Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft
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Eignungstests sollen<br />
Objektivität garantieren<br />
Maria ReiJfenstein<br />
. Die Republik stellt an ihre<br />
BeamtInnen die höchsten Anforderungen.<br />
Vorbei die Zeiten<br />
von Parteibuch- und Freunderlwirtschaft.<br />
Heute zählt Qualifikation.<br />
Alles, was objektiv ist ...<br />
... fmdet sich im neuen Ausschreibungsgesetz<br />
BGB1.1989/85 (oder - so die offizielle Kurzbezeichnung<br />
- AusG). Hier heißt es in §1: ,,Die<br />
Bewerbung um Aufnahme in den Bundesdienst<br />
und die Bewerbung um Funktionen und Arbeitsplätze<br />
beim Bund stehen allen österreichi- \<br />
schen Staatsbürgern offen." So weit, so gut.<br />
Es darf als allgemein bekannt vorausgesetzt<br />
werden, daß eiße Bedingung <strong>für</strong> die Möglichkeit<br />
einer BewerbWJ.g die Kenntnisnahme von<br />
der Ausschreibung der jeweiligen Stelle darstellt<br />
Nun erfahren wir aber aus §21 AusG, daß<br />
die meisten der zu besetzenden Planstellen gar<br />
nicht das Licht des Amtsblattes zur Wiener<br />
Zeitung erblicken, sondern die Ausschreibung<br />
"durch Anschlag an der AmtstafeI der jeweils<br />
<strong>für</strong> die Aufnahme zuständigen Dienststelle zu<br />
erfolgen" hat (eine Monatsnetzkarte <strong>für</strong> die.<br />
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öffentlichen Verkehrsmittel empfiehlt sich hier<br />
allemal). Damit die betreffende Dienststelle<br />
abernichtvon der MöglichkeitGebrauch macht,<br />
noch weitere Freundinnen und Freunde (die<br />
engsten der sich schon im Bundesdienst befmdlichen<br />
Vertrauten haben sich ja weder den<br />
Querelen einer Ausschreibung (I). geschweige<br />
dem sogleich zu beschreibenden, der Objekti<br />
. vierung dieneridenEignungstest zu unterziehen)<br />
in subjektiver Wahllosigkeit in den Bundesdienst<br />
einzuschleus~ hat der Gesetzgeber<br />
nun hier dem Ruf nach Objektivierung der<br />
Stellenvergabe endlich nachgegeben und die<br />
. Auswahl der BewerberInnen an eine von der<br />
Dienststelle (und deren Erwartungen) gänzlich<br />
unabhängigen Institution delegiert: an die<br />
Verwaltungsakademie mit ihren Psychologlnnen.<br />
Ist die Stelle also nicht schon an Bundesbedienstete<br />
vergeben und hat man glücklich von<br />
ihr erfahren, setzt das eigentliche Verfahren<br />
der Objektivierung (sprich: Eignungstest) ein.<br />
Jene, die schnell studiert haben, erinnern sich<br />
vielleicht noch an die Berufseignungstests in<br />
der S.chule. deren Ergebnisse -von den BerufsberaterInnen<br />
flink mit der Berufslaufbahn des<br />
Vaters kombiniert - ein ausgeprägtes OrientierungsprofU<br />
ergaben. Eine Mixtur aus ,,Ist" -, ,<br />
"Wit"- und ,,Mit"tests (Ergebnisse langjähriger<br />
Behaviorismusforschung) untersuchen<br />
Konzentration, Sprachbegabung, Logik und<br />
Lemflihigkeit Den unterschiedlichen Stellenanforderungen<br />
werden quantitativ gestufte Auswertungsparameter<br />
ge<strong>recht</strong>. So bestehen die<br />
Aufgaben darin, möglichst schnell d von d von<br />
p von d von p zu unterscheiden, richtige Analogien<br />
zu konstruieren (Sportler verhält sich zu<br />
Erfolg wie Manager zu 71?; Wasser verhält<br />
sich zu Delta so wie Wind zu n?), zwei von<br />
sechs Begriffen auszuwählen, die einen gemeinsamen<br />
Oberbegriff haben (z.B. Fischfang<br />
- Angel - Fischerboot - Hecht : Netz -<br />
Muschel), Zahlenreihen fortzusetzen, Matrizenstrukturen<br />
zu erkennen u. v. m.(2l.<br />
Das (<strong>für</strong> drei Jahre verbindliche!) Ergebnis<br />
lautet ,.nicht geignet". "geeignet" oder "besonders<br />
geeignet" und hat <strong>für</strong> die Dienststelle<br />
obersle!J Kriterium zu sein. Differenziert wird<br />
also nur nach letzteren Kalkülen (bei ,,nicht<br />
geeignet" ist man ja drei Jahre <strong>für</strong> diese Testgruppe<br />
gesperrt), wobei zunächst gemäß § 25<br />
AusG "auf den Tag des Einlangens des Bewerbungsschreibens"<br />
Rücksicht zu nehmen ist.<br />
Weitere Kriterien sind soziale Bedürftigkeit,<br />
Vordienstzeiten u. ä ..<br />
Aus dem Anliegen, die Willkür bei der Stellenvergabe<br />
zu reduzieren, die Konsequenz zu<br />
ziehen, jegliche Verantwortung an ein standardisiertes<br />
Testverfahren zu delegieren, das wie<br />
wir alle wissen eine höchst fragwürdige Form<br />
der Intelligenz mißt, kann unter Zuhilfenahme<br />
wissenschaftstheoretischer Erkenntnisse vielleicht<br />
folgendermaßen gedeutet werden: "...<br />
kann die Verabsolutierung von Fordenmgen<br />
nach objektiver Erkenntnis durch Eliminierung<br />
von allem, was subjektiv (in allen Bedeutungen<br />
des Wortes) wäre, zu der Denkhaltung<br />
des Objektivismus führen. Obwohl einZusammenhang<br />
zu dem methodologischen Postulat<br />
nach Objektivität nicht ZU leugnen ist, handelt<br />
es sich doch um entgegengesetzte Denkhaltungen.<br />
Der Objektivismus deformiert nämlich<br />
dasWesenderobjektivenErkenntnis,indemer<br />
wichtige Elemente derselben außer acht läßt"<br />
(Handbuch wissenschaftstheoretischer Begriffe,<br />
Stichwort "Objektivität", lITB 1980)<br />
Und so fragt sich. ob die mit dem neuen Objektivierungsverfahren<br />
verbundene Arbeitsplatzbeschaffung<br />
<strong>für</strong> Psychologlnnen sowie die<br />
infolge der Verzögerungen bei den Besetzungen<br />
eintretenden Einsparungen dieses AusG<br />
wirklich <strong>recht</strong>fertigen; und ob nicht sowohl die<br />
BewerberInnen eine gemäßereBeurteilung als<br />
. auch die andernorts sinnvoller verfahrende<br />
Psychologie Besseres verdient hätten - doch<br />
wer vermag das schon zu beurteilen? •<br />
(l)vgl.§2i Abs2AusG: "EineAusschreibung<br />
NlCh Abs 1 ist nicht durchzuführen: 1. bei<br />
Planstellen, die mit vorhandenen Bundesbediensteten<br />
besetzt werden sollen, ... "<br />
(2) Auflösung der Rätsel inder Reihenfolge'<br />
ihres Vorkommens: Gewinn; Düne; Netz und<br />
Angel (falsch: Hecht und Muschel).<br />
Seite 34<br />
JURIDIKUM 5/90