M7 „BosnianKidsOnline“- Erfahrungen eines Medienprojekts in ...
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E<strong>in</strong> wichtiger Schritt für e<strong>in</strong> normales Funktionieren des Staates war auch die<br />
E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Landeswährung im Jahr 1998: die Konvertible Mark,<br />
die 1:1 an die deutsche DM gebunden war und daher auch bis heute e<strong>in</strong>en festen<br />
Wechselkurs mit dem Euro hat. Bis dah<strong>in</strong> gab es die alte bosnische Mark, den<br />
kroatischen Kuna, den serbischen D<strong>in</strong>ar und als Fremdwährung die deutsche Mark.<br />
Kam man etwa <strong>in</strong> den westlichen Teil von Mostar (kroatisch), musste man kroatische<br />
Kuna wechseln, um überhaupt etwas e<strong>in</strong>kaufen zu können.<br />
Insgesamt herrschte im Land noch e<strong>in</strong>e Art Kriegsstimmung. Großflächige<br />
Zerstörungen, sehr viele sichtbar verm<strong>in</strong>te Gebiete, gewalttätige Zwischenfälle, die<br />
massive Präsenz der <strong>in</strong>ternationalen Friedensgruppen, e<strong>in</strong>e Wahrnehmung von<br />
Gefahr und Anarchie sowie e<strong>in</strong>e noch nicht ganz funktionsfähige Infrastruktur<br />
(Wasser, Strom, Post, Telefon, Verkehr etc.) spielten zusammen und trugen dazu<br />
bei, dass man sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em normalen Land befand sondern eben an e<strong>in</strong>em Ort,<br />
der gerade aus dem Grauen <strong>e<strong>in</strong>es</strong> jahrelangen Krieges auftauchte.<br />
Und so fühlten sich auch die Menschen: allen streckte noch gewaltig der Schrecken<br />
des Krieges <strong>in</strong> den Gliedern, es herrschte Angst und Misstrauen, und die<br />
Begegnungen zwischen Angehörigen verschiedener Volksgruppen sahen zwar an<br />
der Oberfläche entspannt und normal aus, man spürte aber deutlich die Anspannung<br />
zwischen den Menschen, die unterschiedlichen Kriegsparteien bzw. mit<br />
Kriegsparteien verbundenen Religionsgeme<strong>in</strong>schaften angehörten. Von e<strong>in</strong>em<br />
normalen Umgang mite<strong>in</strong>ander war man weit entfernt.<br />
Belebt wurde diese Nachkriegsstimmung von dem aufflammenden Krieg im Kosovo<br />
und der drohenden Nato-Intervention. Im Sommer 1999, als Belgrad und andere Orte<br />
<strong>in</strong> Serbien schließlich bombardiert wurden, hörte man <strong>in</strong> Bosnien jede Nacht den<br />
Fluglärm der Militärflugzeuge, die auf dem Weg nach Serbien waren.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Rahmenbed<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> dieser Zeit war die weit verbreitete Armut. Die<br />
staatlichen Kassen waren leer, sehr viele Menschen arbeitslos, es fehlte überall an<br />
allem.<br />
Das persönliche Schlüsselerlebnis von Ingrid Halbritter, das ihren Entschluss<br />
vorantrieb, mit Schulen <strong>in</strong> Bosnien e<strong>in</strong> Internet-Projekt zu beg<strong>in</strong>nen, war <strong>e<strong>in</strong>es</strong> Tages<br />
der vergebliche Versuch, aus dem serbischen Banja Luka <strong>in</strong>s kroatische West-<br />
Mostar anzurufen. Das war nicht möglich, und man musste e<strong>in</strong>en Projektmitarbeiter<br />
<strong>in</strong> Deutschland bitten, dem Kollegen <strong>in</strong> Mostar, das kaum 4 Autostunden von Banja<br />
Luka entfernt liegt, e<strong>in</strong>e Nachricht zu überbr<strong>in</strong>gen.<br />
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