Festschrift 50 Jahre Matthäuskirche - Dietrich-bonhoeffer-gemeinde.de
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wen<strong>de</strong>n, kann man aber auch in Verbindung mit Psalm 130 bringen:<br />
1 Aus <strong>de</strong>r Tiefe rufe ich, Herr, zu dir, 2 höre auf meine Stimme! Lass <strong>de</strong>ine<br />
Ohren merken auf mein lautes Flehen.<br />
enormen Spannweite seiner Arme, die zugleich die Form <strong>de</strong>r Kreuzbalken<br />
nachzeichnen, überfängt die Gestalt <strong>de</strong>s Gekreuzigten die bei<strong>de</strong>n ihn<br />
flankieren<strong>de</strong>n Bildwerke: links die Taufe und rechts das Abendmahl.<br />
Noch stehen die bei<strong>de</strong>n Hilfesuchen<strong>de</strong>n abseits, aber <strong>de</strong>r Gestus <strong>de</strong>r geöffneten<br />
Arme Jesu verheißt, dass alle, die guten Willens und Glaubens sind, je<strong>de</strong>rzeit<br />
in die Gemeinschaft <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> mit aufgenommen wer<strong>de</strong>n können.<br />
Eine weitere Tat <strong>de</strong>r Nächstenliebe bezeugt die nächste Szene <strong>de</strong>s barmherzigen<br />
Samariters (Lk 10, 25-37) in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s linken Bildran<strong>de</strong>s. Hier<br />
auf unserem Bild verkörpert Jesus selbst <strong>de</strong>n helfen<strong>de</strong>n Samariter, <strong>de</strong>r am<br />
hilflosen Mitmenschen Gutes tut.<br />
Jesus wird aber nicht nur als <strong>de</strong>r Retter und Helfer dargestellt, son<strong>de</strong>rn<br />
auch als <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> und Gekreuzigte. Eingeschrieben in eine Art Torbogen<br />
erkennen wir oberhalb <strong>de</strong>r Szene mit <strong>de</strong>m Barmherzigen Samariter<br />
drei Gesichter im Profil - einen Mann, eine Frau und das dornengekrönte<br />
Haupt Christi. Man fühlt sich erinnert an mittelalterliche Ecce Homo- Darstellungen<br />
o<strong>de</strong>r an Bil<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Antlitz Christi auf <strong>de</strong>m Schweißtuch<br />
<strong>de</strong>r Hl. Veronika.<br />
Verfolgen wir zum Schluss die nach oben gerichtete linke Hand Christi,<br />
sehen wir das leere Kreuz, das beim genauen Betrachten die Konturen<br />
<strong>de</strong>s Körpers Christi nachzeichnet. Der losgelöste Körper <strong>de</strong>s Gekreuzigten<br />
- wie vom Sturmwind getragen - befin<strong>de</strong>t sich nun auf gleicher Höhe wie<br />
Gottvater (Hand Gottes) und <strong>de</strong>r Heilige Geist (Himmelstaube).<br />
Die Passion hat ein En<strong>de</strong>, Christus hat seinen Plan als Teil <strong>de</strong>r Heiligen<br />
Dreifaltigkeit eingenommen, die beschützend über allem steht.<br />
Mit einer Länge von ca. 5,80 m und einer Armspanne ca. 4,90 m dominiert<br />
<strong>de</strong>r gekreuzigte Christus die rötlich-braun verklinkerte Nordostwand<br />
<strong>de</strong>s Kircheninnenraums. Die Altarmensa steht genau in <strong>de</strong>r Mitte unterhalb<br />
<strong>de</strong>s Kruzifix und schließt an <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Seiten bündig mit <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn<br />
ab, so dass bei<strong>de</strong>s – Altarwerk und Mensa - eine einheitliche Gesamtkomposition<br />
ergeben.<br />
Bei <strong>de</strong>m gekreuzigten Jesus von Miroslav Rada han<strong>de</strong>lt es sich um ein<br />
flaches polychrom gefasstes Holzrelief, das verschie<strong>de</strong>ne traditionelle<br />
Darstellungstypen aus früheren Epochen in sich vereinigt. Seine statische<br />
Gestalt und die Königskrone erwecken Assoziationen an romanische Plastik.<br />
Die unruhige Behandlung <strong>de</strong>r Körperoberfläche sowie die Dornenkrone<br />
tragen hingegen eher die expressiven Züge <strong>de</strong>r gotischen Kunst.<br />
Der lebendige Christus am Kreuz, <strong>de</strong>r Sieger über Sterben und Tod, ist<br />
typisch für die frühe christliche Kunst und wird im 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt durch<br />
das Bild <strong>de</strong>s toten und lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Christus ersetzt. Erst in <strong>de</strong>r Renaissance<br />
gibt es wie<strong>de</strong>r Darstellungen <strong>de</strong>s noch leben<strong>de</strong>n Christus am Kreuze. Seit<br />
<strong>de</strong>m 9. Jahrhun<strong>de</strong>rt ersetzt das Len<strong>de</strong>ntuch das lange Gewand Christi und<br />
ermöglicht somit <strong>de</strong>n Künstlern die plastische Beschaffenheit <strong>de</strong>s nackten<br />
Körpers in Szene zu setzten.<br />
Jesus ist als lebendige Person dargestellt – sein im strengen Seitenprofil<br />
sichtbares Auge ist geöffnet. Auf <strong>de</strong>m Haupt trägt er sowohl eine Dornen-<br />
als auch eine Königskrone – Zeichen <strong>de</strong>s Lei<strong>de</strong>ns und <strong>de</strong>s Triumphes<br />
über <strong>de</strong>n Tod.<br />
Das Kruzifix<br />
Betritt man die <strong>Matthäuskirche</strong> durch das Hauptportal, fällt <strong>de</strong>r Blick auf<br />
die riesengroße Gestalt <strong>de</strong>s gekreuzigten Christus auf <strong>de</strong>n Kruzifixus, <strong>de</strong>r<br />
die bei<strong>de</strong>n Altarbil<strong>de</strong>r voneinan<strong>de</strong>r trennt, aber auch verbin<strong>de</strong>t. Mit <strong>de</strong>r<br />
Der Körper Jesu, nur mit einem Len<strong>de</strong>nschurz beklei<strong>de</strong>t, ist frontal zu<br />
sehen. Die Arme sind ausgebreitet, die Hän<strong>de</strong> weisen mit <strong>de</strong>n Innenflächen<br />
nach außen. Sie sind unversehrt und haben keine Wundmale. Die<br />
parallel nebeneinan<strong>de</strong>r gestellten Beine sind nur fragmentarisch – es fehlen<br />
die Füße.<br />
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