Sind analoge Kiefermodelle noch zeitgemäß? - dr. hinz
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Quelle: DZW Die ZahnarztWoche Ausgabe 11/12 vom 14. März 2012<br />
Sonderseiten in der DZW – Die ZahnarztWoche · 1/12<br />
<strong>Sind</strong> <strong>analoge</strong> <strong>Kiefermodelle</strong><br />
<strong>noch</strong> <strong>zeitgemäß</strong>?<br />
Dreidimensionale Orientierung der Modelle durch Sockeln oder Trimmen<br />
Die Digitalisierung hat in<br />
der Zahnheilkunde und<br />
Zahntechnik – auch in Teilbereichen<br />
der Kieferorthopädie –<br />
längst Einzug gehalten. Jedoch<br />
kann auf die konventionelle Abformung<br />
der Kiefer für eine Negativform<br />
und die Erstellung einer<br />
Positivform (Kiefermodell) vorerst<br />
nicht verzichtet werden.<br />
Das <strong>dr</strong>eidimensionale Kiefermodell<br />
aus Gips oder Kunststoff<br />
ist die Arbeitsgrundlage zur Befunderhebung,Behandlungsplanung<br />
und zur Herstellung von kieferorthopädischenBehandlungs-<br />
geräten. Verbindliche Vereinbarungen<br />
(BMVZ Paragraf 1/3) sehen<br />
vor, dass <strong>dr</strong>eidimensional orientierte<br />
Kiefermodellpaare auf Aufforderung<br />
gesetzlicher Krankenkassen<br />
im Gutachterverfahren neben<br />
weiteren Befundunterlagen<br />
einem Gutachter vorzulegen sind.<br />
Die Richtlinien des Bundesausschusses<br />
der Zahnärzte und Krankenkassen<br />
für die kieferorthopädische<br />
Behandlung (vom 1. 1. 2004)<br />
bestimmen in Nr. 5a): „Gebissmodelle<br />
des Ober- und Unterkiefers<br />
mit fixierter Okklusion und<br />
<strong>dr</strong>eidimensional orientiert (Pla-<br />
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5<br />
nungsmodell) einschließlich Analyse.<br />
Das Modell des einzelnen<br />
Kiefers muss neben der genauen<br />
Darstellung der Zähne und des<br />
Alveolarkamms auch die Kieferbasis<br />
und die Umschlagfalte der Gingiva<br />
abbilden.“ Es besteht Anlass,<br />
an die geforderte Qualität der<br />
Kieferabformungen, die Bearbeitung<br />
der <strong>Kiefermodelle</strong> und der<br />
geforderten <strong>dr</strong>eidimensionalen<br />
Orientierung und Fixierung zu erinnern,<br />
zumal diese Leistungen<br />
häufig delegiert werden.<br />
Abformung der Kiefer und<br />
Situationsbissnahme<br />
Da der Ablauf der Abformung<br />
prinzipiell bekannt ist, folgen an<br />
dieser Stelle nur wenige Hinweise:<br />
• Unterkiefer zuerst abformen,<br />
da hier die geringsten<br />
Empfindlichkeiten auftreten.<br />
• Den gefüllten Abformlöffel<br />
<strong>dr</strong>ucklos auf die Zahnreihe<br />
legen.<br />
• Zunge an den Gaumen<br />
legen lassen.<br />
• Abformlöffel an den Seitenzähnen<br />
zuerst runter<strong>dr</strong>ücken.<br />
• Unterlippe etwas abhalten<br />
und die Frontzähne abformen.<br />
• Mund leicht schließen lassen,<br />
damit sich Wangenmuskulatur<br />
entspannt.<br />
• Nach Verfestigung des<br />
Alginats mit dem Zeigefinger<br />
von einer Seite abhebeln.<br />
Ist der Ab<strong>dr</strong>uck des Unterkiefers<br />
abgehoben, folgt die Abformung<br />
des Oberkiefers:<br />
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1<br />
2<br />
• Hohes Gaumendach vorher<br />
mit Alginat ausfüllen.<br />
• Abformlöffel im Molarenbereich<br />
zuerst an<strong>dr</strong>ücken,<br />
Überschuss nach vorn<br />
lenken.<br />
• Oberlippe etwas nach vorn<br />
ziehen, damit Lippenbändchen<br />
sich deutlich darstellt.<br />
• Bei erschwerter Herausnahme<br />
des Löffels Lippen<br />
schließen und Backen<br />
aufblasen lassen.<br />
Nach der Entnahme auch der<br />
Oberkieferabformung werden beide<br />
Abformungen nach Hygieneplan<br />
desinfiziert. Zum Schluss<br />
