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Fahrverbot für Baustellenraser - Gesunde Bauarbeit

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<strong>Fahrverbot</strong> <strong>für</strong> <strong>Baustellenraser</strong><br />

Wenn Appelle an die Vernunft versagen, helfen nur mehr Kontrollen und höhere Strafen<br />

Straßenbaustelle – typische Situation<br />

<strong>Bauarbeit</strong>er haben einen gefährlichen Job. Das ist bekannt. Es gibt viele Möglichkeiten auf<br />

der Baustelle sein Leben zu lassen. Die meisten tödlichen Unfälle passieren durch<br />

Absturz. Oft werden dabei Sicherheitsvorschriften missachtet. Auf Straßenbaustellen ist<br />

das anders. Vor Fahrzeugen, die mit hoher Geschwindigkeit in die Baustellen rasen, kann<br />

man sich nicht schützen.<br />

Sicherheitsstreifen von 0,5 bis 1 m, wie in der DIN vorgeschrieben, dienen allenfalls dazu,<br />

dass die <strong>Bauarbeit</strong>er von vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht direkt erfasst werden. Einen<br />

Fehler eines Kraftfahrers verzeiht das System Verkehr nicht. Die <strong>Bauarbeit</strong>er haben null<br />

Chance. Die Barke hält nichts auf, im Gegenteil, sie wird selbst zum tödlichen Geschoss.<br />

Oft werden auch nur Kunststoffkegel (Pylonen) eingesetzt.<br />

Insbesondere LKW-Fahrer stehen immer mehr unter Zeit- und Kostendruck. Sie<br />

versuchen, mit überhöhter Geschwindigkeit und verlängerten Fahrtzeiten, mit den oft<br />

ausländischen Billiglöhnern mitzuhalten. Bei Unfällen mit LKW haben die Kollegen<br />

überhaupt keine Chance.


Am Montag, 23. Juli 2007 kam es gleich zu zwei tödlichen Unfällen auf Baustellen. Mittags<br />

geriet auf einer Baustelle der A 70 bei Schweinfurt ein 7,5-Tonner in den Baustellenbereich<br />

und erfasste dort einen 26jährigen, der den Fahrbahnbelag mit einem Presslufthammer<br />

bearbeitete. Er starb noch an der Unfallstelle. Nach Angaben der Polizei war die Baustelle<br />

ordnungsgemäß abgesichert, der Verkehr wurde auf der linken Fahrspur vorbei geleitet.<br />

Keine 2 Stunden später wurde in Bielefeld-Senne Ortsteil Windelsbleiche ein 45jähriger<br />

<strong>Bauarbeit</strong>er aus Beckum, der vor einem Bahnübergang in einer Baustelle mit<br />

Fahrbahnmarkierungsarbeiten beschäftigt war, ebenfalls von einem 7,5-Tonner erfasst und<br />

zu Boden geschleudert. Er erlitt schwerste Kopfverletzungen und verstarb ebenfalls noch<br />

an der Unfallstelle.<br />

Vor drei Wochen fuhr ein LKW auf der A 1 bei Münster in eine Baustelle. Er krachte auf<br />

den hell erleuchteten LKW des Landesbetriebs Straßenbau NRW mit einer Absperrtafel<br />

dahinter. Bereits 500 Meter vor der Wanderbaustelle war ein rollendes Tempo-Schild<br />

aufgestellt worden. Gleichwohl muss der LKW-Fahrer die Baustelle komplett übersehen<br />

haben. Er prallte von hinten auf das Absperrfahrzeug und drückte es auf die davor<br />

fahrende Kehrmaschine. Diese wiederum prallte gegen eine Straßenfräse, die davor<br />

