br />
unter Tage verfügbar gemacht. Unter Verwendung<br />
des MINCOS MMC wurde daraus<br />
von der Abteilung „Zentraler Energiezugbau“<br />
(BTW-WE/R) des Servicebereichs<br />
Technik und Logistik der Deutsche<br />
Steinkohle AG (DSK) eine standardisierte<br />
zentrale Steuertafel (Bild 2) für verschiedene<br />
Anwendungsaufgaben konstruiert.<br />
Nach umfangreichen übertägigen Tests<br />
und 2 untertägigen Feldversuchen ist das<br />
System nun in den regulären Serieneinsatz<br />
gegangen.<br />
Anforderungen des Bergbaus<br />
an Automatisierungssysteme<br />
Der <strong>Einsatz</strong> von Werkzeugen, Methoden<br />
und Geräten in einem industriellen<br />
Produktionsprozess ist nie Selbstzweck,<br />
sondern verfolgt auf verschiedenen Wegen<br />
grundsätzlich <strong>im</strong>mer die gleichen Ziele:<br />
die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und<br />
1 Kompaktes Automatisierungsgerät MINCOS MMC<br />
Grafik: Becker Mining Systems AG/DSK AG<br />
der Sicherheit. Am Anfang eines gelungenen<br />
Automatisierungsvorhabens sollte daher<br />
<strong>im</strong>mer der zu automatisierende Prozess<br />
stehen.<br />
Ein Bergwerk ist ein Produktionsbetrieb<br />
mit einer Vielzahl unterschiedlicher, vernetzter<br />
Maschinen, Anlagen und Einrichtungen.<br />
Die Einrichtungen sind dabei über<br />
einen großen, viele Kilometer umfassenden<br />
räumlichen Bereich verteilt und dennoch<br />
in beengten räumlichen Verhältnissen<br />
untergebracht, in denen sich zudem<br />
auch Menschen regelmäßig aufhalten. Der<br />
Betrieb eines Steinkohlebergwerks ist daher<br />
durch sehr restriktive Rahmenbedingungen<br />
gekennzeichnet. Hier ist vor allem<br />
die explosionsgefährdete Umgebung zu<br />
nennen. Aber auch hohe oder niedrige<br />
Temperaturen, hohe Luftfeuchtigkeit und<br />
der Staub stellen große Belastungen dar.<br />
Der Betrieb elektrischer Einrichtungen in<br />
einer derartigen Atmosphäre schließt die<br />
390 bergbau 9/2007
Automatisierung<br />
2 Standardisierte Steuertafel mit MINCOS MMC<br />
Grafik: Becker Mining Systems AG/DSK AG<br />
Verwendung industrieüblicher Technik aus.<br />
Die besonders rauen Umgebungsanforderungen<br />
können nur durch sehr robuste<br />
Bauformen erfüllt werden.<br />
Die beengten Platzverhältnisse unter<br />
Tage führen zu einem unmittelbaren Zusammenwirken<br />
von Mensch und Maschine,<br />
was hohe Sicherheitsanforderungen<br />
nach sich zieht. Stillsetz- und Sperreinrichtungen<br />
sind daher obligatorische Bestandteile<br />
von Maschinen.<br />
Die großen Entfernungen in Kombination<br />
mit schlechter Zugänglichkeit fordern<br />
umfangreiche Kommunikationskanäle sowohl<br />
für den Menschen als auch für die<br />
Steuerungsrechner. Die ständig wechselnden<br />
räumlichen Gegebenheiten, machen<br />
den <strong>Einsatz</strong> flexibel konfigurierbarer Systeme<br />
erforderlich.<br />
Das skizzierte Anforderungsprofil des<br />
Bergbaus basiert zum Teil auf den europäischen<br />
Richtlinien, wie z.B. ATEX-<br />
Richtlinie, Maschinenrichtlinie, EMV-<br />
Richtlinie und Niederspannungsrichtlinie,<br />
um nur die wichtigsten zu nennen, geht<br />
aber an vielen Punkten durch spezielle<br />
Verordnungen, Richtlinien und Normen<br />
weit über die EU-Richtlinien hinaus.<br />
Innovationsschritte bei<br />
Automatisierungssystemen<br />
Die in den zurück liegenden Jahrzehnten<br />
stetig gestiegenen Anforderungen an Automatisierungssysteme,<br />
bei denen eine Verlangsamung<br />
bislang nicht erkennbar ist,<br />
