Konfliktanalyse Afghanistan
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<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Worum geht es in dem Konflikt konkret und wie ist er entstanden?<br />
<strong>Afghanistan</strong> ist seit vielen Jahren Krisenherd Nummer 1. 1979 – 1988 fand der Krieg<br />
zwischen der Sowjetunion und <strong>Afghanistan</strong> statt, der für die Rote Armee erfolglos ausging.<br />
Die Kämpfe blieben anschließend nicht aus. Die Mudjahedin kämpften gegen die<br />
Regierungstruppen <strong>Afghanistan</strong>s. Gleichzeitig gelang es der Taliban, wichtige Erfolge zu<br />
erzielen. Seit 1996 errangen sie die Herrschaft in weiten Teilen <strong>Afghanistan</strong>s. Nur im<br />
nördlichen Teil des Landes konnte sich die Vereinigte Front eine gewisse Souveränität<br />
bewahren. Die Taliban ist für ihren radikalen Weg berühmt und berüchtigt. So wurden<br />
permanent Menschenrechte untergraben: Ihre körperliche Züchtigung, inhumane Strafen und<br />
eine Unterdrückung der Frauen ließ die Sterblichkeitsrate ansteigen. Alte Kulturgüter wie die<br />
Buddha-Statuen von Bamiyan und andere historische Kunstwerke wurden entstellt oder<br />
vernichtet. Zudem gewährten sie der radikal-islamischen Terrororganisation Al-Qaida<br />
Schutz. Diese errichteten sogenannte Terrorcamps mit dem Ziel, einen Kalifatstaat<br />
aufzubauen. Der Al-Qaida werden die religiös bedingten Terroranschläge vom 11.<br />
September 2001 zugesprochen. Der ehemalige US-Präsident Georg W. Bush forderte<br />
daraufhin die Schließung der Ausbildungslager und die Auslieferung der Al-Qaida Anführer.<br />
Die Taliban weigerte sich dem Druck der USA nachzugeben. Am 30. September begann<br />
schließlich der Einmarsch der USA mit dem obersten Ziel, das vorhandene internationale<br />
Terrornetzwerk zu bekämpfen und zu vernichten.<br />
Quellen: http://www.sibilla-egen-schule.de/konflikt/afghanis/afghan1.htm<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_<strong>Afghanistan</strong>_seit_2001<br />
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<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Welche Akteure haben welche offenen und versteckten Interessen?<br />
Welche Akteure haben welche Machtmöglichkeiten?<br />
Akteur Interessen Machtmöglichkeiten<br />
Al-Qaida<br />
Taliban<br />
USA<br />
• Machterlangung der Taliban, um<br />
Unterstützung und<br />
Rückzugsmöglichkeiten zu<br />
erhalten<br />
• Unterhaltung von<br />
Trainingscamps zur Ausbildung<br />
islamistischer Terroristen<br />
• Befreiung <strong>Afghanistan</strong>s von<br />
westlichen Besatzern<br />
• Weltherrschaft des Islam.<br />
• Wiedererlangung der politischen<br />
Macht<br />
• Errichtung eines „Gottesstaates“<br />
• Befreiung <strong>Afghanistan</strong>s von<br />
westlichen Besatzern<br />
• Bekämpfung des internationalen<br />
Terrorismus<br />
• Demokratisierung und<br />
Stabilisierung <strong>Afghanistan</strong>s<br />
• Strategischen Einfluss in der<br />
Region erhalten<br />
• Bekämpfung des Drogenanbaus<br />
in <strong>Afghanistan</strong>, um<br />
Drogenprobleme im eigenen<br />
Land zu entschärfen<br />
• Machtdemonstration als<br />
ordnende Weltmacht<br />
• Sicherung von<br />
Energiequellen/Energiewegen<br />
(z.B. Pipeline durch <strong>Afghanistan</strong>)<br />
• Attentate<br />
• Terroranschläge<br />
• Radikale Propaganda gegen<br />
westliche, nicht-islamistische<br />
Staaten<br />
• „Gehirnwäsche“ bei der<br />
Ausbildung radikaler Terroristen<br />
• Terroranschläge<br />
• Attentate auf ISAF-Truppen und<br />
Zivilisten<br />
• Unterdrückung und<br />
