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NEU: Sonderdruck "Orofazile Dysfunktionen" - dr. hinz

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Die Therapie orofazialer Dysfunktionen<br />

Früherkennung und Behandlung sind eine interdisziplinäre Aufgabe (Teil 2)<br />

Wie Sprachtherapeutin Ulrike Kopp im ersten Teil des<br />

Beitrags zur Erkennung und Behandlung orofazialer Dysfunktionen<br />

(DZW 38/12) beschrieb, können orofaziale<br />

Dysfunktionen als ein ästhetisches Problem empfunden<br />

werden und Einfluss auf die Emotionen nehmen. Insbesondere<br />

Jugendliche können unter Zahnfehlstellungen oder<br />

eines hyperaktiven Musculus mentalis leiden, was Auswirkungen<br />

auf ihr Selbstbewusstsein haben kann.<br />

Eine Hypotonie der Gesamtmuskulatur sowie der orofazialen Muskulatur<br />

beeinflusst die eigene Außenwirkung und kann somit Einfluss<br />

auf die Beziehungsebene nehmen. Diese Aspekte finden bisher<br />

in der Literatur kaum Eingang und können auch an dieser Stelle<br />

nicht weiter erläutert werden. Gegenstand dieses Beitrags ist die<br />

Ätiologie und Therapie orofazialer Dysfunktionen. Die Ursachen<br />

dieser Störungen sind multifaktoriell zu betrachten, da mehrere<br />

und nicht immer offensichtliche Ursachen zugrunde liegen.<br />

Mögliche Ursachen können sein:<br />

• eine lange Flaschenernährung, eventuell mit Vergrößerung des<br />

Sauglochs,<br />

• Schnabel-, Sigg- und Sportlerflaschen,<br />

• Habits (Lutschgewohnheiten, zum Beispiel Nuckeln am Daumen<br />

oder Schnuller),<br />

• vergrößerte Rachen- oder Gaumenmandeln,<br />

• persistierende frühkindliche Reaktionen,<br />

• vererbte Konstitution,<br />

• Nachahmung [4].<br />

Wichtig ist eine frühe Aufklärung der Eltern, dass zum Beispiel das<br />

Stillen über eine Dauer von sechs Monaten die orofaziale Muskulatur<br />

am Besten stärkt, und dass jegliche Lutschgewohnheiten spätestens<br />

im <strong>dr</strong>itten Lebensjahr abgewöhnt werden sollten, da schädliche Gewohnheiten<br />

zu weiteren Dysfunktionen und Zahnfehlstellungen führen.<br />

Die Bedeutung der Ernährung (harte, feste Nahrung, Brot mit Rinde)<br />

auf die orofaziale Muskulatur sollte den Eltern aufgezeigt werden.<br />

Von Bedeutung ist hierbei das gemeinsame Tätigwerden von Zahnmedizinern,<br />

Kinderärzten und Sprachtherapeuten. Die Erlangung des<br />

orofazialen Muskelgleichgewichts und der Erfolg einer Therapie sind<br />

nur möglich, wenn eventuell bestehende Habits abgebaut werden.<br />

Therapieziele sind das Herstellen und Stabilisieren eines orofazialen<br />

Muskelgleichgewichts unter Einbeziehung der Gesamtkörperspannung<br />

sowie das Erlangen eines physiologischen Schluckablaufs.<br />

Die Therapie sollte so früh wie möglich beginnen. Je länger falsche<br />

Bewegungsmuster bestehen bleiben, und je älter das Kind ist, umso<br />

schwieriger wird die Umstellung der Bewegungen. Das Kind<br />

muss neue Funktions- und Bewegungsmuster erlernen, damit die etablierten<br />

gespeicherten, „unreifen“ Muster überschrieben werden<br />

können [12]. Eine Selbstregulation bei offener Mundhaltung und einhergehender<br />

