Beispielseiten - Jovis Verlag
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Inhalt<br />
Einleitung 7<br />
Biografisches: der Weg von jan rave und rolf rave<br />
in die Architektur 10<br />
Die 1960er Jahre: Einstieg in die BerufS Praxis und<br />
architektonische Positionierung 18<br />
Ausgewählte Bauten und Projekte 29<br />
Die 1970er Jahre: Verstetigung des architektonischen<br />
Selbstverständnisses im suchen nach städtischen Qualitäten 70<br />
Ausgewählte Bauten und Projekte 85<br />
Die 1980er Jahre: Behauptung des architektonischen Anspruches<br />
und HerauS Arbei tung der städtebau Lichen Kategorien der<br />
historischen Stadt 116<br />
Ausgewählte Bauten und Projekte 134<br />
© 2013 by jovis <strong>Verlag</strong> GmbH<br />
Das Copyright für die Texte liegt bei den Autoren.<br />
Das Copyright für die Abbildungen liegt bei den Fotografen/<br />
Inhabern der Bildrechte.<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Die 1990er Jahre: Planen und Bauen im Bestand<br />
vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung 162<br />
Ausgewählte Bauten und Projekte 174<br />
Die Jahre nach 2000: Kontinuität des Wandels im Aufbruch<br />
Herausgeber: Rolf Rave<br />
Gestaltung und Satz jovis: Susanne Rösler, Berlin<br />
Lithografie: Bild1Druck, Berlin<br />
Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno, Calbe<br />
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />
Daten sind über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
jovis <strong>Verlag</strong> GmbH<br />
Kurfürstenstraße 15/16<br />
10785 Berlin<br />
www.jovis.de<br />
ISBN 978-3-86859-028-9<br />
in das neue Jahrtausend 206<br />
Ausgewählte Bauten und Projekte 218<br />
Dokumentation 225<br />
LebensDaten 226<br />
Werkverzeichnis 1960–2010 228<br />
Realisierte Projekte und Ihre Künstler 234<br />
Mitarbeiter UND IN DER ARCHITEKTENGEMEINSCHAFT TÄTIGE<br />
KOLLEGEN 235<br />
Personenregister 236<br />
Danksagung 238<br />
abbildungsnachweise 239
Einleitung<br />
„Nichts ist beständiger als der Wandel.“<br />
(Charles Darwin, 1809–1882)<br />
Jan, Roosje und Rolf Rave,<br />
Aufnahme: Udo Hesse, 2000<br />
Das Büro RAVE Architekten nimmt innerhalb der deutschen Architekturszene eine herausgehobene<br />
Position ein. Es stellt aufgrund seiner mehr als 50-jährigen Existenz sowie des<br />
in diesem Zeitraum entstandenen Œuvres für die Zunft gleichsam eine Institution dar, der<br />
man zurecht höchste Anerkennung und gebührenden Respekt entgegenbringt.<br />
Von den Brüdern Jan Rave und Rolf Rave Anfang der 1960er Jahre in Berlin gegründet<br />
sowie über viele Jahrzehnte ohne Unterbrechung gemeinsam geleitet und erfolgreich<br />
in das 21. Jahrhundert geführt, hat es mit seiner vielschichtigen Arbeit maßgeblich und<br />
inhaltlich nachhaltig die bundesrepublikanische Architekturdebatte mitbestimmt und für<br />
die Entwicklung des Bauens signifikante Landmarken gesetzt. Im Besonderen gilt dies<br />
für Berlin, wo sich eine kaum überschaubare Anzahl von realisierten Projekten befindet,<br />
die sich unübersehbar in den komplexen städtischen Aufriss eingeschrieben haben. Das<br />
umfängliche Werk der Raves spiegelt hierbei geradezu in exemplarischer Weise die Bewegungen<br />
und Sprünge, die Kontinuitäten und Brüche sowie die Gleichzeitigkeiten wie<br />
Ungleichzeitigkeiten dieser bewegten wie gleichermaßen widersprüchlichen Jahrzehnte<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiederaufbauzeit.<br />
Obschon sich die Raves in ihrem steten und beharrlichen Bemühen um eine zeitgemäße<br />
und qualitätvolle Architektur nie als Avantgarde begriffen, offenbaren ihre Schlüsselbauten,<br />
wie das Krematorium in Ruhleben, das Jugendfreizeitheim Borsigwalde, die Bundesversicherungsanstalt<br />
für Angestellte (BfA; heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) in<br />
Berlin-Wilmersdorf, die Wohnbauten, die im Rahmen der Internationalen Bauausstellung<br />
Berlin (IBA) in Kreuzberg entstanden, oder der grundlegende Um- und Ausbau des ehemaligen<br />
Preußischen Landtagsgebäudes zum Sitz des Abgeordnetenhauses von Berlin,<br />
ihr sensibles Gespür für die jeweils relevanten baukünstlerischen Zeitströmungen der<br />
an architektonischen Wandlungen respektive Paradigmenwechseln so reichen letzten 50<br />
Jahre. Insofern haben sie mit ihren Arbeiten, die sich jedweder spektakulären wie modischen<br />
Attitüde verweigerten, ein gewichtiges Kapitel Architekturgeschichte geschrieben.<br />
Betrachtet man ihre Projekte im Einzelnen, so kennzeichnet sie kein als eindeutige architektonische<br />
Handschrift zu identifizierendes, festgelegtes formales Vokabular. Dennoch<br />
ist festzustellen, dass sie als „Rave-Architektur“ erkennbar sind, obwohl sie alle ihre eigene,<br />
individuelle Gestalt besitzen. Denn jedes Projekt, das es entwurflich zu entwickeln<br />
gilt, „beginnt bei Null“, wie es Rolf Rave einmal treffend formulierte. Kein Muster wird<br />
reproduziert – und sei es auch in vorherigen Entwurfsprozessen bewährt –, Unverwechselbarkeit<br />
nicht durch schematische Wiederholung erreicht. Stets stellte und stellt jede<br />
7
neue Bauaufgabe für die Raves auch eine neue Herausforderung dar, deren entwurfliche<br />
Lösung sie jeweils aus der konkreten Auseinandersetzung mit den sie bedingenden spezifischen<br />
Anforderungen zu entwickeln suchen. Nicht zuletzt sind der architektonische<br />
Topos und das räumliche Umfeld, ergo das, was man in umfassendem Sinne als „genius<br />
loci“ begreift, die für die Gebäudeform bestimmenden Prämissen. Erst daraus leitet sich<br />
gleichsam als Ergebnis der gefundenen Form und Struktur sowie des auf die Nutzung<br />
bezogenen Grundrissgefüges die formale Gestaltung der Fassaden ab.<br />
Dementsprechend erweisen sich denn auch die konzeptionelle Vielfalt der Lösungen und<br />
die damit einhergehende Vielgesichtigkeit der Bauten als die prägenden Charakteristika<br />
der Rave-Architektur. Das dahinter stehende Selbstverständnis fassten Jan und Rolf Rave<br />
in dem pointierenden Satz: „Unser Name steht für die Kontinuität im Wandel!“ Und diese<br />
Haltung kennzeichnet den über die Jahrzehnte durchgehaltenen offenen, keinem starren<br />
Schema verpflichteten Entwurfsansatz ihres komplexen architektonischen Schaffens und<br />
blieb als konstituierendes Arbeitsprinzip bis heute für das Büro verbindlich: Entwurf für<br />
Entwurf, Projekt für Projekt, Bauaufgabe für Bauaufgabe.<br />
Vor diesem Hintergrund wird mit der vorliegenden Veröffentlichung erstmals der Versuch<br />
unternommen, das in einem halben Jahrhundert entstandene Werk der Raves umfassend<br />
und in einer seiner Bedeutung angemessenen Form darzustellen sowie in seinen<br />
Intentionen, inhaltlichen Bezügen und Zusammenhängen nachvollziehbar zu machen.<br />
Denn wenn sich auch ihre Arbeit durch die fachbezogenen Medien bis dato einer permanenten<br />
Aufmerksamkeit erfreuen konnte und stete Kommentierung erfuhr, bezogen<br />
sich die entsprechenden Beiträge und Kritiken in aller Regel auf einzelne Planungen bzw.<br />
Projekt realisierungen, die diese nicht in den großen Entwicklungszusammenhang ihres<br />
breit angelegten Werkes einzuordnen suchten. Allein ein 1973 publizierter Werkbericht<br />
des Büros bildete die rare Ausnahme. Er gab einen zusammenfassenden Überblick über<br />
die bis dahin geleistete Arbeit eines Jahrzehnts. Das aber liegt nun schon 40 Jahre zurück<br />
und so schien es hohe Zeit für die Würdigung des bis dato entstandenen und in seinem<br />
Umfang inzwischen um ein Vielfaches erweiterten Gesamtwerkes.<br />
Das Hauptaugenmerk der Arbeit war demzufolge darauf gerichtet, den architektonischen<br />
Entwicklungsgang der Raves eingedenk der damit verbundenen Planungen und Bauten<br />
möglichst lückenlos zu dokumentieren. Sie gliedert sich dabei in ein einleitendes Kapitel,<br />
welches sich den Biografien und dem beruflichen Werdegang der beiden Architekten widmet,<br />
und einen insgesamt fünf Kapitel umfassenden Hauptteil, in dem das architektonische<br />
Schaffen des Büros in chronologischer Abfolge betrachtet wird. Jedes der fünf Kapitel<br />
ist dabei auf eine Dekade des Zeitraumes zwischen 1960 und der Gegenwart gerichtet<br />
und setzt sich aus einer kompakten Einführung in das jeweilige Jahrzehnt und einer auf<br />
den entsprechenden Zeitraum bezogenen Werkübersicht zusammen. Sie beinhaltet die<br />
für diesen Zeitabschnitt als beispielhaft erachteten realisierten Projekte. Diese werden in<br />
anschaulicher Form jeweils in Wort und Bild vorgestellt, wobei die in der Regel kurzen, erläuternden<br />
Texte im Wesentlichen die Projektbeschreibungen von Rolf Rave wiedergeben<br />
bzw. pointierte Kommentierungen darstellen und damit die authentische Sicht des Büros<br />
vermitteln. Sie sind deshalb auch mit dem Kürzel R.R. gekennzeichnet. Die den Werkübersichten<br />
zu entnehmenden Datierungen beziehen sich dabei stets auf den Planungsbeginn<br />
eines Projektes sowie auf das Jahr des Abschlusses der jeweiligen Baumaßnahme. Den<br />
Schlussteil des Buches bildet schließlich ein in Sachbereiche gegliederter Apparat. Er dokumentiert<br />
in systematischer Form unter anderem die Lebensdaten der Raves, das aus-<br />
führliche Werkverzeichnis, eine Zusammenstellung der seit der Gründung des Büros dort<br />
tätigen Mitarbeiter und Projektpartner sowie der an den realisierten Projekten beteiligten<br />
Künstler. Analog der Werkübersichten weisen auch die projektbezogenen Datierungen im<br />
Werkverzeichnis hierbei das Jahr des Planungsbeginns aus bzw. das des Planungsabschlusses<br />
oder aber der Baufertigstellung.<br />
Eine derart umfangreiche Arbeit, zumal über ein noch existierendes Architekturbüro, bedarf<br />
tatkräftiger Unterstützung und verlässlicher Zuarbeit. Sie aber konnte im Wesentlichen<br />
allein nur vom Büro RAVE Architekten selbst geleistet werden, dessen Werk den<br />
zentralen Betrachtungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ausbildet. Insofern ist hier<br />
im Besonderen Rolf Rave hervorzuheben und Dank zu sagen für das vorbehaltlose, niemals<br />
erlahmende Engagement, mit dem er von der Entschlussfassung, dieses Buch zu<br />
machen, bis zu seiner Fertigstellung alle, oft mühevollen Arbeitsschritte mit Rat und Tat<br />
begleitete. Durch seine vielfältigen Anregungen und kenntnisreichen Hinweise hat das<br />
vorliegende Werk erst seine enorme inhaltliche Dichte erhalten und wurde das akribische<br />
Zustandekommen des Apparates mit dem umfassenden Werkverzeichnis ermöglicht.<br />
Nicht zuletzt seine einfühlsamen Einlassungen zu seinem bereits 2004 verstorbenen<br />
Bruder Jan, mit dem er in kongenialer Weise das Büro nahezu 40 Jahre lang gemeinsam<br />
betrieb, haben das Buch signifikant bereichert. Darüber hinaus erwies sich die Gewährung<br />
des Zugangs und die Benutzung diverser im Büroarchiv verwahrter unveröffentlichter<br />
Schriften und Vortragsmanuskripte, in denen von Jan und Rolf Rave Ideen und Gedanken<br />
zu Architektur und Städtebau im Allgemeinen wie zu spezifischen eigenen Projekten im<br />
Besonderen entwickelt und formuliert wurden, für die Arbeit als inhaltlich erhellend und<br />
von großem Erkenntnisgewinn. Aus diesem Fundus floss eine nicht unbeträchtliche Anzahl<br />
von Zitaten in die Kapitel ein, die dazu beitrugen, das Entwurfsverständnis und das<br />
über Jahrhunderte entwickelte architektonische Ideengebäude anschaulich sowie nachvollziehbar<br />
zu machen.<br />
Roosje Rave, die Gattin von Rolf Rave und während des letzten Jahrzehnts gleichsam<br />
zum Motor des Büros geworden, ist Dank zu sagen für die kontinuierliche kritische Begleitung<br />
der Arbeit, die so manchem Vorgang erst die richtige Dimension und inhaltliche<br />
Zuordnung gab.Dem <strong>Verlag</strong> ist schließlich zu danken für seine – wie stets – qualitätvolle<br />
Umsetzung der Arbeit in eine ansehnliche Buchform und seine große Geduld, die niemals<br />
ernsthafte Zweifel an der Fertigstellung des Werkes aufkommen ließ.<br />
Wolfgang Schäche<br />
Berlin, im März 2013<br />
8 9
Die Melonerie im Park von Sanssouci,<br />
Potsdam, 1936<br />
Biografisches: der Weg von Jan Rave<br />
und Rolf Rave in die Architektur<br />
Fast vier Jahrzehnte hatten Jan und Rolf Rave mit ihrem umfänglichen architektonischen<br />
Schaffen beispielgebend und nachhaltig die Entwicklung der Baukultur mitgestaltet, ehe<br />
sich Jan Rave zum Ende des Jahres 2001 aus dem gemeinsam aufgebauten und gemeinsam<br />
betriebenen Büro in die Unabhängigkeit der von beruflichen Pflichten entlasteten Privatheit<br />
zurückzog. Das Büro wusste er zu diesem Zeitpunkt weiterhin in den bewährten<br />
Händen seines Bruders Rolf, mit dem ihn bis zu seinem überraschenden und viel zu frühen<br />
Tod im Jahr 2004 zeitlebens eine auch für Brüder ungewöhnlich enge Gemeinschaft<br />
und Vertrautheit verband. Der wenig jüngere Bruder und dessen Frau, die Architektin<br />
Roosje Rave, die bereits seit 1977 dem Büro als Mitarbeiterin angehörte und ab 1990 zur<br />
Partnerin der Rave-Brüder avanciert war, haben das Büro seither mit Umsicht sowie Erfolg<br />
weitergeführt und es dabei in seinem über die Jahrzehnte entwickelten konzeptionellen<br />
Anspruch und Selbstverständnis, Architektur für die Menschen zu machen und nicht um<br />
einer vermeintlichen Selbstverwirklichung willen, inhaltlich in die Gegenwart gebracht. Es<br />
sieht sich – trotz vieler zeitbedingter Wandlungen sowie Veränderungen, die sich in einem<br />
halben Jahrhundert ergeben haben – bis heute noch immer dem schon in den ersten<br />
Jahren der Büroexistenz von Jan und Rolf Rave zum Grundsatz erklärten Arbeitsprinzip<br />
verpflichtet, jede neue Aufgabe als eine neue architektonische Herausforderung zu begreifen,<br />
für die jenseits jedweder erprobter Modelle bzw. eingespielter Routine entsprechend<br />
den spezifischen Bedingungen des Projektes auch eine neue Lösung anzustreben sei,<br />
die sowohl den räumlichen als auch den zeitlichen Kontext nicht außer Acht lässt. Hierin<br />
scheint zugleich ein prägendes Lebensverständnis auf, das den beiden Brüdern von ihrem<br />
bildungsbürgerlichen Elternhaus gleichsam in die Wiege gelegt wurde und das der tiefen<br />
Überzeugung folgt, im kreativen Sinne stets nach Erkenntnis zu suchen, um dadurch Neues<br />
zu entdecken bzw. Neues zu schaffen. Auf die Architektur bezogen bedeutete das für<br />
die Raves stets und vor allem, der Banalisierung der Städte durch die architektonischen<br />
Verwerfungen des Wiederaufbaus und seine bis heute greifbaren Folgewirkungen, mit<br />