wurden auf der Seite der Hersteller durch<br />
vielfältige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben<br />
angepackt und in Form konkreter<br />
Innovationsschritte bewältigt. Die detaillierte<br />
Aufzählung dieser Schritte ist an dieser<br />
Stelle nicht erforderlich.<br />
Sicherlich die bedeutendste Innovation<br />
ist die Erfindung und Entwicklung hoch integrierter<br />
mikroelektronischer Halbleiterbauelemente.<br />
Egal ob als Prozessoren,<br />
Speicher oder sonstige Bausteine bilden<br />
sie den Kern nicht nur von Rechnern, sondern<br />
aller elektronischen Geräte unserer<br />
Zeit. Bei weitem nicht die einzige, aber sicher<br />
eine der anschaulichsten Kennzahlen<br />
für diese Entwicklung ist die Zahl der Transistoren<br />
pro Chip. Diese Zahl verzehnfacht<br />
sich alle 10 Jahre. So hat sich die Zahl der<br />
Transistoren von 2300 be<strong>im</strong> ersten Mikroprozessor<br />
der Welt (Intel 4004 <strong>im</strong> Jahre<br />
1971) auf derzeit etwa 400 Mio. erhöht.<br />
IPC-Technik<br />
Die PC-Technik hat zunächst ab 1980<br />
den Bürobereich und dann ab 1990 als Industrie-PC<br />
(IPC) auch den Industriebereich<br />
als Standardrechner erobert. Trotz<br />
vielfältiger Erscheinungsformen der Rechner,<br />
gibt es einige wesentlichen Gemeinsamkeiten,<br />
die das Wesen eines PC ausmachen.<br />
Es sind dies Standards bei der Hardware<br />
und der Software, die eine Portierung<br />
und Mehrfachnutzung von einmal entwickelten<br />
Komponenten ermöglichen und<br />
damit den beträchtlichen Entwicklungsaufwand<br />
auf eine genügend große Stückzahl<br />
verteilen.<br />
Als Standards bei der PC-Hardware<br />
sind zu nennen: die Prozessorarchitektur,<br />
die rechnerinternen Lokalbusse (PCI),<br />
standardisierte Schnittstellen für den Anschluss<br />
von Geräten (USB, Firewire, EI-<br />
DE) sowie durchgängige externe Bussysteme<br />
(Ethernet). Bei der PC-Software existieren<br />
Standards be<strong>im</strong> Betriebssystem, bei<br />
den Anwendungsprogrammen, bei den<br />
Programmiersystemen und den Kommunikationsprotokollen.<br />
Die Schaltungskomplexität der Mikroprozessoren<br />
entwickelt sich seit vielen<br />
Jahren mit exponentieller Geschwindigkeit,<br />
die nach dem Intel-Begründer als<br />
„Moore’s Law“ bekannt ist: die Anzahl der<br />
Transistoren, die auf einem Baustein integriert<br />
werden können, und damit auch die<br />
Leistungsfähigkeit des Bausteins verdoppelt<br />
sich in einem Zeitraum von 18 bis 24<br />
Monaten. Der Vergleich mit den Innovationszyklen<br />
in der Industrie und <strong>im</strong> Bergbau<br />
macht klar, dass eine grundlegende Neuentwicklung<br />
der Automatisierungssysteme<br />
nicht mit der gleichen Rate wie bei den Mikroprozessoren<br />
erfolgen kann.<br />
Um dennoch an den Fortschritten der<br />
Prozessortechnologie partizipieren zu können,<br />
ist eine Entkopplungsstrategie erforderlich:<br />
Das langlebigere Automatisierungssystem<br />
wird so zukunftssicher entwickelt, dass<br />
der Prozessor und seine unmittelbaren peripheren<br />
Bausteine, wie Speicher, Bustreiber<br />
und Schnittstellenbausteine in das System<br />
„eingebettet“ werden können. Für diese Art<br />
von anwendungsspezifischem Produktdesign<br />
hat sich daher auch der Begriff der „Embedded“-Technik<br />
etabliert: Schnelllebige<br />
Prozessorbaugruppen (Single-Board-Computer)<br />
werden von spezialisierten OEM-Herstellern<br />
(Original Equipment Manufacturer)<br />
entwickelt und in die langlebigeren Automatisierungssysteme<br />
