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16 Verfassungsrechtliche Aspekte der Würde der Kreatur

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374 Vierter Teil: Zur <strong>Würde</strong> <strong>der</strong> <strong>Kreatur</strong> im Recht<br />

Solange Tieren keine Grundrechte zugestanden werden und sie folglich nicht in<br />

den Genuss dieser gegen alle möglichen Diskriminierungen gerichteten Bestimmung<br />

gelangen, sind ihre existentiellen Interessen beispielsweise durch die<br />

Grundrechte des Menschen zu schützen; sind diese nämlich<br />

"viel eher vom Du als vom Ich her zu denken und zu gestalten ..., lässt sich <strong>der</strong><br />

Gedanke <strong>der</strong> grundrechtlich zu gewährleistenden Verkettung von Verantwortung<br />

und Freiheit unmittelbar fruchtbar machen für die 'mandatarische', ... 'treuhän<strong>der</strong>ische'<br />

Grundrechtsausübung nicht als Son<strong>der</strong>fall, son<strong>der</strong>n eben als ein<br />

Grundprinzip <strong>der</strong> Grundrechtsausübung". <strong>16</strong>4<br />

bb) Positive Wirkung <strong>der</strong> Grundrechte am Beispiel Organtransplantation<br />

Sind die Grundrechte heute "nicht mehr primär zu verstehen als Garanten<br />

staatsfreier Sphären, ... als Zäune um Plätze, auf denen individuelle Willkür ungehin<strong>der</strong>t<br />

weidete", erfor<strong>der</strong>t ihre Wahrung allgemein "staatliches Engagement<br />

in vielen Dimensionen: staatlichen Schutz, staatliche Ausgestaltung, staatliche<br />

För<strong>der</strong>ung". <strong>16</strong>5 Das Bundesgericht hat die positive Bedeutung <strong>der</strong> Grundrechte<br />

<strong>16</strong>6 erkannt, indem es ein ungeschriebenes verfassungsmässiges Recht auf<br />

Existenzsicherung anerkannte. <strong>16</strong>7 Geschützt wird dieses "Gebot <strong>der</strong> Menschlichkeit"<br />

durch die "dem Zweck des mo<strong>der</strong>nen Staates inhärente Pflicht", <strong>16</strong>8<br />

öffentlichrechtlich verbindlich beispielsweise die Organspende zu regeln ...<br />

Weshalb gerade sie?<br />

Heute transplantieren Ärzte sogar fötales Nervengewebe, mithin also das Organ,<br />

das sie mit <strong>der</strong> Hirntod-Definition (Tafel 13) als die Verkörperung von Leben<br />

schlechthin erklärten. <strong>16</strong>9 Ob so etwas sinnvoll ist, mag als Glaubensangelegenheit<br />

betrachtet werden. Dennoch wird es einen "Verschaffungsanspruch <strong>der</strong> auf<br />

ein Organ angewiesenen Patienten" nicht geben dürfen; das nämlich würde<br />

"einen Leistungsanspruch gegenüber dem Staat mit Drittwirkung voraussetzen,<br />

da dieser über gesetzliche Regelung Drittinteressen tangieren, mithin mögliche<br />

<strong>16</strong>4 SALADIN, Verantwortung, S. 204 und 206 f. (Hervorhebungen im Original), m. V. a. diese Tür "zu einer<br />

Anerkennung von 'Grundrechten <strong>der</strong> Natur', <strong>der</strong> uns umgebenden tierischen und pflanzlichen, ja <strong>der</strong> unbelebten<br />

Natur". Zur möglichen Wahrung von Rechten <strong>der</strong> Natur (III.2.c.) durch Menschen ausführlich<br />

LEIMBACHER, Natur, S. 399 ff.; ferner bereits § 10 III.1.<br />

<strong>16</strong>5 SALADIN, Verantwortung, S. 113, m. V. a. das positive Recht <strong>der</strong> westlichen Rechtsstaaten.<br />

<strong>16</strong>6 Positiv wirken die Grundrechte, indem sie "den Staat zum Handeln veranlassen o<strong>der</strong> ihm gar eine Pflicht<br />

auferlegen" (REFORM BV, Erläuterungen, S. 64, wonach sie sich dabei vorab an den Gesetzgeber, als einen<br />

"Pflichtträger <strong>der</strong> Grundrechte", richten und an jede an<strong>der</strong>e Behörde, die "sonst eine staatliche Aufgabe<br />

wahrnimmt".<br />

<strong>16</strong>7 BGE 121 I 367 ff., 371, m. V. a. die "Sicherung elementarer menschlicher Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung<br />

und Obdach" als <strong>der</strong> "Bedingung menschlicher Existenz und Entfaltung überhaupt" und insofern als<br />

"unentbehrlichem Bestandteil <strong>der</strong> demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung".<br />

<strong>16</strong>8 "... die auf seinem Gebiete befindlichen Personen nötigenfalls vor dem physischen Ver<strong>der</strong>ben zu bewahren",<br />

so das Bundesgericht weiter (BGE 121 I 372).<br />

<strong>16</strong>9 Dazu § 10 II.3.a.; Tafel 13; SPIEGEL vom 3.3.97, S. 239, m. V. a. an Parkinson erkrankte Empfänger des<br />

Nervengewebes. Zum Gehirn als Zentrum des Bewusstseins bereits § 7 II.3.c.

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