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Antwort auf die Beschwerde in Zivilsachen - Swiss Moot Court

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

<strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Zivilsachen</strong><br />

Team 5<br />

1


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

E<strong>in</strong>schreiben<br />

Schweizerisches Bundesgericht<br />

Av. du Tribunal fédéral 29<br />

1000 Lausanne 4<br />

ANTWORT AUF DIE BESCHWERDE IN ZIVILSACHEN<br />

von<br />

Manni AG, mit Sitz <strong>in</strong> Locarno, handelnd durch ihren Geschäftsführer M.<br />

Vertreten durch Team 5<br />

Beklagte<br />

gegen<br />

Arkis AG, mit Sitz <strong>in</strong> Locarno, handelnd durch ihren Geschäftsführer A.<br />

Vertreten durch Team X<br />

Kläger<strong>in</strong><br />

betreffend<br />

<strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong> gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Tess<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>gereicht <strong>in</strong> drei Exemplaren am 15. November 2010<br />

2


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 3<br />

Anträge ....................................................................................................................................... 4<br />

Begründung ................................................................................................................................ 4<br />

I. Formelles ................................................................................................................................. 4<br />

II. Tatsächliches ......................................................................................................................... 5<br />

III. Rechtliches ........................................................................................................................... 6<br />

A. Durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> angefochtene Punkte des kantonalen Entscheids .............................. 6<br />

B. Begründung der Beklagten ................................................................................................ 7<br />

1. Qualifikation der Vertragsverhältnisse ........................................................................... 7<br />

1.1.Vertragsverhältnis zwischen der der Manni AG und dem Architekten Rossi ......... 7<br />

1.2.Vertragsverhältnis zwischen der Arkis AG und der Manni AG .............................. 8<br />

2. Ansprüche aus Kostenüberschreitung ............................................................................ 9<br />

2.1. Qualifikation der Ausgabenprognose (des Kostendachs) ....................................... 9<br />

2.1.1. Qualifikation als wesentlicher Vertragspunkt ...................................................... 9<br />

2.1.2. Qualifikation als Pauschalpreis .......................................................................... 10<br />

2.1.3. Ke<strong>in</strong> Vorliegen ausserordentlicher Umstände .................................................... 11<br />

2.1.4. Verletzung der Anzeigepflicht durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> ............................................ 11<br />

2.2. Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ..................................................... 13<br />

2.2.1. Rückforderung e<strong>in</strong>er bezahlten Nichtschuld: Voraussetzungen ........................ 13<br />

2.2.2 Zusammenfassung ............................................................................................... 14<br />

3. Ansprüche aus Werkmängel ......................................................................................... 14<br />

3.1.Vorliegende Werkmängel ...................................................................................... 14<br />

3.1.1. Begriff des Werkmangels ................................................................................... 14<br />

3.1.2. Kostenüberschreitung ......................................................................................... 15<br />

3.1.3. Fehlender bitum<strong>in</strong>öser Überzug ......................................................................... 15<br />

3.2. Sofortige Mängelrüge ............................................................................................ 16<br />

3.3. Mängelrechte ......................................................................................................... 17<br />

3.3.1. Anspruch <strong>auf</strong> M<strong>in</strong>derung des Werklohnes ......................................................... 17<br />

3.3.2. Mangelfolgeschaden ........................................................................................... 18<br />

3.3.3. Zusammenfassung .............................................................................................. 19<br />

4. Eventualbegehren ......................................................................................................... 19<br />

3


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Anträge<br />

1. Die <strong>Beschwerde</strong> sei abzuweisen, da sie zu spät e<strong>in</strong>gereicht wurde.<br />

2. Der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Tess<strong>in</strong> sei vollumfänglich zu bestätigen und<br />

<strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> sei abzuweisen.<br />

3. Die durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> geforderte Rückbezahlung von 500‘000 CHF sei nicht zu gewähren.<br />

4. Es sei festzustellen, dass <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> der Beklagten den von der Vor<strong>in</strong>stanz zugesprochenen<br />

Betrag von 614‘240 CHF schuldete.<br />

5. Weiter sei festzustellen, dass der Beklagten gegenüber der Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Forderung aus<br />

Mangelfolgeschaden gemäss Ziff. 3.3.2 zusteht.<br />

6. Der Kläger<strong>in</strong> seien <strong>die</strong> ordentlichen und <strong>die</strong> ausserordentlichen Kosten des Verfahrens<br />

<strong>auf</strong>zuerlegen. Der Beklagten sei e<strong>in</strong>e Parteientschädigung gemäss Tarif zuzusprechen.<br />

Eventualiter:<br />

Sollte das Bundesgericht das Vertragsverhältnis zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagten als e<strong>in</strong>en<br />

gemischten Vertrag qualifizieren, hat <strong>die</strong>s ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Beurteilung der<br />

Kostenüberschreitung und <strong>die</strong> unzulässige behauptete Forderung von 500‘000 CHF.<br />

1. Diesfalls fordert <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> Schadenersatz <strong>in</strong> Höhe von 500'000 CHF aus Verletzung der<br />

geschuldeten Sorgfaltspflicht bezüglich der E<strong>in</strong>haltung des Kostendachs sowie aus Verstoss<br />

gegen <strong>die</strong> Aufklärungspflichten des Be<strong>auf</strong>tragten gegenüber der Auftraggeber<strong>in</strong>.<br />

2. Der erlittene Schaden <strong>in</strong> Höhe von 114'240 CHF sei durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> zurückzuerstatten im<br />

S<strong>in</strong>ne der M<strong>in</strong>derung für mangelhafte Pläne.<br />

3. Der Kläger<strong>in</strong> seien <strong>die</strong> ordentlichen und <strong>die</strong> ausserordentlichen Kosten des Verfahrens<br />

<strong>auf</strong>zuerlegen. Der Beklagten sei e<strong>in</strong>e Parteientschädigung gemäss Tarif zuzusprechen.<br />

Begründung<br />

I. Formelles<br />

In formeller H<strong>in</strong>sicht ist <strong>die</strong> Klage abzuweisen. Die Kläger<strong>in</strong> wendet sich im Wesentlichen gegen <strong>die</strong><br />

Sachverhaltsfeststellung der Vor<strong>in</strong>stanz, welche das Bundesgericht gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG 1 nur<br />

mit grösster Zurückhaltung überprüft. In casu liegt seitens der Vor<strong>in</strong>stanz ke<strong>in</strong>e offensichtlich<br />

unrichtige oder rechtswidrig zustande gekommene Sachverhaltsfeststellung vor. Die Vorbr<strong>in</strong>gen der<br />

Kläger<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d daher re<strong>in</strong> appellatorischer Natur und s<strong>in</strong>d nicht zu hören. Im übrigen wird der<br />

<strong>Beschwerde</strong>schrift <strong>in</strong> formeller H<strong>in</strong>sicht nicht widersprochen.<br />

1 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110).<br />

4


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

II. Tatsächliches<br />

Die Manni AG (nachfolgend Beklagte) be<strong>auf</strong>tragte, nachdem sie am 3. Juni 2001 <strong>in</strong> Locarno e<strong>in</strong><br />

sanierungsbedürftiges Gebäude erworben hatte, <strong>die</strong> Arkis AG (nachfolgend Kläger<strong>in</strong>), mit den für e<strong>in</strong>e<br />

umfassende Sanierung und den Umbau notwendigen Architektur- und Statikstu<strong>die</strong>n, den technischen<br />

Stu<strong>die</strong>n sowie mit der Bauleitung.<br />

Am 2. Februar 2001 erfolge e<strong>in</strong>e Kostenschätzung für den Umbau und <strong>die</strong> Sanierung des Gebäudes<br />

durch den von der Beklagten be<strong>auf</strong>tragten Architekten M. Rossi. Gemäss dessen E<strong>in</strong>schätzung sollte<br />

sich der Gesamtkostenbetrag für sämtliche Arbeiten <strong>auf</strong> 1‘800‘000 CHF bel<strong>auf</strong>en. Am 21. Oktober<br />

2001 wurde <strong>die</strong>ser Betrag durch Mitteilung von M. Rossi <strong>auf</strong> 1‘700‘000 CHF reduziert, da gewisse im<br />

Betrag enthaltene Arbeiten bereits vorgenommen worden waren.<br />

Die Kläger<strong>in</strong> und <strong>die</strong> Beklagte schlossen im Dezember 2001 e<strong>in</strong>en Vertrag über <strong>die</strong> vom Architekten<br />

und von den Bau<strong>in</strong>genieuren zu erbr<strong>in</strong>genden Leistungen. Dieser Vertrag verweist <strong>in</strong> Punkt 3.1.<br />

„Betrag, der Anrecht <strong>auf</strong> e<strong>in</strong> Honorar gibt“ <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Kostenschätzung der Beklagten vom 2. Februar<br />

2001 über <strong>die</strong> Kosten der Bauarbeiten und der Vorarbeiten.<br />

Später beantragte <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Budgeterhöhung um 490‘000 CHF, da sich herausstellte, dass <strong>die</strong><br />

Fussböden erneuert und verstärkt werden mussten. Diese Erhöhung genehmigte <strong>die</strong> Beklagte am 3.<br />

November 2002; das neue Kostendach wurde def<strong>in</strong>itiv <strong>auf</strong> maximal 2‘200‘000 CHF festgesetzt.<br />