denen sie sich konfrontiert sahen, eine kritische Haltung entgegenzusetzen, die den von<br />
Auflösung bedrohten, komplexen Zusammenhang von Raum, Zeit und Architektur wiederherzustellen<br />
sucht.<br />
Um eine solche Haltung zu verstehen und inhaltlich besser einordnen zu können, bedarf<br />
es einiger biografischer Einlassungen, die im Besonderen auf Herkunft und Ausbildung<br />
der Rave-Brüder eingehen: Wie unzählige „echte Berliner“ sind auch sie nicht in der Stadt<br />
an Spree und Havel geboren, die ihnen von Kindesbeinen an Heimat sowie Lebens- und<br />
Jan und Rolf Rave mit einem Blatt Papier auf<br />
den Stufen des Hauseingangs Arnimallee 23 A<br />
in Berlin-Dahlem,<br />
Aufnahme: Wolfgang Kiepenheuer, um 1940<br />
Rolf Rave, Pastell mit Schlange, 1947<br />
Arbeitsmittelpunkt war und die dies für Rolf Rave noch immer darstellt, sondern im benachbarten<br />
Potsdam. Jan Ortwin Rave kam hier als Erstgeborener am 29. Oktober 1934<br />
zur Welt. Ihm folgte eineinhalb Jahre später der Bruder Rolf Jochen, der am 21. März<br />
1936 das Licht der Welt erblickte. Ihre Eltern waren der Kunsthistoriker und spätere erste<br />
Direktor der Nationalgalerie nach dem Zweiten Weltkrieg sowie nachmalige Direktor der<br />
Kunstbibliothek Berlin, Paul Ortwin Rave (1893–1962) sowie die Kunstpädagogin und Malerin<br />
Maria Theresia Rave-Faensen (1903–1987), die im Jahre 1933 geheiratet hatten. Ein<br />
Jahr später, zum Zeitpunkt der Geburt des Sohnes Jan, erfolgte gerade die Beförderung<br />
von Paul Ortwin Rave zum Kustos der Nationalgalerie, an die er bereits 1922 als junger<br />
Kunstwissenschaftler von Ludwig Justi berufen worden war. Und 1936 – im Geburtsjahr<br />
des zweiten Sohnes Rolf – wurde er schließlich nach dem vorzeitigen Rücktritt von Eberhard<br />
Hanfstängl als Direktor der Nationalgalerie zu deren stellvertretendem Leiter und<br />
sollte in dieser Funktion auch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs verbleiben. Schon<br />
zuvor, im Jahre 1931, hatte man P. O. Rave anlässlich des 150. Geburtstages von Karl<br />
Friedrich Schinkel die Schriftleitung und Herausgeberschaft des von ihm selbst initiierten<br />
großen Schinkel-Werkes übertragen, die er bis zu seinem Tode im Jahr 1962 innebehielt.<br />
Die ersten Lebensjahre nach der Geburt der Söhne wohnte die Familie in der Idylle des<br />
Parks von Sanssouci. Im Gartenhaus der Melonerie hatte der Vater schon vor der Heirat<br />
eine Wohnung bezogen, die nun auch der vierköpfigen Familie ausreichend Platz bot.<br />
1939 schließlich, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, wechselten die Raves nach<br />
Berlin. Aufgrund seiner Stellung an der Nationalgalerie hatte man Paul Ortwin Rave die<br />
Möglichkeit eröffnet, den westlichen Pavillon des zu dieser Zeit als Depot genutzten Dahlemer<br />
Museumsbaues in der Arnimallee zu beziehen, welcher nach Plänen Bruno Pauls<br />
zwischen 1914 und 1921 auf Betreiben von Wilhelm von Bode errichtet worden war. Hier<br />
wuchsen Jan und Rolf in der Geborgenheit eines wohlgeordneten und kultivierten Haushalts<br />
auf und überstanden die Kriegswirren eingedenk zeitweiser Auslagerungen der Familie<br />
nach Muskau und Merkers in Thüringen nahezu unbeschadet. In Dahlem gingen die<br />
Söhne – freilich mit den erwähnten kriegsbedingten Unterbrechungen – dann zur Grundschule<br />
und besuchten hier auch im Abstand von zwei Schuljahren das nahe gelegene<br />
Arndt-Gymnasium. Schon während ihrer Grundschulzeit verbrachten Jan und Rolf Rave<br />
dabei trotz ihres Altersunterschiedes ihre Freizeit vornehmlich in trauter Gemeinsamkeit.<br />
Denn ihr Umfeld war eine für Großstädte ungewöhnliche „kinderfreie Welt, ohne Nachbarkinder,<br />
mit denen man sich nach der Schule hätte treffen können“, wie es Peter Raue<br />
in seiner Trauerrede anlässlich der Beisetzung Jan Raves einmal treffend formulierte. So<br />
kam es, dass das Bruderpaar schon im Kindesalter zu einem gemeinsamen Weg fand, der<br />
nicht zuletzt auch den spezifischen Umständen des Elternhauses geschuldet war. Und<br />
dieser Weg führte mit zunehmendem Alter sehr bald zu dem gemeinsamen Interesse<br />
an Häusern und der Architektur. Der Schlüssel hierzu war – so merkwürdig es klingen<br />
mag – Papier!<br />
„Papier“, so erinnert sich Rolf Rave, „bildete in dieser Lebensphase für die essenziellen<br />
Aktivitäten der Rave-Familie gleichsam die Basis. Der Vater brauchte es zum Anfertigen<br />
seiner Manuskripte, die Mutter für ihre zeichnerische Arbeit und wir Kinder nutzten es<br />
in vielfältiger Hinsicht als Spielzeugersatz“. Denn in Ermangelung „richtiger Spielsachen“<br />
überließ der Vater den Söhnen alte bzw. von ihm nicht mehr benötigte Druckfahnen und<br />
Andrucke seiner gerade in Arbeit befindlichen Architektur- und Kunstbücher. So spielten<br />
sie zunächst damit, bemalten die Druckbögen oder bastelten mit ihnen und entdeckten<br />
10 11
Das Haus Knesebeckstraße 13<br />
Eingang des Hauses Knesebeckstraße 13 in<br />
Berlin-Charlottenburg<br />
Jan und Rolf Rave in „Raum 1“ des Büros in der<br />
Knesebeckstraße 13, um 1962<br />
Zusammen mit Fin Bartels hatte Jan Rave denn auch unmittelbar nach dem Studium den<br />
ersten Schritt in die berufliche Realität unternommen, indem sie ein teilzerstörtes Eckhaus<br />
in der Knesebeckstraße in Berlin-Charlottenburg wiederherstellten und dort jeweils ihre<br />
eigenen Ateliers einrichteten. Für Jan Rave sollte das Haus Knesebeckstraße 13 dabei<br />
nicht nur den Einstieg in die Baupraxis darstellen, sondern gleichsam zum Ausgangspunkt<br />
seines Weges als Architekt und der lebenslang andauernden Zusammenarbeit mit seinem<br />
Bruder Rolf werden. Denn hier entstand und etablierte sich das Büro der Rave-Brüder und<br />
blieb es über mehr als vier Jahrzehnte bis zum Jahre 2006.<br />
Stellte Fin Bartels also einen ersten engen Wegbegleiter aus dem Freundeskreis von Jan<br />
Rave dar, sind seitens Rolf Raves vor allem Hans-Joachim Knöfel und Dieter Meisl zu<br />
nennen, die sehr bald nach der Gründung des gemeinsamen Büros zu dessen wichtigsten<br />
Mitarbeitern wurden und über eine lange zeitliche Wegstrecke dann auch zu Projekt- bzw.<br />
Büropartnern.<br />
Bis es jedoch zur „offiziellen Gründung“ der Bürogemeinschaft von Jan und Rolf Rave<br />
im Frühjahr 1963 kam, erschlossen sich die Brüder während ihres Studiums noch die<br />
unterschiedlichsten Erfahrungsebenen, die jeden auf eine spezielle Weise auf die spätere<br />
Praxis vorbereiteten. So eröffneten sich für Jan Rave durch verschiedene Auslandspraktika<br />
wichtige Einblicke in die Büroarbeit von Franco Albini in Mailand, André Gomis in Paris<br />
sowie im Architekturatelier Sakellarios in Athen. Den Höhepunkt aber bildete in diesem<br />
Zusammenhang ein Stipendium an der Ecole des Beaux Arts, welches ihn 1957/58 nach<br />
Paris führte. Bruder Rolf hingegen sammelte Büroerfahrungen bei Egon Eiermann in Karlsruhe,<br />
Werner Wirsing in München und Kostas Kitzikis in Athen sowie bei seinem Lehrer<br />
Wils Ebert in Berlin, bei dem er im Zeitraum zwischen 1960 und 1963 an verschiedenen<br />
Projekten mitarbeiten durfte, wobei die Arbeit an der Entwicklung des Planungsgebietes<br />
Britz-Buckow-Rudow, der späteren Gropiusstadt in Berlin-Neukölln, den nachhaltigsten<br />
Eindruck hinterließ. Denn Rolf Rave wurde im Rahmen dieser Planungstätigkeiten die<br />
seltene Gelegenheit zuteil, im April 1961 Walter Gropius zu begegnen und bei der Arbeit<br />
kennenzulernen, was ihm ein unvergessliches Erlebnis blieb. Ein Jahr zuvor hatte er bereits<br />
durch die Zuerkennung eines Stipendiums „für überdurchschnittlich begabte junge<br />
Architekten“, welches im Rahmen des Fritz-Schumacher-Preises der Hansestadt Hamburg<br />
vergeben wurde, noch ein anderes, sein Selbstvertrauen stärkendes Erfolgserlebnis erfahren.<br />
1962 ermöglichte ihm dann ein Stipendium im Kulturkreis des Bundesverbandes der<br />
Deutschen Industrie noch eine kurzzeitige Tätigkeit beim London County Council (LCC),<br />
ehe er Anfang Mai 1963 sein Architekturstudium an der HfBK erfolgreich abschließen<br />
konnte. Sein Bruder Jan hatte bereits im Herbst 1961 sein Studium mit einer bemerkenswerten<br />
Diplomarbeit, die sich mit dem Ausbau und der Erweiterung des Hauptgebäudes<br />
der Technischen Universität Berlin auseinandersetzte, zu einem gleichermaßen erfolgreichen<br />
Abschluss gebracht.<br />
Befragte man die Brüder in dieser Phase erster eigener architektonischer Gehversuche<br />
unmittelbar nach Abschluss des Studiums nach den Vorbildern, denen sie nachzueifern<br />
trachteten, so waren diese keineswegs unter ihren jeweiligen Lehrern zu finden. Ihre<br />
Bewunderung galt – wie bei so vielen Architekten dieser Generation – ausschließlich den<br />
großen Meistern der klassischen Moderne, wie Alvar Aalto, Le Corbusier, Louis Kahn und<br />
Ludwig Mies van der Rohe. Sie allein wiesen im Verständnis der jungen Berufsanfänger<br />
mit ihren exemplarischen Planungen und Beispiel gebenden Bauten in die Zukunft der<br />
Rolf und Jan Rave im Büro<br />
Knesebeckstraße 13, um 1964<br />
Die beiden Schreib- und Zeichentische mit Kabelschacht<br />
und Rollenablage von Jan und Rolf Rave<br />
im Mittelraum des Büros in der<br />
Knesebeckstraße 13, um 1965<br />
Architektur und gaben damit die Leitbilder vor, an denen man sich künftig zu orientieren<br />
und mit Leidenschaft und Enthusiasmus abzuarbeiten suchte.<br />
Von diesem Anspruch geleitet, begann Jan Rave im Herbst 1962 nach der Bewältigung<br />
der ersten Bauaufgaben in der Knesebeckstraße und der dortigen Einrichtung seines Büros<br />
sich an offenen Wettbewerben zu beteiligen, wobei ihm der Bruder, der in dieser Phase<br />
noch mit seiner Examensarbeit – einem Hotelbau in Berlin-Charlottenburg – beschäftigt<br />
war, von Zeit zu Zeit tatkräftig beim Zeichnen und Entwerfen half.<br />
Gleich im ersten großen Realisierungswettbewerb, an dem Jan Rave teilnahm, sollte er<br />
erfolgreich sein. Es handelte sich um die im November 1962 ausgeschriebene Konkurrenz<br />
zur Erlangung von Entwürfen für das Krematorium Berlin-Ruhleben. Die Abgabe der<br />
Arbeiten erfolgte am 31. Januar 1963 und am 18. April erreichte ihn die überraschende<br />
Nachricht, den 1. Preis gewonnen zu haben. Zwischenzeitlich hatte er sich bereits in Zusammenarbeit<br />
mit seinem Bruder weiteren Wettbewerbsaufgaben gestellt und arbeitete,<br />
um sich finanzieren zu können, auch für andere Büros. Nun aber überschlugen sich die<br />
Ereignisse und er stand als „Neuling“ von einem Tag zum anderen im Fokus der Fachöffentlichkeit.<br />
Ungleich bedeutungsvoller aber wog für ihn die Tatsache, dass die mit dem<br />
Wettbewerbsgewinn verbundene berechtigte Aussicht auf die Beauftragung, das Krematorium<br />
auch tatsächlich zu bauen, die Existenz des noch jungen und am Anfang stehenden<br />
Büros abzusichern schien. Und in dem optimistischen Gefühl, nun eine reale Arbeitsperspektive<br />
zu haben, kam es schließlich am 4. Mai zu der denkwürdigen Gründung der<br />
„Bürogemeinschaft Jan und Rolf Rave“. Indem Jan Rave am Abend dieses Tages neben<br />
seinem Zeichentisch einen zweiten aufbaute, der für den Bruder bestimmt war, erhielt die<br />
Partnerschaft auch ihren sichtbaren Ausdruck. Die dann Jahrzehnte währende Zusammenarbeit<br />
hatte mit diesem Tage ihren unspektakulären Anfang genommen.<br />
16 17
Die 1960er Jahre:<br />
Einstieg in die BerufS Praxis und<br />
architektonische Positionierung<br />
Krematorium Ruhleben,<br />
Isometrie, Siebdruck 1982<br />
Die 1960er Jahre gestalteten sich für die Rave-Brüder eingedenk ihrer Bürogründung<br />
ohne Frage als eine für Berufsanfänger ungewöhnliche Erfolgsgeschichte. Denn nach<br />
dem Gewinn des Wettbewerbs „Krematorium Ruhleben“ konnten sie in schneller Folge<br />
weitere Wettbewerbsgewinne für sich verbuchen. Der Start in die Berufspraxis schien<br />
damit mehr als gelungen und schon bald stellten sich neben den prestigeträchtigen Wettbewerbserfolgen<br />
auch erste Direktbeauftragungen ein. Insgesamt sind es mehr als 40<br />
Projekte, die das Werkverzeichnis der Raves für den Zeitraum bis 1970 aufweist, wovon<br />
allein 15 zur Realisierung gelangten. Betrachtet man hierbei die mit den Planungs- und<br />
Bauaufgaben verbundenen entwurflichen Themenstellungen, so kennzeichnete sie eine<br />
enorme inhaltliche Spannbreite. Vom Krematorium über das Jugendfreizeitheim, einen<br />
Schulbau und ein Restaurant bis zu den unterschiedlichsten Formen des Wohnbaus reichte<br />
das Aufgabenspektrum, welches das junge Büro bereits in der ersten Dekade seiner<br />
Existenz zu bewältigen hatte.<br />
Bemerkenswerterweise befanden sich unter den in dieser Phase der beruflichen Konsolidierung<br />
geplanten und realisierten Bauprojekten bereits einige der für das spätere<br />
Gesamtwerk der Raves herausragenden und beispielhaften Bauten, die nicht zuletzt auch<br />
für ihre Gattung maßstabsetzend waren. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt,<br />
dass sich die Architektur in den 1960er Jahren in einer allgemeinen Sinnkrise befand, da<br />
sich die Konzepte der Moderne schon in den „Wiederaufbaujahren“ hoffnungslos vernutzt<br />
hatten und das formale Repertoire in epigonenhafte Belanglosigkeit abgeglitten war.<br />
Betrachtet man vor diesem Hintergrund die dichte Folge von qualitätvollen Projekten, welche<br />
das aufstrebende Büro der Raves in diesen Jahren nach dem Mauerbau in Berlin<br />
realisierte, ist einmal mehr und allen voran das schon erwähnte Krematorium Ruhleben<br />
(k 29 ff.) hervorzuheben, das sich gleichsam als „Erstling“ der Rave-Brüder vor dem Hintergrund<br />
der von ihnen vehement kritisierten „geschichtslosen wie gleichermaßen ortlosen<br />
Nachkriegsmoderne“ in seinem innovativen Ansatz als Antithese zu den herkömmlichen<br />
konventionellen Krematoriumskonzepten begriff. Zudem besticht es bis heute durch<br />
seine auf Zeitlosigkeit abzielende architektonische Gestalt, die sich als manifeste Vergegenständlichung<br />
seiner tragenden Entwurfsidee erweist.<br />
Der Planungsprozess des Krematoriumprojektes, der sich in Etappen bis zum Ende der<br />
1960er Jahre hinzog, ehe es zu Beginn der 1970er Jahre endlich verwirklicht werden<br />
konnte, offenbart dabei zugleich exemplarisch die Arbeitsweise und das „ergänzende Prinzip“,<br />
das Jan und Rolf Rave schon in der frühesten Phase ihres gemeinsamen Schaffens<br />
Jan Rave mit Wettbewerbsmodell vom Krematorium<br />
Ruhleben, 1963<br />
