1 Einführung eines iterativen und inkrementellen ...
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Im Pilotprojekt muss daher gelegentlich in Kauf genommen werden, dass für einzelne Mitarbeiter Zeiten entstehen, in<br />
denen sie im Projekt nicht benötigt werden (siehe Abb. 3). Das bedeutet unter Umständen einen Umsatzverlust für die<br />
betroffene Organisationseinheit, der von jemandem bezahlt werden muss: entweder vom Projekt oder von der<br />
Organisationseinheit. Dieser Punkt sollte vor Beginn des Pilotprojekts geklärt werden. An dieser Stelle muss erwähnt<br />
werden, dass die gleichmäßige Auslastung der Mitarbeiter im Wasserfall-Modell nur in der Theorie funktioniert. Die<br />
Praxis zeigt, dass die einzelnen Aktivitäten nicht mit dem Ende der entsprechenden Phase abgeschlossen sind.<br />
Gef<strong>und</strong>ene Fehler <strong>und</strong> geänderte Anforderungen oder Randbedingungen machen die Wiederaufnahme von eigentlich<br />
abgeschlossenen Aktivitäten erforderlich. Falls die erforderlichen Personen bereits in anderen Projekten eingesetzt sind,<br />
muss das restliche Team warten, bis diese Mitarbeiter wieder Zeit haben.<br />
Wenn der iterative Entwicklungsprozess im ganzen Unternehmen eingesetzt wird, ist es meist möglich, die Mitarbeiter<br />
in den Wartezeiten in anderen Projekten einzusetzen. Besser wäre es natürlich, wenn man sich dazu entschließt,<br />
langfristig auf eine derart starke Arbeitsteilung zu verzichten. Das hat folgende Vorteile:<br />
• Die Arbeit wird für die einzelnen Mitarbeiter abwechslungsreicher <strong>und</strong> damit interessanter. Die Mitarbeiter sind<br />
daher besser motiviert.<br />
• Die Mitarbeiter machen wertvolle Erfahrungen. Wer seine entwickelten Architekturen auch selbst realisieren kann,<br />
erlebt Fehler in der Architektur viel unmittelbarer. Entsprechend größer ist auch der Lerneffekt. Wer seine<br />
Software auch testen muss, erfährt, welche Vorteile es hat, bei der Erstellung der Software auf Testbarkeit zu<br />
achten. Mitarbeiter mit solchen Erfahrungen sind sehr wertvoll in zukünftigen Projekten.<br />
• Es wird verhindert, dass gerade die besten Mitarbeiter den Bezug zur Praxis verlieren, weil sie nur noch Konzepte<br />
erstellen müssen <strong>und</strong> nicht mehr realisieren dürfen.<br />
Hier kann man sich ein Beispiel an anderen Branchen nehmen, wie etwa der Automobilindustrie, in denen die ehemals<br />
vorhandene starke Arbeitsteilung inzwischen wieder aufgehoben wird.<br />
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Die Gestaltung der Verträge mit K<strong>und</strong>en <strong>und</strong>/oder Unterauftragnehmern ist ebenfalls von der <strong>Einführung</strong> <strong>eines</strong><br />
<strong>iterativen</strong> Vorgehens betroffen. Auch hier ist die Welt des Wasserfall-Modells scheinbar einfacher:<br />
• Eine Firma, die nicht selbst realisiert, kann nach der Erstellung des Fachkonzepts verschiedene Angebote einholen<br />
<strong>und</strong> das attraktivste annehmen.<br />
• Ein Softwarehersteller wartet üblicherweise, bis das Fachkonzept fertig ist, bevor er ein Angebot abgibt oder mit<br />
der eigentlichen Arbeit beginnt.<br />
• Sollen Teile der Entwicklung ausgelagert werden, wird gewartet, bis das DV-Grobkonzept fertig ist. Danach sind<br />
alle Informationen vorhanden, die ein Unterauftragnehmer benötigt, um ein Angebot abgeben zu können.<br />
Ein OO-Prozess erkennt die Tatsache an, dass es bei einem komplexen System nicht sinnvoll ist, eine detaillierte<br />
Spezifikation des gesamten Systems zu erstellen, bevor mit der Architektur begonnen wird. Die Vollständigkeit <strong>und</strong><br />
Widerspruchsfreiheit einer solchen Spezifikation kann nämlich nicht geprüft werden, solange nur Dokumente<br />
existieren.<br />
Dies macht die Gestaltung der Verträge allerdings komplizierter. Eine gute <strong>und</strong> faire Vertragsform wäre zum Beispiel,<br />
die Entwurfsphase nach Aufwand abzurechnen <strong>und</strong> nach der Entwurfsphase ein Festpreisangebot zu erstellen, da zu<br />
diesem Zeitpunkt bereits sehr viele Informationen vorliegen <strong>und</strong> eine Aufwandsabschätzung entsprechend genau sein<br />
kann. Ein solcher Vertrag ist zwar aufwändiger, aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Vertrag eingehalten werden<br />
kann, ist größer.<br />
Gelegentlich ist es schwierig, dies in die Praxis umzusetzen. Öffentliche Institutionen haben beispielsweise oft<br />
gesetzlich geregelte Ausschreibungsverfahren, die ein detailliertes Fachkonzept zwingend erfordern. Auch hier kann<br />
eine Lösung nur in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Spezialisten erfolgen.<br />
Der Aufwand lohnt sich dennoch. Gerade langfristig ausgelegte Geschäftsbeziehungen profitieren von einem OO-<br />
Prozess. Kostenabschätzungen werden genauer <strong>und</strong> nachvollziehbarer <strong>und</strong> das Vertrauen zwischen den<br />
Vertragspartnern wächst. In den herkömmlichen Vertragsbeziehungen kommt es dagegen oft vor, dass eine<br />
Entwicklungsfirma genötigt wird, zu einem Zeitpunkt Preise zu nennen, zu dem dies eigentlich noch nicht möglich ist.<br />
Hat sie sich verkalkuliert, wird versucht, die restlichen Kosten bei Änderungswünschen hereinzuholen, was wiederum<br />
zu entsprechenden Irritationen beim Auftraggeber führt.<br />
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Nach diesen Vorbereitungen kann das Pilotprojekt endlich gestartet werden. In der ersten Zeit sind die<br />
Projektmitarbeiter <strong>und</strong> der Projektleiter häufig sehr verunsichert. Besonders das Gefühl, mit einer Softwarearchitektur