eingebettet. Auf diese Art<br />
lassen sich die widersprüchlichen Forderungen<br />
nach raschem technischen Fortschritt<br />
einerseits und Investitionssicherheit andererseits<br />
miteinander vereinbaren.<br />
Echtzeitfähigkeit<br />
Die Aufgabe jedes Betriebssystems ist<br />
es, die Ressourcen eines Rechners (d.h.<br />
den Prozessor, den Speicher, die Laufwerke<br />
mit den Dateien und die Ein- und Ausgabegeräte)<br />
den Anwendungsprogrammen<br />
(den Tasks) zugänglich zu machen und den<br />
Zugriff zu verwalten. Können mehrere Tasks<br />
gleichzeitig (auf einem einzigen Prozessor)<br />
aktiv sein, muss das Betriebssystem die Zuteilung<br />
der Rechenzeit zu den einzelnen<br />
Tasks organisieren. Vereinfachend führt diese<br />
Multi-tasking-Fähigkeit darauf hinaus, die<br />
verfügbare Rechenzeit möglichst gleichmäßig<br />
auf die Tasks aufzuteilen.<br />
Ein ganz anderes Ziel verfolgt die Echtzeit-Fähigkeit<br />
eines Betriebssystems: Hier<br />
geht es darum, einer Task, die auf Ereignisse<br />
garantiert und sofort reagieren muss,<br />
vordringlich die Rechenzeit zuzuweisen.<br />
Der Widerspruch zwischen Multi-Taskingbergbau<br />
9/2007 391
Automatisierung<br />
und Echtzeitfähigkeit ist einer der kritischsten<br />
Punkte bei der Auswahl eines Betriebssystems.<br />
Ein Multi-Tasking-Betriebssystem<br />
wie Windows hat den Vorteil eines<br />
weltweiten Standards mit einer riesigen<br />
Auswahl darauf lauffähiger Programme, ist<br />
aber weder echtzeitfähig noch absturzsicher.<br />
Dezidierte Echtzeitsysteme dagegen<br />
garantieren zwar kürzeste Reaktionszeiten,<br />
sind aber nicht standardisiert.<br />
In den Automatisierungssystemen von<br />
Becker Mining Systems wurde dieser Widerspruch<br />
durch das unabhängig vom Betriebssystem<br />
arbeitende Echtzeitsystem<br />
ProConOS gelöst: Echtzeitkritische Tasks,<br />
insbesondere das Steuerungsprogramm,<br />
erhalten mit höchster Priorität die Prozessorzeit<br />
zugeteilt. Die verbleibende Prozessorzeit<br />
wird an Windows und damit an die<br />
nieder prioren Tasks abgegeben.<br />
Die Zeit, die den Anwendungstasks zugestanden<br />
wird (und die von der Echtzeit<br />
ab geht), ist außerdem einstellbar. Damit<br />
kann <strong>im</strong> Zweifelsfall die gesamte Rechenzeit<br />
dem Steuerungsprogramm zur Verfügung<br />
gestellt werden. Der Echtzeitkernel<br />
von ProConOS hat einen weiteren Vorteil.<br />
Da er unabhängig von Windows auf die<br />
Hardware zugreift, ist er vom Betriebssystem<br />
unabhängig. Selbst bei Absturz von<br />
Windows („Blue Screen“) läuft die Steuerung<br />
und der Echtzeitkernel weiter. Nur die<br />
anderen (nicht zeitkritischen) Anwendungstasks<br />
(also z.B. Visualisierung), die auf<br />
Windows zugreifen, laufen nicht, bis das<br />
Betriebssystem neu gebootet wurde.<br />
Programmierung nach<br />
internationalem Standard<br />
Speicherprogrammierbare Steuerungen<br />
sind seit den 1970er Jahren entstanden.<br />
Im Gegensatz zur PC-Welt, wo sich<br />
sowohl auf der Seite der Hardware als<br />
auch auf der Seite der Software Standards<br />
herausgebildet haben, ist die SPS-Welt<br />
sehr heterogen und von vielen firmenspezifischen<br />
Lösungen gekennzeichnet.<br />
Dieses für den Anwender gravierende<br />
Manko wurde durch eine internationale<br />
Norm, die IEC 61131 beseitigt. Sie wurde<br />
1993 veröffentlicht und besteht aus 5 Teilen.<br />
Die Einzelheiten der Programmierung<br />
werden in Teil 3 definiert. Die Norm definiert<br />