Baustelle Krematorium Ruh leben am Tage des<br />
Richtfestes, 1971<br />
Krematorium Ruhleben,<br />
Modellfoto<br />
kultivierten. War Jan Rave mit seinem analytisch-systematischen Arbeitsansatz in der Regel<br />
derjenige, der sich auf die grundlegenden konzeptionellen und funktionellen Aspekte<br />
einer Planungsaufgabe konzentrierte, richtete sich der freie kreative Geist von Rolf Rave<br />
vornehmlich auf die Verräumlichung einer Idee sowie die Lösung der Frage nach Form<br />
und Gestalt. So erinnert sich der jüngere Bruder im Hinblick auf den Entwurf für das Krematorium<br />
noch heute sehr genau daran, dass „Jan dafür schon sehr früh ein Konzept im<br />
Kopf und eine Grundrissskizze auf dem Papier hatte. Er dachte das Krematorium in drei<br />
Zonen: zwei verschieden große Feierhallen und den Bereich der Aufbahrung und Verbrennung.<br />
Und fast wie von selbst zeichnete ich die Profile der Gebäude, die fließende Linie<br />
der Feierhallen und das abrupte Ende am Ort der Verbrennung. Und wieder erlebten wir<br />
wie so oft schon in der Jugendzeit oder in der späteren Studienzeit das Glücksgefühl sich<br />
einander ergänzender Gedanken.“<br />
In der Tat standen sich die Brüder in ihren entwurflichen Entscheidungen stets zur Seite.<br />
Und aufgrund des von Beginn an bestehenden Einklangs ihrer architektonischen Vorstellungen<br />
bestand zu keinem Zeitpunkt ihrer Tätigkeit als Architekten eine wie auch immer<br />
geartete Konkurrenz zueinander. Jeder wesentliche Planungsvorgang einer Bauaufgabe<br />
wurde in der Übereinkunft der Auffassungen, von der Ideenfindung bis zur planerischen<br />
bzw. baulichen Umsetzung, miteinander sorgfältig diskutiert sowie gemeinsam entschieden.<br />
Das galt sowohl für projektbezogene Detailfragen als auch für essenzielle Aussagen,<br />
die die Architektur im Grundsätzlichen betrafen. Geradezu beispielhaft stehen hierfür die<br />
im Zusammenhang mit dem Erläuterungsbericht zum Bau des Krematoriums entstandenen<br />
„ideellen Zielsetzungen“, in denen die Brüder einige grundlegende Prämissen ihres<br />
Entwurfsverständnisses formulierten, die für die nachfolgende Projektarbeit verbindlich<br />
wurden. Sie gipfelten in der Überzeugung, dass der „Abbau der konventionellen Grenzlinie<br />
zwischen Pathetik und Technik (nur) durch schlichte Signifikanz der Bauformen und<br />
ehrliche Verwendung der Materialien“ zu erreichen sei.<br />
18 19
Und so erklärt es sich, dass der Wohnungsbau – als zentrale soziale Aufgabe – faktisch bis<br />
zur Wiedervereinigung 1990 den Kernbereich der Berliner Bauwirtschaft ausmachte und<br />
damit auch das Hauptarbeitsgebiet der hier ansässigen Architekten.<br />
Für die Raves bedeutete das nicht weniger als ein Dutzend verschiedener Wohnungsbauprojekte,<br />
mit denen sie allein im Zeitraum bis zum Ende der 1960er Jahre befasst<br />
waren und die zum Bau von insgesamt 872 Wohneinheiten führten. Vergleicht man die<br />
realisierten Projekte, so sind sie von einer erstaunlichen thematischen Vielfalt gekennzeichnet.<br />
Beispielhaft für die damit verbundenen differenzierten architektonischen Lösungen<br />
stehen die 1966 bis 1968 gebauten Wohnhausgruppen am Zabel-Krüger-Damm in<br />
Berlin-Reinickendorf (k 39), die ab 1969 errichteten Terrassenhäuser am Teufelsberg in<br />
Berlin-Charlottenburg (k 40 f.) sowie die zwischen 1968 und 1970 entstandene Wohnanlage<br />
Titusweg (k 42 f.), die ebenfalls in Berlin-Reinickendorf gelegen ist.<br />
Sind die als „Sonnenhöfe“ ausgebildeten Wohnhausgruppen in der Wohnsiedlung am<br />
Zabel-Krüger-Damm dabei gleichsam als exemplarische städtebauliche Auseinandersetzung<br />
mit der Topografie eines Ortes und dessen Raumbildung zu verstehen, die man<br />
dem banalen Zeilenbau herkömmlicher Siedlungsstruktur entgegenzusetzen suchte, belegen<br />
die Terrassenhäuser die intensive, systematische Beschäftigung von Jan und Rolf<br />
Rave mit dem architektonischen Typus von Wohnhäusern in Hanglage. Beide Lösungen,<br />
sowohl die der zu Wohnhöfen gefassten Mietshausgruppen als auch die der terrassierten<br />
Wohnanlage mit individuellen Hauseinheiten, galten zu ihrer Entstehungszeit als innovative<br />
Konzepte, die von einem hohen entwurflichen Anspruch getragen waren. Die<br />
Wohnanlage am Titusweg, deren Entwurf einmal mehr aus einem Wettbewerb als Sieger<br />
hervorging, ist indes in seiner architektonischen Form und seinem Duktus als eine Reaktion<br />
auf ein Grundstücksproblem zu begreifen. Der Bauherrin, die Borsig-Wohnungen<br />
GmbH, stand nur ein schmaler, langgestreckter Parzellenstreifen zur Verfügung, den man<br />
möglichst optimal bebauen wollte. Dabei war zum einen der dort bereits bestehenden<br />
Wohnstraße eine räumliche Fassung zu geben und zum anderen gegen den westlich an<br />
das Grundstück angrenzenden Tegeler Forst eine klare Raumkante zu setzen. Indem die<br />
Raves den Grundstücksstreifen mit einem vergleichsweise schmalen, einmal verspringenden<br />
dreigeschossigen Riegel überbauten, welcher über einer durchgängigen, von Westen<br />
erschließbaren Platzebene angeordnet ist, schufen sie hier einen gleichermaßen entwurflich<br />
raffinierten wie unkonventionellen Haustyp, der das Prinzip der Reihung in innovativer<br />
Weise variierte. Den nördlichen Abschluss des stringenten, horizontal gelagerten Riegels<br />
bildet schließlich ein leicht abgewinkeltes, kompaktes achtgeschossiges Wohnhochhaus<br />
mit Innengangerschließung, das den Übergang der Wohnstraße in den Tegeler Forst akzentuiert.<br />
Ein weiteres Arbeitsgebiet, welches sich im Zusammenhang mit der Schaffung von<br />
Wohnraum in den 1960er Jahren herausbildete, war die Stadterneuerung. Und auch hier<br />
konnten sich die Raves schon bald mit großem Engagement einbringen und damit ihre<br />
inzwischen systematisch betriebene entwurfliche Beschäftigung mit der Typologie des<br />
Wohnungsbaus mit ihren Vorstellungen von kontextlichem Bauen sowie der Frage der<br />
Reurbanisierung in Verbindung bringen. Ihre verschiedenen, als „Demonstrationsobjekte<br />
gen Osten“ begriffenen Beiträge, die sie im Verlauf der zweiten Hälfte der 1960er Jahre<br />
im Rahmen des denkwürdigen ersten Stadterneuerungsprogramms von 1963 für den<br />
im Schlagschatten der Mauer gelegenen Bereich „Wedding-Brunnenstraße“ in Berlin-Gesundbrunnen,<br />
das damals „größte zusammenhängende Sanierungsgebiet West-Europas“,<br />
Haus Plettner, Blick gegen die Nordseite, 1971<br />
Das Büroteam (von links nach rechts):<br />
Jan Rave, Dieter Meisl, Axel Schulz, Reinhold<br />
Harder, Ursula Notbar, Herbert Meerstein,<br />
Hans-Joachim Knöfel, Rolf Rave, um 1970<br />
Jan und Rolf Rave mit Hans<br />
Peter Plettner (Bildmitte), um 1974<br />
Lageplan Fehrbelliner Platz in<br />
Berlin-Wilmersdorf mit dem Gebäudekomplex<br />
der Bundesanstalt für Angestellte (BfA), 1967<br />
planten und bauten, stehen beispielhaft für den erklärten Versuch, modernes, zeitgemäßes<br />
Bauen mit städtischer Raumbildung zu verknüpfen. Wenn auch Stadterneuerung zu<br />
diesem Zeitpunkt in aller Regel rigide Kahlschlagsanierung und Neubau bedeutete, führten<br />
diese ersten, heute fraglos kritisch zu bewertenden Projekte sukzessive zu einem<br />
grundsätzlichen Umdenken und im Fortgang der Entwicklung schließlich zur „Behutsamen<br />
Stadterneuerung“.<br />
Am Ende der 1960er Jahre galt es für Jan und Rolf Rave mit dem „Haus Plettner“ denn<br />
auch ihr erstes individuelles Wohnhaus zu bauen. Zuvor hatten sie sich bereits in verschiedenen<br />
Planungen mit dem Typus eines solitär stehenden Wohnhauses für eine Familie<br />
intensiv auseinandergesetzt, ohne dass es zu einer Realisierung gekommen war.<br />
Mit dem am Westufer der Havelbucht Scharfe Lanke in Berlin-Spandau situierten, großzügigen<br />
und komfortabel ausgestatteten Haus mit einem außen liegenden Schwimmbad<br />
und einem zur Straße ausgerichteten Garagenbau mit Hausmeisterwohnung konnten<br />
sie nun eindrucksvoll belegen, dass sie auch dieser in den Nachkriegsjahren fast in Vergessenheit<br />
geratenen Bauform gehobener Wohnkultur mit zeitgemäßen Mitteln einen<br />
neuen, unverwechselbaren architektonischen Ausdruck zu geben verstanden. Geradezu<br />
begeistert von dem Haus zeigte sich der Bauherr, der Makler Hans Peter Plettner, der<br />
den jungen Architekten daraufhin die Planung und den Bau mehrerer Wohnbauprojekte<br />
übertrug, die dann während der ersten Hälfte der 1970er Jahre realisiert wurden. Die<br />
hierbei entwickelte vertrauensvolle Zusammenarbeit führte schließlich zu einem bis heute<br />
währenden freundschaftlichen Verhältnis.<br />
Gleichsam den „Schlussstein“ der dargestellten Büroaktivitäten dieser ersten, an Tätigkeitsfeldern<br />
so prallvollen Arbeitsphase bildete die komplexe Werkplanung für den Erweiterungsbau<br />
der damaligen Bundesanstalt für Angestellte (BfA) am Fehrbelliner Platz in<br />
24 25
Ausgewählte Bauten und Projekte<br />
1962–72<br />
KREMATORIUM RUHLEBEN<br />
Berlin-Ruhleben, Charlottenburger Chaussee/Am Hain<br />
Blick über den kleinen Kondolenzhof auf die<br />
Dachlandschaft des Krematoriums<br />
„Der Bautypus eines Krematoriums, entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,<br />
ist vor allem durch die Art der Kremationen bestimmt. Unser Beitrag zu einem Wettbewerb<br />
sollte über die Erfüllung des Programms hinaus eine neue inhaltliche Diskussion<br />
auslösen und hierzu Lösungsansätze aufzeigen.<br />
Die Möglichkeit zum großen pompe funèbre mit Orgelmusik bleibt durch zwei Feierhallen<br />
verschiedener Größe bestehen; gleichzeitig aber wird das stille Abschiednehmen, das<br />
Betrachten des Toten im Kreis durch drei Aufbahrungshallen an einem Innenhof in den<br />
Mittelpunkt der Anlage gerückt. Dieser intime Abschied kann der großen Feier vorangestellt<br />
werden, könnte diese jedoch auch ersetzen.<br />
Das Versenken des Sarges am Schluss der Feier hat als Nachahmung einer Erdbestattung<br />
falsche Symbolik und wirkt deshalb auf die Trauergemeinde antiquiert. Wir schlagen vor,<br />
den Sarg horizontal aus der Feierhalle hinauszuschieben; in eine seitliche Halle im Kremationsbereich<br />
oder hinaus zum Friedhof im Falle einer Erdbestattung. Die Kondolenzräume<br />
sind als offene Hallen vor oder hinter der Feierhalle angeordnet. Die Feierhallen sind durch<br />
die hochgezogenen Oberlichter beleuchtet, deren Licht auf jeweils zwei große Wandbilder<br />
von Markus Lüpertz fällt, die mit Symbolen von Leben und Tod den Ort verklären.<br />
Der Standort in zwar landschaftlich reizvoll, doch die durch weithin sichtbare Bauten städtischer<br />
Versorgungsbetriebe beeinträchtigte Lage erforderte Bauformen, die sich dem Ort<br />
und seiner unmittelbaren Umgebung anpassen. Eine landschaftliche Öffnung zu den nahen<br />
Morellenbergen und zur Fließwiese soll diese Anforderung unterstützen. Das Verwaltungsgebäude<br />
wird in die bisher beziehungslose Friedhofsachse gestellt und verlängert<br />
sie im Verein mit dem kleinen Glockenturm zu einer orientierbaren Achse.<br />
Der Zugang zum Krematorium führt parallel zur alten Tannenallee auf dem Vorplatz, der zu<br />
den beiden Eingangshallen leicht ansteigt. Ein lang gezogener Bauteil mit Personal- und<br />
Technikräumen schließt den Vorplatz zum Wirtschaftshof ab; dieser bildet den Zielpunkt<br />
der Anlieferungsstraße und ist auf die untere Ebene abgesenkt.<br />
Der Baukörper zeigt die funktionelle Gliederung der Anlage. Entsprechend dem möglichen<br />
parallelen Ablauf von Trauerfeiern gliedert sich das Bauwerk in drei nebeneinander liegende<br />
Zonen: Zwei durchlaufende Achsen für die kleine, drei für die große Feierhalle; die Hallendächer<br />
und Oberlichter der Warteräume erheben sich über die flache Dachlandschaft.<br />
Zwischen den Feierhallenbereichen liegt, ebenfalls dreiachsig, eine im vorderen Bereich<br />
halböffentliche Zone mit dem Innenhof und den Abfahrungszellen. Dahinter befinden<br />
sich der zentrale Erschließungsbereich, das Gewächshaus und die Filteranlage. Alle drei<br />
Hauptzonen sind durch niedrige Flurbereiche baukörperlich getrennt.<br />
Die Klarheit der Baugliederung und der einzelnen funktionalen Prozesse sollte sich auch<br />
in der Konstruktion und den Baustoffen spiegeln. Die Außenwände bestehen aus Kies-<br />
Zement-Blöcken und bleiben unverputzt. Die Dächer und Attiken sind wärmegedämmt<br />
und mit einer Kupferhaut bedeckt, freistehende Betonteile bleiben an ihrer Oberfläche<br />
schalungsrau.”<br />
J.R.<br />
28 29
Stadterneuerung Wedding<br />
1965–73<br />
Berlin-Wedding, AckerstraSSe/GartenstraSSe/Gartenplatz/FeldstraSSe<br />
„Abgesehen von dem Solitär der Kirche auf dem Gartenplatz, war die vorgefundene<br />
städte bauliche Situation von Rudimenten einer Straßenrandbebauung geprägt sowie von<br />
in den Raum gestellten Zeilen der 1950er Jahre, also erster Nachkriegsstädtebau. Unsere<br />
Bemühung war, zwischen diesen beiden Extremen zu vermitteln. So entstand als Rückgrat<br />
eine neungeschossige, stark gegliederte Zeile aus fünf Häusern. Im Süden leicht<br />
angeschrägt in der Fluchtlinie der Gartenstraße, stößt die Zeile im Norden durch einen nur<br />
sechsgeschossigen Bauteil auf die Fluchtlinie der Ackerstraße. Dieser Bauteil verbindet<br />
das gleich hohe Schwesternwohnheim sowie das später angesetzte Altenwohnheim. Er<br />
ist leicht nach Westen zurückgesetzt und bildet damit einen kleinen Vorplatz zu den im<br />
Erdgeschoss angesiedelten Läden. Auf der Ostseite hingegen bindet eine Durchwegung<br />
die große Hauszeile an eine Parkpalette auf zwei Ebenen an.<br />
Das Kalksandstein-Sichtmauerwerk wurde wasserabweisend hellgrau gestrichen. Die<br />
Betonplatten und Attiken sowie die Fensterprofile wurden dagegen orange abgesetzt.<br />
Die Maßnahme insgesamt erhielt so nahe der Mauer zu Ost-Berlin als Demonstrationsobjekt<br />
besondere Aufmerksamkeit und folgerichtig eine positive Presse.”<br />
R.R.<br />
Lageplan der Gesamtanlage<br />
Rechte Seite:<br />
Blick auf den südlichen Abschluss der achtgeschossigen<br />
Zeile an der Gartenstraße und<br />
Anschluss an die fünfgeschossige Straßenrandbebauung;<br />
im Vordergrund befindet sich<br />
die Einfahrt zu der Parkplatzpalette in zwei<br />
Ebenen.<br />
44 45
58 59
Jan und Rolf Rave am Rheinufer in Düsseldorf,<br />
1976<br />
Die 1970er Jahre: Verstetigung des architektonischen<br />
Selbstverständnisses im<br />
Suchen nach städtischen Qualitäten<br />
Die Erfolgsgeschichte von Jan und Rolf Rave als freischaffende Architekten, die 1963 mit<br />
