Leseproben Grundwissen Philosophie E-Books - Reclam
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ihre Reichweite lassen sich ihrer ersten umfassenden Durchbildung<br />
ablesen: dem sog. Organon des Aristoteles. Aristoteles<br />
hat die Formen der Rationalität in Syllogistik, Dialektik<br />
(Topik) und Rhetorik so umfassend und genau beschrieben,<br />
dass dieser Teil seines Werks lange autoritativ galt und noch<br />
heute für eine lebensweltliche Theorie der Rationalität anregend<br />
ist; er analysierte auch das wissenschaftliche Argumentieren<br />
und betrachtete dessen Regeln als Teil einer umfassenden<br />
Lehre vom überzeugenden Argumentieren. Aristoteles<br />
gab dieser Argumentationslehre einen politischen Sinn, so<br />
dass man sogar von einer Theorie des »Bürgerdiskurses« sprechen<br />
kann. 15<br />
Eine Einführung in die <strong>Philosophie</strong>, die als systematischer<br />
Lehrgang angelegt ist, könnte mit der Logik als Analyse des<br />
Instrumentariums des <strong>Philosophie</strong>rens beginnen. So macht es<br />
Max Bense (1910–1990) 16 in seiner Einleitung in die <strong>Philosophie</strong>,<br />
die als »Einübung des Geistes« die ethische Absicht hat,<br />
»das Leben vor den Geist« zu bringen, bewusst zu führen und<br />
so für eine intellektuell disziplinierte, »geistige« Lebensführung<br />
zu werben. Und so ist es auch in der wohl umstrittensten<br />
Logik der <strong>Philosophie</strong>geschichte: in Hegels Wissenschaft der<br />
Logik. Hegel beantwortet die Frage nach dem Anfang des<br />
<strong>Philosophie</strong>rens ebenfalls mit einem Verweis auf das Denken<br />
als Mittel und Medium aller Erkenntnis. Seine – strittige – Erweiterung<br />
des Begriffs und der Aufgaben der Logik wurde<br />
dabei philosophiegeschichtlich durch Kants Kritik der reinen<br />
Vernunft (1781) ermöglicht.<br />
Kants sog. »Erste Kritik«, das Grundbuch aller neueren <strong>Philosophie</strong>,<br />
ist keine Logik; sie beschreibt nicht die Regeln des<br />
Denkens, sondern kritisiert die Annahme einer »reinen Vernunft«<br />
in ihren Grenzen erkenntnistheoretisch. Kant abstrahiert<br />
»zwei Stämme« (KrV B 30) der Erkenntnis, »Sinnlichkeit«<br />
und »Verstand«, und macht darauf aufmerksam, dass<br />
alles Denken von sinnlichen Eindrücken ausgeht. Er setzt der<br />
»Logik« eine »Ästhetik« voraus und betrachtet beide »transzendental«<br />
als ermöglichende Bedingungen aller »Erkennt-