5 Programmiersprachen: textliche Programmierung<br />
als Instruction List (IL) oder<br />
strukturiertem Text (ST), graphische Programmierung<br />
in Ladder Diagramm (LD)<br />
oder Function Block Diagramm sowie die<br />
Ablaufprogrammierung als Sequential Function<br />
Chart (SFC).<br />
Die aus Anwendersicht wichtigsten Vorteile<br />
der normgerechten Programmierung<br />
sind die Objektorientierung sowie die Herstellerunabhängigkeit.<br />
Die objektorientierte<br />
Programmierung stellt das aktuelle Programmierparadigma<br />
dar, das die Erstellung<br />
komplexer Programme in modularer<br />
und wieder verwendbarer Form ermöglicht.<br />
Durch die Herstellerunabhängigkeit<br />
wird die Einarbeitung in unterschiedliche<br />
Programmiersprachen und -systeme vermieden.<br />
Die einmal aufgebauten Kenntnisse<br />
können genau so wie die erstellten Programmmodule<br />
auf andere Systeme übertragen<br />
werden.<br />
MINING MASTER<br />
Der MINING MASTER ist ein sehr leistungsfähiges<br />
PC-basiertes schlagwettergeschütztes<br />
Automatisierungsgerät für den<br />
untertägigen Steinkohlebergbau. In einem<br />
druckfesten Gehäuse befinden sich ein<br />
Baugruppenträger mit dem Rückwandbus,<br />
über den die unterschiedlichen Steckbaugruppen<br />
verbunden werden, sowie ein<br />
VGA-Display.<br />
Im eigensicheren Gehäuse sind die Peripherieschnittstellen<br />
zum Anschluss von<br />
Feldbussen untergebracht. Der Gehäusedeckel<br />
enthält als Bedienelemente eine robuste<br />
Funktionstastatur, eine Joystick-Maus<br />
sowie diskrete Schalter und Taster.<br />
Die zentrale Baugruppe des MINING<br />
MASTER bildet die CPU-Baugruppe mit einem<br />
Pentium-Prozessor. Diese Baugruppe<br />
enthält alle Komponenten, die für einen leistungsfähigen<br />
PC erforderlich sind.<br />
Die Kommunikationsbaugruppe unterstützt<br />
bis zu 8 Feldbusse. Diese können<br />
wahlweise als PROMOS-Ast, BETACON-<br />
TROL-Fernbus, BETACONTROL-Feldbus,<br />
oder als DUST-Schnittstelle konfiguriert<br />
werden.<br />
Über weitere Baugruppen sind 4 Profibus-Schnittstellen<br />
realisierbar. Die Standard-Schnittstelle<br />
des MINING MASTER<br />
bildet Ethernet mit einer TCP/IP-Kommunikation.<br />
Durch den <strong>Einsatz</strong> des VGA-Displays,<br />
einer Joystick-Maus und der Funktionstastatur<br />
stellt der MINING MASTER eine vollwertige,<br />
interaktive PC-Bedienoberfläche<br />
zur Verfügung.<br />
Die Versorgung des Automatisierungsrechners<br />
erfolgt über bis zu 3 Stromversorgungen,<br />
davon 2 für den eigensicheren<br />
Bereich und eine für den druckfesten Bereich.<br />
Die unterstützten Spannungspegel sind<br />
pr<strong>im</strong>ärseitig 42VAC, 230VAC oder 108VDC<br />
und sekundärseitig 12VDC und 5VDC.<br />
MINCOS MMC<br />
Der Leistungsumfang und die Leistungsvielfalt<br />
des MINING MASTER werden in<br />
kleinen und mittleren Automatisierungsaufgaben<br />
nicht <strong>im</strong>mer benötigt. Diese Anwendungsfälle<br />
deckt der MINCOS MMC<br />
(MINING MASTER COMPACT) ab (Bild 1).<br />
Es ist ein IPC-basiertes kompaktes Gerät<br />
für mittlere Automatisierungsaufgaben wie<br />
z.B. die Steuerung von Häspeln, Bändern,<br />
Pumpen, Weichen oder Baustoffvorortanlagen.<br />
In einem kompakten Gehäuse von 260<br />
x 358 x 188 mm sind alle für den Betrieb<br />
nötigen Komponenten untergebracht. Der<br />
obere, druckfest gekapselte Raum (d-<br />
Raum) enthält die Stromversorgung, die<br />
Prozessorbaugruppe, die Kommunikationsbaugruppen<br />
und ein graphisches Display.<br />