Beeinflussung der<br />
Zivilbevölkerung durch<br />
Gewaltandrohung und<br />
Gewaltausübung<br />
• Militärische Kontrolle<br />
• Flächenbombardements<br />
• finanzielle Mittel zur<br />
Unterstützung von<br />
gewünschten Machthabern<br />
• finanzielle Mittel zur<br />
Ausgestaltung von zivilen<br />
Wiederaufbauprogrammen<br />
• Einflussnahme auf Regierungen<br />
der Nachbarstaaten, z.B.<br />
Pakistan<br />
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<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Akteur Interessen Machtmöglichkeiten<br />
ISAF<br />
• Unterstützung des zivilen<br />
Wiederaufbaus durch<br />
Infrastrukturprojekte (Schulen,<br />
Straßen etc.)<br />
• Unterstützung des<br />
• Schutz der Zivilbevölkerung<br />
• Finanzielle Mittel und Knowhow<br />
zur Umsetzung von<br />
Wiederaufbauprogramme, z.B.<br />
CIMIC<br />
Demokratisierungsprozesses in<br />
<strong>Afghanistan</strong> durch Aufbau der<br />
Justiz, Ausbildung afghanischer<br />
Sicherheitskräfte<br />
• Bekämpfung von Korruption<br />
• Bekämpfung des internationalen<br />
Terrorismus<br />
• Demokratisierung und<br />
Stabilisierung <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Warlords<br />
• Erhalt und Ausbau der<br />
wirtschaftlichen und politischen<br />
Macht<br />
• Fortsetzung der lukrativen<br />
Drogengeschäfte<br />
• Kontrolle über „ihre Territorien“<br />
• Finanzielle Mittel, größtenteils<br />
aus Drogengeschäften<br />
• Verbreitung von Angst und<br />
Schrecken unter der<br />
Zivilbevölkerung durch eigene<br />
„Privatarmeen“ Erlangung von<br />
politischen Machtpositionen<br />
(auch mit Unterstützung und<br />
Duldung der USA)<br />
• Beeinflussung von Wahlen<br />
Pakistan<br />
(Regierung)<br />
• Erhalt des Rückhalts bei der<br />
überwiegend moslemischen<br />
Bevölkerung<br />
• Vermeidung von<br />
Terroranschlägen im eigenen<br />
Land Vermeidung direkter<br />
Konfrontation mit den USA und<br />
ihren Verbündeten<br />
• Entscheidet durch sein<br />
Verhalten, ob Terroristen im<br />
Land Unterschlupf finden und<br />
geduldet werden<br />
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<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Akteur Interessen Machtmöglichkeiten<br />
Afghanische<br />
Regierung und<br />
Präsident Hamid<br />
Karsai<br />
• Erhalt der eigenen Macht<br />
• Einflussmöglichkeiten und<br />
Wohlstand.<br />
• Ursprünglich und nach außen<br />
stand/steht die Regierung für die<br />
• Unterstützung von<br />
Wahlfälschungen zum eigenen<br />
Machterhalt<br />
• Befehlsgewalt über afghanische<br />
Truppen und Polizeikräfte<br />
Demokratisierung und den<br />
Wiederaufbau <strong>Afghanistan</strong>s<br />
Nichtradikale<br />
Zivilbevölkerung<br />
<strong>Afghanistan</strong>s<br />
• Dauerhafte Befreiung von<br />
Zwangsherrschaft und<br />
Unterdrückung durch die Taliban<br />
und die Warlords<br />
• Frieden und unversehrtes<br />
Überleben<br />
• Freie, demokratische Wahlen<br />
• Abschaffung der Korruption<br />
• wirtschaftlicher, sozialer und<br />
kultureller Wiederaufbau des<br />
Landes<br />
• Teile der Bevölkerung möchten<br />
weiterhin Opium anbauen, da<br />
alternative Einnahmequellen<br />
fehlen<br />
• Menschenrechte für Frauen und<br />
Mädchen<br />
• Wahlrecht<br />
• Entzug der Unterstützung für<br />
radikale Kräfte<br />
• Entzug der Unterstützung der<br />
USA/ISAF<br />
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Welche Rolle nimmt die Bundesrepublik Deutschland in diesem Konflikt ein?<br />
Deutsches Engagement in <strong>Afghanistan</strong><br />