dem Wettbewerbsgewinn für das Krematorium Ruhleben ihren Ausgang nahm und die<br />
Arbeit des Büros in der Folgezeit prägte, setzte sich ohne Einschränkungen auch in den<br />
1970er Jahren fort. Konzepte und Planungen, die in den späten 1960er Jahren vorbereitet<br />
bzw. abgeschlossen wurden, wie zum Beispiel die Terrassenhäuser am Teufelsberg,<br />
die Wohnanlage an der Königsallee in Berlin-Grunewald, die Stadterneuerungsprojekte<br />
in Berlin-Gesundbrunnen oder das Großprojekt der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte<br />
(BfA) sowie auch das Schlüsselwerk Krematorium Ruhleben erfuhren nun ihre<br />
Realisierung, während andere Projekte baureif gemacht werden konnten. Vor allem aber<br />
kennzeichneten eine große Anzahl neuer Planungs- und Bauaufgaben die Büroaktivitäten<br />
im Zeitraum von 1970 bis 1980. Mehr als 50 Projekte wurden in diesen Jahren bearbeitet,<br />
wovon schließlich mehr als die Hälfte zur Ausführung kamen. Nicht zuletzt diese Zahlen<br />
stellen einen beredten Ausdruck der enormen Leistungsfähigkeit dar, die das Büro in vergleichsweise<br />
kürzester Zeit entwickelt hatte, ohne es in unangemessener Weise personell<br />
aufzublähen. Denn trotz des von Beginn an konsequent verfolgten Arbeitsprinzips<br />
von Jan und Rolf Rave, jeder Aufgabe entsprechend ihrer Eigenart und Spezifik mit einer<br />
individuellen Lösung zu begegnen, ohne auf bewährte Muster zurückzugreifen, umfasste<br />
das Büro neben den Raves selbst, ihren Projektpartnern Hans-Joachim Knöfel (seit 1965)<br />
und Dieter Meisl (seit 1968) im Durchschnitt nie mehr als zwölf Mitarbeiter.<br />
Kann man also für die zweite Dekade der Büroexistenz insgesamt feststellen, dass das<br />
Auftragsvolumen, gemessen an der Zahl der Projekte, einen vergleichbaren Umfang wie<br />
die 1960er Jahre aufwies, verhielt es sich in Bezug auf die damit verbundenen Arbeitsinhalte<br />
hingegen anders. Denn entsprechend der allgemeinen Entwicklung rückte die zu<br />
dieser Zeit in der Regel noch Stadtsanierung genannte Stadtreparatur sowie das Bauen<br />
in städtischem Kontext nun in den Fokus der Bürotätigkeit. Sie sollten – einhergehend<br />
mit der Schaffung von Wohnungen – für die Raves und ihr Büro den zentralen Aufgabenschwerpunkt<br />
dieses neuen Jahrzehnts ausmachen. Anlässlich eines Werkvortrages<br />
der Raves von 1997 stellten sie hierzu rückblickend fest: „Besonders lieb war uns in<br />
dieser verletzten Stadt Berlin, der Stadt der Brandmauern und des fliegenden Sandes,<br />
das Bauen im Bestand, in der Baulücke. Gerade die in den 1950er Jahren bewusst offen<br />
gelassenen Blockecken boten eine gute Gelegenheit, kompromisslos die Gegenposition<br />
zu formulieren, sei es in Winkelsymmetrien, in asymmetrischen Formen oder mit Vorhöfen,<br />
um Brandwände abzudecken.<br />
Rolf und Jan Rave im Büro in der Knesebeckstraße<br />
13, 1977<br />
Erweiterungsbau der Landeszentralbank Berlin<br />
(LZB) in der Leibnizstraße in Berlin-Charlottenburg,<br />
um 1975<br />
Nachdem wir bereits 1965 mit Wolfgang Kiepenheuer den Film ‚Stadterneuerung Berlin<br />
– Beispiel Wedding‘ gemacht hatten, beteiligten wir uns in der Folgezeit an der Auseinandersetzung<br />
um die Sanierungskonzepte, von Totalabrissen über die Stadtbildpflege durch<br />
Erhaltung der Vorderhäuser und Entkernung der Blockinnenräume bis zur behutsamen<br />
und sozial verträglichen Stadterneuerung.“ Und Rolf Rave konkretisierte wenig später<br />
die in dieser Frage entwickelte eigene Haltung in einem „Statement zur Architektur der<br />
Stadt“, in dem er ausführte: „Sanierung der Städte, das ist für uns nicht nur das Schließen<br />
von Lücken, sondern Harmonisierung durch integrierbare Häuser, einfügsame Architektur,<br />
die sich mit den vorhandenen Qualitäten auseinandersetzt. Nur die besondere<br />
Aufgabe lässt es zu, aus dem Gestaltkanon auszubrechen. Sanierung der Städte ist aber<br />
auch nicht historisierender Rückbau. Veränderung und Anpassung an heutige Bedürfnisse<br />
garantieren das Weiterleben der Städte.“<br />
In der Tat lässt sich in den Arbeiten der Raves der sukzessive Wandel der architektonischen<br />
Paradigmen, der sich im Umgang mit der beschädigten Stadt speziell während der<br />
1970er Jahre vollzog, in exemplarischer Weise ablesen. Projekt für Projekt offenbaren<br />
sie die während dieser Jahre generell zu konstatierende bewusste Hinwendung zur Stadt<br />
und das (Wieder-) Erkennen und Eingehen auf ihre strukturellen wie räumlichen Qualitäten.<br />
Nahezu jeder Planungsvorschlag bzw. jeder realisierte Bau dieser Phase belegt<br />
dabei zugleich die von Jan und Rolf Rave schon zuvor entwickelte dezidierte Kritik an<br />
den obsolet gewordenen städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegsmoderne sowie an<br />
deren uninspiriertem und verkümmertem Gestaltungskanon. In Verstetigung ihres aus<br />
dieser Kritik resultierenden architektonischen Selbstverständnisses suchten sie sich mit<br />
der Stadt in ihrer räumlichen wie strukturellen Komplexität offensiv auseinanderzusetzen<br />
und daran ihre konzeptionellen bzw. gestalterischen Potenziale auszuprobieren und auf<br />
ihre Tragfähigkeit zu überprüfen. Immer waren diese entwurfsbezogenen Vorgänge bei<br />
den Raves dabei mit dem beharrlichen Anspruch auf Qualität verbunden, die sie als eine<br />
Grundvoraussetzung von Architektur begriffen hatten, welche für das Büro bis heute<br />
gültig ist. „Qualität – was heißt das für die Architektur – Qualität des Entwurfs eines<br />
Gedankens – aber ist nicht das Material, die schließlich beides vermittelnde Substanz?<br />
Traditionelle Materialien oder innovative Materialien – was formt die Stadt? Vor allem<br />
die Materialien, die würdig altern und im Gestaltkanon des Gebauten immer schöner<br />
werden.“<br />
Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Planungen und Bauten dieses Zeitabschnittes<br />
im Einzelnen, werden auch in der zeitlichen Folge die Entwicklungsetappen<br />
der thematischen Annäherung an das Bauen im städtischen Kontext nachvollziehbar.<br />
So waren die Erweiterung der Landeszentralbank in der Leibnizstraße (k 85 ff.), welche<br />
1973 abgeschlossen wurde sowie das ein Jahr später fertig gestellte Wohnhaus in der<br />
Carmerstraße (k 92 f.), beide in Berlin-Charlottenburg, zunächst zwei für die frühen<br />
1970er Jahre typischen Bau lückenschließungen. Hier wie dort handelte es sich um großstädtische<br />
Parzellen, die sich im festen Blockgefüge befanden. Während aber die Bebauungslücke<br />
in der Leibnizstraße die Folge eines Kriegsschadens darstellte, wurde die in der<br />
Carmerstraße erst zugunsten einer Neubebauung geschaffen, indem man die dort noch<br />
existente wertvolle Bausubstanz des späten 19. Jahrhunderts rigide tilgte. Offensichtlich<br />
genügte das dreigeschossige, in seiner Ausstattung gediegene großbürgerliche Wohnhaus<br />
nicht mehr den damals obwaltenden Wohnbedürfnissen. Vor allem aber hätte seine<br />
Erhaltung und Ertüchtigung nicht die ökonomisch gewünschte Geschossfläche erbracht.<br />
70 71
EIGENTUMSWOHNUNGEN IN DER EICHENALLEE<br />
Berlin-Westend, Eichenallee 26 – 28<br />
1970–72<br />
1971–73 HAUS Dr. LAU<br />
Wessobrunn, Kreis Weilheim/Bayern<br />
„Nicht ganz so mondän wie Berlin-Grunewald, vielleicht sogar bescheidener als Berlin-<br />
Dahlem nimmt sich das alte Westend nördlich der Reichsstraße in Berlin-Charlottenburg<br />
aus. Dennoch liegt auch da in der Zusammenlegung von zwei oder drei Grundstücken die<br />
Gefahr, gewissermaßen ortsfremde Bauformen gewinnmaximierend einzusetzen.<br />
Oder ist es umgekehrt die Chance, durch Verdichtung und Verjüngung das verstaubte Milieu<br />
zu regenerieren? Und wenn dann eine Art Reihenhaus entsteht – gibt es Möglichkeiten,<br />
sie zu individualisieren, ohne Willkür walten zu lassen? Die hier geplanten und realisierten<br />
acht Wohneinheiten sind der Versuch einer Antwort auf diese Fragen.“ R.R.<br />
Lageplan der Gesamtanlage<br />
Links und Mitte: Die Südseite mit den hochgelegten<br />
Terrassen<br />
Rechts: Der am Ostende befindliche Kopfbau<br />
mit einer Atelierwohnung<br />
Unten: Die Südseite der acht gereihten Häuser<br />
mit ihren Terrassen auf dem Parkdeck<br />
„Die insulare Lage West-Berlins war in unserer Tätigkeit deutlich spürbar. Nur selten<br />
wurden wir im Raum der alten Bundesrepublik – also dem damaligen “West-Deutschland”<br />
– zu Wettbewerben oder Gutachten aufgefordert und waren in den meisten Fällen<br />
nur mäßig erfolgreich. So war es eine Ausnahme, als sich aus einer alten Freundschaft<br />
aus Schulzeiten und einer Hellas-Reise, die Jan Rave mit Eckart Lau 1954 auf einem<br />
klapprigen Motorrad unternommen hatte, sich für Lau durch zahlreiche Begegnungen<br />
und Beziehungen seine Vertriebsfirma MEDITERRANEA entwickelte. Deren zentrales Lager<br />
und gleichfalls ein neues Zuhause sollte in Wessobrunn sein. So entstand hier mit<br />
Satteldach in vorgeschriebenem Neigungswinkel, weißem Putz und dunklem Holz eine<br />
preußisch-bayerische Melange.“<br />
R.R.<br />
Blick gegen das Haus kurz nach Fertigstellung<br />
Gartenseite des Hauses mit der noch nicht<br />
fertiggestellten Terrasse<br />
88 89
fünf wohnhäuser am spandauer damm<br />
1977–80<br />
Berlin-Charlottenburg, im Sanierungsgebiet Klausener Platz,<br />
Spandauer Damm 51/53<br />
Fassadenabwicklung Spandauer Damm 51–58<br />
Grundriss Normalgeschoss,<br />
2.–5. Obergeschoss Spandauer Damm 51/52<br />
Ansicht des ersten fertiggestellten Wohnhauses<br />
Spandauer Damm 51/52<br />
„Zu den wichtigsten Bauaufgaben West-Berlins in den 1970er Jahren gehörten die Sanierungsgebiete<br />
in Kreuzberg und in Charlottenburg, so zum Beispiel der Bereich um den<br />
Klausener Platz, eines der ältesten Wohngebiete, das sich südlich des Schlosses Charlottenburg<br />
und westlich der Schloßstraße entwickelt hatte. Hier war das ganze Spektrum<br />
städtischer Strukturen, von kleinem Gewerbegebiet im Blockinneren über bescheidene<br />
zweigeschossige Bürgerhäuser des 19. Jahrhunderts bis zum orthogonalen Straßennetz<br />
mit Mietshäusern des frühen 20. Jahrhunderts zu finden. Alle Planungen stützen sich<br />
auf die Empfehlungen der Denkmalpflege, der Stadtbildpflege und eine Kartierung des<br />
Gebäudezustandes.<br />
In unserem ‚Werkbericht 1963–1973’ fassten wir die Ziele aus der Stadtbilduntersuchung<br />
dergestalt zusammen: ‚Erhaltung der vorhandenen Bebauung insbesondere der Vorderhäuser<br />
mit Ornamentfassade innerhalb eines ökologischen, nicht von musealen Aspekten<br />
bestimmten Rahmens. Bei Neubau Wiederherstellung der Straßen- und Platzräume durch<br />
Einhalten der Fluchten und Höhen. Entwicklung und Durchführung eines visuellen Konzeptes<br />
zur Korrektur vorhandener Neubauten und abgestuckter Fassaden, Erhaltung der<br />
öffentlichen und privaten Freiflächen, insbesondere der Bäume und Alleen.<br />
Die Grundlage dieser Zielvorstellungen basiert auf dem Ergebnis der von der Gruppe Soziale<br />
Belange angestellten Untersuchungen, wonach eine große Mehrheit der Bevölkerung<br />
in dem Viertel bzw. in ihren Wohnungen bleiben will. Da das Durchschnittseinkommen der<br />
Bewohner sehr niedrig ist, sollen die Mieten möglichst unter dem mit Wohngeld bezuschussten<br />
Niveau des Sozialen Wohnungsbaus bleiben. Das heißt, dass die Beseitigung<br />
der städtebaulichen Mängel mit geringem Aufwand, je nach Zustand des Hauses durch<br />
Instandsetzung oder Teilmodernisierung durchgeführt werden soll. Somit verknüpft sich<br />
die Erhaltung der visuellen Stadtgestalt folgerichtig mit der Forderung nach der Schonung<br />
der sozialen Bildung und Verflechtung.’<br />
Wir wurden schließlich mit einer Reihe von Objekten am Spandauer Damm beauftragt,<br />
die Haus für Haus auf ihren Parzellen einzeln geplant wurden. Hier war man des Emissionsschutzes<br />
an dem stark befahrenen Damm wegen vornehmlich von Neubauten ausgegangen,<br />
die etwas nach Süden von der Straße zurückweichen sollten und ein großes Tor<br />
in das Blockinnere und die hier befindliche Großgarage bilden sollten.<br />
So entstand das ‚Torhaus’, wo reizvolle kleinere Gewerbebauten erhalten bleiben sollten,<br />
mit Durchgängen zum Hof und Rampen zur Tiefgarage unter einer baulichen Verlängerung<br />
in den Hof hinein.“<br />
R.R.<br />
Zeichnerische Montage des Torhauses mit der<br />
Einfahrt in die Tiefgarage unter einem sich in den<br />
Hof hineinschiebenden Flügelbau (Spandauer<br />
Damm 61)<br />
104 105
RATHAUS SCHÖNEBERG<br />
1979–84<br />
Berlin-Schöneberg/John-F.-Kennedy-Platz<br />
„Nach mehreren Anläufen und Wettbewerben erhielten 1910 die Architekten Peter Jürgensen<br />
und Jürgen Bachmann den Auftrag für den Bau des Rathauses von Schöneberg,<br />
welches eine der reichsten Städte im Berliner Umfeld war. 1917 konnte das Haus offiziell<br />
seiner Bestimmung übergeben werden, 1920 wurde es bei der Schaffung von ‚Groß-<br />
Berlin’ dann zum Bezirksrathaus. Erst die Spaltung der Stadt nach 1945 führte zu seiner<br />
neuen, herausragenden Funktion als Abgeordnetenhaus West-Berlins.<br />
Während die Büroflächen und Sitzungsräume den neuen Erfordernissen in etwa entsprachen,<br />
war das Herzstück, der Plenarsaal, in einem ehemaligen Festsaal unzureichend<br />
eingerichtet. Da man aber das Haus selbst als Symbol der Spaltung und Wiedervereinigung<br />
nicht aufgeben wollte, wurde ein konkurrierendes Verfahren zur Verbesserung des<br />
Plenarsaals eingeleitet, in dem wir einen Neubau des Plenarsaals im Haupthof direkt hinter<br />
der Eingangshalle vorschlugen. Diesen Ansatz zeigte auch der Entwurf des ebenfalls<br />
am Verfahren beteiligten Architekten Wilhelm Holzbauer.<br />
Bei aller Rationalität dieses Gedankens: Das Parlament wollte eben den Begriff des Provisoriums<br />
nicht aufgeben – und die Geschichte gab ihnen mit der Wiedervereinigung 1989<br />
recht. Was aber geschehen sollte, war die Qualifizierung der Sitzungs- und Arbeitsräume,<br />
des Senatssitzungssaals und des Speisesaals sowie die Einrichtung einer Kantine im Sockelgeschoss<br />
mit direktem Zugang von der Eingangshalle zur Fred-Thieler-Halle, von der<br />
aus auch neue Sitzungssäle im Sockelgeschoss erschlossen wurden.<br />
Alle geschichtsträchtigen Elemente, wie die Bibliothek, die Freiheitsglocke und der Turmaufsatz<br />
von Kurt Dübbers aus dem Jahr 1950 blieben zu Recht unangetastet. Und selbstverständlich<br />
auch die vielen Kunstwerke, die vom ehemaligen Reichtum Schönebergs<br />
zeugen. Sie wurden nur ergänzt durch drei große tachistische Tafelbilder von Fred Thieler,<br />