Die Kläger<strong>in</strong> teilte am 8. Mai 2003 per Brief mit, dass sich <strong>die</strong> voraussichtlichen Ausgaben <strong>auf</strong><br />

2‘100‘000 CHF bel<strong>auf</strong>en würden, also 100‘000 CHF weniger als maximal vere<strong>in</strong>bart wurde. Die<br />

Kläger<strong>in</strong> erläuterte dazu, dass von <strong>die</strong>sen Ausgaben 250‘000 CHF für Honorare vorgesehen seien und<br />

dass der Überschuss von 100‘000 CHF für noch zu verrichtende Arbeiten wie<br />

Sicherheitse<strong>in</strong>richtungen, e<strong>in</strong>e Brandmauer und e<strong>in</strong>en Feueralarm verwendet werden könnte. Die<br />

Beklagte genehmigte <strong>die</strong> Verwendung des Überschuss für <strong>die</strong> genannten Arbeiten, welche über <strong>die</strong><br />

vertraglich vere<strong>in</strong>barten h<strong>in</strong>ausg<strong>in</strong>gen, nicht.<br />

Am 17. Juli 2003 würden <strong>die</strong> Bauarbeiten abgeschlossen und das Werk abgenommen.<br />

Die Kläger<strong>in</strong> fakturierte mit Schlussabrechnung vom 28. Januar 2004 e<strong>in</strong>en Betrag von 2‘700‘000<br />

CHF, davon Honorare <strong>in</strong> der Höhe von 375‘000 CHF. Diesen Betrag bezahlte <strong>die</strong> Beklagte am 26.<br />

Februar 2004, obwohl sie ihn <strong>in</strong> Höhe von m<strong>in</strong>destens 500'000 CHF als nicht geschuldet betrachtete,<br />

da <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> ihr mit der Betreibung sowie mit der E<strong>in</strong>tragung e<strong>in</strong>es Bauhandwerkerpfandrecht<br />

drohte (was für <strong>die</strong> Beklagte zu Schwierigkeiten <strong>in</strong> Bezug <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Gewährung e<strong>in</strong>es weiteren<br />

benötigten Hypothekarkredits durch <strong>die</strong> Bank geführt hätte).<br />

5


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Am 4. September 2004 drang an der Nordseite des Gebäudes Schlammwasser <strong>in</strong> das Untergeschoss<br />

e<strong>in</strong>; <strong>die</strong>s <strong>auf</strong>grund mangelhafter Abdichtung der Mauern durch das verwendete Lösungsmittel. Gemäss<br />

Gutachten des Experten Esperti hätte anstelle <strong>die</strong>ses Lösungsmittels e<strong>in</strong> bitum<strong>in</strong>öser Überzug<br />

verwendet werden müssen, wie <strong>die</strong>s den Regeln der Baukunst entspricht. Den so entdeckten Mangel<br />

liess <strong>die</strong> Beklagte umgehend durch e<strong>in</strong>en Dritten beheben, um weitere Schäden und daraus<br />

resultierende zusätzliche Kosten zu vermeiden. Weiter war es wichtig, dass <strong>die</strong>ser Schaden schnell<br />

behoben wurde, da das Gebäude am 1. Oktober bezugsfähig se<strong>in</strong> musste. Die Kosten für <strong>die</strong> Arbeiten,<br />

welche durch das be<strong>auf</strong>trage dritte Unternehmen verrichtet wurden (nachträgliche Auftragung e<strong>in</strong>es<br />

bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs) beliefen sich <strong>auf</strong> 114‘240 CHF.<br />

Die Beklagte reichte am 18. Juli 2006 beim erst<strong>in</strong>stanzlichen Gericht des Kantons Tess<strong>in</strong> Klage e<strong>in</strong><br />

<strong>auf</strong> Rückzahlung von 500‘000 CHF unter anderem aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie<br />

Schadenersatz für den Betrag von 114‘240 CHF <strong>auf</strong>grund der Ausgaben zu Behebung des<br />

Wasserschadens. Dies, nachdem sich alle Bemühungen zur gütlichen E<strong>in</strong>igung mit der Kläger<strong>in</strong> als<br />

fruchtlos erwiesen hatten.<br />

Das erst<strong>in</strong>stanzliche Gericht hiess <strong>die</strong> Anträge der Beklagten teilweise gut, wor<strong>auf</strong> <strong>die</strong>se beim<br />

Kantonsgericht des Kantons Tess<strong>in</strong>s Berufung e<strong>in</strong>legte, welche vollumfänglich gutgeheissen wurde<br />

und <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> folglich zur Bezahlung von 614‘240 CHF an <strong>die</strong> Beklagte verurteilt wurde aus<br />

ungerechtfertigter Bereicherung sowie aus M<strong>in</strong>derungsrecht.<br />

III. Rechtliches<br />

A. Durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> angefochtene Punkte des kantonalen Entscheids<br />

Am 4. Oktober 2010 verurteilte das Kantonsgericht Tess<strong>in</strong> <strong>die</strong> Arkis AG zur Bezahlung von 500‘000<br />

CHF an <strong>die</strong> Manni AG unter anderem aus ungerechtfertigter Bereicherung wie auch zur Bezahlung<br />

von Schadenersatz <strong>in</strong> der Höhe 114‘240 CHF.<br />

Die Kläger<strong>in</strong> ficht <strong>die</strong>sen Entscheid des Kantonsgerichts an und verlangt, es sei festzustellen, dass sie<br />

weder <strong>die</strong> Rückzahlung von 500‘000 CHF aus ungerechtfertigter Bereicherung, noch Schadenersatz<br />

im Umfang von 114‘240 CHF schulde.<br />

Erstens behauptet <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong>, dass das kantonale Urteil <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht Bundesrecht verletze.<br />

Der Sachverhalt sei durch <strong>die</strong> kantonalen Gerichte <strong>in</strong> willkürlicher Art und Weise festgestellt worden,<br />

<strong>in</strong>dem nur <strong>auf</strong> das Gutachten e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Experten abgestellt wurde und dem Begehren der<br />

Kläger<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Gegengutachten anzuordnen, nicht entsprochen wurde. Es sei hier festgehalten, dass es<br />

sich beim vom erst<strong>in</strong>stanzlichen Gericht be<strong>auf</strong>tragten Experten Esperti um e<strong>in</strong>en neutralen, nicht durch<br />

e<strong>in</strong>e Partei bestimmten Experten handelt, der über ausgezeichnete Fachkenntnisse verfügt. Weiter<br />

6


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

möchte <strong>die</strong> Beklage dar<strong>auf</strong> h<strong>in</strong>weisen, dass der Sachverhalt mit dem Entscheid des Kantonsgerichts<br />

Tess<strong>in</strong> vom 4. Oktober 2010 abschliessend festgestellt wurde, da <strong>die</strong> Sachverhaltsfeststellung durch<br />

das Bundesgericht grundsätzlich nicht mehr überprüft werden kann. E<strong>in</strong>e offensichtlich unrichtige<br />

oder rechtswidrig zustande gekommene Sachverhaltsfeststellung im S<strong>in</strong>ne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist<br />

nicht ersichtlich.<br />

Zweitens bestreitet <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong>, dass der für <strong>die</strong> Sanierungs- und Umbauarbeiten zwischen den<br />

Parteien vere<strong>in</strong>barte Preis von 2‘200‘000 CHF als Maximalpreis zu qualifizieren sei, wie <strong>die</strong>s von der<br />

Vor<strong>in</strong>stanz festgestellt wurde. Die Beklagte hält dazu fest, dass spätestens am 3. November 2002 mit<br />

der Genehmigung der von der Kläger<strong>in</strong> beantragten Budgeterhöhung <strong>auf</strong> 2‘200‘000 CHF klarer<br />

rechtlich verb<strong>in</strong>dlicher Konsens über e<strong>in</strong> Maximalbudget von 2‘200‘000 CHF bestand.<br />

Weiter ist <strong>die</strong> rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch <strong>die</strong> Vor<strong>in</strong>stanz nicht zu beanstanden.<br />

B. Begründung der Beklagten<br />

1. Qualifikation der Vertragsverhältnisse<br />

1.1.Vertragsverhältnis zwischen der der Manni AG und dem Architekten Rossi<br />

Das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem von ihr be<strong>auf</strong>tragten Architekten ist als<br />

Auftrag zu qualifizieren. Der Architekt Rossi war <strong>in</strong> re<strong>in</strong> beratender Funktion für <strong>die</strong> Beklagte tätig<br />

und bekannterweise nicht befugt, <strong>die</strong>se Dritten gegenüber zu vertreten. Architekt Rossi war weder mit<br />

der Ausarbeitung der Pläne, mit der Vergabe der Arbeiten an <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Subunternehmen noch mit<br />

der Bauausführung betraut und handelte deshalb nicht als Vertreter der Beklagten. Betreffend <strong>die</strong><br />

Beurteilung der Rechtslage zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagten ist <strong>die</strong> Tatsache von Bedeutung,<br />

dass es sich beim Architekten Rossi weder um e<strong>in</strong>e Hilfsperson der Beklagten im S<strong>in</strong>ne von Art. 101<br />

OR noch um e<strong>in</strong>en Stellvertreter gemäss Art. 33 Abs. 2 OR handelt, da der Architekt gegenüber der<br />