Die gesamte Anschlusstechnik für<br />
die Vernetzung, den Feldbusanschluss sowie<br />
Touchpad und Folientastatur ist <strong>im</strong> unteren,<br />
eigensicheren Raum untergebracht<br />
(i-Raum).<br />
Zum Anschluss von Sensoren, Aktoren,<br />
NF-Sprechgeräten und Sicherheitskomponenten<br />
stehen 2 Feldbusanschlüsse zur<br />
Verfügung. Jeder Feldbus kann entweder<br />
als PROMOS-Ast oder als BETACON-<br />
TROL-BTS ausgeführt sein, wodurch die<br />
gesamte Palette der Feldgeräte von<br />
Becker Mining Systems anschließbar ist.<br />
Die NF-Sprechschnittstelle der Feldbusse<br />
kann separat ausgekoppelt und mit anderen<br />
Sprechanlagen verbunden werden.<br />
Die an sich getrennten Sicherheitskreise<br />
der beiden Feldbusse können für best<strong>im</strong>mte<br />
Aufgaben bidirektional gekoppelt werden.<br />
Die Benutzerschnittstelle besteht aus einem<br />
graphischen TFT-Display mit VGA-<br />
Auflösung (640 x 480 Punkte), einer Touchpad-Maus<br />
sowie robusten Folientasten für<br />
Betriebsarten-, Funktions- und Navigationseingaben.<br />
Mit dieser Hardware-Ausstattung und<br />
den darauf aufbauenden Software-Tools<br />
lassen sich komfortable, intuitiv verständliche<br />
Benutzerschnittstellen für jede Anwendung<br />
verwirklichen.<br />
Die Vernetzung von MINCOS MMC<br />
über größere Entfernungen wird mit Hilfe<br />
einer LWL-Ethernet-Verbindung realisiert.<br />
Über diese standardisierten und hoch performanten<br />
Verbindungen können mehrere<br />
MINCOS MMC-Geräte untereinander vernetzt,<br />
mit anderen <strong>Steuerungssysteme</strong>n<br />
verbunden oder die Informationsanbindung<br />
nach Übertage hergestellt werden.<br />
Auch die Ankopplung von Fremdsystemen<br />
ist über die beiden FSK-Profibus-Schnittstellen<br />
kein Problem.<br />
Die <strong>im</strong> Gerät integrierte Stromversorgung<br />
stellt 3 eigensichere Spannungen mit<br />
einem Pegel von 12 VDC zur Verfügung.<br />
Eine speist die internen Komponenten von<br />
MINCOS MMC. Die beiden anderen fernversorgen<br />
die externen Komponenten, die<br />
an den beiden Feldbussen angeschlossen<br />
sind.<br />
<strong>Einsatz</strong>erfahrungen<br />
Zur Überprüfung der Praxistauglichkeit<br />
der neuen Steuerung und zur Ermittlung<br />
392 bergbau 9/2007
Automatisierung<br />
3 Steuerung einer Bandanlage mit TT-Antrieb Grafik: Becker Mining Systems AG/DSK AG<br />
wichtiger Kenngrößen, wie z.B. der max<strong>im</strong>alen<br />
Leitungslängen wurde eine komplette<br />
Anlagenkombination mit dem MIN-<br />
COS MMC als Steuerungsrechner von den<br />
Fachleuten des Energiezugbaus in ihrer<br />
Werkshalle auf dem Gelände des Bergwerks<br />
Prosper-Haniel aufgebaut und umfangreichen<br />
Tests unterworfen. Die durchweg<br />
positiven Erfahrungen dieser Tests<br />
konnten dann bei 2 untertägigen Feldversuchen<br />
angewendet und bestätigt werden.<br />
In der Bauhöhe 202 des Bergwerks Prosper-Haniel<br />
steuert der MINCOS MMC über<br />
den Profibus eine Kaltwassermaschine<br />
vom Typ KPM500. Über den Feldbus<br />
(PROMOS-Ast) erfolgt die Sprechverbindung<br />
zwischen Steuertafel und Maschine.<br />
Zur Verbindung zur zentralen Steuertafel<br />
und von dort nach über Tage dienen eine<br />
LWL- sowie eine NF-Verbindung. Auch unter<br />
den extremen Umgebungsbedingungen<br />
dieses <strong>Einsatz</strong>falles konnte der MIN-<br />
COS MMC seine Praxistauglichkeit uneingeschränkt<br />
unter Beweis stellen.<br />
Ein zweiter Probeeinsatz erfolgte in der<br />
