DAS FEST - Über die Mitschuld der Mütter - Theater Ulm
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In einzelnen Fällen ist es natürlich auch <strong>die</strong> Mutter, <strong>die</strong> den Inzest anzeigt und ihm ein Ende<br />
setzt, häufig dann, wenn sie sich für an<strong>der</strong>e Dinge, <strong>die</strong> sie dem Mann vorwirft, rächen will<br />
(Justice und Justice, S. 102).<br />
Auch van <strong>der</strong> Kwast gibt zu verstehen, daß <strong>die</strong>se <strong>Mütter</strong> aus unlauteren Motiven handeln: „In<br />
vielen Fällen hat das Motiv, das zur Anzeige führt, mit dem Inzest selbst wenig o<strong>der</strong> gar<br />
nichts zu tun“, schreibt er, um sich dann über „eheliche Unzufriedenheit“ als eigentliches<br />
Motiv zu verbreiten (1963, S. 146). Einer Frau, <strong>die</strong> ihren Mann immer geliebt und nie<br />
Probleme mit ihm gehabt hat, wird es selbstverständlich schwerer fallen, Anzeige zu erstatten,<br />
als einer Frau, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Aufdeckung des Inzests <strong>der</strong> sprichwörtliche Tropfen ist, <strong>der</strong> das Faß<br />
zum <strong>Über</strong>laufen bringt. Das heißt jedoch nicht, daß sie sich über <strong>die</strong>se Aufdeckung freuen<br />
und dankbar <strong>die</strong> Gelegenheit beim Schopfe packen würde, um ihren Mann loszuwerden. Van<br />
<strong>der</strong> Kwast illustriert seine Darstellung mit dem Beispiel einer Frau, <strong>die</strong> ihm gegenüber „zugab<br />
[...], daß es höchstwahrscheinlich genügt hätte, wenn sie mit ihrem Mann darüber gesprochen<br />
hätte“. (1963, S. 146). Genau das aber tun viele <strong>Mütter</strong>, nachdem sie von dem Mißbrauch<br />
erfahren haben: Sie sprechen mit ihrem Mann darüber.<br />
Die Lebensgeschichten von Inzestopfern vermitteln den Eindruck, daß <strong>die</strong> zweite Kategorie –<br />
<strong>die</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong>, <strong>die</strong> sich mehr schlecht als recht durchlavieren – <strong>die</strong> größte ist. Für alle drei<br />
Kategorien gilt, daß Mutterschaft keine Garantie für vollkommene Uneigennützigkeit sein<br />
kann. Bei manchen <strong>Mütter</strong>n mögen in <strong>die</strong> Reaktion auf den Vater-Tochter-Inzest auch eigene<br />
Interessen einfließen. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie den Inzest von Anfang an gebilligt<br />
hätten!<br />
Literaturhinweise:<br />
- Dorpat, Christel: Welche Frau wird so geliebt wie Du, Berlin 1982<br />
- V.S.K. Vereniging tegen seksuele kin<strong>der</strong>mishandeling binnen het gezin: De straf op<br />
zwijgen is levenslang, Amsterdam 1983<br />
- Kwast, S. van <strong>der</strong>: Over de incest, Meppel 1963<br />
- Armstrong, Louise: Kiss Daddy Goodnight, Frankfurt 1985<br />
- Finkelhor, David: Child Sexual Abuse: New Theory and Research, New York 1984<br />
- B.R.T.: Interview mit einem Opfer des Vater-Tochter-Inzests in <strong>der</strong> Fernsehsendung<br />
“Ommekaar”, 9. April 1985<br />
- Butler, Sandra: Conspiracy of Silence. The Trauma of Incest, San Francisco 1978<br />
- Hoogduin, K.: Incest en directieve therapie, in: Jos Frenken/Carla van Lichtenburcht<br />
(Red.): Incest: feiten, achtergronden en hulpverlening – een symposium, Zeist 1984<br />
- Justice, Blair/Rita Justice: The Broken Taboo: Sex in the family, London 1980<br />
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