unphysiologischer Zungenruhelage ist nicht zu erwarten.<br />

Erst durch den Abbau des viszeralen Schluckmusters kommt<br />

es ohne andere interdentale Zungendyskinesen und Habits zu einer<br />

schnellen sichtbaren Selbstausheilung dentoalveolärer Veränderungen<br />

[13].<br />

Der Therapieablauf richtet sich in seinen Inhalten nach den Bedürfnissen<br />

und dem Alter des Kindes. Für Kinder ab zehn Jahren kann unter<br />

anderem die Myofunktionelle Therapie (MFT) nach Garliner<br />

zur Herstellung und Stabilisierung einer Gesichtsmuskelbalance und zur<br />

Anbahnung des korrekten Schluckablaufs durchgeführt werden [14].<br />

Übungen zur Stärkung der orofazialen Muskulatur, in Kombination<br />

mit Übungen zur Gesamtkörperspannung als „vorbeugende Kieferorthopädie“,<br />

können bei Kindern bis zu zehn Jahren spielerisch<br />

geübt werden. Zur Erlangung eines orofazialen Muskelgleichgewichts<br />

bedarf es täglicher Übungen. Voraussetzung für einen erfolgreichen<br />

Therapieverlauf ist die Mitarbeit der Eltern bei den Übungen<br />

zu Hause.<br />

Die Therapie beinhaltet folgende acht Übungsbereiche:<br />

1. Gesamtkörperkoordination/Gesamtkörperspannung,<br />

2. Mun<strong>dr</strong>aumwahrnehmung (Stereognosefähigkeit),<br />

3. physiologische Zungenruhelage,<br />

4. Stärkung der Zungenmuskulatur,<br />

5. Stärkung der Lippenmuskulatur,<br />

6. Anregung der Nasenatmung,<br />

7. Pusten und Blasen,<br />

8. Saugen.<br />

Therapiebegleitend, effektiv und effizient ist bei vielen Kindern der<br />

Einsatz von konfektionierten Prophylaxegeräten wie dem Stoppi,<br />

dem Infant-Trainer und dem Position Trainer (alle Dr. Hinz Dental,<br />

Herne). Denn nach der Geburt erworbene Dysfunktionen und Zahnfehlstellungen<br />

können durch prophylaktische Maßnahmen der<br />

Zahnärzte behoben werden. Sie sind der wichtige Schlüssel für die<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Sprachtherapeuten/Logopäden<br />

und Voraussetzung, um orofaziale Dysfunktionen – wie oben<br />

beschrieben – wirkungsvoll zu therapieren [4].<br />

Der Entwöhnungssauger Stoppi ist ein Ersatz für schädliche Lutschgegenstände<br />

mit grazilen Aufbissschienen – aber ohne den deformierenden<br />

Fremdkörper, der bei allen üblichen Saugern zwischen den<br />

Schneidezähnen liegt. Nach dem zweiten Lebensjahr lassen sich mithilfe<br />

des Entwöhnungssaugers Lutschgewohnheiten am Beruhigungssauger<br />

oder an der Dauernuckelflasche abbauen und damit frühzeitig<br />

die Entstehung von Kieferanomalien verhindern (Abb. 1) [4].<br />

Der Infant-Trainer kann ab dem vierten Lebensjahr ebenfalls im<br />

Milchgebiss eingesetzt werden (Abb. 2). Mit seiner Hilfe können Lutschgewohnheiten<br />

abgebaut und bei vorliegender Mundatmung auf<br />

gesunde Nasenatmung umgestellt werden. Eingearbeitete Luftfedern<br />

sollen ein sanftes Training der Kiefer- und Gesichtsmuskulatur<br />

bewirken und der Zunge durch eine stimulierende Zungenlasche<br />

zu einer korrekten Lage in Ruheposition und beim Schlucken am vorderen<br />

Gaumenabschnitt verhelfen. Das Kind wird damit zum Kauen<br />

unter Einsatz der Kaumuskulatur angeregt [4].

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