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Philosophie 3 Erkenntnis und Wahrheit

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phi3_09_Reader<br />

Führe dir die Mannigfaltigkeit der Sprachspiele an diesen Beispielen, <strong>und</strong> anderen, vor Augen:<br />

Befehlen, <strong>und</strong> nach Befehlen handeln –<br />

Beschreiben eines Gegenstands nach dem Ansehen, oder nach Messungen -<br />

Herstellen eines Gegenstands nach einer Beschreibung (Zeichnung) –<br />

5 Berichten eines Hergangs –<br />

Über den Hergang Vermutungen anstellen –<br />

Eine Hypothese aufstellen <strong>und</strong> prüfen<br />

Darstellen der Ergebnisse eines Experiments durch Tabellen <strong>und</strong> Diagramme -<br />

Eine Geschichte erfinden; <strong>und</strong> lesen -<br />

10 Theater spielen –<br />

Reigen singen –<br />

Rätsel raten –<br />

Einen Witz machen; erzählen – (S.250)<br />

43. Man kann für eine große Klasse von Fällen der Benützung des Wortes „Bedeutung“ –<br />

15 wenn auch nicht für alle Fälle seiner Benützung – dieses Wort so erklären: Die Bedeutung eines<br />

Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache (S.262)<br />

65. Hier stoßen wir auf die große Frage, die hinter allen diesen Betrachtungen steht. Denn<br />

man könnte mir einwenden: „Du machst dir's leicht! Du redest von allen möglichen Sprachspielen,<br />

hast aber nirgends gesagt, was denn das Wesentliche des Sprachspiels, <strong>und</strong> also der Spra-<br />

20 che, ist. Was allen diesen Vorgängen gemeinsam ist <strong>und</strong> sie zur Sprache, oder zu Teilen der<br />

Sprache macht. [...]“<br />

Und das ist wahr. - Statt etwas anzugeben, was allem, was wir Sprache nennen, gemeinsam<br />

ist, sage ich, es ist diesen Erscheinungen gar nicht Eines gemeinsam, weswegen wir für alle das<br />

gleiche Wort verwenden, - sondern sie sind miteinander in vielen verschiedenen Weisen ver-<br />

25 wandt. Und dieser Verwandtschaft, oder dieser Verwandtschaften wegen nennen wir sie alle<br />

„Sprachen“. Ich will versuchen, dies zu erklären.<br />

66. Betrachte z.B. einmal die Vorgänge, die wir „Spiele“ nennen. Ich meine Brettspiele, Kartenspiele,<br />

Ballspiel, Kampfspiele, usw. Was ist allen diesen gemeinsam? - Sag nicht: „Es muss ihnen<br />

etwas gemeinsam sein, sonst hießen sie nicht ,Spiele’ - sondern schau, ob ihnen allen etwas<br />

30 gemeinsam ist. - Denn wenn du sie anschaust, wirst du zwar nicht etwas sehen, was allen gemeinsam<br />

wäre, aber du wirst Ähnlichkeiten, Verwandtschaften, sehen, <strong>und</strong> zwar eine ganze Reihe.<br />

[...] Und das Ergebnis dieser Betrachtung lautet nun: Wir sehen ein kompliziertes Netz von<br />

Ähnlichkeiten, die einander übergreifen <strong>und</strong> kreuzen. Ähnlichkeiten im Großen <strong>und</strong> Kleinen.<br />

67. Ich kann diese Ähnlichkeiten nicht besser charakterisieren als durch das Wortfamilienähn-<br />

35 lichkeiten“; denn so übergreifen <strong>und</strong> kreuzen sich die verschiedenen Ähnlichkeiten, die zwischen<br />

den Gliedern einer Familie bestehen: Wuchs, Gesichtszüge, Augenfarbe, Gang, Temperament,<br />

etc. etc. Und ich werde sagen: die ,Spiele' bilden eine Familie. (S.276-278)<br />

71. Man kann sagen, der Begriff ,Spiel' ist ein Begriff mit verschwommenen Rändern. „Aber ist<br />

ein verschwommener Begriff überhaupt ein Begriff „ - Ist eine unscharfe Photographie über-<br />

40 haupt ein Bild eines Menschen? Ja, kann man ein unscharfes Bild immer mit Vorteil durch ein<br />

scharfes ersetzen? Ist das unscharfe nicht oft gerade das, was wir brauchen? (S.280)<br />

Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. Werkausgabe Bd. 1. Suhrkamp: Frankfurt/Main 1993<br />

1. Überlegen Sie, was Wittgensteins Aussagen für die Bedeutung von Liebe, Geist usw. bedeutet.<br />

2. Wie stellen Sie fest, wenn Sie ein Wort falsch verstanden haben? Kann man sagen, man<br />

habe ein Wort richtig gebraucht, aber seine Bedeutung nicht verstanden?<br />

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