Die Sicherheit sowie der Wiederaufbau in <strong>Afghanistan</strong> sind untrennbar miteinander<br />
verbunden. Seit 2002 hat die Bundesregierung über 550 Millionen Euro für den<br />
Wiederaufbau <strong>Afghanistan</strong>s zur Verfügung gestellt. Hunderte Freiwillige, zivile<br />
Entwicklungshelfer, Polizisten und Diplomaten haben im ganzen Land den politischen,<br />
institutionellen und wirtschaftlichen Wiederaufbau unterstützt. Zum Schutz haben bisher ca.<br />
30.000 deutsche Soldaten ihren Dienst zur Stabilisierung des Landes geleistet. Weitere<br />
Schutzmaßnahmen seitens der Deutschen Regierung gehen von der Koordination der<br />
europäischen Polizeimission (EUPOL) aus, um den Aufbau einer funktionierenden Polizei im<br />
Land zu gewährleisten. Allerdings zeigen sich noch deutliche Probleme <strong>Afghanistan</strong>s unter<br />
anderem in der Ermordungen ziviler Helfer, Schutzpolizisten oder Soldaten.<br />
Der Bundeswehreinsatz in <strong>Afghanistan</strong><br />
Nachdem im Dezember 2001 der UN-Sicherheitsrat eine Sicherheitstruppe aufstellen ließ,<br />
um den Frieden im Krisengebiet wieder herzustellen, wurden deutsche Soldaten<br />
hauptsächlich in den Norden <strong>Afghanistan</strong>s entsandt. Die wesentlichen Aufgaben der<br />
Bundeswehr bestehen darin, die zerstörte Infrastruktur wiederaufzubauen, Polizei und Militär<br />
auszubilden, sowie den Betrieb von Schulen und Krankenhäusern zu sichern. Problematisch<br />
ist die Lage in Regionen, in denen die Taliban traditionell regieren. Diese gewähren<br />
Extremisten Schutz und treiben den Drogenanbau voran. Dort gibt es wenig Hoffnung zur<br />
schnellen Stabilisierung rechtlicher Verhältnisse und die Bundeswehr steht den Warlords<br />
bzw. Extremisten machtlos gegenüber.<br />
Quellen: s. Nächste Seite<br />
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<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Wie ist der Konflikt aus Sicht der Menschen in der Region zu beurteilen?<br />
Der Hass auf den Westen wächst<br />
In <strong>Afghanistan</strong> müssen internationale Truppen nicht nur gegen erstarkte Taliban kämpfen,<br />
sondern in zunehmendem Maße auch gegen eine feindliche Stimmung in der Bevölkerung.<br />
Das Land verliert die Hoffnung auf einen Neuanfang. Unter der alltäglichen Erfahrung von<br />
Krieg, Gewalt, Korruption und Armut ist das anfangs große Vertrauen in die USA und NATO<br />
umgeschlagen in Resignation, Ablehnung und wachsendem Hass. Nur ein Drittel der<br />
Bevölkerung glaubt noch an einen Sieg über die Taliban. In jedem Fall werden die<br />
stationierten ausländischen Truppen immer weniger als Verbündete im Kampf gegen einen<br />
gemeinsamen Feind wahrgenommen, stattdessen rechnet man ihnen einen Teil der Misere<br />
zu. Die Ablehnung gegenüber den US- und NATO-Truppen ist bereits jetzt so stark, dass in<br />
einigen Provinzen inzwischen mehr als die Hälfte der Bevölkerung Anschläge auf US- und<br />
NATO-Soldaten für gerechtfertigt hält. Landesweit ist es jeder Vierte. Zwar werden<br />
Unterstützungszahlungen und Wiederaufbaumaßnahmen gerne angenommen, die<br />
überwiegende Meinung den Unterstützungstruppen gegenüber ist jedoch mehr als kritisch.<br />
Quellen: Schülermagazin 2009/2010 „Frieden & Sicherheit“<br />
http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/<strong>Afghanistan</strong>/afghanistan.html<br />
http://www.auswaertigesamt/diplo/de/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/<strong>Afghanistan</strong><br />
http://www.welt.de/themen/<strong>Afghanistan</strong>/?src=epro&gclid=COOexvGtup4CFQG7ZwodkRg9<br />