Kläger<strong>in</strong> nicht weisungsbefugt war, ihm also nicht <strong>die</strong> Ausübung e<strong>in</strong>es Rechts der Beklagten<br />

übertragen wurde. 2<br />

Mit den Planungsarbeiten war alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> be<strong>auf</strong>tragt; sie hatte somit <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Punkt e<strong>in</strong>e<br />

selbständige Entscheidungsbefugnis. E<strong>in</strong>e allfällige (bestrittene) Intervention des Architekten Rossi,<br />

der lediglich im Innenverhältnis zur Beklagten beratend tätig war, führt deshalb nicht zu e<strong>in</strong>em<br />

Selbstverschulden das der Beklagten zurechenbar wäre bezüglich allfälliger Fehler bei der Planung<br />

oder der Bauleitung.<br />

2 Vgl. NEF URS, Obligationenrecht für Ingenieure und Architekten, 3. Auflage, Zürich 2000, S. 130 ff. (zit. NEF);<br />

vgl. auch BGE 95 II 43(E. 4c ff., S. 53 ff.) über <strong>die</strong> Voraussetzungen e<strong>in</strong>er Vertretung des Bauherrn durch den<br />

Architekten; BGE 130 III 591 (E. 5.5., S. 602 ff.).<br />

7


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Weiter besteht auch ke<strong>in</strong>e Vermutung, dass <strong>die</strong> Bauherr<strong>in</strong> durch den Architekten Rossi als Bauleiter<br />

vertreten wurde, da <strong>die</strong> Anwendung der SIA-Norm 118, <strong>in</strong>sbesondere von Art. 33 ff. nicht vere<strong>in</strong>bart<br />

wurde und somit ke<strong>in</strong>e externe Vollmacht vorliegt. 3<br />

1.2.Vertragsverhältnis zwischen der Arkis AG und der Manni AG<br />

Zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagten besteht e<strong>in</strong> Werkvertrag gemäss Art. 363 ff. OR, der <strong>die</strong><br />

Leistung der Sanierungs- und Umbauarbeiten des Gebäudes zum Gegenstand hat. Der Werkvertrag<br />

kennzeichnet sich dadurch, dass der Unternehmer e<strong>in</strong>en bestimmten Arbeitserfolg zu erbr<strong>in</strong>gen hat.<br />

Weiter ist es so, dass der Unternehmer das Risiko trägt, den Arbeitserfolg erbr<strong>in</strong>gen zu können. 4<br />

Abgrenzungsmerkmal des Werkvertrags zum e<strong>in</strong>fachen Auftrag ist, dass der Be<strong>auf</strong>tragte nur e<strong>in</strong><br />

Tätigwerden im Interesse des Auftraggebers schuldet ohne dass e<strong>in</strong> Leistungserfolg erbracht werden<br />

muss, der Unternehmer h<strong>in</strong>gegen das konkrete Werk, mith<strong>in</strong> also e<strong>in</strong>en Erfolg, schuldet (<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem<br />

Fall <strong>die</strong> Sanierung und den Umbau des Gebäudes). 5<br />

Gemäss der vor<strong>in</strong>stanzlichen Sachverhaltsfeststellungen war <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> als Totalunternehmer<strong>in</strong><br />

tätig, da sie sich zur Leistung aller Projektierungs- und Ausführungsarbeiten verpflichtet hatte. Sie war<br />

mit sämtlichen Arbeiten, den Architektur- und Statistikstu<strong>die</strong>n, den technischen Stu<strong>die</strong>n sowie der<br />

Bauleitung betraut. Im Gegensatz zu e<strong>in</strong>em Generalunternehmer, der das Werk gestützt <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Planung e<strong>in</strong>es Dritten ausführt, übernahm <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> im vorliegenden Fall auch sämtliche<br />

Projektierungsarbeiten. 6 Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung 7 ist e<strong>in</strong> solcher<br />

Totalunternehmervertrag <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gesamtheit dem Recht des Werkvertrags zu unterstellen. 8<br />

Festzuhalten gilt es auch, dass der Architekt Rossi lediglich <strong>die</strong> erste Kostenschätzung der Arbeiten im<br />

Umfang von 1‘800‘000 CHF vom 2. Februar 2001 tätigte und mit den Projektierungsarbeiten nichts zu<br />

tun hatte, ebenso wenig wie mit der Auswahl und der Be<strong>auf</strong>tragung der Subunternehmer. Für <strong>die</strong><br />

Ausführung der Sanierungs- und Umbauarbeiten be<strong>auf</strong>tragte nämlich <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

3 LENZLINGER GADIENT ANNETTE, Mängel- und Sicherungsrechte des Bauherrn im Werkvertrag, E<strong>in</strong> Vergleich<br />

zwischen dem Schweizerischen Obligationenrecht und der Norm 118 (1977/1991) das Schweizerischen<br />

Ingenieurs- und Architektenvere<strong>in</strong>s, Diss. Zürich 1993, S. 20 (zit. LENZLINGER GADIENT).<br />

4 ZINDEL GAUDENZ G./PULVER URS, Kommentar zu Art. 1-529 OR, <strong>in</strong>: Honsell He<strong>in</strong>rich/Vogt Nedim<br />

Peter/Wiegand Wolfgang (Hrsg.), Basler Kommentar Obligationenrecht I, 4. Auflage, Basel 2007, N 4 zu<br />

Vorbemerkungen Art. 363-379 OR (zit. ZINDEL/PULVER).<br />

5 ZINDEL/PULVER, N 8 zu Vorbemerkungen Art. 363-379 OR.<br />

6 ZINDEL/PULVER, N 13 f. zur Art. 363 OR.<br />

7<br />

ZINDEL/PULVER, N 13 zu Art. 363 OR; BGE 117 II 273 (E. 3a, S. 274) wonach sowohl der<br />

Werklieferungsvertrag als auch der Totalunternehmervertrag den Regeln des Werkvertrags unterstehen; 114 II<br />

53 (E. 2c, S. 57); BGer 4C.87/2003 vom 25.8.2003 (E.4.3.1); GAUCH PETER, der Werkvertrag, 4. Auflage,<br />

Zürich 1996 , N 235 ff. (zit. GAUCH); KOLLER ALFRED, Kommentar zu Art. 363-366 OR, der Werkvertrag, 3.<br />

Teilband, 1. Unterteilband, <strong>in</strong>: Hausheer He<strong>in</strong>z (Hrsg.), Berner Kommentar, Band VI, 2. Abteilung: Das<br />

Obligationenrecht, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Vertragsverhältnisse, Bern 1998, N 203 zu Art. 363 OR (zit. KOLLER);<br />

BÜHLER THEODOR, Kommentar zu Art. 363-379, der Werkvertrag, Teilband V 2d, <strong>in</strong>: Schönenberger<br />

Wilhelm/Gauch Peter/Schmid Jörg (Hrsg.), Obligationenrecht, V. Band, Zürich 1998, N 118 zu Art. 363 OR<br />

(zit. BÜHLER); CHAIX FRANÇOIS, Code des obligations art. 1-529, <strong>in</strong>: Thévenoz Luc/Werro Franz (Hrsg.),<br />

Commentaire Romand, Code des obligations I, Basel 2003, N 30 zu Art. 363 OR (zit. CHAIX).<br />

8 ZINDEL/PULVER, N 13 zu Art. 363 OR.<br />

8


<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Eigenverantwortung diverse Subunternehmer, wozu sie durch <strong>die</strong> Beklagte vorgängig ermächtigt<br />

worden war. Aus dem im Dezember 2001 mit der Beklagten geschlossenen Vertrag, Punkt 3.1., sowie<br />

aus den gesamten Umständen (namentlich Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>es Pauschalpreises mit der Kläger<strong>in</strong>,<br />

welche für den ganzen Betrag <strong>in</strong> eigenem Namen Rechnung stellte; selbständige Be<strong>auf</strong>tragung von<br />

Subunternehmern durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong>) geht klar hervor, dass <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> sich verpflichtet hatte, das<br />

Werk als Ganzes nicht nur zu planen und <strong>die</strong> Arbeiten zu be<strong>auf</strong>sichtigen, sondern <strong>auf</strong> eigene<br />

Verantwortung zu e<strong>in</strong>em Pauschalpreis auszuführen. Somit handelt es sich <strong>in</strong> casu klar um e<strong>in</strong>en<br />

Totalunternehmervertrag.<br />

Der Werkvertrag zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagen be<strong>in</strong>haltet <strong>die</strong> beiden<br />

Hauptleistungspflichten (Essentialia) des Werkvertrages: Die Kläger<strong>in</strong> wurde mit der „Herstellung des<br />

Werkes“ <strong>in</strong> Form von Renovations- und Umbauarbeiten 9 be<strong>auf</strong>tragt, <strong>die</strong> Beklagte zur „Leistung e<strong>in</strong>er<br />

Vergütung“ von maximal 2‘200‘000 CHF verpflichtet. 10<br />

2. Ansprüche aus Kostenüberschreitung<br />

2.1. Qualifikation der Ausgabenprognose (des Kostendachs)<br />

2.1.1. Qualifikation als wesentlicher Vertragspunkt<br />

Über den durch <strong>die</strong> Parteien vere<strong>in</strong>barten Maximalpreis von 2‘200‘000 CHF bestand klarer Konsens<br />

i.S.v. übere<strong>in</strong>stimmenden gegenseitigen Willensäusserungen der Parteien gemäss Art. 1 OR. 11 E<strong>in</strong><br />