zwei Landschaftspanoramen im Senatssitzungssaal von Matthias Köppel und eine Vedute<br />
im Pressesaal von Hermann Spörel.<br />
Da unsere Eingriffe stets im Kontext mit der vorhandenen Substanz standen, haben wir<br />
versucht, eine gediegene und zurückhaltende Formensprache zu entwickeln, nicht angepasst,<br />
aber auch nicht laut, meist mit dunkel gebeizten Hölzern, mattem Naturstein oder<br />
Keramik.<br />
Etwas anderes war die Entwicklung der Leuchten, wo wir sehr wohl durch moderne<br />
Leuchtmittel das gesamte Helligkeitsniveau des Hauses angehoben haben, insbesondere<br />
in den Räumen und der Kantine im Souterrain, wo das künstliche Licht fehlendes Tageslicht<br />
kompensieren musste, oder im sogenannten Hauptausschuss, wo wir auf eine von<br />
uns entwickelte Lichtdecke für ein Großraumbüro zurückgriffen.<br />
Auf die Beschaffung der Möbel, sofern dieses überhaupt notwendig war, hatten wir wenig<br />
Einfluss. Dennoch muss an dieser Stelle gesagt werden, dass der Oberbauleiter des<br />
Senats für Bau- und Wohnungswesen, Herr Günter Ecker, uns auf das Beste unterstützte<br />
und wir den damaligen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Herrn Peter Rebsch, stets<br />
für unsere Vorstellungen gewinnen konnten.“<br />
R.R.<br />
Ansicht des Rathauses Schöneberg, Architekten:<br />
Peter Jürgensen und Jürgen Bachmann,<br />
1903–1914, Turmaufsatz: Kurt Dübbers, 1950<br />
Isometrie des ursprünglich geplanten Plenarsaales<br />
im Innenhof des Rat hauses, Wettbewerbsbeitrag,<br />
1979<br />
108 109
Jan und Rolf Rave auf Ibiza, Mai 1985<br />
Die 1980er Jahre:<br />
Behauptung des architektonischen<br />
Anspruches und HerauS Arbei tung<br />
der städtebau Lichen Kategorien der<br />
historischen Stadt<br />
Der Übergang von den 1970er Jahren in die 1980er Jahre gestaltete sich für das Büro<br />
von Jan und Rolf Rave vergleichbar dem zehn Jahre zuvor vollzogenen Dekadenwechsel.<br />
Planungen, die ihm durch Wettbewerbsgewinne oder aber Direktauftrag zuvor überantwortet<br />
wurden, erfuhren ihre zielstrebige Ausarbeitung und inhaltliche Weiterentwicklung.<br />
Nicht wenige davon fanden schließlich ihre bauliche Realisierung. So konnten zum<br />
Beispiel einige Projekte, die im Sanierungsgebiet Klausener Platz in Berlin-Charlottenburg<br />
gelegen waren, wie unter anderem das sogenannte Torhaus am Spandauer Damm oder<br />
aber das zwei Grundstücke vereinnahmende Apartmenthaus in der Garde-du-Corps-Straße,<br />
während der 1990er Jahre zur Baureife gebracht und errichtet werden. Des Weiteren<br />
erfolgte im Zeitraum bis 1984 der Bau des im vorangegangenen Kapitel ausführlich dargestellten<br />
Technischen Zentrums der Sparkasse an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf<br />
sowie der für West-Berlin politisch bedeutsame und architektonisch aufwendige Um- und<br />
Ausbau der Repräsentationsbereiche des Schöneberger Rathauses, der sich – da er bei<br />
laufendem Geschäftsbetrieb durchgeführt werden musste – zeitlich nahezu über das gesamte<br />
Jahrzehnt erstreckte.<br />
Den inhaltlichen Schwerpunkt der Büroarbeit bildete in den einmal mehr an Bau- und<br />
Planungsaufträgen prallvollen zehn Jahren zwischen 1980 und 1990 der innerstädtische<br />
Wohnungsbau in Berlin und mit ihm die Wiederherstellung des stadträumlichen Kontextes<br />
sowie der damit verbundenen strukturellen Charakteristika respektive architektonischen<br />
Ausdrucksformen. Nicht zuletzt maßen sich hierbei alle wesentlichen städtebaulicharchitektonischen<br />
Einlassungen der 1980er Jahre an den Beispiel gebenden Aktivitäten<br />
der im November 1979 offiziell aus der Taufe gehobenen Internationalen Bauausstellung<br />
Berlin (IBA), welche mit ihren Themen und Inhalten nahezu das gesamte Baugeschehen<br />
der Stadt erfasste und nachhaltig beeinflusste. Auf ausgewählte Demonstrationsgebiete<br />
konzentriert, thematisierte sie unter dem Leitgedanken, die „Innenstadt als Wohnort“ zu<br />
reaktivieren, die an der Geschichte und ihrem überkommenen Erbe orientierte „behutsame<br />
Stadterneuerung“ sowie die „kritische Rekonstruktion“. Sie stellten einen neuen<br />
methodischen Ansatz im Umgang mit dem durch Kriegszerstörungen und planerische<br />
Verwerfungen der Nachkriegszeit entstellten und zum Teil unkenntlich gemachten historischen<br />
Stadtraum dar und setzten damit nicht nur für Berlin, sondern auch auf internationaler<br />
Ebene zukunftsweisende Maßstäbe, die bis heute ihre Gültigkeit behalten haben.<br />
Darüber hinaus bewirkten die von der IBA initiierten entwurfstheoretischen Debatten<br />
sowie deren Wettbewerbe und die Qualität ihrer Ergebnisse einen architektonischen<br />
Preisgekröntes Bebauungskonzept für drei Blöcke<br />
im Bereich zwischen Stresemannstraße und<br />
Friedrichstraße in der Südlichen Friedrichstadt,<br />
rechts im Plan der Wettbewerbsbeitrag von Jan<br />
und Rolf Rave, 1981<br />
Paradigmenwechsel, der zur sukzessiven Überwindung der schon lange zuvor obsolet<br />
gewordenen „Nachkriegsmoderne“ führte.<br />
Jan und Rolf Rave waren aufgrund ihrer bereits in den 1970er Jahren gesammelten Erfahrungen<br />
im bewussten Umgang mit der strukturell beschädigten Stadt, die sie – wie<br />
dargestellt – schon vergleichsweise früh zu einem zentralen Thema ihrer städtebautheoretischen<br />
wie entwurflichen Auseinandersetzung gemacht hatten, deshalb geradezu prädestiniert<br />
und herausgefordert, sich in diesem von der Internationalen Bauausstellung Berlin<br />
(IBA) ausgelösten und Dynamik entfaltenden Entwicklungsprozess, der nun maßgeblich<br />
die 1980er Jahre bestimmte, aktiv einzubringen. Und sie taten dies mit Vehemenz und<br />
Entschlossenheit. Sowohl im Rahmen der IBA, an deren Vorbereitung sie schon in der<br />
zweiten Hälfte der 1970er Jahre mitgewirkt hatten, als auch bei etlichen hierzu parallel<br />
laufenden Planungsvorgängen, die sich nicht auf die expliziten Demonstrationsgebiete<br />
bezogen, aber vergleichbare Aufgabenstellungen aufwiesen, konnten die Rave-Brüder mit<br />
zahlreichen von ihnen bearbeiteten Bauprojekten reüssieren. So widmeten sich von den<br />
mehr als 50 Planungs- und Bauaufträgen, mit denen das Büro von Jan und Rolf Rave<br />
im Verlauf der zehn Jahre zwischen 1980 und 1990 befasst war, allein 18 der Aufgabe,<br />
beschädigten respektive torsierten Straßen- und Platzraum durch Neubau wiederherzustellen.<br />
Sieben weitere Projektbearbeitungen beschäftigten sich mit der Sanierung, der<br />
Neugestaltung sowie der baulichen Ertüchtigung von Altbausubstanz. Von diesen insgesamt<br />
25 Projekten, die dem genannten Themenspektrum der städtebaulichen bzw. objektbezogenen<br />
Wiederherstellung zuzuordnen sind, wurden nicht weniger als 16 Planungen<br />
baulich realisiert.<br />
Betrachtet man diesen auf Stadtreparatur ausgerichteten komplexen Werkausschnitt der<br />
1980er Jahre im Einzelnen, so sind zunächst diejenigen Arbeiten der Raves hervorzuheben,<br />
die im Rahmen der Baumaßnahmen der Internationalen Bauausstellung Berlin Realität<br />
wurden. Sie müssen bezogen auf das architektonische Gesamtschaffen der Brüder<br />
ohne Frage als weitere bedeutende „Landmarken“ begriffen werden. Es sind dies die an<br />
der Dessauer Straße Ecke Bernburger Straße in der ehemaligen Friedrichvorstadt gelegene<br />
Wohnanlage, welche sich aus drei Gebäudeteilen zusammensetzt, sowie das an der<br />
Wilhelmstraße in der Südlichen Friedrichstadt lokalisierte sogenannte Rundhofhaus. Letzteres<br />
entstand infolge eines 1981 stattgefundenen städtebaulichen Wettbewerbs zum<br />
sogenannten Block 20, bei dem Jan und Rolf Rave mit ihrem Bebauungsvorschlag einen<br />
von zwei vergebenen ersten Preisen erhalten hatten. Ihre aus verschiedenen Hofanlagen<br />
gebildete Blockfigur, welche einem stark fragmentierten innerstädtischen Bereich auf ungewöhnliche<br />
Art und Weise eine neue räumliche Ordnung zu geben suchte, überzeugte<br />
die Jury gleichermaßen wie der mit dem zweiten ersten Preis ausgezeichnete Lösungsvorschlag<br />
des ebenfalls in Berlin ansässigen Büros Bassenge, Puhan-Schulz und Partner.<br />
Aus beiden Entwurfsvorschlägen wurde schließlich nach einer gemeinsamen Überarbeitungsphase<br />
seitens der IBA ein differenziertes Blockkonzept entwickelt, was 1987 in ein<br />
Bebauungsplanverfahren mündete. Auf dieser Basis konnte dann von den Raves die signifikante<br />
Eckbebauung mit dem offenen Rundhof (k 155) konzipiert werden. Wegen des<br />
in der Sache höchst komplizierten und langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahrens<br />
erfolgte ihr Bau jedoch erst in den Jahren 1992 bis 1994. Der Entwurf des Rundhofhauses<br />
stellte dabei eine völlig neue Planung dar, da auf der langen Wegstrecke bis<br />
zu seiner Realisierung von dem einstmaligen städtebaulichen Bebauungskonzept kaum<br />
mehr etwas übrig geblieben war. Gleichwohl gehört das Rundhofhaus nicht zuletzt wegen<br />
116 117
Wettbewerbsbeitrag für das Museum<br />
für Gegenwartskunst im ehemaligen<br />
Hamburger Bahnhof,<br />
1989<br />
Ethnologisches Museum in Berlin-Dahlem,<br />
Blick in die Eingangshalle an der Arnimallee,<br />
1989<br />
Konfiguration sowie Wirkungsmächtigkeit nicht beeinträchtigt. Und der Entwurf der Torminbrücke<br />
über den Aasee sah eine eigenwillige Doppelbrückenkonstruktion vor, die in<br />
ihrer filigranen architektonischen Ausbildung von „insgesamt acht zentral aufgesetzten<br />
Träger-Pyramiden“ bestimmt wird, die der dortigen Landschaft und der Stadtsilhouette<br />
einen Rahmen geben sollten. Bei der Residenz der Ständigen Vertretung ging es hingegen<br />
um die maßstabsgerechte Einfügung einer mehrteiligen Gebäudeanlage in ein vorwiegend<br />
durch solitäre Baustrukturen gekennzeichnetes räumliches Umfeld. Der Entwurf für<br />
das Polizeipräsidium wiederum, dessen Grundstück der monumentalen Gebäudeanlage<br />
des legendären Flughafens Berlin-Tempelhof gegenüberliegt, zeichnete sich durch eine<br />
von Masse und Dichte bestimmte engmaschige Blockstruktur aus, die der großstädtischen<br />
Dimension des Ortes gerecht zu werden trachtete. Der Umbau- und Erweiterungsvorschlag<br />
für den Gebäudekomplex des alten Hamburger Bahnhofes, der sich in unmittelbarer<br />
räumlicher Nähe zum heutigen Berliner Hauptbahnhof befindet, ist schließlich als<br />
erklärte Auseinandersetzung mit dessen gediegener spätklassizistischer Architektur und<br />
Blick in die Neue Nationalgalerie der von Jan und<br />
Rolf Rave anlässlich der 750-Jahrfeier Berlins<br />
gestalteten Kunstausstellung der Bundesländer,<br />
1987<br />
Einladungskarte (Vorder- und Rückseite) zu der<br />
in der Werkbund-Galerie in Berlin veranstalteten<br />
Ausstellung anlässlich des 25-jährigen Bürojubiläums<br />
der Raves, 1988<br />
Plakatentwurf von Ott + Stein zur<br />
Ausstellung „Berlin Modern Architecture“, die für<br />
Los Angeles/USA von Jan und Rolf Rave<br />
zusammen mit Gernot und Johanne Nalbach<br />
kuratiert wurde, 1989<br />
130 131
Rolf Rave, Entwurf für einen Kandelaber für die<br />
Maximilianstraße in München, 1987<br />
Prototyp der von Rolf Rave entworfenen sogenannten<br />
Lehnleuchte, 1985<br />
deren unbedingter Bewahrung zu verstehen, der man deshalb im Bereich der rückwärtig<br />
gelegenen ehemaligen Bahnsteighalle einige neue Bauteile anfügt, die in ihrem formalen<br />
Vokabular jedoch dazu in bewusster Kontradiktion stehen.<br />
Darüber hinaus befasste sich das Büro Jan und Rolf Rave auch in diesem Jahrzehnt mit<br />
Aufgaben, die in Grenzbereichen der Architektur anzusiedeln sind. Wie schon in den<br />
Jahren zuvor, waren es hierbei vor allem die Konzeptionierung von Kunst- bzw. Architekturausstellungen<br />
sowie deren räumliche Inszenierungen und Gestaltungen, die ihm<br />
von unterschiedlichen Auftraggebern überantwortet wurden. So reaktivierte das Büro die<br />
von Bruno Paul geschaffene alte Haupteingangshalle des Ethnologischen Museums in<br />
Berlin-Dahlem und stattete sie unter anderem mit einem eigens dafür entwickelten Empfang<br />
und Verkaufstresen sowie speziellen Wand- und Deckenleuchten aus. Der Mitte der<br />
1980er Jahre dafür erfolgten Detailplanung schloss sich die Entwicklung und Gestaltung<br />
einer Kunstausstellung der Bundesländer an, die man anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins<br />
1986/87 in der Neuen Nationalgalerie veranstaltete. Im Auftrag des Senators für Bau- und<br />
Wohnungswesen in Berlin und dem Goethe-Institut schufen Jan und Rolf Rave dann zusammen<br />
mit Gernot und Johanne Nalbach das Konzept sowie das Ausstellungsdesign<br />
für die Schau „Berlin Modern Architecture“, welche 1989 im Pacific Design Center/Murray<br />
Feldman Gallery in Los Angeles/USA gezeigt wurde und die Ergebnisse der Internationalen<br />
Bauausstellung Berlin präsentierte.<br />
Schon ein Jahr zuvor inszenierten die Raves in der Werkbundgalerie in Berlin eine Architekturausstellung<br />
in eigener Sache mit dem Titel: „Retro.Per.Spektive“. Anlass für die<br />
Ausstellung gab das 25-jährige Bestehen des Büros. Gezeigt wurde ein Längsschnitt der<br />
in einem Vierteljahrhundert entstandenen Arbeiten in 30 ausgewählten Beispielen. Das<br />
Besondere der Präsentation war die Darstellungsart der gezeigten Projektentwürfe. Denn<br />
sie alle wurden in der Technik des Siebdruckes gezeigt, die während der 1980er Jahre vornehmlich<br />
durch die Hand von Rolf Rave gefertigt worden sind. Der Architekturkritiker Günther<br />
Kühne schrieb über die Ausstellung in einem Artikel für den Berliner Tagesspiegel:<br />
„Die Ausstellung in der Werkbund-Galerie zeigt weder Pläne, Modelle, noch Fotos, sondern<br />
plakative Siebdrucke der Projekte, die geeignet sind, die architektonische Absicht<br />
stärker herauszuarbeiten. Sie sollten daher nicht als (überflüssige) Nachweise für die<br />
künstlerische Qualität der durch die Ausführung möglicherweise profanierten Bauten<br />
missverstanden werden, auch nicht als Alibi für die Vielseitigkeit des Architektenberufs;<br />
sie sollten viel eher den täglichen Benutzern der Stadt, den Passanten, Anstöße zum<br />
genauen Hinsehen vermitteln. Von einigen der dargestellten Projekte wünschte man sich<br />
ganz gern die angemessene Ausführung, etwa beim Projekt für das BMW-Haus am Kurfürstendamm<br />
oder für die Aaseebrücke in Münster.“<br />
Ein weiteres Kapitel jenseits der klassischen Inhalte von Architektur und Städtebau stellte<br />
die Beschäftigung mit Beleuchtungskörpern und Lichtdesign dar. Ihr nahm sich in diesen<br />
