Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft
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stellt werden, worin das Bedürfnis liegt, den<br />
,.sozialen Antrieb" ziviler Ungehorsam sozusagen<br />
postwendend zum - noch dazu positivierten<br />
- Recht zu erklilren. Der Rechtspraktiker<br />
weiß, daß die Begriffe ,,Anspruch" und<br />
•.Recht". soweit dieselben in <strong>recht</strong>lichem Zusammenhang<br />
geäußert werden, synonym. inhaltsgleich<br />
sind. Anspruch ist Recht, welches<br />
seine Durchsetzung fordert, was wiederum<br />
Begriffsmerkrnal des Rechts isL Eine Absonderung<br />
dieser Begriffe ist wenig zielft1hrend.<br />
Da nun zu beantworten ist, inwieweit ziviler<br />
Ungehorsam Anspruch, daher Recht sein kann,<br />
wird nochmals auf obige Darstellung verwiesen.<br />
Im Bereich des Konflikts demokratischer<br />
(Mehrheits-)entscheidungen mit legitimen,<br />
vom Staat zu wahrenden Interessen, die nur<br />
deshalb - zunächst und scheinbar - nicht tragfähig<br />
sind, wie denselben ihre Positivierung<br />
fehlt, ist zu erkennen, daß positives Recht in<br />
seiner Legitimität eben nicht trägt, als ebenso<br />
legitimer präpositiver Anspruch. Setzt man<br />
den Fall, daß positives Recht mit seinem Antipoden<br />
außerhalb der Satzung im Widerspruch<br />
steht, ist <strong>für</strong> sich noch nicht zu erkennen, welchem<br />
Interesse gefolgt werden soll (muß).<br />
Im Verhältnis zum zivilen Ungehorsam ist der<br />
aufgezeigte Dissens weder dramatisch noch<br />
wirklich theoretisch. Erinnert sei daran, daß<br />
eben ziviler Ungehorsam in seiner bereits<br />
angeführten Umschreibung eine durch Verhalten<br />
verstärkte Willensäußerung als sozusagen<br />
ultimatives Remedium verkörperL . Eine konkrete<br />
autoritär-demokratische Entscheidung<br />
soll wegen ihres Beschneidens wesentlicher<br />
allgemeiner Interessen aus dem beschriebenen<br />
Muster und wegen des (noch) nicht abgelaufenen<br />
Erkenntnisprozesses der da<strong>für</strong> zuständigen<br />
staatlichen Einrichtungen über so erfolgenden<br />
Protest im Wege des Umschwungs der<br />
maßgeblichen Einschätzungen falsifiziert<br />
werden. Der zivilen Ungehorsam leistende<br />
Bürger ist unter der Voraussetzung der Erfül-<br />
.. lung dieses Instituts der Allgemeinheit und<br />
dem demokratischen verwirklichten Staat dienlieh.<br />
Unbillig wäre, dem wenn auch nur durch<br />
Personenmehrheit partiell auftretenden Souverän,<br />
schlichter dem Staatsbürger Strafe und<br />
Kritik <strong>für</strong> eben diesen Hilfsdienst zuzumessen.<br />
Das in Österreich vorherrschende, im Staat<br />
erscheinende Gemeinwesen leidet unbestreitbarerweise<br />
unter großen Deftziten in den Prozessen<br />
der Rechtssetzung und der Rechtsvollziehung.<br />
Die Zeit gebietet daher zur Abhilfe<br />
ein weder das demokratische Gefüge störendes<br />
noch die staatliche Autorität und insbesondere<br />
das Gewaltmonopol in Frage stellendes<br />
Mittel zu verwirklichen, welches, soweit erkennbar<br />
unter noch näher zu formulierenden<br />
Prämissen vergleichsweise am besten geeignet<br />
ist, dagegen anzutreten. Die österreichische<br />
Grund<strong>recht</strong>sordnung und das verwirklichte<br />
Demokratiemodell wären durchaus mit Schaffung<br />
eines Grund<strong>recht</strong>s auf zivilen Ungehorsam<br />
bereichert<br />
•<br />
Exklusiv-Fälschung:<br />
Die Nationalratswahl ·<br />
auf grün nachgerechnet<br />
Über einige wahlsystemische<br />
Aspekte des Ergebnisses der<br />
lVadonalratswahl1990(auch<br />
lesbar als aktuelle Fußnote zur<br />
Wahl<strong>recht</strong>sserie)<br />
Nun, da der Wahlkampf hinter uns liegt, wird<br />
in den Koalitionsverhandlungen auch die<br />
Wahl<strong>recht</strong>sreform behandelt werden; die Taschemechner<br />
und Rechenstift sind gezü(,;kt,<br />
gilt es doch, zumindest den bisherigen Mandatsstand<br />
der beiden mutmaßlichen Regierungspartner<br />
zu bewahren und gegebenenfalls<br />
auszubauen und dabei auch noch die personelle<br />
Zusammensetzung der Fraktion weitestgehend<br />
unangetastet zu lassen, könnte doch eine<br />
der innerparteilich maßgeblichen Gruppen ein<br />
via Wahl<strong>recht</strong> gegen sie gerichtetes Komplott<br />
wittern.<br />
Doch nun zum konkreten Wahlausgang:<br />
3.7% der gültig abgegebenen Stimmen wurden<br />
nicht in Mandate umgesetzt (was 7 Mandaten<br />
entspricht). Daher wurden ebenso wie 1983<br />
Restmandate deutlich billiger, wovon alle<br />
Parteien in etwa im gleichen Ausmaßprofttierten,<br />
am augenfälligsten. sicherlich die Grüne<br />
Alternative, die trotz einem Minus von 0.04%<br />
zwei Mandate hinzugewinnen konnte, was auf<br />
dem ersten Blick paradox scheinen mag, aber<br />
doch erklärlich i~t:<br />
1. bei der Wahl '86 hat die GA das 9. Mandat<br />
knapp verpaßt, daß ihr rein proportional zugestanden<br />
wäre, also wird der Proportionalwert<br />
der Stimmen nur um ein Mandat überschritten.<br />
Seite 30<br />
JURIDIKUM 5/90