wird am Patienten <strong>noch</strong> eine<br />
Situationsbissnahme (Quetschbiss)<br />
in Schlussbissstellung mit rosa<br />
Wachs genommen, um die <strong>Kiefermodelle</strong><br />
<strong>dr</strong>eidimensional orientiert<br />
fixieren zu können.<br />
Dreidimensionale<br />
Orientierung<br />
Als gedachte Referenzebenen<br />
werden am Oberkiefer die Raphe-Median-Ebene<br />
angezeichnet,
Quelle: DZW Die ZahnarztWoche Ausgabe 11/12 vom 14. März 2012<br />
die Tuberebene (90 Grad zur Rapha-Median-Ebene)berücksichtigt<br />
und die Kauebene durch die<br />
gedachte Verbindung der Höckerspitzen<br />
der oberen Prämolaren<br />
und ersten Molaren festgelegt.<br />
Dreidimensionales<br />
Trimmen<br />
Die Forderung der Richtlinien<br />
nach „fixierter Okklusion nach<br />
<strong>dr</strong>eidimensionaler Orientierung“<br />
wird durch die Gestaltung der dorsalen<br />
und lateralen Flächen der Mo-<br />
dellpaare durch Trimmen erfüllt:<br />
• Die dorsale Modellfläche des<br />
Oberkiefermodells wird in<br />
einem Winkel von 90 Grad<br />
zur Rapha-Median Ebene<br />
getrimmt (Abb. 1).<br />
• Die Kauebene wird getrimmt,<br />
indem das Modell auf der<br />
dorsalen Fläche steht (Abb. 2).<br />
• Die Okklusion zur unteren<br />
Zahnreihe wird mit Quetschbiss<br />
durch parallelen Abstand<br />
zum getrimmten Oberkiefermodell<br />
fixiert (Abb. 3).<br />
• Die parallel zur Kauebene<br />
getrimmte Grundebene der<br />
<strong>Kiefermodelle</strong> entspricht<br />
der „Tischebene“, die keine<br />
schädelbezügliche Beziehung<br />
aufweist.<br />
Dreidimensionales Sockeln<br />
(Abb. 4)<br />
Mit einem Sockelgerät und<br />
Sockelschalen aus Kunststoff werden<br />
beschnittene <strong>Kiefermodelle</strong><br />
nach Anzeichnung der Raphe-<br />
Median-Ebene <strong>dr</strong>eidimensional<br />
6 7<br />
fixiert, wobei die Bezugsebenen<br />
wie bei Trimmen der Modelle<br />
automatisch eingehalten werden:<br />
• Am Sockleroberteil wird das<br />
Oberkiefermodell an einer<br />
Hilfslinie ausgerichtet und<br />
mit einem Gummiband fixiert<br />
(Abb. 5).<br />
• Die Oberkiefersockelschale<br />
wird in Profile der senkrechten<br />
Socklerrückwand eingeführt<br />
und auf die Grundplatte<br />
abgesenkt (Abb. 6).<br />
• Die Sockelform wird mit<br />
Gips gefüllt und das Sock-<br />
leroberteil bis zum Anschlag<br />
abgesenkt (Abb. 7).<br />
• Nach Entfernung des Gipsüberschusses<br />
(unter fließendem<br />
Wasser) wird das Unterkiefermodell<br />
mit einem Gummiband<br />
am Oberkiefermodell fixiert<br />
(Abb. 8).<br />
• Das Geräteoberteil wird mit<br />
beiden Modellen in die Rückwand<br />
des Sockelgeräts wieder<br />
eingeführt, in die vorbereitete<br />
Unterkiefersockelschale<br />
abgesenkt und der Gipsüberschuss<br />
entfernt (Abb. 9).<br />
Das <strong>dr</strong>eidimensionale Sockel<br />
bietet gegenüber dem Modelltrimmen<br />
gleich mehrere Vorteile:<br />
• Alle gesockelten <strong>Kiefermodelle</strong><br />
haben die gleiche Höhe<br />
und das gleiche Aussehen.<br />
• Standardisierte Kunststoffsockelformen<br />
ersparen<br />
zeitraubendes Trimmen.<br />
• Die Anschaffung eines teuren<br />
Gipstrimmers mit notwendigem<br />
Wasseranschluss entfällt.<br />
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10<br />
• Leichtere Handhabung der<br />
Modellpaare durch gelenkige<br />
Kunststoffscharniere.<br />
• Das Sockeln wird besser honoriert<br />
(als Kassenleistung)<br />
als das Modelltrimmen.<br />
• Sockelschalen schützen die<br />
<strong>Kiefermodelle</strong> vor Beschädigungen.<br />
• Passende Aufbewahrungstrays<br />
für die gesockelten<br />
<strong>Kiefermodelle</strong> (Abb. 10).<br />
Dr. Petra Hinz-Heise,<br />
Dr. Hinz Dental, Herne ■