Jahren im Besonderen Rolf Rave an, der nicht zuletzt durch seine Professur für Objektdesign<br />
neben dem Entwurf von Möbeln das komplexe Thema Licht und Beleuchtung<br />
zu einem Schwerpunkt seiner Lehre gemacht hatte. Vor diesem Hintergrund wurde er<br />
zu einer Reihe von Wettbewerben eingeladen, wie zu der 1987 von der Stadt München<br />
veranstalteten Konkurrenz, bei der es darum ging, eine „hochwertige Münchner Straßenleuchte“<br />
für die Beleuchtung der Maximilian- und der Prinzregentenstraße zu entwerfen.<br />
Rolf Raves Beitrag, den er zusammen mit Christian Bartenbach fertigte, wurde von<br />
der Stadt München angekauft und zur Weiterbearbeitung empfohlen. Zwei Jahre später<br />
Entwurfszeichnung von Reflektorleuchten für<br />
die Bundesgartenschau (BUGA) Berlin, mit<br />
Semperlux, 1989<br />
Leuchtenwettbewerb für den Savignyplatz: Straßen-<br />
und Fußwegleuchten, 1971<br />
konnte er in Zusammenarbeit mit Semperlux für die Bundesgartenschau Berlin (BUGA)<br />
eine Reflektorenleuchte entwickeln. Schon zuvor gelang ihm im Rahmen seiner Studien<br />
zur Innenraumbeleuchtung der serienfähige Entwurf der sogenannten Lehnleuchte.<br />
Wie sehr Rolf Rave das Thema Licht und seine Beziehung zur Architektur beschäftigte, mag<br />
das folgende, erst kürzlich von ihm dazu abgegebene Statement zum Ausdruck bringen:<br />
„Architektur ist Körperhaftigkeit und Räumlichkeit. Beides wird wahrnehmbar durch Licht.<br />
Dieses Licht aber kann verschiedene Richtungen, Farben und Stärken haben, immer auch<br />
hat es eine Quelle, von der aus es geleistet wird, durch Öffnungen, Gläser, Reflektoren und<br />
Spiegel. Das gilt gleichermaßen für natürliches wie für künstliches Licht. Deshalb hat mich<br />
das Thema Leuchten von jeher interessiert. Die Freundschaft mit Christian Bartenbach und<br />
die erste Zusammenarbeit mit ihm in den 1970er Jahren hat viele Impulse gegeben. Für<br />
das Rathaus Schöneberg haben wir dann zum Beispiel alle Leuchten selbst entwickelt,<br />
schließlich für das Berliner Abgeordnetenhaus im Gebäude des ehemaligen Preußischen<br />
Landtages sogar in Verbindung mit akustisch wirksamen Reflektoren und Absorbatoren<br />
moderne Sitzungsräume geschaffen, hier mit dem Akustiker Wolfgang Moll.“<br />
Die Betrachtung von Jan und Rolf Raves vielschichtigen Tätigkeiten während der 1980er<br />
Jahre wäre unzulänglich, würde man ihre berufspolitische bzw. kulturpolitische Arbeit<br />
völlig unerwähnt lassen. Denn wie schon seit frühesten Tagen ihres architektonischen<br />
Schaffens waren sie auch in diesem Zeitabschnitt auf verschiedensten Wirkungsebenen<br />
aktiv. So gehörte Jan Rave neben Jürgen Sawade und Manfred Manleitner dem 1983<br />
vom Senator für Bau- und Wohnungswesen Berlin einberufenen ersten Beirat für Stadtgestaltung<br />
und Architektur an und verblieb in diesem Gremium bis 1986. Im Jahre 1987<br />
wählte man ihn dann zum Vorsitzenden des Bundes Deutscher Architekten (BDA) Berlin<br />
und damit in eine einflussreiche Position, die er über die politische Wende und die Wiedervereinigung<br />
mit Leidenschaft und Engagement ausfüllte, ehe er sich 1993 aus dem Amt<br />
zurückzog. Bereits zwischen 1979 und 1983, dem Jahr seiner Berufung in den Beirat für<br />
Stadtgestaltung, hatte er als Stellvertretender Vorsitzender des BDA Berlin für die Belange<br />
der Architektur und des Städtebaus gestritten. Im Gegensatz zu diesen wechselnden<br />
Aktivitäten für den BDA sowie den Senat von Berlin blieb Jan Rave hingegen seit seiner<br />
Berufung im Jahre 1978 durchgängig Mitglied des Vorstandes des Vereins der Freunde<br />
der Nationalgalerie und sollte es ohne Unterbrechung bis 2002 bleiben.<br />
Sein Bruder Rolf Rave engagierte sich neben seiner 1978 aufgenommenen Lehrtätigkeit<br />
an der Fachhochschule Münster, trotz Rückzug aus der Vorstandsarbeit, weiterhin im<br />
Deutschen Werkbund Berlin und war darüber hinaus schließlich von 1987 bis 1989, dem<br />
„Jahr der Wende“, im zweiten erweiterten Beirat für Stadtgestaltung des Senats von Berlin<br />
tätig. Während dieser Zeit fungierte er als dessen Vorsitzender.<br />
Publizistisch exponierten sich sowohl Jan als auch Rolf Rave auch während der 1980er<br />
Jahre in etlichen Fachbeiträgen und Kommentaren. Die herausragende Veröffentlichung<br />
stellte dabei fraglos der bereits 1981 erschienene Ergänzungsband zu dem 1963 erstmals<br />
aufgelegten Architekturführer Bauen seit 1900 in Berlin dar. Der zusammen mit ihrem<br />
langjährigen Büropartner Hans-Joachim Knöfel herausgegebene Stadtführer widmete<br />
sich dabei konzentriert dem Bauen der 1970er Jahre in Berlin und offenbarte in der Auswahl<br />
der dargestellten Bauten den sich bereits in diesen Jahren abzeichnenden Paradigmenwechsel<br />
in Architektur und Städtebau, der dann in den 1980er Jahren vor dem<br />
Hintergrund der Internationalen Bauausstellung Berlin mit Vehemenz vollzogen wurde.<br />
132 133
1988–94<br />
RUNDHOFHAUS an der Wilhelmstrasse<br />
Berlin-Kreuzberg, Südliche Friedrichstadt/WilhelmstraSSe 10 – 11<br />
Linke Seite:<br />
Blick in den Einschnitt des Rundhofes<br />
Das Gebäude von der anderen Seite der Wilhelmstraße<br />
gesehen<br />
Die Rundform des Hofes mit Einschnitt zur Straße<br />
gegen die Dachkante gesehen<br />
Grundriss erstes und drittes Obergeschoss<br />
„‚Die Bebauung an der Wilhelmstraße thematisiert das Prinzip der Blockschließung. Die<br />
ergänzten Straßenfluchten werden durch einen (…) eingestellten neuen Innenhof geöffnet,<br />
der weiß verputzt nicht nur als lichtreicher halböffentlicher Raum erscheint, sondern<br />
darüber hinaus die Ziegelfassade als umlaufende Hülle aufdeckt.’ So beschreibt Gerwin<br />
Zohlen in Stadt der Architektur der Stadt (Berlin 2000) das Konzept des Gebäudes. Eine 24<br />
Meter tiefe Brandwand und ein zehn Meter tiefer Giebel sollten mit diesem Gelenk verbunden<br />
und damit gleichzeitig Blockrand und Blockkante stabilisiert werden. Ein Ladengeschäft<br />
befindet sich im Erdgeschoss, betreutes Wohnen im fünften, obersten Geschoss.<br />
Um ausreichende Fensterflächen für diese Nutzungen und Wohnungen zu bekommen,<br />
mussten wir das Haus – man könnte fast sagen – aufbohren, durch einen runden Hof<br />
die Bauteile verschlanken. Um die beiden Qualitäten Straßenfassade und Hofwand zu<br />
differenzieren, gaben wir dem Straßenraum die stabile, dunkle Ziegelwand, dem Hof eine<br />
helle, weiß verputzte Wand.<br />
Während die Grundrisse den engen Richtlinien des Sozialen Wohnungsbaus folgend relativ<br />
konventionell strukturiert sind, variieren die Freiräume: Hier sind Loggien angeordnet,<br />
dann sich nach oben zurückstaffelnde Balkone und zur Wilhelmstraße versetzte, zweigeschossige<br />
Loggien.“<br />
R.R.<br />
154 155
Roosje Rave, Anfang der 1990er Jahre<br />
Die 1990er Jahre: Planen und Bauen im<br />
Bestand vor dem Hintergrund der<br />
Wiedervereinigung<br />
Die 1990er Jahre waren in Deutschland ohne Frage auf allen gesellschaftlichen Ebenen<br />
von den massiven Veränderungen und nachhaltigen Folgen des Vereinigungsprozesses<br />
bestimmt. Das galt nicht zuletzt auch für die Bauproduktion dieser Jahre und die damit<br />
einhergehenden städtebaulichen wie architektonischen Aufgaben. Sie stellten inhaltlich<br />
vor allem auf die im Aufbau befindlichen neuen Bundesländer ab, deren Städte und Gemeinden<br />
durch die „Segnungen“ der sozialistischen Planwirtschaft auf nahezu allen Gebieten<br />
des Bauens gravierende strukturelle Defizite bzw. substanzielle Mängel aufwiesen.<br />
Es gab also viel zu tun und die baulichen Herausforderungen waren immens. So kann es<br />
nicht überraschen, dass auch das Büro von Jan und Rolf Rave, welches in seiner bisherigen<br />
Arbeit vornehmlich auf die auf West-Berlin beschränkten Bezugsfelder fokussiert<br />
war, von diesem vehementen Umbruch und Wandel erfasst wurde. Denn betrachtet man<br />
den Zeitabschnitt zwischen Wiedervereinigung und Jahrtausendwende, blieb zwar Berlin<br />
weiterhin der zentrale Arbeits- und Lebensmittelpunkt der Raves, gleichwohl erweiterte<br />
sich der räumliche Radius ihrer Tätigkeiten erheblich und mit ihm auch die konkreten<br />
Arbeitsinhalte. Von den deutlich mehr als 60 Projekten, mit denen sich das Büro in den<br />
1990er Jahren befasste und die einmal mehr ein ungeheures Arbeitspensum darstellten,<br />
bezogen sich mehr als die Hälfte auf Städte und Regionen der neuen Bundesländer. So<br />
entstanden unter anderem Planstudien und Gebäudeentwürfe der unterschiedlichsten<br />
Aufgabenstellungen für Potsdam, Frankfurt/Oder, Weimar, Radeburg, Dresden und den<br />
ehemaligen Ostteil Berlins sowie für Ortschaften im sogenannten Speckgürtel der Stadt,<br />
von denen mehr als ein Dutzend realisiert werden konnte. Im Rahmen dieser Arbeiten<br />
vermochten Jan und Rolf Rave ihre umfangreiche Erfahrung einzubringen, die sie sowohl<br />
in der Stadterneuerung als auch im Umgang mit Altbausubstanz während der beinahe 30<br />
Jahre ihrer bisherigen Büroexistenz gesammelt hatten.<br />
Ohne Zweifel stellte die Wiedervereinigung für die Büroarbeit der Raves eine spürbare<br />
Zäsur dar, die auch zu sukzessiven Veränderungen des Arbeitsalltages führte. Neben den<br />
neuen Planungs- und Bauaufgaben, mit denen das Büro konfrontiert wurde und die eine<br />
behutsame Neujustierung bzw. allmähliche Anpassung an die grundlegend gewandelten<br />
Verhältnisse notwendig machte, ergab sich zudem bereits Anfang des Jahres 1990 eine<br />
wichtige personelle Umstellung, die sich langfristig auf die Arbeitsperspektive auswirken<br />
sollte. Denn anstelle von Dieter Meisl, dem engen Mitarbeiter seit den späten 1960er<br />
Jahren und langjährigen Büropartner zwischen 1980 und 1989, trat Roosje Rave, die Gattin<br />
von Rolf Rave, in die Büropartnerschaft ein und konnte mit ihrer unverstellten Sicht der<br />
(architektonischen) Dinge dem Büro neue, wertvolle Impulse geben. Zusammen mit Jan<br />
und Rolf Rave führte sie das Büro, welches sich nunmehr „Rave Architekten BDA“ nannte,<br />
Eckbebauung Schwedenstraße/Exerzierstraße in<br />
Berlin-Gesundbrunnen, um 1994<br />
Landesbank Berlin, Straßenfassade an der Prinzregentenstraße,<br />
um 1995<br />
Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene<br />
(WABOLU) in Berlin-Marienfelde, Zeichnung des<br />
Forschungs- und Laborgebäudes von Rolf Rave,<br />
1992<br />
WABOLU, Blick über die Versuchsbecken auf die<br />
Gerinnehalle, um 1998<br />
schließlich mit Umsicht und dem sicheren Gespür für das architektonisch Zeitgemäße und<br />
Angemessene durch die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts und brachte in zunehmenden<br />
Maße ihre Ideen in die Entwurfs- und Planungsprozesse ein, ohne die Federführung<br />
von Jan und Rolf Rave und deren über Jahrzehnte entwickeltes entwurfliches Selbstverständnis<br />
infrage zu stellen.<br />
Betrachtet man die ersten Jahre nach 1990 im Speziellen, konnten neben den neuen Bauaufgaben,<br />
die sich vor dem Hintergrund der politischen Wende sehr bald in beträchtlicher<br />
Zahl einstellten und die Kapazitäten des Büros in vollem Umfang beanspruchten, zunächst<br />
noch eine Reihe von Projekten, die bereits während der 1980er Jahre planerisch entwickelt<br />
wurden, baulich verwirklicht werden. So kamen zum Beispiel von den am Ende des<br />
Jahrzehnts in Auftrag gegebenen Wohn- und Geschäftshäusern zwischen 1990 und 1992<br />
die beiden Eckbebauungen Schwedenstraße/Exerzierstraße in Berlin-Gesundbrunnen und<br />
Welserstraße/Viktoria-Luise-Platz in Berlin-Schöneberg zur Realisierung. Nahezu zeitgleich<br />
mit den genannten Gebäudekomplexen wurde das ebenfalls eine Ecke ausbildende Ärztehaus<br />
an der Seeburger Straße in Berlin-Spandau verwirklicht. Und 1993 stellte man das<br />
in Berlin-Charlottenburg, nahe dem Kurfürstendamm gelegene „Kempinski Plaza“ fertig,<br />
welche in großstädtischem Maßstab die rückwärtige Blockflanke des legendären Hotels<br />
Kempinski schloss. Ein Jahr später wurde der Bau des im zeitlichen Nachgang zur Internationalen<br />
Bauausstellung (IBA) Berlin zwischen 1992 und 1994 errichteten sogenannten<br />
Rundhofhauses in Berlin-Kreuzberg abgeschlossen, dessen Planungskontext, der bis in<br />
die frühen 1980er Jahre zurückreicht, im vorangegangenen Kapitel ausführlich behandelt<br />
worden ist. Seiner Fertigstellung folgten im Jahre 1995 das Bürogebäude der Landesbank<br />
Berlin an der Ecke Badensche Straße/Prinzregentenstraße in Berlin-Wilmersdorf sowie<br />
schließlich im Jahre 1997 die Übergabe der weitläufigen Gebäudeanlage des Instituts<br />
für Wasser-, Boden- und Lufthygiene in Berlin-Marienfelde, welche in fünfjähriger Bauzeit<br />
entstanden war.<br />
Wurden mit den genannten Projekten die in den 1980er Jahren von der IBA problematisierten<br />
großstädtischen Themen der „behutsamen Stadterneuerung“ und der „kritischen<br />
Rekonstruktion“ noch in die 1990er Jahre kontinuierlich fortgeschrieben, ist das inhaltliche<br />
Spektrum der neuen Bauaufgaben, die während der zehn Jahre bis zur Jahrtausendwende<br />
dem Büro überantwortet wurden, ungleich breiter gefächert und von unterschiedlichsten<br />
Inhalten bestimmt. Es reichte unter anderem von der Aufstellung eines Flächennutzungsplanes<br />
für eine Kleinstadt in Sachsen und dem Entwicklungsplan einer peripheren Industriebrache<br />
über die Teilnahme am städtebaulichen Wettbewerb für die Süd-City Dresdens<br />
und den Entwurf für ein Jugendhotel in Berlin-Mitte bis zur Errichtung eines Schnellrestaurants<br />
sowie der Entwicklung des Beistelltisches Tabletto für die Serienfertigung.<br />
162 163
Ausgewählte Bauten und Projekte<br />
ABGEORDNETENHAUS VON BERLIN im Gebäude<br />
des ehemaligen preussischen Landtags<br />
1990–93<br />
Berlin-Mitte, NiederkirchnerStrasse 5<br />
„Für uns war es wohl die größte Herausforderung unserer 50-jährigen Bürogemeinschaft,<br />
den wundervollen, großzügigen und klaren Bau des ehemaligen Preußischen Landtags,<br />
ein genialer Entwurf von Friedrich Schulze, aus dem Dornröschenschlaf eines DDR-Ministeriums<br />
zu holen und zu einem strahlenden Haus für die Abgeordneten eines neuen<br />
vereinigten Berlins zu gestalten, Geschichte zu erhalten und Gegenwart mit Blick in die<br />
Zukunft zu manifestieren.<br />
Es war wohl Jürgen Wohlrabe, der damalige Präsident des Abgeordnetenhauses, der sich<br />
gegen einen Wettbewerb und für uns als planende Architekten einsetzte – nicht nur aus<br />
Zeitgründen, sondern auch aus Vertrauen zu uns, die wir durch unsere jahrelangen Arbeiten<br />
