Der schmale Weg - Dr. Lothar Gassmann
Der schmale Weg - Dr. Lothar Gassmann
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Bibelblätter in dem ganzen Ort stattfand,<br />
indem einer den andern aufmerksam<br />
machte, welch gute Geschichten<br />
das verbotene Buch enthielt.<br />
<strong>Der</strong> Kaufmann - so erzählten sie -<br />
habe in jener Zeit die besten Geschäfte<br />
gemacht, schon seines Einwickelpapiers<br />
wegen. Die Wirkung war<br />
so groß, dass die Leute sich sagten:<br />
Wenn der Christ wiederkommt, kaufen<br />
wir alle das kostbare Buch. Aber<br />
dann wird's nicht abgeliefert!<br />
Ein freudiger Empfang<br />
Nach geraumer Zeit kam der Christ<br />
mit einem neuen Wagen wieder in<br />
die Gegend. Er dachte daran, wie es<br />
ihm das letzte Mal ergangen war.<br />
Darum hätte er am liebsten das Dorf<br />
gemieden, doch innerlich ließ es ihm<br />
keine Ruhe. So ging er auf den Ort<br />
zu.<br />
Schon aus der Ferne erkannte ihn<br />
ein Bauer. <strong>Der</strong> rief seinem Nachbarn<br />
zu: „<strong>Der</strong> Bibelverkäufer kommt!" Andere<br />
kamen herzu. So standen schon<br />
ein halbes Dutzend Männer am Dorfeingang,<br />
als der Wagen mit seinem<br />
Maultier herantrabte.<br />
<strong>Der</strong> Christ befürchtete: „Diesmal bekommst<br />
du deine Schläge gleich am<br />
Anfang." Doch die Bauern riefen ihm<br />
fröhlich zu: „Nur keine Angst! Diesmal<br />
gibt es keine Prügel. Heute verkaufst<br />
du alle deine Bibeln!"<br />
So geschah es tatsächlich. Wer lesen<br />
konnte, kaufte eine Bibel oder ein<br />
Neues Testament. Nun fing ein Bibellesen<br />
im Dorf an, wie durstiges Land<br />
einen Sommerregen aufsaugt. Je<br />
mehr aber die Leute lasen, desto leerer<br />
wurde die Messe. Schließlich<br />
<strong>Der</strong> <strong>schmale</strong> <strong>Weg</strong> Nr. 1 / 2012 6<br />
kam kein Mensch mehr.<br />
Vom Wort überführt<br />
Das blieb dem Bischof der Region<br />
nicht verborgen. Er schickte einen<br />
neuen Pfarrer in die Gemeinde,<br />
einen Priester, der seit 15 Jahren erprobter<br />
Kämpfer gegen alle Ketzerei<br />
war. Er hieß Augustin Arenales und<br />
kam mit dem festen Entschluss, die<br />
verführte Gemeinde für die katholische<br />
Kirche zu retten.<br />
Doch als er die Bauern zu belehren<br />
versuchte, da kamen sie ihm mit<br />
dem, was sie in der Bibel gelesen<br />
hatten. Die Arbeit wurde schwerer,<br />
als es sich der Priester gedacht hatte.<br />
Er musste sich wohl oder übel in die<br />
Bibel einlesen, um seine Dörfler mit<br />
ihren eigenen Waffen zu schlagen. Je<br />
mehr er das aber tat, desto schwankender<br />
wurde er in dem, was er bisher<br />
gelehrt und ausgeübt hatte. Dieser<br />
Priester erlebte eine echte Bekehrung.<br />
„Ist Mein Wort nicht wie ein<br />
Feuer, spricht der HERR, und wie ein<br />
Hammer, der Felsen zerschmeißt?"<br />
(Jer.23,29)<br />
Augustin Arenales hat mir diese Geschichte<br />
selbst erzählt. Als ich ihn<br />
1925 zum ersten Mal sah, da war<br />
er schon 15 Jahre evangelischer Pastor.<br />
Er wirkte zuletzt in Barcelona<br />
und war einer der Treuesten, die ich<br />
kennenlernte. An ihm hat es sich bewahrheitet:<br />
„Das Wort, das aus Meinem<br />
Munde geht, soll nicht wieder leer<br />
zu Mir zurückkommen, sondern tun,<br />
was Mir gefällt, und ihm wird gelingen,<br />
wozu Ich es sende." (Jes. 55,11)<br />
Quellenangabe: <strong>Der</strong> andere <strong>Weg</strong>, von Adolf Kühn,<br />
1979. Entnommen einem Traktat von J. Krauß.