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Lila Laune 102

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Unsere CD des Montats Dezember:<br />

“Heisern Union”<br />

die schönsten Fangesänge<br />

aus der Alten Försterei<br />

Ein wahres musikalisches Meisterwerk<br />

möchten wir euch, liebe Fußball- und Musikliebhaber,<br />

heute ans Herz legen. Mit der CD<br />

„Heisern Union – Die schönsten Fangesänge<br />

aus der Alten Försterei“ hat das Label „Union<br />

Marketing“ in Zusammenarbeit mit einem bislang<br />

unbekannten Künstlerkollektiv namens<br />

„Wuhlesyndikat“ für frischen Wind auf dem<br />

Musikmarkt gesorgt und der Independent-<br />

Szene den größten Innovationsschub seit dem<br />

Debütalbum von Wolfgang Petry verpasst. OK,<br />

schätzungsweise 80% des Albums besteht aus<br />

Coverversionen und Plagiaten, die ebenso als<br />

„Die schönsten Gesänge vom Betzenberg/<br />

Westfalenstadion etc.“ durchgehen könnten.<br />

Doch die handvoll Eigenkreationen hat es in<br />

sich: Wahre Perlen der Musikkultur, die mit<br />

ihrer spritzigen Originalität und ihrem lebensbejahendem<br />

Humor einmal mehr unterstreichen,<br />

dass der 1.FC Union seinen Ruf als<br />

lustiger Kultverein und „Pauli des Ostens“ nicht<br />

zu Unrecht besitzt!<br />

Bewusst widersetzt sich dieses Werk mit<br />

seinem spröden Charme dem auf reine<br />

Ästhetik und leichte Verdaulichkeit ausgerichtetem<br />

Zeitgeist. Nein, dieses aus insgesamt<br />

98 Titeln bestehende Konzeptalbum besticht<br />

durch seine deutliche Sprache und der<br />

ständigen Suche nach neuen künstlerischen<br />

Ausdrucksmitteln.<br />

Die bereits im Titel des Albums enthaltene<br />

Wortakrobatik lässt vieles erwarten, und,<br />

vorab gesagt: Der Hörer wird nicht enttäuscht.<br />

Wahrhaft dadaistische Qualitäten beweisen<br />

die sympathischen Jungs von der Wuhle<br />

beispielsweise dadurch, dass sie die englischsprachigen<br />

Zeilen bekannter Stadionstandards<br />

gekonnt verfremden - so heißt es laut Textblatt<br />

beispielsweise im allseits bekannten „No one<br />

likes us“: „We hate Hertha, fucking bastards,<br />

and we taste it everywhere.“ Im ersten Moment<br />

würde man diese sinnlose Aneinanderreihung<br />

von Vokabeln vielleicht auf defizitäre<br />

Englischkenntnisse zurückführen, denn im<br />

Original heißt es schließlich „and we´ll chase<br />

them everywhere“. Doch solch einen Lapsus<br />

können wir uns beim besten Willen nicht<br />

vorstellen. Vielmehr vermuten wir, dass durch<br />

diese völlige Neuinterpretation des Stückes<br />

und den Verzicht auf besagte Zeile die<br />

Ablehnung von Gewalt, auch verbaler, zum<br />

Ausdruck gebracht werden soll. Wir finden,<br />

das macht den FCU noch ein Stück sympathischer!<br />

Jedoch, das Album enthält auch Passagen mit<br />

etwas expliziteren Texten. Diese jedoch stellen<br />

nie die Gewalt in den Mittelpunkt, sondern<br />

dienen lediglich als künstlerisches Stilmittel,<br />

um inhaltliche Aussagen zu transportieren.<br />

Beeindruckend die gekonnte Aufarbeitung<br />

komplexer emotionaler Beziehungsgeflechte,<br />

zum Beispiel gegenüber Sachsen, dem BFC<br />

Dynamo oder Tennis Borussia. In eindrucksvoller<br />

Offenheit werden hier Traumata<br />

aufgearbeitet (jeder Kenner der Berliner<br />

Fußballszene weiß, dass der 1.FC Union<br />

jahrzehntelang Opfer der politischen und<br />

ökonomischen Übermacht des BFC Dynamo<br />

und des BTC Borussia war). So verwundert es<br />

nicht, dass die Gesänge eine innere Zerrissenheit<br />

offenbaren, ein Hin- und Hergerissensein<br />

zwischen Liebe und Hass, und natürlich<br />

schwingt hier auch immer eine sexuelle<br />

Komponente mit. So heißt es in einer<br />

besonders anrührenden Passage beispielsweise:<br />

„Es war in der Wüste Sahara, die Sonne schien<br />

20 LILA LAUNE 12/2004

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