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Problem des genetischen Lehrens. - Martin Wagenschein

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Nicht also sollte der Schüler lernen, so etwas wie das Einundeinhalbfache<br />

<strong>des</strong> Drittels nur automatisch zu rechnen.<br />

Er sollte auch, und zuerst, dasselbe ohne Symbol und<br />

Kalkül sehen und leisten und gerade das immer wieder<br />

üben 54 .<br />

Und die Frage, warum eine lang aufgehängte Pendellampe,<br />

mit Öl gefüllt erstaunlicherweise ebenso schwingt wie leer, sollte ein Prüfling nicht nur mit dem<br />

Hinweis auf das in lende m“ „ „fehlende m“ zu beantworten wissen. Er sollte es auch, und vor<br />

allem, „primitiv“, und dabei vielleicht mehr verstehend, etwa so sagen können: der schwere<br />

Pendelkörper strebt stark nach unten, ist aber auch schwer in Gang zu bringen; der leichtere<br />

kommt leichter in Gang; aber ihn zieht es auch nicht so stark abwärts 55 .<br />

Das kritische Vermögen<br />

In diesem Zusammenhang gewinnt nun unsere dritte formative Tugend <strong>des</strong> kritischen Verrmögens<br />

eine Ausweitung. Sie äußert sich im Gefolge <strong>des</strong> produktiven Findens längs eines<br />

umfangreichen Entdeckungszuges als die vom Lernenden immer wieder eingreifende<br />

Kontrollinstanz: zunächst für die logische Folgerichtigkeit. Dabei ist der Blick auf die Sache<br />

gerichtet. Ich möchte aber hineinnehmen auch den reflexiven Blick, den der Lernende auf sich<br />

selber zu wenden lernen muss, zur Kontrolle <strong>des</strong> bruchlosen Fortschreitens zu abstrakteren<br />

Lagen, (eines Fortschreitens, vor dem sich das Dunkel lichtet, und hinter welchem es nicht<br />

wieder dunkel werden darf). Aber ich meine damit jetzt nicht das selbstverständliche Behalten<br />

elementarer Kenntnisse und der logischen Verbindungen, sondern das Nicht-Vergessen<br />

ursprünglicher, primitiverer, naiver Weisen <strong>des</strong> Verstehens. „Kritisches Vermögen“ dient also<br />

54<br />

Galilei, und nicht einmal zu Simplicio sprechend, kann für solche deutlichste Einfachheit der<br />

Aussage Vorbild sein: „Wenn etwas das dreifache, ein anderes das zweifache einer Sache ist, so<br />

ist jenes das anderthalbfache von diesem“ („Unterredungen . . .“, Neudruck der Wiss. Buchges.<br />

Darmstadt, 1964, S. 80) – Siehe auch Horst Karaschewski: Zusammenhänge zwischen<br />

Anschaulichkeit, Fertigkeit und Findigkeit, in: Der Mathematikunterricht 2/1967, S. 14.<br />

55<br />

Andere Beispiele: Kinder fragen, warum der künstliche Satellit Jahrhunderte lang um die Erde fliegen<br />

kann. „Wo hat er soviel Treibstoff her? Und wer lenkt ihn, dass er immer schön in der Kurve bleibt?“<br />

Mancher Hauptschullehrer (Abiturient) runzelt die Stirn und hält es für nötig, „erst einmal“ mit dem<br />

exakten Beharrungsgesetz, der Gravitation, der Zentrifugalkraft, der Beschleunigung, eine „solide Basis“<br />

zu legen. (Näheres über einfachere Wege in meinen Schriften„Naturphysikalisch gesehen“ 5. Aufl.,<br />

Westermann, Braunschweig 1975 und„Die pädagogische Dimension der Physik“, Braunschweig, 3.<br />

Aufl.,1971,5.271 f.).<br />

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