Der schmale Weg - Dr. Lothar Gassmann
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mahnt, ihre eigene Kultur zu hinterfragen.<br />
Sie werden aufgefordert, ihre „kulturellen<br />
Ausdrucksformen“ nicht den anderen aufzuzwingen.<br />
Das bedeutet keine Missionierung mehr<br />
im klassischen Sinn, sondern andere Religionen<br />
als gleichberechtigt anzuerkennen<br />
und sogar das eigene Missionsverständnis<br />
kritisch zu hinterfragen. Denn wenn von<br />
„eigener Kultur“ gesprochen wird, dann ist<br />
darin die Religion mit enthalten. Oder anders<br />
ausgedrückt: Die Kultur ist der Überbegriff<br />
- und die Religion ist dieser untergeordnet<br />
oder eingeordnet.<br />
Die religiösen Sitten und Gebräuche werden<br />
betont und nicht eine religiöse Lehre. Insofern<br />
löst man sich von der Lehre als absolute<br />
Aussage über die Welt und Gott und begibt<br />
sich auf die Ebene der Erfahrungen.<br />
Keine absolute Wahrheit mehr ...<br />
Eine absolute (losgelöste) Aussage ist nicht<br />
mehr gefragt, sondern eine relative Aussage.<br />
Verschiedene Wahrheiten oder Teilwahrheiten<br />
stehen gleichberechtigt nebeneinander.<br />
Die verschiedenen Wahrheiten sind auf die<br />
jeweiligen Kulturen der Völker bezogen. Die<br />
Wahrheiten sind nicht absolut (losgelöst),<br />
sondern beziehen sich auf eine Kultur. In<br />
der Mission kommen die eigene Kultur und<br />
eine Fremdkultur vor. Das Heil, die Erlösung<br />
und im traditionellen Verständnis der Mission,<br />
den anderen Völkern die Wahrheit und<br />
die heilbringende Botschaft zu bringen, steht<br />
nicht mehr im Zentrum. Davon wird nicht<br />
mehr gesprochen und das ist nicht das Thema.<br />
Heute steht das Verständnis der anderen<br />
Religionen im Vordergrund. Zentral ist heute,<br />
die anderen zu verstehen und auch Elemente<br />
der Religiosität anderer Kulturen in die<br />
christliche Kultur zu integrieren.<br />
<strong>Der</strong> <strong>schmale</strong> <strong>Weg</strong> Nr. 1 / 2012 27<br />
Multireligiosität<br />
Die Darlegung des christlichen Zeugnisses<br />
„in einer multireligiösen Welt“ (Titel) ist das<br />
Anliegen. Nach dem Verhalten gegenüber<br />
Anhängern einer anderen Religion wird gefragt.<br />
Deshalb soll es nur um einen „Verhaltenskodex“<br />
gehen. <strong>Der</strong> Begriff multireligiös<br />
zeigt schon, dass wir als Christen darauf vorbereitet<br />
sein sollen, wie wir mit anderen Religionen<br />
umzugehen haben.<br />
<strong>Der</strong> Missbrauch des Liebesbegriffs<br />
„Es ist jedoch wichtig, dass dies im Einklang mit<br />
den Prinzipien des Evangeliums geschieht, in<br />
uneingeschränktem Respekt vor und Liebe zu allen<br />
Menschen.“ (1)<br />
Wenn von „uneingeschränktem Respekt“ die<br />
Rede ist, dann ist damit gemeint, dass die<br />
christlichen Gruppierungen, die noch eine intolerante,<br />
dialogunfähige und konservative<br />
Haltung zur Mission haben würden, sich zu<br />
korrigieren, zu reifen und sich im Respekt<br />
vor den anderen Meinungen zu üben hätten.<br />
Wie aber können sich evangelikale Missionswerke<br />
solch eine Zurechtweisung durch Vertreter<br />
der katholischen und evangelischen<br />
Kirchen gefallen lassen? In evangelikalen<br />
Missionsgesellschaften war es über Jahrhunderte<br />
doch ohnehin schon oberstes Gebot<br />
der Nächstenliebe, dem anderen mit Respekt<br />
zu begegnen. Sie zeichneten sich doch gerade<br />
in einer beispiellosen Hilfsbereitschaft in<br />
sozialen und wirtschaftlichen Belangen aus.<br />
Und Krankenschwestern und Ärzte setzten<br />
sich für die Gesundheit der Einheimischen<br />
ein.<br />
Beschränkungen für christliche Mission<br />
Von einer Arroganz gegenüber den fremden<br />
Kulturen kann nicht die Rede sein, wenn<br />
ausgesandte Missionare in den jeweiligen<br />
Sprachen und kulturellen sowie religiösen<br />
Sitten und Gebräuchen geschult wurden.<br />
Doch in diesem Papier sollen doch tatsäch-