Vertrag gilt als geschlossen gemäss Art. 1 OR, sobald e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung der Parteien über alle objektiv<br />

wesentlichen Vertragspunkte (essentialia negotii) gemäss Art. 2 Abs. 1 OR stattgefunden hat. 12 In casu<br />

hat klar e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung sowohl über <strong>die</strong> von der Beklagten zu leistenden maximale Höhe des<br />

Werklohnes wie auch über <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> zu verrichtende Arbeit betreffend Umbau- und<br />

Sanierung des Gebäudes stattgefunden. Der Werkvertrag ist folglich e<strong>in</strong>deutig gültig zustande<br />

gekommen. Es bestand Konsens über alle wesentlichen Vertragspunkte, es liegen ke<strong>in</strong>e<br />

Willensmängel vor, <strong>die</strong> Parteien waren bei Vertragsschluss rechts- und geschäftsfähig und spezielle<br />

Formvorschriften mussten nicht beachtet werden. 13<br />

Auch war für beide Vertragsparteien erkennbar, dass <strong>die</strong> Festlegung e<strong>in</strong>es Kostendachs im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />

maximalen Pauschalpreises, für <strong>die</strong> Beklagte e<strong>in</strong> subjektiv wesentlicher Punkt war, ohne den sie den<br />

Vertrag nicht abgeschlossen hätte.<br />

9 Im vorliegenden Fall geht es zwar nicht konkret um <strong>die</strong> Herstellung e<strong>in</strong>es Werkes, jedoch um <strong>die</strong> Veränderung<br />

oder Erhaltung e<strong>in</strong>er bestehenden Sache. Zu beachten: Auch <strong>die</strong> Renovation e<strong>in</strong>er Immobilie kann Gegenstand<br />

e<strong>in</strong>es Werkvertrags se<strong>in</strong> nach ZINDEL/PULVER, N 27 zu 371 OR und N 10 zu Art. 363 OR<br />

10 Vgl. BGE 127 III 519 (E. 2b, S. 523); BGE 122 III 10 (E. 3, S. 14).<br />

11 Vgl. zum Begriff des Konsens, BUCHER EUGEN, Kommentar zu Art. 1-529 OR, <strong>in</strong>: Honsell He<strong>in</strong>rich/Vogt<br />

Nedim Peter/Wiegand Wolfgang (Hrsg.), Basler Kommentar Obligationenrecht I, 4. Auflage, Basel 2007, N 4<br />

ff. zu Art. 1 OR (zit. BUCHER).<br />

12 BUCHER, N 20 ff. zu Art. 1 OR.<br />

13 Vgl. BUCHER, N 31 ff. zu Art. 1 OR.<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Selbst wenn sich <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> dar<strong>auf</strong> beruft, <strong>die</strong>se subjektive Wesentlichkeit sei für sie nicht erkennbar<br />

gewesen, so wurde <strong>die</strong>se doch spätestens offenbar durch <strong>die</strong> wiederholten H<strong>in</strong>weise der Beklagten<br />

dar<strong>auf</strong>, dass das festgelegte Kostendach e<strong>in</strong>zuhalten sei, was <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> jeweils stillschweigend<br />

h<strong>in</strong>genommen und somit akzeptiert hatte.<br />

2.1.2. Qualifikation als Pauschalpreis<br />

Gemäss Art. 373 Abs. 1 OR ist der Unternehmer verpflichtet, bei e<strong>in</strong>er im Voraus festgesetzten<br />

Vergütung das Werk um <strong>die</strong>se Summe fertigzustellen und darf ke<strong>in</strong>e Erhöhung fordern. Es handelt<br />

sich hier um e<strong>in</strong>en festen Werklohn, für den der Unternehmer grundsätzlich <strong>die</strong> Preisgefahr trägt. 14 Die<br />

Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>es solchen Kostendachs stellt e<strong>in</strong>en Pauschalpreis dar. Der für das Werk<br />

schlussendlich geschuldete Betrag bestimmt sich bis zur Höhe des Kostendachs nach Art. 374 OR,<br />

nach dem Wert der Arbeit also. Wird jedoch <strong>die</strong> Höhe des Kostendachs erreicht, stellt <strong>die</strong>ses e<strong>in</strong>en<br />

Pauschalpreis dar gemäss Art. 373 Abs. 1 OR. 15 Bei e<strong>in</strong>em solchen Pauschalpreis handelt es sich um<br />

e<strong>in</strong>en unabänderlichen festen Preis (pacta sunt servanda). 16 Gemäss Art. 373 Abs. 1 OR kann der<br />

Unternehmer ke<strong>in</strong>e Erhöhung fordern, wenn se<strong>in</strong>e Auslagen grösser waren als vorgesehen. Aus der<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>die</strong>ses festgesetzten Preises folgt, dass der Unternehmer, d.h. <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong>, im<br />

vorliegenden Fall das Risiko e<strong>in</strong>er Abweichung trägt. Die Kläger<strong>in</strong> selbst hat <strong>die</strong> Erhöhung des<br />

Kostendachs um 490‘000 CHF am 24. September 2002 beantragt, wor<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Beklagte <strong>die</strong><br />

Budgeterhöhung am 3. November 2002 genehmigte und das Kostendach neu <strong>auf</strong> 2‘200‘000 CHF<br />

festgesetzt wurde. Spätestens damit anerkannte <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> stillschweigend, dass das vere<strong>in</strong>barte<br />

Kostendach e<strong>in</strong>en verb<strong>in</strong>dlichen Maximalpreis darstellte. Sofern <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> später das Gefühl hat,<br />

sie hätte e<strong>in</strong>en zu tiefen Pauschalpreis vere<strong>in</strong>bart, kann sie im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> nicht <strong>die</strong> Beklagte dafür<br />

behaften, es steht <strong>in</strong> ihrer Verantwortung bei der Planung e<strong>in</strong>e korrekte Kostenprognose zu erstellen. 17<br />

Zudem hat <strong>die</strong> Beklagte <strong>die</strong> verrichteten Sanierungs- und Umbauarbeiten schätzen lassen und gemäss<br />

<strong>die</strong>ser Expertise beläuft sich der Wert der durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> geleisteten Arbeiten <strong>auf</strong> maximal<br />

2‘200‘000 CHF.<br />

Die getroffene Vere<strong>in</strong>barung über e<strong>in</strong>en Maximalpreis stellt auch nicht, wie von der Kläger<strong>in</strong><br />

behauptet, e<strong>in</strong>e Übervorteilung dar, da weder e<strong>in</strong> offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und<br />

Gegenleistung bestand (<strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> sollte ja nach dem Wert ihrer Arbeit bezahlt werden, bis zu e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Deckelbetrag, den sie massgeblich mitbee<strong>in</strong>flussen konnte), noch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> als<br />

unerfahren oder leichts<strong>in</strong>nig bezeichnet werden kann. Ausserdem wäre <strong>die</strong>se Rüge <strong>in</strong>nert e<strong>in</strong>es Jahres<br />

nach Abschluss des Vertrages vorzubr<strong>in</strong>gen gewesen und ist deshalb offensichtlich verspätet.<br />

14 ZINDEL/PULVER, N 1 zu Art. 373 OR.<br />

15 TERCIER PIERRE/FAVRE PASCAL G./CARRON BENOÎT, le contrat d’entreprise, <strong>in</strong> :TERCIER PIERRE/ FAVRE<br />

PASCAL G.(Hrsg.), Les contrats spéciaux, 4. Auflage, Genf/Zürich/Basel 2009, N 4755, prix plafond, re<strong>in</strong>er<br />

Höchstpreis ohne M<strong>in</strong>destpreis (zit. TERCIER/FAVRE/CARRON).<br />

16 ZINDEL/PULVER, N 5 f. zu Art. 373 OR; BGer 4C.90/2005 vom 22.6.2005 (E. 3.2); GAUCH, N 900 ff.<br />

17 ZINDEL/PULVER, N 12 zu Art. 373; BGer 4C.77/2005 vom 20.4.2005 (E. 5.1).<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

2.1.3. Ke<strong>in</strong> Vorliegen ausserordentlicher Umstände<br />

Gemäss der verb<strong>in</strong>dlichen Sachverhaltsfeststellung der Vor<strong>in</strong>stanzen liegen auch ke<strong>in</strong>e<br />

ausserordentlichen Umstände vor, welche <strong>die</strong> strenge B<strong>in</strong>dung der Kläger<strong>in</strong> an den festen Preis<br />

durchbrechen und e<strong>in</strong>e Preisanpassung rechtfertigen würden. Die Unvorhersehbarkeit von Umständen<br />

wird nach objektiver Betrachtungsweise nach dem Massstab e<strong>in</strong>es sachkundigen und sorgfältigen<br />

Unternehmers beurteilt. 18 Gemäss Gutachten des Experten Esperti hat lediglich <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> nicht<br />

sichergestellt, dass <strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong> Bauarbeiten <strong>in</strong>nerhalb des Kostendachs blieben, obwohl sie<br />

bereits am 10. Februar 2002 feststellte, dass das Budget für <strong>die</strong> Bauarbeiten knapp war und am 3.<br />

