Download als pdf - Westdeutsches Tumorzentrum Essen
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k u r z u n d k n a p p<br />
w t z - j o u r n a l 2 · 2 0 1 3 · 5 . J g<br />
10<br />
und<br />
kurz<br />
knapp<br />
In dieser Rubrik stellen wir Ihnen regelmäßig wichtige<br />
Neuzulassungen aus Hämatologie und Onkologie vor.<br />
In dieser Ausgabe porträtieren Experten des Westdeutschen<br />
<strong>Tumorzentrum</strong>s das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat<br />
Brentuximab-Vedotin sowie den Cyp17A1-Inhibitor<br />
Abirateron.<br />
Brentuximab-Vedotin (Adcetris ® )<br />
Seit dem 25. Oktober 2012 ist das Antikörper-Wirkstoff-<br />
Konjugat Brentuximab-Vedotin in Europa <strong>als</strong> Adcetris® zur<br />
Behandlung von erwachsenen Patienten mit Morbus Hodgkin<br />
und zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidiviertem<br />
oder refraktärem systemischem großzellig anaplas -<br />
tischem Lymphom (sALCL) zugelassen. Seit Dezember 2012 ist<br />
das Präparat in Deutschland verfügbar. An<br />
den Anti-CD30-Antikörper und das kovalent<br />
daran gebundene Monomethyl-Auristatin E<br />
sind große Erwartungen geknüpft.<br />
Dr. Alexander Carpinteiro von der Klinik für<br />
Hämatologie im Westdeutschen <strong>Tumorzentrum</strong><br />
beantwortet Fragen zum Präparat.<br />
1. Wie wirkt Brentuximab-Vedotin?<br />
Bei Brentuximab-Vedotin handelt es sich um ein Antikörper-<br />
Wirkstoff-Konjugat, bei dem ein Anti-CD30-Antikörper kovalent<br />
an drei bis fünf Moleküle des Spindelgifts Monomethyl -<br />
auristatin E gekoppelt ist. Es gibt einige Lymphomarten, insbesondere<br />
beim M. Hodgkin oder beim großzellig anaplastischen<br />
T-Zell Lymphom, wo die Lymphomzellen das CD30 auf der<br />
Zell oberfläche tragen. Brentuximab-Vedotin wirkt, indem das<br />
Anti körper-Wirkstoff-Konjugat an das CD30 der Lymphomzelle<br />
(z.B. Hodgkin oder großzellig anaplastisches T-Zell-Lymphom)<br />
bindet. Im Anschluss wird es internalisiert und in den Lyso -<br />
somen der Lymphomzelle spalten Enzyme, sogenannte Proteasen,<br />
das gekoppelte Spindelgift ab. Dieses wird in der Zelle<br />
freigesetzt und kann nun seine Wirkung entfalten und letztendlich<br />
die Lymphomzelle von innen abtöten.<br />
2. Wie groß ist der zu erwartende Nutzen für Patienten?<br />
Speziell bei bisher schwer behandelbaren Patienten stellt<br />
diese Substanz eine neue und sehr vielversprechende Therapieoption<br />
dar. In einer Phase-II-Studie lag die Ansprechrate bei<br />
Patienten mit rezidivierten Hodgkin-Lymphomen nach autologer<br />
Stammzell-Transplantation bei 75 Prozent mit einer Komplettremissions-Rate<br />
(CR-Rate) von 34 Prozent. Die mittlere Remissionsdauer<br />
lag bei 20,5 Monaten (Younes et al, JCO 2012).<br />
Beim rezidivierten großzellig anaplastischen T-Zell Lymphom,<br />
welches sich durch einen sehr aggressiven Verlauf auszeichnet,<br />
lag die Ansprechrate sogar bei 86 Prozent mit einer CR-<br />
Rate von 57 Prozent (Pro et al, JCO 2012).<br />
3. Gibt es Patientengruppen, bei denen das Präparat besonders<br />
gut wirkt?<br />
Grundsätzlich ist die Substanz nur bei CD30-positiven Lymphomen<br />
wirksam, daher sollte zunächst der Immunophänotyp<br />
des Lymphoms bestimmt werden. Beim anaplastischen<br />
und peripheren T-Zell-Lymphom steht eine randomisierte Studie<br />
in Kombination mit einem modifizierten CHOP-Regime<br />
kurz vor der Aktivierung.<br />
4. Was müssen verabreichende Ärzte besonders beachten?<br />
Die zugelassene Dosis von Brentuximab-Vedotin beträgt<br />
1,8 mg/m 2 alle 3 Wochen über 30 Minuten. Da es sich um eine<br />
„gezielte“ Chemotherapie handelt, ist die Verträglichkeit<br />
relativ gut, die Hämatotoxizität ist mit einer Neutropenierate<br />
von 19 Prozent entsprechend moderat.<br />
5. Welche unerwünschten Nebenwirkungen sind zu<br />
erwarten?<br />
Insbesondere ist auf eine Polyneuropathie zu achten, die in<br />
den Phase-II-Studien bei etwa 40 Prozent lag (Grad 3: 8%) und<br />
zum Therapieabbruch führen kann.<br />
6.Wie lange muss das Präparat angewandt werden?<br />
In den bisher vorliegenden Monotherapie-Studien waren bis<br />
zu 16 Zyklen möglich, im Mittel wurden acht bis zehn Gaben<br />
verabreicht. In den beiden oben erwähnten Studien zeigte<br />
sich in den allermeisten Fällen ein rasches Ansprechen nach<br />
wenigen Kursen. Die optimale Dauer der Therapie ist aktuell<br />
noch nicht bekannt. Entsprechend des Therapiekonzepts sollte<br />
zunächst bei Auftreten von Nebenwirkungen die Dosis reduziert<br />
oder das Dosisintervall verlängert werden. Die Balance<br />
zwischen Tumorkontrolle und Nebenwirkungen muss jedoch<br />
noch definiert werden. Zugelassen sind derzeit bis zu 16 Kurse<br />
Brentuximab-Vedotin bei rezidiviertem/refraktärem CD30<br />
positivem M. Hodgkin beziehungsweise T-Zell Lymphomen.<br />
7. Wie hoch sind die Therapiekosten?<br />
Nach Berechnung des IQWIG liegen die Therapiekosten pro<br />
Patient bei 103.000 Euro für acht Zyklen.<br />
Zusammenfassende Kurzbewertung<br />
Brentuximab-Vedotin bietet eine deutliche Verbesserung<br />
der Therapiemöglichkeiten bei den bisher nur schwer<br />
behandelbaren rezidivierten Hodgkin- und großzellig<br />
anaplastischen T-Zell Lymphomen. Aktuelle Studien<br />
prüfen den Einsatz in der Primärtherapie in Kombination<br />
mit Chemotherapie.