Fabian Benner – Clifford Beul – Viktor Seldenreich – Mark Walter Seite 6 von 7
<strong>Konfliktanalyse</strong> <strong>Afghanistan</strong> 04.12.2009<br />
Begründet, wie ihr den Konflikt nach Abschluss dieser Analyse beurteilt.<br />
Welche weiteren Entwicklungen sind denkbar/erwünscht/zu befürchten?<br />
Für <strong>Afghanistan</strong> lassen sich viele Szenarien vorhersagen. Klar ist jedoch, dass eine<br />
Prognose über die weitere Entwicklung nur schwer zu erstellen ist, denn zu viele nationale<br />
und internationale Akteure verfolgen unterschiedliche Ziele. Einzig die internationale<br />
Staatengemeinschaft hat ihren Konsens im Abzug ihrer Truppen gefunden. Während der<br />
<strong>Afghanistan</strong>-Krieg damals noch innerhalb kürzester Zeit relativ erfolgreich vonstatten ging,<br />
endete der anschließende Wiederaufbau im Desaster. Um Stabilität und Sicherheit in der<br />
Region zu gewährleisten sind faule Kompromisse eingegangen worden, die sich jetzt nur<br />
schwer beheben lassen. Damit in <strong>Afghanistan</strong> endlich wieder Frieden hergestellt werden<br />
kann, muss ein entscheidender Faktor beseitigt werden: Hamid Karsai. Der Präsident, der<br />
von den USA jahrelang gestützt worden ist, hat sich als kontraproduktiv für die afghanische<br />
Zukunft erwiesen. Anstatt die Korruption zu beenden, besetzte Karsai den gesamten<br />
Staatsapparat mit eigenen Männern. Der ganze Staat ist somit korrupt, das Justizwesen<br />
willkürlich und von einem freien demokratischen Rechtsstaat zu reden, wäre vermessen.<br />
Spätestens seitdem die letzten Wahlen unter starkem Betrugsverdacht stehen, sind die<br />
Ziele, für die man antrat, verloren gegangen: Menschenrechte, Rechte für Frauen,<br />
Demokratie, Meinungsfreiheit. Karsai muss durch die westlichen Regierungen abgesetzt<br />
werden. Stattdessen ist den Taliban eine Machtteilhabe einzuräumen, die insbesondere<br />
unter Beachtung der Menschenrechte verläuft, denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass die<br />
Mudjahedin nicht besiegt werden können. Als einzige Lösung muss sich der Westen also<br />
zwangsweise mit den Taliban arrangieren. Unter der Bedingung, dass die Warlords<br />
entwaffnet werden, könnte sich die Lage im Land beruhigen. Der Weg wäre frei für zivile<br />
Wiederaufbauhilfe. Vor allem die Zahl der Sicherheitskräfte müsste in dieser Zeit massiv<br />
erhöht werden, um die Bevölkerung weiterhin in instabilen Regionen zu schützen. Ließen<br />
sich diese Maßnahmen verwirklichen, dann wäre die Basis für eine funktionierende<br />
Wirtschaft geschaffen. Ein wirtschaftliches Wachstum zieht im Regelfall eine Steigerung der<br />
Wohlfahrt nach sich und bedeutet neben politischer, auch soziale Stabilität für <strong>Afghanistan</strong>.<br />
Der ganze Prozess kann jedoch nur stattfinden, wenn sich die internationale<br />
Staatengemeinschaft nicht in einen vorschnellen Abzug flüchtet. Eine neue afghanische<br />
Regierung Bedarf ständiger Kontrolle, um nicht in alte Muster zu fallen. Sollten die<br />
Westmächte im Worst-Case doch aufgrund innerpolitischen Drucks abziehen, dann droht ein<br />
erneuter Bürgerkrieg zwischen Taliban, Warlords und offiziellen Sicherheitskräften. Die<br />
unschuldige Bevölkerung müsste wieder großes Leid ertragen. Das Schicksal <strong>Afghanistan</strong>s<br />
hängt folglich an einem seidenen Faden, der jeden Tag von den westlichen Regierungen<br />
abgeschnitten werden könnte.<br />
Quelle: <strong>Afghanistan</strong> Artikel. In: Stern, 39/2009, Seite 34-39<br />
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