am Rathaus Schöneberg die Usancen des parlamentarischen Betriebs kannten. Diese<br />
Entscheidung fiel natürlich auch im Verbund mit Günter Ecker als dem Vertreter des Bausenats,<br />
mit dem sich über die Jahre ein kreatives Vertrauensverhältnis entwickelt hatte.<br />
Wir hatten ad hoc eine Mannschaft zwischen zehn und 15 Architektenkollegen bereitzustellen<br />
und mit dieser vor Ort in wechselnden Räumen ein Planungsbüro einzurichten.<br />
Auch wir sollten uns durch eine weitere Person, Marina Stankovic, verstärken. Während<br />
das Gebäude von allen historisch unbedeutenden Einbauten gesäubert wurde, galt es<br />
doch die Spuren der drei Epochen Preußen, NS-Regime und DDR zu erhalten oder sogar<br />
zu restaurieren. Hier war denn auch unsere permanente Präsenz sinnvoll, ja notwendig,<br />
denn erst langsam entstand aus dem Umgang mit dem Gebäude eine Art Generalkonzept,<br />
das über alle Einzelmaßnahmen hinweg Gültigkeit haben musste: alt und neu zu<br />
einem erkennbaren Dialog zu bringen. So galt die Grundregel, alles Vorhandene in ‚Form<br />
und Farbe’ abzugrenzen gegen alles Neue durch ‚Funktion und Material’.<br />
Selbstverständlich waren in dem Begriff ‚Funktion’ alle Medien eingeschlossen, wie Heizung,<br />
Lüftung, Belichtung und Beleuchtung. Für den Plenarsaal war eine Klimatisierung<br />
notwendig, die natürliche Belichtung durch das vorhandene Glasdach sollte kontrollierbar<br />
sein und durch künstliche Beleuchtung ergänzt werden können. Von großer Bedeutung<br />
war die Akustik (‚parlare’), die auch ohne Verstärkung funktionieren sollte; weitere Anforderungen<br />
waren die Flexibilität der Sitze für die Abgeordneten, zeitgleiche Ergebnisse<br />
bei Abstimmungen auf gut sichtbaren Screens, drei Positionen für simultane Kameraaufzeichnungen<br />
sowie Sicherheit und Orientierbarkeit für alle Personen auch im Falle von<br />
Gefahren durch kurze Rettungswege.“<br />
r.R.<br />
Abgeordnetenhaus von Berlin, Ansicht der<br />
Hauptfassade an der Niederkirchnerstraße<br />
Teil der Besucher- und Pressetribüne,<br />
Blick auf die streuenden und schluckenden<br />
Akustik lamellen<br />
174 175
Rechte Seite:<br />
Blick auf die Hauptfassade des wiederhergestellten<br />
Gebäudes mit Vorplatz<br />
Dachlandschaft des Gebäudes von Süden nach<br />
Norden gesehen<br />
Neubauteil mit Büros in einem der Lichthöfe<br />
Blick in die dreifach klarverglaste Decke des<br />
Plenarsaals<br />
Verbindungsgang zwischen den Aufzugstürmen<br />
180 181
BÜRO- UND GESCHÄFTSHAUS<br />
KönneritzstraSSe, Dresden<br />
1990–96<br />
Dresden, KönneritzstraSSe 8 – 10, MaxstraSSe, Ostra-allee<br />
Die abgerundete Gebäudeecke zur Maxstraße<br />
mit Reinigungsbalkonen und Sonnenschutz<br />
Rechte Seite:<br />
Ansicht der Blockkante an der<br />
Könneritzstraße, der Einschnitt markiert den<br />
Zugang zur Passage.<br />
Eingangsbereich der Ausstellungshalle mit roten<br />
Amphoren von Heinrich Brummack<br />
Blick auf die Hoffassade mit horizontalen<br />
Aluminiumwellen<br />
„Die Bebauung an der Könneritzstraße schließt als letzter Baustein die dritte Seite des<br />
Dreiecks zur Hochbahn hin. So schien es uns schlüssig, eine abweichende Sprache<br />
für diese Fassade zu entwickeln – ohne Elbsandstein, leichter, etwas technoider. Auch<br />
könnten hier – von der Bahn her sichtbar – große Werbeflächen auf der Ebene des filigranen<br />
Sonnenschutzes erscheinen. Die spitze Südecke zur Maxstraße ist im Gegensatz<br />
zum Doppelspitz an der Ostecke leicht gerundet. Das nördliche Ende lässt sogar eine<br />
Lücke zum kleinen Kunsthof offen, bildet eine rue intérieure zur Kunsthalle und zum<br />
Hotel.“<br />
R.R.<br />
186 187
1992–96<br />
KAROW-NORD<br />
WOHNEN am Ballonplatz<br />
Berlin-WeiSSensee, Karow-Nord<br />
Gesamtmodell der Ballonplatzbebauung<br />
Bebauung der Westseite des Platzes mit<br />
offenen Loggien<br />
„Für die GEHAG, jene schon in den 1920er Jahren mit Großsiedlungen wie der Hufeisensiedlung<br />
in Britz betrauten Wohnungsbaugesellschaft, entstand unter der Federführung<br />
von Thomas Nolte in kürzester Zeit nach einer Generalplanung von Charles Moore und<br />
Robert Yudell ein Wohngebiet mit 5200 Wohnungen am nördlichen Stadtrand Berlins in<br />
der Nähe des Dorfes Karow – das sogenannte Karow-Nord.<br />
Ein Informationsblatt des Bauträgers illustriert die Vorstellungen, die mit dem Siedlungsneubau<br />
verbunden waren: ‚Abkehr von der Monokultur – Das breite Angebot unterschiedlicher<br />
Wohnformen ist Ausdruck einer bewussten Abkehr von städtebaulichen Konzeptionen<br />
der Vergangenheit. Von Anfang an standen statt kurzfristiger Bedarfsdeckung<br />
Wohnniveau und Lebensqualität im Mittelpunkt. Deshalb wird Karow-Nord keine triste<br />
Schlafstadt, sondern ein eigenständiger, lebendiger, familienfreundlicher Stadtteil in direkter<br />
Verbindung zur ländlich geprägten Umgebung. Insgesamt 76.000 Quadratmeter Grünfläche<br />
sind in Berlin-Karow selbst vorgesehen, für längere Ausflüge zu Fuß oder mit dem<br />
Fahrrad bieten sich zwei ausgedehnte Naherholungsgebiete in der Umgebung an. Parallel<br />
zum Wohnungsbau wird eine ausgereifte soziale Infrastruktur fertiggestellt: 17 Kindertagesstätten,<br />
eine Grundschule, eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, zwei Jugendfreizeiteinrichtungen<br />
und eine Großsportanlage. Zur Nahversorgung der Mieter ist<br />
außerdem die Ansiedlung von Geschäften, Handwerks- und Gewerbebetrieben geplant.’<br />
Der zentrale Ort dieses neuen Siedlungsgebietes, an dem unterschiedliche Architekturbüros<br />
beteiligt waren, wird durch einen ovalen Platz mit nordsüdlich verlaufender Längsachse<br />
gebildet. Dieser Bereich wurde durch unser Büro geplant. Er besteht aus den<br />
beiden geschwungenen Platzseiten mit jeweils sechs Häusern (216 Wohnungen), deren<br />
Flügelbauten mit jeweils drei Häusern und einem quadratischen Würfelbau mit Läden im<br />
Erdgeschoss und einem Zeltdach in der Achse der diagonalen Erschließungsstraße. Viergeschossigkeit<br />
und ausgebautes Dachgeschoss galten als verbindliche Planungsvorgaben<br />
für das ganze Gebiet – ohne Aufzüge und ohne ausgewiesene Parkplätze.<br />
Insofern gab es gewisse Ähnlichkeiten zu den Siedlungen der 1920er Jahre und insofern<br />
war es auch nicht ganz zufällig, dass sich stilistisch einiges aus dieser Zeit so großartiger<br />
Vorbilder in die Gestaltung einschlich – und ist nicht auch der ovale Medaillon-Platz ein<br />
vornehmer Nachkomme des Britzer Hufeisens von Bruno Taut?<br />
Eine geringe Abweichung der Platzachse von der Nordsüd-Richtung erlaubte uns eine<br />
kleine Asymmetrie: Die etwas nach Süden geneigte Seite hat offene Loggien, die andere<br />
Seite eine Wintergartenverglasung. Ansonsten harmonisieren die städtebauliche Form,<br />
der weiße Putz, eine graublaue Fuge zum starken Gesims, mit Zinkblech verkleidete<br />
Dach aufbauten und ein Satteldach in schlichtem Ziegelrot.“<br />
R.R.<br />
194 195
1994<br />
CARITÀ-SHOP<br />
Berlin-Wilmersdorf, Ludwigkirchstrasse 14<br />
Abgang zum Untergeschoss<br />
Blick in einen der vier Behandlungsräume<br />
Durchgang mit Empfangstresen, der schwingende<br />
Kabinenseite sowie dem Produkteschrank<br />
Wendeltreppe zum Keller mit großem Wandschrank,<br />
im Hintergrund der Empfangsbereich<br />
„Im Ladengeschäft eines Mietshauses aus den 1980er Jahren sollte eine schmale, aber<br />
bis zum Hof durchgesteckte Mietfläche für die Firma CARITÀ als Repräsentanz, Verkaufsstelle<br />
und Studio eingerichtet werden, der Keller als Lagerfläche dienen. Gleich hinter der<br />
kleinen Verkaufs- und Beratungsfläche mit einem großen, vitrinenartigen Wandschrank<br />
schließen die vier Kabinen an. Eine gewellte Wand umspielt Stützen und Sanitärschächte<br />
und trennt die Kabinen ab, gibt ihnen eine eigene Räumlichkeit und bildet auf der Flurseite<br />
nischenartige Erweiterungen. Der dunkle Kunststeinboden, warme Birnenholzflächen und<br />
Glas sind die Akzente in der ansonsten reinweißen Raumfolge. Hierzu gehört auch das<br />
Geländer der Wendeltreppe zum Keller im hinteren Flurbereich.“<br />
R.R.<br />
200 201
Pergamonmuseum<br />
Grundinstandsetzung und Ergänzung<br />
1996–2000<br />
Berlin-Mitte, Am Kupfergraben 5<br />
„Unsere Überlegungen für den Erhalt und die Erneuerung des gesamten Baukomplexes<br />
betrafen die Sanierung der Dächer, die Einbeziehung eines überdachten Hofes<br />
in die Schausammlung, die Entfernung der provisorischen zentralen Zuwegung und<br />
das Schaffen eines neuen Eingangs auf der Südostseite direkt vom zurzeit im Bau<br />
befindlichen Eingangsgebäude, der James-Simon-Galerie am Kupfergraben; ferner<br />
eine innere Umstrukturierung, wozu auch der neue Standort der Mschatta-Fassade<br />
vor den Fenstern zur Hochbahn im Hauptgeschoss des Nordwestflügels zählt. Das<br />
Ausmaß der Überlegungen und die hieraus resultierenden Kosten waren so groß,<br />
dass unsere Tätigkeit auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Die Ansätze für eine<br />
Modernisierung der Schausammlung bezogen sich insbesondere beim Pergamonaltar<br />
auf eine weitgehende Einbeziehung des Tageslichts respektive eines gefilterten,<br />
aber direkten Sonnenlichts.“ R. R.<br />
Der überglaste Lichthof als zentraler Raum für<br />
Monumentalplastiken. Als Abschluss ein<br />
Säulengang in Verlängerung des neuen<br />
Eingangs Am Kupfergraben<br />
Der Pergamonaltar mit kontrollierter Tages- bzw.<br />
Sonnenbeleuchtung und deren Ersatz im Abendund<br />
Winterzeitraum durch den Einsatz zweier<br />
unterschiedlicher (warm/kalt) Leuchtmittel<br />
202 203
Modell zweier Präsentationsbereiche der<br />
Firma„Herbst-Klimatechnik“ auf der Messe in<br />
Hannover, 2001<br />
Modell des geplanten Gewerbeparks mit<br />
Hotel für Danzig, 2001<br />
Die Jahre nach 2000:<br />
Kontinuität des Wandels<br />
im Aufbruch in das neue Jahrtausend<br />
War die erste Hälfte der 1990er Jahre auf allen gesellschaftlichen Ebenen von der geradezu<br />
euphorischen Stimmung des Vereinigungsprozesses bestimmt, kennzeichnete die<br />
Wende zum neuen Jahrtausend ein sich bereits zum Ende der letzten Dekade abzeichnender<br />
deutlicher wirtschaftlicher Einbruch, der vor allem den Bausektor betraf. Er ging<br />
zwangsläufig mit erheblichen Einschnitten bei den bis dahin bis an die Kapazitätsgrenzen<br />
ausgelasteten Architekturbüros einher. Auch das der Raves blieb von den damit verbundenen<br />
Auswirkungen nicht verschont. Denn obschon eine Reihe von Projekten aus den<br />
späten 1990er Jahren in den Entwurfsplanungen weitergeführt werden konnte und das<br />
Büro damit vergleichsweise konsolidiert in das dritte Jahrtausend eintrat, musste es sich<br />
in der mittelfristigen Perspektive auf die neue Arbeitssituation bzw. die veränderten Arbeitsbedingungen<br />
einstellen. Und so wurde als Reaktion darauf der Personalbestand im<br />
Laufe des Jahres 2000 auf ein halbes Dutzend Mitarbeiter reduziert.<br />
Die mit diesem Schritt verbundene perspektivische Einschätzung der gewandelten Situation<br />
erwies sich dann schon sehr bald als richtig und äußerst realistisch. Denn hielt sich<br />
auch im Verlaufe der ersten Jahre nach der Jahrtausendwende der Auftragseinbruch bei<br />
den Raves in erträglichem Rahmen, sollten die zukünftigen Projekte in ihrer Anzahl, Größe<br />
und Komplexität doch wesentlich überschaubarer ausfallen. Auch erstreckten sich die Planungsabläufe<br />
nun in der Regel über längere Zeiträume, wobei etliche schon zur Baureife<br />
entwickelte Projekte aufgrund finanzieller Unsicherheiten oftmals zeitliche Zurückstellungen<br />
erfuhren bzw. einige überhaupt nicht zur Realisierung gelangten.<br />
So spannte sich der Bogen verschiedenartigster Bauaufgaben, die das Büro in den Jahren<br />
2000 bis 2002 durchzuführen hatte, vom Kantinenumbau des Maxim-Gorki-Theaters über<br />
einen umfänglichen Dachausbau eines Wohngebäudes in Berlin-Mitte oder den Einbau<br />
einer Filiale der Sparkasse in einen S-Bahnbogen am Berliner Ostbahnhof bis zum Bau<br />
zweier Ausstellungsbereiche für Heizungs- und Lüftungstechnik auf der Messe in Hannover.<br />
Einige bemerkenswerte Entwürfe, die ebenfalls in dieser Zeit entstanden sind, jedoch<br />
Planwerke blieben, waren der für eine Luther-Gedenkstätte in Wittenberg und der für<br />
einen mehrteiligen Gewerbepark mit einem Hotelkomplex für Danzig/Polen sowie grundlegende<br />
Typologiestudien zu einem Hochhaus für Berlin-Mitte.<br />
Hatte die Baukrise also zu einer deutlichen Verringerung und inhaltlichen Veränderung<br />
der Bauaufgaben geführt, stellte der zum Jahreswechsel 2001/2002 erfolgte Austritt Jan<br />
Raves aus der Bürogemeinschaft ohne Frage einen weiteren Einschnitt für das künftige<br />
Studie zu einem Hochhaus für Berlin-Mitte,<br />
2001<br />
Jan Rave in Buonconvento kurz vor seiner<br />
Abfahrt nach Ancona am 17. Mai 2004<br />
architektonische Schaffen des Büros dar. Denn sein nicht zuletzt altersbedingter Rückzug<br />
in das Privatleben vollendete gleichsam die nahezu 40 Jahre währende, gleichbleibend<br />
enge und einander kongenial ergänzende Partnerschaft mit seinem Bruder Rolf Rave, die<br />
für den Namen des Büros, seinen Ruf wie auch und vor allem für sein architektonisches<br />
Selbstverständnis stand, was es nun im Sinne der Kontinuität des Wandels, seines essentiellen<br />
Leitgedankens, mit Engagement und Entschlossenheit fortzuschreiben galt. Und<br />
Rolf und Roosje Rave stellten sich weiter der Fortführung des Büros in neuer Konstellation.<br />
2003 gesellte sich die ältere Tochter Emma Louise Rave als Gartenarchitektin hinzu, ab<br />
2004 Laura Veronika Rave mit eigenen Projekten. Mit Laura Rave entwickelt sich die Zusammenarbeit,<br />
insbesondere nach dem Umzug in die Pariser Straße, zu einem Neuanfang<br />
im partnerschaftlichen Dialog.<br />
Bevor Jan Rave sich jedoch aus der so festgefügten Konstellation herauslöste und die Leitung<br />
des Büros, als dessen „Urvater“ er sich begriff, vollends seinem Bruder Rolf und seiner<br />
Schwägerin Roosje überließ, beschäftigte er sich neben der Abwicklung anderer Projektplanungen<br />
in den letzten Monaten seiner aktiven Tätigkeit vor allem mit dem Um- und<br />
Ausbau seines Sommerdomizils auf der zu Kroatien gehörigen Insel Hvar (k 218 f.). Die<br />
Entwurfsaufgabe dieses Projektes in eigener Sache bestand darin, unter Einbeziehung der<br />
noch bestehenden Grundmauern eines einstmaligen Wohngebäudes in Hanglage ein behagliches<br />
Haus für die Familie zu schaffen. Jan Rave suchte hierbei mit sensiblem Gespür<br />