September 2002 bemerkte, dass es um ungefähr 10% würde überschritten werden. Aus dem Gutachten<br />

geht klar hervor, dass es e<strong>in</strong>deutig <strong>auf</strong> das Verschulden der Kläger<strong>in</strong> zurückzuführen ist, dass <strong>die</strong><br />

Kosten der Arbeiten nicht im vere<strong>in</strong>barten Budgetrahmen blieben. Die Überschreitung ist klar nicht<br />

<strong>auf</strong> unvorhersehbare Umstände zurückzuführen, sie wurde weder durch <strong>die</strong> im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

festgestellte Notwendigkeit der Verstärkung der Fussböden, noch durch andere Schwierigkeiten<br />

während der Bauarbeiten, noch durch zusätzliche durch <strong>die</strong> Beklagte gestellte Anforderungen, noch<br />

durch Mittel, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>gesetzt werden mussten, um <strong>die</strong> Bauarbeiten <strong>in</strong>nerhalb der Frist fertig zu stellen<br />

verursacht.<br />

2.1.4. Verletzung der Anzeigepflicht durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong><br />

Selbst wenn ausserordentlich Umstände vorliegen würden, hat <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> klarerweise ihre<br />

Anzeigepflicht verletzt. 19 Gemäss Art. 373 Abs. 2 OR verwirken allfällige Ansprüche des<br />

Unternehmers <strong>auf</strong> Neufestsetzung der Vergütung, wenn der Unternehmer nicht unverzüglich e<strong>in</strong>e<br />

Neufestsetzung des Werkpreises verlangt. 20 Im Gutachten wurde jedoch klar festgestellt, dass <strong>die</strong><br />

Kläger<strong>in</strong> <strong>die</strong> Beklagte nie über <strong>die</strong> absehbare Preisüberschreitung <strong>in</strong>formiert hatte, welche ihr<br />

e<strong>in</strong>deutig bewusst war. Vielmehr hat sie sogar drei Monate vor Beendigung der Arbeiten, am 8. Mai<br />

2003, e<strong>in</strong>en voraussichtlichen Budgetüberschuss von 100‘000 CHF mitgeteilt. Dieses Verhalten<br />

seitens der Kläger<strong>in</strong> stellt, abgesehen von der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen, auch<br />

offensichtlich e<strong>in</strong> Verhalten entgegen Treu und Glauben dar.<br />

Die Beklagte konnte <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Art und Weise überhaupt feststellen, dass <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> das Budget nicht<br />

werde e<strong>in</strong>halten können. Auch ihrem Be<strong>auf</strong>tragten, Architekt Rossi, war nicht zumutbar, <strong>die</strong>s<br />

festzustellen. Die Beklagte hatte mehrmals verlangt, über <strong>die</strong> f<strong>in</strong>anzielle Situation betreffend <strong>die</strong><br />

Bauarbeiten <strong>in</strong>formiert zu werden; <strong>die</strong>s wurde ihr jedoch immer verwehrt.<br />

18 ZINDEL/PULVER, N 14 ff. zu Art. 373 OR.<br />

19 Art. 365 Abs. 3 OR; GAUCH, N 1111 ff.; BÜHLER, N 33 zu Art. 373 OR; ERDIN RETO, Unvorhergesehenes<br />

beim Werkvertrag mit Festpreis, zur Tragweite von Art. 373 Abs. 2 OR, Diss. St. Gallen 1997,<br />

Bern/Stuttgart/Wien 1997, N 57 ff.<br />

20 ZINDEL/PULVER, N 26 zu Art. 373 OR; BGE 116 II 315 (E. 3, S. 15 f.) besagt, dass der Anspruch des<br />

Unternehmers <strong>auf</strong> Preiserhöhung verwirkt, wenn er trotz erkannter Abweichung vom vere<strong>in</strong>barten Preis das<br />

Werk fertigstellt ohne e<strong>in</strong>e Preisanpassung oder e<strong>in</strong>e Vertrags<strong>auf</strong>lösung zu verlangen.; a. M. GAUCH, N 1112,<br />

er ist der Auffassung, dass es sich bei der Anzeigepflicht „ausserordentlicher Umstände“ um e<strong>in</strong>e Obliegenheit<br />

handle; BÜHLER, N 36 zu Art. 364 OR.<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Allgeme<strong>in</strong>e Nebenpflichten, welche <strong>die</strong> Parteien zu beachten haben, ergeben sich nicht nur aus dem<br />

Werkvertragsrecht 21 selber, sondern allgeme<strong>in</strong> aus Art. 2 ZGB. Aus dem Grundsatz von Treu und<br />

Glauben und der Verpflichtung sich loyal zu verhalten können e<strong>in</strong>ige Nebenpflichten wie <strong>die</strong><br />

Sorgfalts-, Informations- und <strong>in</strong>sbesondere auch <strong>die</strong> Aufklärungspflicht abgeleitet werden, deren<br />

Verletzung e<strong>in</strong>e positive Vertragsverletzung darstellt. 22 Diese Nebenpflichten ergeben sich<br />

automatisch aus dem Vertrag. Beispielsweise hätte der durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> be<strong>auf</strong>tragte Architekt <strong>die</strong><br />

Bauherr<strong>in</strong> (Beklagte) dar<strong>auf</strong> h<strong>in</strong>weisen müssen, dass sie e<strong>in</strong>e Haftpflichtversicherung abschliessen<br />

müsste. 23 Weiter hat <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> klar ihre Aufklärungspflicht verletzt, als sie <strong>die</strong> Beklagte nicht über<br />

<strong>die</strong> voraussichtliche erhebliche Überschreitung des vere<strong>in</strong>barten Maximalpreises <strong>in</strong>formierte. Diese<br />

allgeme<strong>in</strong>e Nebenpflicht <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Aufklärungspflicht wird <strong>in</strong> Art. 364 Abs. 1 OR als Ausfluss<br />

der allgeme<strong>in</strong>en Sorgfaltspflicht des Unternehmers weiter konkretisiert. 24<br />

In Art. 364 OR s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>en Nebenpflichten des Unternehmers geregelt, <strong>die</strong> Sorgfaltspflicht <strong>in</strong><br />

Abs. 1, <strong>die</strong> Pflicht zur persönlichen Ausführung oder persönlichen Leitung der Ausführung des<br />

Werkes <strong>in</strong> Abs. 2 und <strong>die</strong> Pflicht zur Besorgung der erforderlichen Arbeitsmittel <strong>in</strong> Abs. 3. 25<br />

Im vorliegenden Fall hat <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>en Sorgfaltspflichten gemäss Art. 364 Abs. 1 OR<br />

verletzt, <strong>in</strong>dem sie ihrer Aufklärungspflicht 26 über <strong>die</strong> erkennbare unzulässige Kostenüberschreitung,<br />

nicht nachgekommen ist. Sie hätte <strong>die</strong> Beklagte darüber <strong>auf</strong>klären müssen, dass sie den vere<strong>in</strong>barten<br />

Maximalpreis bei weitem nicht werde e<strong>in</strong>halten können. Die Kläger<strong>in</strong> trifft klar <strong>die</strong> Pflicht, e<strong>in</strong>e<br />

erkennbare übermässige Kostenüberschreitung ohne schuldhaftes Verzögern anzuzeigen. 27 Gemäss<br />

des Gutachtens durch den Experten Esperti hat es <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutig unterlassen, <strong>die</strong><br />

Kostenüberschreitung des Maximalpreises um 500‘000 CHF ohne Verzögerung anzuzeigen.<br />

Weiter ergibt sich e<strong>in</strong>e solche Aufklärungspflicht aus Art. 56 Abs. 3 i.V.m Art. 25 SIA-Norm 118.<br />

Art. 56 Abs. 3 SIA-Norm 118 besagt, dass wenn während der Ausführung der Arbeiten ersichtlich<br />

wird, dass <strong>die</strong> angegebenen Gesamtkosten voraussichtlich überschritten werden, der Unternehmer <strong>die</strong>s<br />

unverzüglich anzeigen muss gemäss Art. 25. Obwohl <strong>die</strong> SIA-Norm im vorliegenden Fall nicht<br />

vere<strong>in</strong>bart wurde und somit nicht zur Anwendung kommt, kann sie als Auslegungsregel betreffend<br />

unklarer Vertragsklauseln <strong>die</strong>nen. 28 Weiter entsprechen <strong>die</strong> SIA-Normen den anerkannten Regeln der<br />

Baukunde gemäss Art. 229 StGB. Obwohl natürlich <strong>die</strong> strafrechtliche Betrachtung nicht automatisch<br />

21 Vgl. Art. 364 Abs. 1-3 OR.<br />

22 HONSELL HEINRICH, Kommentar zu Art. 1-456 ZGB, <strong>in</strong>: Honsell He<strong>in</strong>rich/Vogt Nedim Peter/Geiser Thomas<br />

(Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Auflage, Basel 2006, N 16 zu Art. 2 ZGB (zit. HONSELL);<br />

BGE 114 II 57 (E. 6 d/aa ff., S. 65 ff.); BGE 129 III 604 ( E. 4.2.1, S. 61 f.).<br />