Fahrbahnmarkierungen abfräste und schleuderte die schwere Baumaschine über 70 Meter<br />

weit. Dem 43jährigen Fahrer der Fräse, der unter der Kehrmaschine eingeklemmt war,<br />

musste ein Bein amputiert werden. Der andere Kollege erlitt schwere<br />

Schädelverletzungen.<br />

Immer wieder fahren übermüdete Fahrer in Baustellen oder ins Stauende und richten<br />

unendliches Leid an. Zunehmend wird auch nachts gearbeitet, um den Verkehr möglichst<br />

wenig zu stören. Das Risiko ist dadurch <strong>für</strong> die <strong>Bauarbeit</strong>er noch größer als am Tag. Hier<br />

helfen keine Appelle, sondern nur mehr Kontrollen und härtere Strafen, auch gegen<br />

diejenigen, die <strong>für</strong> die Touren der Fahrer verantwortlich sind.<br />

Alkohol und Drogen sind neben Raserei und Müdigkeit weitere tödliche Gefahren <strong>für</strong> die<br />

Menschen auf den Baustellen, die ja gerade <strong>für</strong> die Autofahrer ihren gefährlichen Job<br />

machen.<br />

Auf der A 2 bei Emmen in der Schweiz raste Ende Juni ein alkoholisierter PKW-Fahrer in<br />

eine Baustelle. Er hatte 1,76 Promille im Blut. Drei Arbeiter wurden auf der Stelle getötet<br />

und sechs weitere zum Teil schwer verletzt. Die Tragödie geht weiter. Am 27. Juli verstarb<br />

der vierte Arbeiter, nachdem er vier Wochen mit dem Tod gerungen hat, im Alter von 22<br />

Jahren. Die junge Frau, welche die ganze Zeit an seinem Bett wachte, nahm sich darafhin<br />

das Leben.<br />

In den Baustellen wird viel zu schnell gefahren, zu riskant und zu unkonzentriert. Statt der<br />

erlaubten 60 km/h in Autobahnbaustellen werden 80 km/h gefahren. Wenn man erwischt<br />

wird, geht noch Toleranz ab, und der Rest ist mit 30 Euro Bußgeld überschaubar und<br />

kaum abschreckend.<br />

Ein Arbeiter, der von einem Fahrzeug mit 65 Stundenkilometern erfasst wird, hat so gut


wie keine Überlebenschance. Bei 30 km/h werden 5 %, bei 45 km/h werden 50 %, und bei<br />

65 km/h werden fast 100 % aller angefahrenen Fußgänger getötet. Richtigerweise<br />

müssten demnach auf Autobahnbaustellen 30 km/h Höchstgeschwindigkeit gelten. Wer<br />

will das? Freie Fahrt <strong>für</strong> freie Bürger?<br />

Wenn es aber nicht möglich ist, die <strong>Bauarbeit</strong>er mit technischen Maßnahmen zu schützen,<br />

dann haben Autofahrer in Baustellen eine wesentlich höhere Verantwortung. Darauf muss<br />

dringend aufmerksam gemacht werden. Und wer dass nicht einsehen will, dem muss man<br />

die Lizenz entziehen.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass <strong>Fahrverbot</strong>e deutlich mehr abschrecken als Geldstrafen.<br />

Jeder kann einen Fehler machen, der zu einem Unfall führt. In Baustellen zu schnell zu<br />

fahren ist kein Fehler, sondern das ist gewollt. Wer das tut, nimmt billigend in Kauf, dass er<br />

Menschen verletzt oder tötet. Hier müssen andere Maßstäbe gelten als <strong>für</strong> falsches<br />

Parken.<br />

Die Familien der <strong>Bauarbeit</strong>er möchten auch, dass der Mann, der Vater oder Sohn gesund<br />

heimkommt und nicht, dass jemand die Tasche nach Hause bringt und sagt:“ Wir müssen<br />

Ihnen leider eine traurige Nachricht überbringen.“<br />

Denken Sie bitte einmal dran, wenn Sie das Schild Baustelle sehen. Und hinter der<br />

Baustelle lesen Sie dann mit gutem Gewissen: „Danke <strong>für</strong> Ihr Verständnis“. Dem schließe<br />

ich mich an.<br />

Rudi Clemens

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