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Hiobs. Umgekehrt darf es keine<br />
Auszeichnung sein, wenn jemand zu<br />
beschäftigt ist, als dass er sich um<br />
seinen Nächsten kümmern könnte.<br />
2. Gelingende Seelsorge muss Widersprüche<br />
aushalten<br />
Hiobs Freunde schweigen. In meinem<br />
ersten Abschnitt habe ich dieses<br />
Schweigen als den lautesten<br />
Schrei, das bestmögliche Reden beschrieben,<br />
weil es die sprachlos<br />
machende Wirklichkeit ungeschminkt<br />
wiedergibt. Dennoch will<br />
ja niemand ganz verstummen,<br />
wenn er am Bett eines schwerkranken<br />
oder sterbenden Angehörigen<br />
oder eines geliebten Menschen<br />
sitzt. Wie aber können wir das Leiden<br />
von Menschen überhaupt verstehen<br />
oder in Worte fassen, wenn<br />
wir doch von einem liebenden Gott<br />
ausgehen? Wie können wir einerseits<br />
an Gott festhalten und andererseits<br />
das menschliche Leid<br />
ungefiltert wahrnehmen?<br />
Der Theologe Fulbert Steffensky rät<br />
in seinem Buch „Wo der Glaube<br />
wohnen kann“ zum Mut für widersprüchliche<br />
Behauptungen: „Einmal<br />
müssen wir bestehen auf der Untröstlichkeit<br />
des Lebens. Wir müssen<br />
darauf bestehen, dass alles,<br />
was der Welt und dem Leben Böses<br />
angetan wird, niemals einen Sinn<br />
ergibt, auch nicht unter irgendeiner<br />
Hinsicht der Ewigkeit. Das Leben<br />
ist kostbar, Gott hat es<br />
geschaffen. Und wo es geschändet<br />
wird, wird er selbst geschändet und<br />
damit der Sinn der Welt angetastet.<br />
Aber mit dieser einen unerlässlichen<br />
Behauptung kann man nicht<br />
leben, so richtig sie ist. Darum die<br />
andere Behauptung, die der ersten<br />
widerspricht: Es fällt kein Haar ohne<br />
Gottes Willen von unserem<br />
Haupt. Es bleibt keine Träne ungetrocknet,<br />
und jeder Abgrund, in<br />
den das Leben stürzt, ist zugleich<br />
der Abgrund des mütterlichen<br />
Schoßes Gottes. Diese beiden Behauptungen<br />
kann ich nicht miteinander<br />
vereinbaren. Aber so ist das<br />
Leben, so ist der Glaube… Ich kann<br />
beides nicht lassen: die Untröstlichkeit<br />
und die Hoffnung.“<br />
Diese Gedanken Steffenskys halte<br />
ich für wegweisend in der Frage<br />
nach dem Leid und dem Leiden in<br />
der Welt. Denn wenn wir versuchen<br />
sollten, einem leidenden, einem<br />
kranken oder verzweifelten Menschen<br />
zu zeigen, wofür sein Leiden<br />
gut ist, befinden wir uns ganz und<br />
gar auf dem Holzweg. Das Leid an<br />
sich ist nicht gut, es ist nicht heilsam.<br />
Es kann uns bis an die äußersten<br />
Ränder unserer Existenz führen<br />
und darüber hinaus. Dass freilich<br />
auch und gerade an diesen Rändern<br />
Erfahrungen mit Gott gemacht und<br />
sehr tief empfunden werden können,<br />
ist aber dennoch wahr. Ja, es<br />
ist ein beglückendes Geschenk,<br />
wenn Menschen erleben, dass sie in<br />
ihren äußersten Nöten geborgen<br />
und getragen wissen. Diese Hoffnung<br />
brauchen wir nicht aufzugeben,<br />
im Gegenteil, wir sollten sie<br />
zum Rückgrat unserer Besuche bei<br />
untröstlichen und sterbenden Menschen<br />
machen. In solchen Situationen<br />
miteinander zu weinen und<br />
miteinander zu lachen, schließt sich<br />
glücklicherweise nicht aus.<br />
Herzlich grüßt Sie Ihr<br />
ANGEDACHT<br />
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