23 HONSELL, N 16 zu Art. 2 ZGB; BGE 111 II 72 (E. 3d, S. 74 f.).<br />

24 Vgl. ZINDEL/PULVER, N 11 ff. zu Art. 364 OR.<br />

25 ZINDEL/PULVER, N 1 zu Art. 364 OR.<br />

26 BÜHLER, N 35 f. zu Art. 364 OR; CHAIX, N 8 zu Art. 364 OR.<br />

27 ZINDEL/PULVER, N 12 zu Art. 364 OR; BGer 4C.347/2003 vom 1.4.2004 (E. 4.2); GAUCH, N 1007, BÜHLER,<br />

N 27 zu Art. 364 OR.<br />

28 LENZLINGER GADIENT, S. 24 f.<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

auch im privatrechtlichen Verhältnis zur Anwendung kommt, ist es e<strong>in</strong> Indiz für e<strong>in</strong>e Art<br />

gewohnheitsrechtliche Bedeutung der SIA-Normen als allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen im<br />

Werkvertragsrecht. 29 Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass <strong>die</strong> SIA-Norm 118, obwohl<br />

nicht ausdrücklich vere<strong>in</strong>bart, dennoch <strong>die</strong> Verletzung der Aufklärungspflichten durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong><br />

gemäss Art. 364 Abs. 1 OR unterstreicht und bestätigt.<br />

2.2. Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />

Da ke<strong>in</strong>e vertragliche Verpflichtung und somit auch ke<strong>in</strong> Rechtsgrund besteht für <strong>die</strong> Bezahlung der<br />

500‘000 CHF, welche <strong>die</strong> Beklagte am 26. Februar 2004 zu viel bezahlt hat, wurde <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sem Betrag ungerechtfertigt bereichert.<br />

Es handelt sich <strong>auf</strong>grund von Art. 373 Abs. 1 OR wie schon erwähnt um e<strong>in</strong>e unzulässige<br />

Kostenüberschreitung, was aber zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt noch nicht letztgültig feststand. Durch <strong>die</strong><br />

Beklagte wurde e<strong>in</strong>e Nichtschuld bezahlt, welche nach Art. 63 Abs. 1 OR aus ungerechtfertigter<br />

Bereicherung herausverlangt werden kann.<br />

2.2.1. Rückforderung e<strong>in</strong>er bezahlten Nichtschuld: Voraussetzungen<br />

E<strong>in</strong>e freiwillig bezahlte Nichtschuld kann nur zurückverlangt werden, wenn drei Voraussetzungen<br />

erfüllt s<strong>in</strong>d: Erstens, muss <strong>die</strong> Leistung <strong>auf</strong>grund der Erfüllung e<strong>in</strong>er Schuld erbracht werden (causa<br />

solvendi), 30 zweitens, muss e<strong>in</strong>e nicht bestehende Schuld vorliegen und drittens, muss sich der<br />

Leistende im Irrtum befunden haben. 31 Der Irrtum kann auch e<strong>in</strong> unwesentlicher und somit e<strong>in</strong><br />

Motivirrtum se<strong>in</strong>. 32<br />

In Bezug <strong>auf</strong> <strong>die</strong> erste Voraussetzung kann festgehalten werden, dass <strong>die</strong> Bezahlung der durch <strong>die</strong><br />

Kläger<strong>in</strong> fakturierten 2‘700‘000 CHF klar im Zusammenhang mit der Erfüllung e<strong>in</strong>er Schuld im<br />

Umfang von 2‘200‘000 CHF stattgefunden hat. Weiter handelt es sich beim fakturierten Betrag von<br />

2‘700‘000 CHF um e<strong>in</strong>e Rechnung, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en höheren Betrag <strong>auf</strong>wies, als geschuldet war. Dieser<br />

fakturierte Betrag wurde am 26. Februar 2004 vorbehaltslos durch <strong>die</strong> Beklagte beglichen. Es handelt<br />

sich hierbei um <strong>die</strong> Bezahlung e<strong>in</strong>er Nichtschuld. 33 Auch nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat<br />

jemand, der zu viel leistet bzw. bezahlt <strong>auf</strong>grund e<strong>in</strong>er zu hohen Rechnung e<strong>in</strong>en<br />

Rückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. 34 Schliesslich hat sich <strong>die</strong> Beklagte bei<br />

der Bezahlung der 2‘700‘000 CHF e<strong>in</strong>deutig im Irrtum über das Bestehen e<strong>in</strong>es Rechtsgrundes<br />

29 Vgl. LENZLINGER GADIENT, S. 25 ff.; Vgl. ROELLI/FLEISCHANDERL Kommentar zu Art. 111-392 StGB, <strong>in</strong>:<br />

Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafrecht II, 2. Auflage, Basel 2007,<br />

N 16 zu Art. 229 StGB.<br />

30 SCHULIN HERMANN, Kommentar zu Art. 1-529 OR, <strong>in</strong>: Honsell He<strong>in</strong>rich/Vogt Nedim Peter/Wiegand<br />

Wolfgang (Hrsg.), Basler Kommentar Obligationenrecht I, 4. Auflage, Basel 2007, N 10 zu Art. 63 OR/ N 1<br />

zu Art. 63 OR, (zit. SCHULIN).<br />

31 SCHULIN, N 1 ff. zu Art. 63 OR; BGE 123 III 101 (E. 3a, S. 107).<br />

32 NEF, S. 155; SCHULIN, N 4 zu Art. 63 OR.<br />

33 SCHULIN, N 3 zu Art. 63 OR.<br />

34 BGE 127 III 421 (E. 3c, S. 426 f.).<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

befunden. 35 Zudem liegt e<strong>in</strong> Irrtum gemäss Art. 63 OR auch dann vor, wenn der Leistende (hier <strong>die</strong><br />

Beklagte) den Irrtum hätte erkennen müssen. 36<br />

2.2.2 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich bei dem zwischen den Parteien vere<strong>in</strong>barten<br />

Kostendach klar um e<strong>in</strong>en verb<strong>in</strong>dlichen Pauschalpreis handelt, da <strong>die</strong> Höhe des Kostendachs erreicht<br />

wurde. Die Beklagte hat genau <strong>die</strong>sen Maximalpreis zu bezahlen und nicht mehr. Es liegen ke<strong>in</strong>e<br />

ausserordentlichen Umstände vor, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Preisanpassung nach richterlichem Ermessen rechtfertigen<br />

würden. Deshalb besteht für den Betrag von 500‘000 CHF, welcher durch <strong>die</strong> Beklagte zu viel bezahlt<br />

wurde, ke<strong>in</strong> Rechtsgrund und es wurde e<strong>in</strong>e Nichtschuld bezahlt, <strong>die</strong> nach Art. 63 Abs. 1 OR<br />

zurückgefordert werden kann.<br />

3. Ansprüche aus Werkmängel<br />

Bei Abnahme wurden <strong>die</strong> geleisteten Arbeiten von der Bauherr<strong>in</strong>, unter Beizug ihres Architekten<br />

Rossi, gründlich und mit aller gebotenen Sorgfalt überprüft. Die Verwendung e<strong>in</strong>er Lösung anstelle<br />

des notwendigen bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs konnte bei <strong>die</strong>ser Gelegenheit jedoch nicht festgestellt<br />

werden, da <strong>die</strong>s von Auge nicht ersichtlich war und ke<strong>in</strong> Anlass bestand, an der korrekten Ausführung<br />

zu zweifeln. Entsprechend handelt es sich um e<strong>in</strong>en versteckten Mangel, der erst zu Tage trat als<br />

Schlammwasser e<strong>in</strong>drang und dafür <strong>die</strong> Ursache gesucht wurde.<br />

3.1.Vorliegende Werkmängel<br />

3.1.1. Begriff des Werkmangels<br />

Mangelhaftigkeit des Werkes liegt vor, wenn dem Werk vertraglich zugesicherte oder nach dem<br />

Vertrauenspr<strong>in</strong>zip geschuldete Eigenschaften fehlen. Es geht folglich um e<strong>in</strong>e Abweichung von der<br />

vertraglich geschuldeten Beschaffenheit des Werkes, um den Unterschied zwischen dem Zustand wie<br />

das Werk se<strong>in</strong> sollte und demjenigen wie es tatsächlich ist. 37 Es kann sich um e<strong>in</strong>en körperlichen,<br />

ästhetischen, ökonomischen oder rechtlichen Werkmangel handeln. 38 Entscheidend für <strong>die</strong><br />

Beurteilung, ob e<strong>in</strong> Werkmangel vorliegt, ist schlussendlich <strong>die</strong> Tatsache, dass das Fehlen der<br />

vertraglich zugesicherten Eigenschaft den Wert oder <strong>die</strong> Gebrauchstauglichkeit des Werkes<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt. Weiter handelt es sich beim Begriff des Werkmangels nicht um e<strong>in</strong>en technischen,<br />

sondern um e<strong>in</strong>en rechtlichen Begriff. 39 Demzufolge handelt es sich dabei um e<strong>in</strong>e Rechtsfrage, <strong>die</strong><br />

durch das Bundesgericht beurteilt werden kann. Die Beklagte macht zwei verschiedene Mängel des<br />

Werkes geltend, als erstes <strong>die</strong> Kostenüberschreitung des vere<strong>in</strong>barten Maximalpreises als<br />