für das Überkommene einerseits und die dortige Bautradition andererseits in seiner Gestaltung<br />
auf die Charakteristika des Ortsbildes abzustellen und sich so mit dem Haus in die<br />
Topografie und umgebende Landschaft einzufügen. Nach Abschluss der Planungen erfolgte<br />
schließlich in den Jahren 2002/2003 der sukzessive Ausbau des Hauses. Seine endgültige<br />
Fertigstellung sollte Jan Rave jedoch nicht mehr erleben. Auf dem Wege nach Kroatien, wo<br />
er letzte Innenausbauten in Augenschein nehmen wollte, verstarb er am 18. Mai 2004 am<br />
Hafen von Ancona, von wo aus er mit der Fähre nach Hvar übersetzen wollte.<br />
Die letzte Begegnung Rolf Raves mit seinem Bruder schilderte dieser in einem bewegenden<br />
„offenen Brief“, den er im Angedenken des ersten Todestages von Jan Rave an die<br />
Freunde der Familie versandte: „Als ich zum 70. Geburtstag eines Freundes nach Buonconvento<br />
in Italien kam, schwärmte jeder, dem ich begegnete von Jan, seinem immensen<br />
Wissen, seinen lebendigen pointenreichen Geschichten, seiner fast jugendlichen Ausstrahlung.<br />
Drei Tage später stirbt Jan in Ancona, von wo aus er mit der Fähre zu seinem<br />
geliebten Ferienhaus auf Hvar fahren wollte, um letzte Hand für seinen 70. Geburtstag<br />
anzulegen, den er – wie unser Vater – [jedoch] nicht mehr erlebte. Er hatte kein langes Leben,<br />
aber ein unglaublich intensives. So hat er auch unglaublich intensiv gearbeitet. Schon<br />
seine Diplomarbeit an der TU Berlin – die sich mit der Neugestaltung von deren kriegsbeschädigtem<br />
Hauptgebäude an der Straße des 17. Juni befasste – war eine Antithese zu<br />
Kurt Dübbers’ realisierter [und heute noch existenter] glatter Fassade und stellte in jeder<br />
Beziehung hierzu einen mutigen Kraftakt dar. Sein letztes Projekt, noch selbst mit der<br />
Hand gezeichnet, war der Umbau des Hauses der schon mit unseren Eltern befreundeten<br />
Familie Hagen in der Bertinistraße in Potsdam, den er gegen große Widerstände in den<br />
Verwaltungen noch durchzusetzen vermochte. Dazwischen lagen 252 Projekte, an denen<br />
unser Architekturbüro seit 1990 auch mit der Schwägerin Roosje Rave tätig war. Dabei<br />
fand er immer noch Zeit, um Listen und Tabellen, Tagebücher und Korrespondenzen zu<br />
führen. Denn er fühlte sich der Geschichte verpflichtet. [So erschien von ihm] mit Stephan<br />
206 207
Dokumentation<br />
Lebensdaten 226<br />
Jan Ortwin Rave<br />
Roosje Francina Rave<br />
Rolf Jochen Rave<br />
Werkverzeichnis 228<br />
Realisierte Projekte und ihre Künstler 234<br />
Mitarbeiter und In der Architektengemeinschaft<br />
tätige Kollegen 235<br />
Personenregister 236<br />
Danksagung 238<br />
Abbildungsnachweise 239<br />
225
Lebensdaten<br />
JAN ORTWIN RAVE<br />
ROLF JOCHEN RAVE<br />
1934 geboren am 29. Oktober in Potsdam, Melonerie,<br />
Am Grünen Gitter 10<br />
1968 Mitwirkung an der Vorbereitung der Ausstellung<br />
Diagnose zum Bauen in Berlin<br />
1936 geboren am 21. März in Potsdam / Melonerie, Am<br />
Grünen Gitter 10<br />
1966 Berliner Kunstpreis Junge Generation für Baukunst<br />
zusammen mit Jan Rave<br />
1939 Umzug nach Berlin-Dahlem, Völkerkunde-Museum,<br />
Arnim-Allee 23 A<br />
1946 Besuch des Arndt-Gymnasiums, Berlin-Dahlem,<br />
Abitur<br />
1952 Norditalienreise per Fahrrad mit Rolf Rave und<br />
Peter Limbach<br />
1954–61 Architekturstudium an der Technischen Universität<br />
Berlin bei Wolf Sand, Peter Poelzig, Hans Scharoun<br />
und Ernst F. Reuter<br />
1957 Stipendium an der Ecole des Beaux Arts in Paris<br />
1958 Tätigkeit im Büro von Werner Düttmann, Arbeiten für<br />
das Projekt Staats bibliothek<br />
Tätigkeit im Büro Perikles Sakellarios in Athen/<br />
Griechenland<br />
1962 Der Vater Paul Ortwin Rave, Kunsthistoriker und<br />
Schinkel-Forscher, stirbt<br />
Teilnahme am Wettbewerb zum Neubau<br />
Krematorium Ruhleben, 1. Preis<br />
1963 Arbeitsgemeinschaft mit Rolf Rave, zwei 1. Preise<br />
in Öffentlichen Wettbewerben, Bürogründung in der<br />
Knesebeckstraße 13 in Berlin-Charlottenburg<br />
1966 Berliner Kunstpreis Junge Generation für Baukunst<br />
mit Rolf Rave<br />
seit 1966<br />
Mitglied im Bund Deutscher Architekten und dem<br />
Deutschen Werkbund Berlin<br />
1971–76 Leiter des Referats II (Wettbewerbswesen) des BDA<br />
Berlin<br />
1977 Teilnahme an der Berliner Sommerakademie für<br />
Architektur mit dem Beitrag The City in the City<br />
1978–2002 Vorstandsmitglied des Vereins der Freunde der<br />
Nationalgalerie<br />
1979–83 Stellvertretender Vorsitzender des Bundes<br />
Deutscher Architekten (BDA) Berlin<br />
1983–86 Berater für Stadtgestaltung und Architektur des<br />
Senators für Bau- und Wohnungswesen, zusammen<br />
mit Jürgen Sawade und Manfred Manleitner<br />
1987 Die Mutter und Malerin Maria Theresia Rave, geb.<br />
Faensen, stirbt<br />
1987–93 Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten<br />
(BDA) Berlin<br />
1988 Juror bei der 2. Architektur-Biennale in Krakau/Polen<br />
1990 Bürogemeinschaft mit Roosje Rave<br />
1994 Gründung des Fördervereins Architekturpreis Berlin<br />
1995 Verleihung der Ehrenmitgliedschaft im BDA Berlin<br />
2001 Austritt aus der Bürogemeinschaft mit Rolf und<br />
Roosje Rave<br />
2003 Herausgeber einer Biografie über M. Th. Rave<br />
2004 Jan Rave stirbt am 18. Mai 2004 nach einer Fahrt<br />
durch Italien in Ancona<br />
1939 Umzug nach Berlin-Dahlem, Völkerkunde-Museum,<br />
Arnim-Allee 23 A<br />
1947–52 Besuch des Arndt-Gymnasiums in Berlin-Dahlem<br />
1952 Norditalienreise per Fahrrad mit Jan Rave<br />
und Peter Limbach<br />
1953 Parisreise, fotografische Einlassungen<br />
1955 Gesellenprüfung als Zimmermann<br />
1955–63 Architekturstudium an der Hochschule für Bildende<br />
Künste, Berlin, bei Georg Neidenberger, Willy Claus,<br />
Wils Ebert, Will Grohmann, Edgar Wedepohl, Julius<br />
Posener und Walter Rossow<br />
1956 Praktikum im Architektenteam v. Hausen/O. Rave/<br />
Ruhnau, Münster<br />
1958 Praktikum bei Egon Eiermann in Karlsruhe<br />
1959 Tätigkeit bei Constantin Kitsikis in Athen/<br />
Griechenland<br />
1959/60 Tätigkeit bei Werner Wirsing in München<br />
1960/61 Tätigkeit bei Wils Ebert in Berlin<br />
und 1963<br />
1961 Begabtenstipendium im Rahmen des Fritz-<br />
Schumacher-Preises der Hansestadt Hamburg<br />
1962 Stipendium im Kulturkreis des Bundesverbandes der<br />
Deutschen Industrie<br />
1962 Der Vater Paul Ortwin Rave, Kunsthistoriker und<br />
Schinkelforscher, stirbt<br />
seit 1966<br />
Mitglied im Bund Deutscher Architekten und dem<br />
Deutschen Werkbund Berlin, Arbeit in dessen<br />
Vorstand, 1972–76 dessen Vorsitzender<br />
1969/70 Dozent an der Gartenakademie in Berlin-Dahlem<br />
1978–2002 Professor für Objekt-Design an der<br />
Fachhochschule Münster, Teilnahme und Preise<br />
bei Designwettbewerben im Bereich Straßenund<br />
Raumbeleuchtung, teilweise mit Christian<br />
Bartenbach<br />
1981 Herausgaber von Bauen der 70er Jahre in Berlin mit<br />
Hans-Joachim Knöfel und Jan Rave bei Kiepert<br />
1987 Die Mutter und Malerin Maria Theresia Rave, geb.<br />
Faensen, stirbt<br />
1987–89 Mitglied und Vorsitz des Beirats für Stadtgestaltung<br />
der Senatoren für Bau- und Wohnungswesen sowie<br />
Stadtentwicklung und Umweltschutz<br />
1990 Bürogemeinschaft mit Roosje Rave<br />
Herausgaber einer Fotodokumentation zum<br />
Um- und Ausbau des ehemaligen Preußischen<br />
Abgeordnetenhauses für das Abgeordnetenhaus<br />
des vereinigten Berlin<br />
1996 Mitgliedschaft im Internationalen Designzentrum<br />
(IDZ), Berlin<br />
2002/03 Beratende Tätigkeit für die Planung des<br />
Landesparlamentes in Potsdam, Prototypen für den<br />
Stadtschlossbereich<br />
2005 Herausgaber von Bauen seit 1980 in Berlin<br />
ROOSJE FRANCINA RAVE, geb. STAMM<br />
1950 geboren am 12. Juli in Utrecht/Niederlande<br />
1969 Abitur in Lohr am Main<br />
1970–75 Architekturstudium an der Technischen Universität<br />
Berlin<br />
1977 Tätigkeit im Büro „Architekten BDA, Jan und Rolf<br />
Rave“<br />
1986–90 Partnerschaft im Büro Hildebrandt+Partner<br />
1990 Partnerin bei RAVE Architekten<br />
1963 Tätigkeit im London County Council (LCC)<br />
Herausgabe des Architekturführers Bauen in Berlin<br />
seit 1900 zusammen mit Hans-Joachim Knöfel bei<br />
Ullstein<br />
Arbeitsgemeinschaft mit Jan Rave, zwei 1. Preise in<br />
Öffentlichen Wettbewerben, Bürogründung in der<br />
Knesebeckstraße 13 in Berlin-Charlottenburg<br />
2006 Umzug des Büros in die Pariser Straße 44 in<br />
Berlin-Wilmersdorf<br />
2009 Herausgeber von modern architecture in berlin<br />
bei Edition Axel Menges<br />
2011 Beteiligung an der Ausstellung Architekturbilder des<br />
Architekturmuseums der TU Berlin<br />
1975/76 Mitarbeit im Büro Rockenfeld/Berlin<br />
2010 Bürogemeinschaft mit Laura Rave<br />
226 227
Werkverzeichnis<br />
DIE LISTE,<br />
DAS IST EIN URSPRUNG DER KULTUR,<br />
SIE IST EIN TEIL DER KUNST.<br />
(Umberto Eco)<br />
Wohnanlage Königsallee, Berlin-Grunewald, 1967–74 k 61<br />
Wohnanlage Malteser Straße in Berlin-Lankwitz, 1968/69<br />
Deutsche Schule in Gizeh bei Kairo/Ägypten, 1968–77 k 63<br />
Umbau Haus Bahlsen am Chiemsee/Bayern1969<br />
Haus Plettner, Scharfe Lanke, Berlin-Spandau, 1969–71 k 66<br />
Haus am Wilden Eber/Eschenallee, Berlin-Dahlem, 1969–72 k 69<br />
1970er Jahre<br />
Wohnanlage Koenigsallee<br />
Eigentumswohnungen in der Eichenallee, Berlin-Westend, 1970–72 k 88<br />
Erweiterung der Landeszentralbank Berlin, Leibnizstraße, Berlin-Charlottenburg, 1970–73<br />
1960er Jahre<br />
realisiert / nicht realisiert<br />
Vorplanung Britz/Buckow/Rudow, Berlin-Neukölln, für Wils Ebert u. Walter Gropius, 1960<br />
Neubau des TU-Hauptgebäudes, Berlin-Charlottenburg (Diplomarbeit Jan Rave), 1961<br />
Wiederaufbau/Dachausbau, Knesebeckstraße 13, Berlin-Charlottenburg, 1961/62<br />
Krematorium Ruhleben, Berlin-Charlottenburg, Verwaltungsgebäude, zwei Dienstwohnungen,<br />
1962–72 k 29<br />
Verwaltungsakademie am Landwehrkanal, Berlin-Tiergarten, 1963<br />
Grundschule Büchsenweg, Berlin-Reinickendorf, 1963/64<br />
Haus Zöller, Berlin-Nikolassee, Eingangsbereich und Studio, 1963/64<br />
Jugendfreizeitheim Borsigwalde, Berlin-Reinickendorf, 1963–66 k 35<br />
Haus Bange, Einfamilienhaus, Berlin-Grunewald, 1964<br />
Ingenieurschule Ravensburg, 1964/65<br />
Studentenheim Regensburg, 1964/65<br />
Freizeitheim Berlin-Buckow/Rudow, 1964/65<br />
Museen am Matthäikirchplatz, Berlin-Tiergarten, mit J. P. Kleihues u. H. Moldenschardt, 1964/65<br />
Constanze <strong>Verlag</strong>shaus am Lützowplatz, Berlin-Tiergarten, 1964/65<br />
Wohnsiedlung Zabel-Krüger-Damm, Berlin-Reinickendorf, 1964–68 k 39<br />
Terrassenhäuser am Teufelsberg, Heerstraße/Kranzallee/Grethe-Weiser-Weg, Berlin-<br />
Charlottenburg, 1964–72 k 40<br />
Wohnanlage Titusweg, Berlin-Reinickendorf, 1965–70 k 42<br />
Stadterneuerung Wedding, Berlin-Wedding, 1965–73 k 44<br />
Wohnsiedlung Koppelweg, Berlin-Mariendorf, 1966<br />
Ferienhaus Wassermeyer in Fleckenberg/Sauerland, 1966<br />
Ausstellung „Deutsche Maler und Zeichner im 17. Jahrhundert“ im Schloss Charlottenburg,<br />
Berlin, 1966<br />
Ausstellung „Sakralbau in Berlin“ im Haus am Lützowplatz, Berlin-Tiergarten, 1966<br />
Restaurant „Knese“, Berlin-Charlottenburg, 1966/67 (nicht mehr vorhanden) k 49<br />
Läden und U-Bahn-Eingänge am Kurt-Schumacher-Platz, Berlin-Reinickendorf, 1966–70 k 51<br />
Bürogebäude, Rheinbaben-Allee, Berlin-Grunewald, 1966–68<br />
Wohnanlage Dohnenstieg, Berlin-Dahlem, 1967/68<br />
Entwicklungsplan für Lübars, Berlin-Reinickendorf, 1967/68<br />
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am Fehrbelliner Platz, Berlin-Wilmersdorf,<br />
1967–74 k 53<br />
Krematorium Ruhleben<br />
Jugendfreizeitheim Borsigwalde<br />
Stadterneuerung Wedding<br />
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte<br />
(BfA) am Fehrbelliner Platz<br />
(Abriss 1999) k 85<br />
Stadtleuchten für die Kantstraße, Berlin-Charlottenburg, 1971<br />
Verwaltungsgebäude der Borsig-Werke, Berlin-Tegel, 1971<br />
Bauten des Bundes auf der Rheinaue, Bonn, 1971/72<br />
Jugenstrafanstalt Plötzensee, Berlin-Charlottenburg, 1971<br />
Deutsche Schule, Rom/Italien, 1971<br />
Fitnessbereich/Pool, Haus Pohl-Frings, Gelfertstraße, Berlin-Dahlem 1971/72<br />
Haus Dr. Lau, Wessobrunn, 1971–73 k 89<br />
Wohnanlage Halm-/Stormstraße, Berlin-Westend, 1971–73 k 90<br />
Wohnhaus Württembergallee, Berlin-Westend, 1971–73 k 91<br />
Wohnhaus Carmerstraße, Berlin-Charlottenburg, 1971–74 k 92<br />
Wohn- und Geschäftshaus am Kurfürstendamm, Berlin-Charlottenburg, 1972–77 k 99<br />
Wohnanlage in Frohnau, Berlin-Heiligensee, 1972<br />
Steh-Sitz-Info-Tresen im Grethe-Weiser-Weg, Berlin-Westend, 1972<br />
Hochhaus Europa Center, Tauentzienstraße, Berlin-Tiergarten, 1972<br />
Ferienzentrum in Arkudi/Griechenland, 1972<br />
Wohnhaus Miquelstraße, Berlin-Dahlem, 1972–74 k 94<br />
Wohnhaus Stuhmer Allee, Berlin-Charlottenburg, 1972–74 k 96<br />
Altenheim, Graunstraße, Berlin-Wedding, 1972–80 k 100<br />
City-Entwicklungsplan für West-Berlin, mit Georg Heinrichs, 1973<br />
Zentrale der Berliner Bank, Bismarckstraße, Berlin-Charlottenburg, 1973<br />
Städtebaulicher Entwicklungsplan des Gebietes Berlin-Tiergarten/Landwehrkanal, 1973/74<br />
Gaststätte am Krematorium Ruhleben, Hempelsteig, Berlin-Ruhleben, 1973–76 (Abriss 1985)<br />
Altenwohnheim Gartenstraße, Berlin-Wedding, mit Dietz v. Beulwitz, 1973–76<br />
Spastikerzentrum, Kranzallee, Berlin-Westend, 1974<br />
Stadtteil Ruhwald mit 4500 Wohnungen, Berlin-Charlottenburg, 1974–76<br />
Kassenhalle und Anbauten Berliner Bank, Hardenbergstraße, Berlin-Charlottenburg, 1974–77<br />
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau/UdSSR, 1975<br />
Seminar über Farbe im Stadtbild am Beispiel Adalbertstraße, Berlin-Kreuzberg, mit Bernd Damke 1975<br />
Siedlung mit Reihenhäusern für die Neue Heimat, Berlin-Kladow, 1975–81<br />
Verwaltungsgebäude der GEW, Köln, 1976<br />
Gutachten Südliche Friedrichstadt/Blumengroßmarkthalle, Berlin-Kreuzberg, 1976/78<br />
Verwaltungsgebäude für die Victoria Versicherung, Düsseldorf, 1976<br />
Prototyp einer Tankstelle für ESSO, mit G. Nalbach u. B. Damke, 1976/77<br />
Städtebaulicher Wettbewerb, Wilhelmstraße, Südliche Friedrichstadt, Berlin-Kreuzberg, 1976–78<br />
Haus Plettner<br />
Eigentumswohnungen in der Eichenallee<br />
Altenheim Graunstraße<br />
Landeszentralbank (LZB) Leibnizstraße<br />
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