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Der Einfluss von Höflichkeit auf die mittelalterliche Briefkunst

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Franz Lebsanft<br />

1417) scheint es mir auch unökonomisch, gleichrangig neben das Kooperations- ein<br />

<strong>Höflichkeit</strong>sprinzip einzuführen. 5<br />

Unproblematisch ist es hingegen – wie auch Fraser (2001, 1418) konze<strong>die</strong>rt –<br />

eine <strong>Höflichkeit</strong>smaxime, <strong>die</strong> Grice (1989, 28) im Übrigen bereits selbst ins Spiel<br />

gebracht hatte, einzuführen. Des Weiteren weist Grice (1989, 26s.) dar<strong>auf</strong> hin,<br />

dass <strong>die</strong> Liste der Maximen nicht nur als offen, sondern auch als untergliedert<br />

gedacht ist. So löst er, allerdings ohne großen systematischen Ehrgeiz, <strong>die</strong> vier<br />

Grundmaximen jeweils in einzelne Submaximen <strong>auf</strong>. Die Konfiguration der vier<br />

Maximen untereinander bleibt eine unbeantwortete Frage. Grice (1989, 27) erwägt<br />

etwa, <strong>die</strong> Qualitätsmaxime prominent zu machen, weil sie <strong>die</strong> Voraussetzung für<br />

<strong>die</strong> Befolgung der anderen Maximen zu sein scheint. In einem «retrospective epilogue»<br />

insistiert er (1989, 371) <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sem Punkt. Schließlich formuliert Grice<br />

Kooperationsprinzip und Konversationsmaximen als an den Sprecher gerichtete<br />

Imperative. Als Grundlagen der Kommunikation handelt es sich aber natürlich<br />

auch um Aufforderungen an den Hörer, <strong>die</strong> Befolgung der Imperative seitens des<br />

Sprechers zu unterstellen. Insofern sollten den Sprecher-Maximen entsprechende<br />

Hörer-Maximen zur Seite gestellt werden (Heringer et al. 1977, 175).<br />

In «qualitativer» Hinsicht hat man früh <strong>die</strong> Frage nach der universellen Geltung<br />

der Kommunikationsprinzipien gestellt. Aus interkultureller, ethnographischer<br />

Sicht versuchte Keenan, ihre massive Skepsis an der Gültigkeit der Quantitätsmaxime<br />

bei Malagasy-Sprechern z. B. an folgendem Fall zu demonstrieren:<br />

«Interlocutors regularly violate this maxim. They regularly provide less information than is<br />

required by their conversational partner, even though they have access to the necessary information.<br />

If A asks B, «Where is your mother?» and B responds, «She is either in the house<br />

or at the market», B’s utterance is not usually taken to imply that B is unable to provide more<br />

specific information needed by the hearer. The implicature is not made, because the expectation<br />

that speakers will satisfy informational needs is not a basic norm» (Keenan 1976, 70).<br />

Mit Heringer (1994, 47s.) scheint mir allerdings <strong>die</strong> Annahme wesentlich plausibler,<br />

dass hier keineswegs <strong>die</strong> Validität der Quantitätsmaxime <strong>auf</strong> dem Spiel steht,<br />

sondern nur ein anderer Maßstab an <strong>die</strong> Angemessenheit des Informationsgehalts<br />

angelegt wird. Insofern verteidigt Heringer (1994, 48) <strong>die</strong> Universalität der Maximen,<br />

konze<strong>die</strong>rt jedoch interkulturelle Unterschiede bezüglich der «Ausführungsbestimmungen».<br />

Es ist nur folgerichtig, <strong>die</strong> Frage der Historizität <strong>von</strong> Kommunikationsprinzipien<br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser Argumentationsbasis anzugehen. Wenn es denn historisch<br />

verschiedene «Ausführungsbestimmungen» geben sollte, dann handelt es<br />

sich gewissermaßen um eine Art diachroner Interkulturalität.<br />

5 Lakoff 1973, Brown/Levinson 1978/1987, Leech 1983. Jucker 1988 schlägt vor, Kooperations-<br />

und <strong>Höflichkeit</strong>sprinzip unter das Relevanzprinzip zu subsumieren.<br />

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