Bauhöhe 775 des Bergwerks Walsum zur<br />
Steuerung eines 830 m langen Kohlenabfuhrbandes.<br />
Zum Anschluss der Feldgeräte<br />
vom Typ PROMOS PLUS dienen 2 Feldbusse<br />
(PROMOS-Ast). Der erste Feldbus<br />
koppelt 4-fach-Adapter, Sprechgeräte und<br />
Notausschalter, die Geräte des Abwurfs<br />
und des Unterbandes an. Außerdem ist ein<br />
Reparatursteuerstand angeschlossen. Am<br />
zweiten Feldbus sind neben den Feldgeräten<br />
des Oberbandes auch die Koppler für<br />
die Bandfahrung integriert.<br />
Die Steuerung der Schaltgeräte für den<br />
Kopf- und den Heckantrieb erfolgt über<br />
den Profibus. Zur Vorsicht wurde ein bewährtes<br />
Steuergerät vom Typ MINING<br />
MASTER installiert. Da der MINCOS MMC<br />
aber auch hier problemlos lief, musste<br />
nicht auf diesen MINING MASTER zurückgegriffen<br />
werden. Aufgrund der positiven<br />
Ergebnisse wird der MINCOS MMC nun an<br />
7 Bändern des Bergwerks West eingesetzt.<br />
Die <strong>Einsatz</strong>felder sind unterschiedlich,<br />
es kommen Bänder mit TT-Antrieben, sowie<br />
Kopf- und Heckantrieben zum <strong>Einsatz</strong><br />
(Bild 3). In die Bandsteuerung für den MIN-<br />
COS MMC sind weitere komplexe Steuerungselemente<br />
integriert. Hierbei wird eine<br />
Bandspanneinrichtung und ein geregeltes<br />
Bremssystem von der MINCOS MMC-<br />
Steuerung automatisiert. Die Feldbusperipherie<br />
ist hierbei standardisiert das bewährte<br />
PROMOS-Ast System. Die komplexen<br />
Automatisierungseinrichtungen werden<br />
mittels Profibus problemlos gelöst.<br />
Als besondere Herausforderung ist die<br />
Anbindung von Umrichtermotoren und externen<br />
Frequenzumrichtern zur drehzahlgesteuerten<br />
Bandgeschwindigkeit sowie der<br />
Bremsbetrieb erwähnenswert. Auch hierbei<br />
wurden alle Steuerungs- und Regelungsaufgaben<br />
durch den <strong>Einsatz</strong> des<br />
MINCOS MMC-Steuergerätes problemlos<br />
erfüllt.<br />
Um weitere Steuerungsaufgaben zu bewältigen,<br />
wurde das <strong>Einsatz</strong>spektrum des<br />
MINCOS MMC-Steuergerätes erweitert.<br />
Auf dem Bergwerk Ost wird eine mit 2 redundanten<br />
Pumpensystemen aufgebaute<br />
Druckerhöhungsstation betrieben. Hierbei<br />
werden Abnehmer wie Abbau- und Vorleistungsbetriebe<br />
mit Prozesswasser in stabilen<br />
Druckverhältnissen versorgt.<br />
Durch den <strong>Einsatz</strong> einer neuen Walzenschrämladergeneration<br />
bei der DSK wurde<br />
für die erweiterte Datenanbindung durch<br />
LWL, Profibus und Wireless LAN ein leistungsstarker<br />
Rechner zum Datenmanagement<br />
zwischen der Maschine und der Prozessleittechnik<br />
übertage gesucht. Hierbei<br />
kam der MINCOS MMC zum ersten Mal in<br />
der Bauhöhe 513 auf dem Bergwerk Prosper-Haniel<br />
zum <strong>Einsatz</strong>.<br />
Er steuert dort das vorgenannte gesamte<br />
Datenspektrum.<br />
Für die nächste Bauhöhe 491 auf dem<br />
Bergwerk Auguste-Victoria wird der MIN-<br />
COS MMC, aufgrund seiner Betriebssicherheit,<br />
erneut das Datenmanagement eines<br />
Walzenschrämladers übernehmen.<br />
Aufgrund der durchweg positiven Testund<br />
Betriebserfahrungen wurde die kompakte<br />
Bauweise des MINCOS MMC vom<br />
zentralen Energiezugbau genutzt, um eine<br />
Standardverteilungstafel für den <strong>Einsatz</strong> in<br />
den Bergwerken der DSK zu projektieren<br />
(Bild 2).<br />
Hierdurch kann der Installationsaufwand<br />
für die vorgesehenen <strong>Einsatz</strong>felder min<strong>im</strong>iert<br />
werden.<br />
bergbau 9/2007 393