35 SCHULIN, N 4 zu Art. 63 OR.<br />

36 SCHULIN, N 4 zu Art. 63 OR; BGer vom 10.11.2005, B 50/05 (E. 3.1); BGer vom 10.2.2004, B 87/00 (E. 2.4);<br />

BGE 129 III 646 (E. 3.2., S. 650), obiter dictum.<br />

37 ZINDEL/PULVER, N 9 zu Art. 368 OR; 114 II 239 (E. 5a/aa, S. 244).<br />

38 CHAIX, N 7 zu 368 OR.<br />

39 ZINDEL/PULVER, N 9 zu Art. 368 OR; GAUCH, N 1398 f.; CHAIX, N 6 zu Art. 386 OR.<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

ökonomischer Mangel und zweitens <strong>die</strong> fehlende Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen Überzugsmittel als<br />

körperlichen Mangel.<br />

3.1.2. Kostenüberschreitung<br />

E<strong>in</strong>e Kostenüberschreitung stellt e<strong>in</strong>en Werkmangel dar, weil nicht der vertraglich vere<strong>in</strong>barte Preis<br />

e<strong>in</strong>gehalten wurde. Es wurde e<strong>in</strong> Werk geliefert, welches mehr kostete als vertraglich vere<strong>in</strong>bart wurde<br />

und somit nicht das geliefert wurde, was geschuldet war. In casu wurde, wie bereits dargelegt wurde,<br />

e<strong>in</strong> Höchstpreis („prix plafond“) vere<strong>in</strong>bart, der <strong>auf</strong> ke<strong>in</strong>en Fall überschritten werden sollte. 40 Die<br />

Kostenüberschreitung von 500‘000 CHF stellt e<strong>in</strong>en ökonomischen Mangel dar. 41 Die Tatsache, dass<br />

<strong>die</strong>ser Mangel <strong>die</strong> Gebrauchsfähigkeit des Werkes nicht bee<strong>in</strong>trächtigt schliesst e<strong>in</strong>e Haftung des<br />

Unternehmers nicht aus. 42<br />

3.1.3. Fehlender bitum<strong>in</strong>öser Überzug<br />

Wie durch den von der ersten Instanz be<strong>auf</strong>tragten Experten festgehalten wurde, gibt es zwei<br />

Verfahren, welche verwendet werden können um e<strong>in</strong>e Betonmauer, welche als solche nicht<br />

wasserdicht ist, abzudichten. Das erste besteht dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Lösungsmittel zu verwenden, welches unter<br />

günstigen Umständen zu e<strong>in</strong>er Wasserabweisung von 95% führt. Das andere besteht im Auftragen<br />

e<strong>in</strong>es bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs, welcher e<strong>in</strong>e höhere Wasserabweisung <strong>auf</strong>weist, und von dem der<br />

Experte festgestellt hat, dass es gemäss den Regeln der Baukunst angewendet werden müsste.<br />

Da unter Fachleuten <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung vertreten wird, wie <strong>die</strong>s Gutachter Esperti festgestellt hat, dass <strong>die</strong><br />

Verwendung e<strong>in</strong>es bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs e<strong>in</strong>em Gebot der Regeln der Baukunst entspricht, stellt<br />

dessen Nichtverwendung e<strong>in</strong>en klaren Verstoss gegen Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) dar, weil sie<br />

nach der Vertragsauslegung gemäss Vertrauenspr<strong>in</strong>zip erwarten konnte, dass e<strong>in</strong> Werk geliefert wird,<br />

das den Regeln der Baukunst entspricht. Deshalb fehlt dem abgelieferten Werk e<strong>in</strong>e Eigenschaft,<br />

welche <strong>die</strong> Beklage nach dem Vertrauenspr<strong>in</strong>zip hätte erwarten dürfen, was e<strong>in</strong> Mangel gemäss Art.<br />

368 OR darstellt. 43<br />

Den durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> be<strong>auf</strong>tragen Bau<strong>in</strong>genieuren hätte klar se<strong>in</strong> müssen, dass e<strong>in</strong> solcher<br />

bitum<strong>in</strong>öser Überzug notwendig war. Die Kläger<strong>in</strong> kam <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Punkt ihren vertraglich<br />

geschuldeten Verpflichtungen nicht nach. Zudem ist es auch so, dass <strong>die</strong> Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen<br />

Überzugs kostenmässige e<strong>in</strong>e durchaus verhältnismässige Lösung darstellt; Alternativen wie <strong>die</strong><br />

Verwendung von Flüssigkunststoff s<strong>in</strong>d noch teurer. Zweifelsfrei wurde nicht nur festgestellt, dass <strong>die</strong><br />

40 TERCIER/FAVRE/CARRON, N 4755.<br />

41 Vgl. nach CHAIX, N 7 zu Art. 368 OR ist e<strong>in</strong> ökonomischer Mangel z. B. gegeben, wenn der Benz<strong>in</strong>verbrauch<br />

e<strong>in</strong>es Autos höher ist als (vertraglich) vorgesehen. Im vorliegenden Fall wurde e<strong>in</strong> höherer Betrag <strong>in</strong><br />

Rechnung gestellt als vertraglich vere<strong>in</strong>bart, <strong>die</strong>s führte zu erhöhten Ausgaben und ist e<strong>in</strong> ökonomischer<br />

Mangel.<br />

42 ZINDEL/PULVER, N 34 zu Art. 368 OR; BGE 89 II 232( E. 4a, S. 235); Vgl. GAUCH, N 1469.<br />

43 ZINDEL/PULVER, N 9 zu Art. 368 OR.<br />

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2011<br />

Team 5: <strong>Antwort</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Beschwerde</strong> <strong>in</strong> <strong>Zivilsachen</strong><br />

Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs den anerkannten Regeln der Baukunst entspricht und somit<br />

Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistungen wurde, sondern es kann auch aus der Tatsache,<br />

dass Schlammwasser <strong>in</strong> das Untergeschoss e<strong>in</strong>gedrungen ist, abgeleitet werden, dass <strong>die</strong> Verwendung<br />

<strong>die</strong>ses Verputzes unerlässlich war und somit <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong> schwerwiegendes Verschulden trifft. Das<br />

durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> erstellte Werk war klarerweise zum vorausgesetzten Gebrauch nicht tauglich<br />

<strong>auf</strong>grund Wasserundichtigkeit. Die Kläger<strong>in</strong> hätte zum<strong>in</strong>dest <strong>auf</strong> das Risiko der Wasserundichtigkeit<br />

h<strong>in</strong>weisen müssen und e<strong>in</strong>e Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs empfehlen.<br />

Ferner handelt es sich hier um e<strong>in</strong>en geheimen Mangel i.S.v. Art. 370 Abs. 3 OR. E<strong>in</strong> solcher Mangel<br />

war bei der Abnahme am 17. Juli 2003 nach ordentlicher Prüfung für <strong>die</strong> Beklagte klar nicht<br />

erkennbar. Die mangelhafte Beschaffenheit des Mauerwerks war während der Prüfungsfrist bei der<br />

Abnahme bereits vorhanden, jedoch zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt noch e<strong>in</strong> verborgener Mangel, der erst am 4.<br />

September 2004 zu Tage trat, als Schlammwasser <strong>in</strong> das Untergeschoss <strong>auf</strong> der nördlichen Seite des<br />

Gebäudes e<strong>in</strong>drang. 44<br />

3.2. Sofortige Mängelrüge<br />

Es steht ausser Frage, dass <strong>die</strong> Beklagte mit ihrer Rüge am siebten Tag ab Erkennbarkeit des Mangels<br />

ihrer Obliegenheit zur sofortigen Anzeige des Mangels an den Unternehmer nachgekommen ist.<br />

Wie erwähnt handelt es sich bei der fehlenden Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs <strong>auf</strong> den<br />

Mauern um e<strong>in</strong>en geheimen Mangel, der gemäss Art. 370 Abs. 3 OR sofort nach der Entdeckung<br />

gerügt werden muss. Die Mängelrüge bedarf nicht e<strong>in</strong>er bestimmten Form, jedoch muss sie<br />

sachgerecht substantiiert se<strong>in</strong> und klar zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen, dass der Besteller das Werk nicht als<br />

vertragskonform ansieht und dafür den Unternehmer behaften möchte. 45 Ob <strong>die</strong> Rügefrist von Art. 370<br />

Abs. 3 OR e<strong>in</strong>gehalten wurde, muss gemäss den Umständen des E<strong>in</strong>zelfalls bestimmt werden, je<br />

nachdem, um welche Art von Mangel es sich handelt. Gemäss Lehre und Rechtsprechung wird e<strong>in</strong>e<br />

Frist von sieben bis zehn Tagen als üblich angesehen. 46<br />

Die Beklagte hat den Mangel, der <strong>in</strong>folge E<strong>in</strong>tretens von Schlammwasser <strong>in</strong> das Untergeschoss <strong>auf</strong> der<br />

Nordseite des Gebäudes entstanden ist, nach 7 Tagen, am 12. September 2004 mitgeteilt. Sie hat somit<br />

<strong>die</strong> übliche Frist von sieben bis zehn Tagen klar gewahrt. Zudem hat <strong>die</strong> Beklagte den Mangel sofort<br />

durch e<strong>in</strong>en Dritten beheben lassen, um <strong>die</strong> Entstehung zusätzlichen Schadens zu verh<strong>in</strong>dern.<br />

