Festschrift 50 Jahre Matthäuskirche - Dietrich-bonhoeffer-gemeinde.de
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oben: Bielefeld, <strong>Matthäuskirche</strong>, aus <strong>de</strong>m Bildband „Evangelische Kirchen in Westfalen 1952-1962“<br />
mitte: Bielefeld, Apostelkirche, 1954<br />
unten: Bielefeld, <strong>Matthäuskirche</strong>, Wettbewerbsentwurf Kruse, 1953<br />
von städtebaulicher Wirkung. Entworfen wur<strong>de</strong> sie von <strong>de</strong>m Bielefel<strong>de</strong>r<br />
Architekten Albert Schröter, wie die bereits 1951 eingeweihte Auferstehungskirche<br />
in Theesen.<br />
1953 beginnt auch die Geschichte <strong>de</strong>r <strong>Matthäuskirche</strong>. Im Herbst <strong>de</strong>s <strong>Jahre</strong>s<br />
führte die evangelische Erlöser-Kirchen<strong>gemein<strong>de</strong></strong>, zu <strong>de</strong>ren Gebiet die<br />
großen Neubausiedlungen am Brodhagen im Bielefel<strong>de</strong>r Westen gehörten,<br />
einen Wettbewerb für <strong>de</strong>n Bau eines Gemein<strong>de</strong>hauses mit Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
und einer Kirche durch. Das zeugt von <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung, die man<br />
diesen Gebäu<strong>de</strong>n zumaß. Beteiligt waren drei Bielefel<strong>de</strong>r Architekten:<br />
Karl-Heinz Kruse, Albert Schröter und Heinrich We<strong>de</strong>gärtner. Der erste<br />
Preis wur<strong>de</strong> We<strong>de</strong>gärtner zuerkannt. Schröters Entwurf, <strong>de</strong>r gleichzeitig<br />
zum Bau seiner Apostelkirche entstand, ist gegenwärtig nicht (mehr)<br />
bekannt. Schröter war <strong>de</strong>r einzige <strong>de</strong>r drei Architekten, <strong>de</strong>r mit einer ganzen<br />
Reihe von weiteren Kirchenbauten in Erscheinung trat, in Bielefeld,<br />
später im Ruhrgebiet. Kruses Entwurf zeigt die gefor<strong>de</strong>rte Baugruppe aus<br />
Gemein<strong>de</strong>haus, Kin<strong>de</strong>rgarten und Kirche mit angeschlossenem Pfarrhaus.<br />
Der Gemein<strong>de</strong>saal sollte mit <strong>de</strong>r Kirche verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Hier zeigt sich<br />
eine zukunftsweisen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz: geplant wird ein Zentrum für alle Facetten<br />
gemeindlichen Lebens. Dabei steht die Kirche (noch) im Mittelpunkt.<br />
Der Kirchenraum selbst ist – so zeigen es weitere Zeichnungen – sehr<br />
schmal, lang, hoch und streng frontal auf einen beson<strong>de</strong>rs hervorgehobenen<br />
Altarraum ausgerichtet. Dies ist die klassische Hierarchie, wie man sie<br />
häufig in Kirchenbauten <strong>de</strong>r 19<strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong> fin<strong>de</strong>t.<br />
Von We<strong>de</strong>gärtners Entwurf wur<strong>de</strong> 1956-58 zunächst <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
und das Gemein<strong>de</strong>haus errichtet. Der Kirchenbau war offenbar von<br />
Beginn an räumlich separat geplant. 1959-60 erfuhr er auf Empfehlung<br />
<strong>de</strong>s lan<strong>de</strong>skirchlichen Amtes für Kirchbau und kirchliche Kunst eine<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Überarbeitung. Es heißt, We<strong>de</strong>gärtner habe „von <strong>de</strong>r<br />
sägezahnförmigen Ausgestaltung <strong>de</strong>r Seitenwän<strong>de</strong> Abstand genommen<br />
und einen klar geglie<strong>de</strong>rten Grundriss, <strong>de</strong>r sich zum Altarraum und zur<br />
Eingangsseite hin etwas verjüngt, vorgeschlagen.“ 1 Die Grün<strong>de</strong> für die<br />
Überarbeitung sind nur zu vermuten – wahrscheinlich wollte man auf<br />
einen klareren, ruhigeren, kompakteren Entwurf hinarbeiten. Auch <strong>de</strong>r<br />
Turm erhielt erst jetzt die endgültige Form. Der ursprüngliche Entwurf<br />
muss sich erheblich von <strong>de</strong>r Ausführung, aber auch von Kruses strengem<br />
Entwurf unterschie<strong>de</strong>n haben. Vielleicht glich er <strong>de</strong>r 1959 eingeweihten<br />
Christuskirche in <strong>de</strong>r Bochumer Innenstadt mit ihren charakteristischen<br />
ausgefalteten Seitenwän<strong>de</strong>n. Dieter Oesterlens Christuskirche zählt zu<br />
<strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten Nachkriegskirchenbauten Westfalens, wie auch seine<br />
Kirche in Sennestadt (1963).<br />
1960-61 wur<strong>de</strong> die <strong>Matthäuskirche</strong> in ihrer überarbeiteten Fassung<br />
erbaut. Über einem gestreckten Sechseck formieren Stahlbetonbin<strong>de</strong>r<br />
und ein Satteldach <strong>de</strong>n Raum. Die Ziegel-Stirnwän<strong>de</strong> sind geschlossen,<br />
die Seitenwän<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Bin<strong>de</strong>rn gitterartig mit seriellen Elementen<br />
durchfenstert. Separat erhebt sich ein schlankes, hohes Betongerüst als<br />
Glockenturm. Gegenüber Kirchen o<strong>de</strong>r Entwürfen <strong>de</strong>r früheren 19<strong>50</strong>er<br />
<strong>Jahre</strong> zeigt sie sich als selbstbewusster Sakralbau eben <strong>de</strong>r <strong>Jahre</strong> um und<br />
nach 1960. So beschreibt es Hans-Erwin Nau, Leiter <strong>de</strong>s lan<strong>de</strong>skirchlichen<br />
Bauamtes, in <strong>de</strong>m Bildband von 1963: „Als <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n und ihren<br />
Architekten <strong>de</strong>utlich wur<strong>de</strong>, daß eine evangelische Kirche im Grun<strong>de</strong><br />
genommen ein einheitlicher, gegebenenfalls geglie<strong>de</strong>rter Raum ist, für<br />
<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Aufgabe her sich keine bestimmte Gestalt zwingend ergibt,<br />
wur<strong>de</strong>n [...] auch Raumformen diskutiert und ausgeführt, die sich nicht<br />
mehr vom Rechteck ableiteten. [...] Mit <strong>de</strong>m Grundriß geriet auch <strong>de</strong>r<br />
Aufriß <strong>de</strong>s Kirchenraumes in Bewegung. Neue technische Möglichkeiten<br />
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