44 ZINDEL/PULVER, N 5 ff. <strong>in</strong>sbes. N 7 zu Art. 370 OR.<br />

45 ZINDEL/PULVER, N 15 zu Art. 370 OR; BGE 107 II 172 (E. 1a, S. 175 mit weiteren Verweisen); BÜHLER, N<br />

47 zu Art. 370 OR.<br />

46 ZINDEL/PULVER, N 16 zu Art. 370 OR; BGer 4C.82/2004 vom 3.5.2003 (E. 2.3); siebentägige Rügefrist als<br />

angemessen erachtet <strong>in</strong> TERCIER/FAVRE/CARRON, N 4527 und ZEHNDER HANNES, <strong>die</strong> Mängelrüge im K<strong>auf</strong>-,<br />

Werkvertrags- und Mietrecht, <strong>in</strong>: SJZ 96 (2000) Nr. 23, S. 546 ff.<br />

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3.3. Mängelrechte<br />

3.3.1. Anspruch <strong>auf</strong> M<strong>in</strong>derung des Werklohnes<br />

Der Unternehmer (<strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong>) haftet kausal für Werkmängel; folglich muss der Besteller für <strong>die</strong><br />

Geltendmachung von Mängelrechten wie Wandelung, M<strong>in</strong>derung und Nachbesserung gemäss Art. 368<br />

OR ke<strong>in</strong> Verschulden der Kläger<strong>in</strong> geltend machen oder nachweisen. 47 Bei den drei erwähnten<br />

Gewährleistungsansprüchen handelt es sich um alternative Ansprüche. Die Wahl e<strong>in</strong>es<br />

Gewährleistungsanspruchs führt zum Untergang der anderen, ausser sie beziehen sich <strong>auf</strong><br />

verschiedene Mängel. 48<br />

Gemäss Art. 368 Abs. 2 OR steht der Beklagten e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>derungsrecht zu. Bei den beiden vorliegenden<br />

Mängeln der unzulässigen Preisüberschreitung wie auch des Nichte<strong>in</strong>haltens der anerkannten Regeln<br />

der Baukunst <strong>in</strong> Bezug <strong>auf</strong> den bitum<strong>in</strong>ösen Überzug handelt es sich um erhebliche Abweichungen<br />

vom Vertrag, <strong>die</strong> dem Besteller das Recht geben, e<strong>in</strong>en dem M<strong>in</strong>derwert des Werkes entsprechenden<br />

Abzug am Werklohn zu machen. 49 Da <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> geleistete Arbeit dem vere<strong>in</strong>barten<br />

Werkpreis von 2‘200‘000 CHF entspricht, hat <strong>die</strong>se ke<strong>in</strong>en Anspruch <strong>auf</strong> Bezahlung der zusätzlich <strong>in</strong><br />

Rechnung gestellten 500‘000 CHF. Würde <strong>die</strong> Beklagte dazu verurteilt, <strong>die</strong> geforderten 500‘000 CHF<br />

zu bezahlen, könnte sie <strong>die</strong>se aus M<strong>in</strong>derung zurückverlangen, da sie sonst e<strong>in</strong>en ökonomischen<br />

Mangel erleiden würde. In <strong>die</strong>sem Fall entspricht der M<strong>in</strong>derwert um den der Werkpreis herabgesetzt<br />

wird dem Betrag, der über dem vere<strong>in</strong>barten Preis gefordert wurde. Die <strong>in</strong> Rechnung gestellten<br />

2‘700‘000 CHF sollten demzufolge um 500‘000 CHF <strong>auf</strong> 2‘200‘000 CHF herabgesetzt werden, was<br />

dem vere<strong>in</strong>barten Werklohn entspricht. 50<br />

Was <strong>die</strong> Aufwendungen zur Behebung des Wasserschadens betrifft, wird <strong>die</strong> relative<br />

Berechnungsmethode angewendet, das heisst, <strong>die</strong> vere<strong>in</strong>barte volle Vergütung wird im Verhältnis des<br />

Wertes des mängelfreien Werkes zum Wert des mit dem Mangel behafteten Werkes herabgesetzt. 51 Es<br />

besteht <strong>die</strong> Vermutung, dass der Betrag des M<strong>in</strong>derwertes dem Betrag der Verbesserungskosten<br />

entspricht. 52 Die Aufwendungen, welche <strong>die</strong> Beklagte zur Beseitigung des Wasserschadens und zur<br />

nachträglichen Auftragung des Bitumüberzugs bezahlt hatte bel<strong>auf</strong>en sich <strong>auf</strong> 114‘240 CHF. Aus<br />

<strong>die</strong>sem Grund steht der Beklagten zusätzlich das Recht <strong>auf</strong> M<strong>in</strong>derung des Werklohnes im Umfang<br />

47 ZINDEL/PULVER, N 7 zu Art. 368 OR.<br />

48 ZINDEL/PULVER, N 6 zu Art. 368 OR.<br />

49 ZINDEL/PULVER, N 34 ff. zu Art. 368 OR.<br />

50 Vgl. ZINDEL/PULVER, N 44 zu Art. 368 OR; obwohl <strong>die</strong> Abweichung erheblich besteht deshalb ke<strong>in</strong><br />

Rückforderungsrecht, da es sich um e<strong>in</strong> Werk <strong>auf</strong> dem Grundstück des Bestellers handelt (Art. 368 Abs. 3<br />

OR).<br />

51 ZINDEL/PULVER, N 43 zu Art. 368 OR.<br />

52 ZINDEL/PULVER, N 44 zu Art. 368 OR; BGE 116 II 305 (E. 4a, S. 313 f.); BGer 4C.140/2004 vom 19.7.2004,<br />

(E. 3.1).<br />

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der Verbesserungskosten zu. Sie hat deshalb e<strong>in</strong>en Anspruch gegen <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> <strong>auf</strong> Rückzahlung von<br />

114‘240 CHF.<br />

3.3.2. Mangelfolgeschaden<br />

Der Schadenersatzanspruch für Mangelfolgeschaden tritt kumulativ zur M<strong>in</strong>derung h<strong>in</strong>zu. 53 Es handelt<br />

sich hierbei um den Schaden, den der Unternehmer (Kläger<strong>in</strong>) verschuldet hat und der durch <strong>die</strong><br />

Mängelrechte gemäss Art. 368 OR (<strong>in</strong> casu M<strong>in</strong>derung) noch nicht ausgeglichen wurde. Die<br />

gesetzliche Grundlage <strong>die</strong>ser Ansprüche ist Art. 97 OR, wor<strong>in</strong> das Verschulden vermutet wird.<br />

Gegenstand <strong>die</strong>ses Schadenersatzanspruchs aus Art. 368 Abs. 2 <strong>in</strong> f<strong>in</strong>e OR s<strong>in</strong>d Schäden, <strong>die</strong><br />

<strong>auf</strong>grund e<strong>in</strong>es Werkmangels des abgelieferten Werks verursacht wurden, jedoch nicht <strong>auf</strong> <strong>die</strong>sen<br />

Mangel selbst zurückzuführen sondern als Folge <strong>die</strong>ses Mangels entstanden. 54 Es liegen zwar ke<strong>in</strong>e<br />

Erwerbs- und Mietz<strong>in</strong>sausfälle vor, da <strong>die</strong> Beklagte das Gebäude trotz des Wasserschadens zum<br />

vorgesehenen Zeitpunkt beziehen konnte. 55 Jedoch liegt nun <strong>auf</strong>grund des Wasserschadens, den das<br />

Gebäude erlitten hat, e<strong>in</strong> merkantiler M<strong>in</strong>derwert vor. 56 Der Wasserschaden resultiert aus der<br />

fehlenden Verwendung e<strong>in</strong>es bitum<strong>in</strong>ösen Überzugsmittels. Obwohl <strong>die</strong> Beklagte den Wasserschaden<br />

so schnell wie möglich behoben hat, könnte der Verdacht entstehen, das Gebäude weise weitere<br />

verborgene Mängel <strong>auf</strong>, da offensichtlich unsorgfältig gearbeitet wurde. Der Wert des Gebäudes wird<br />

nun als tiefer e<strong>in</strong>geschätzt als noch vor dem Wasserschaden.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Mangel, aus dem sich Schadenersatzansprüche der Beklagten gegen <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong><br />

ergeben, ist <strong>die</strong> Kostenüberschreitung. Die Beklagte hatte viele Aufwendungen zu machen, um nach<br />

dem erst<strong>in</strong>stanzlichen Urteil ihre Ansprüche zu beweisen. Darunter fallen u.a. <strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong><br />

Prüfung des Werkes durch e<strong>in</strong>en Sachverständigern nach Art. 367 Abs. 2 OR 57 <strong>in</strong> Bezug <strong>auf</strong> den Wert<br />

der Arbeit und <strong>die</strong> mangelhaften Beschaffenheit des Mauerwerks. Weiter s<strong>in</strong>d all <strong>die</strong> zusätzlichen<br />

Arbeitsstunden des Personals, welche notwendig wurden um <strong>die</strong> sofortige Behebung des<br />

Wasserschadens zu organisieren als Schaden zu qualifizieren der sich <strong>auf</strong> 1000 CHF beläuft (10<br />

Stunden à 100 CHF). Zudem musste <strong>die</strong> Beklagte e<strong>in</strong>en Kredit <strong>in</strong> Höhe der abgeflossenen 614‘240<br />

CHF bei der Bank <strong>auf</strong>nehmen, welche dr<strong>in</strong>gend als flüssige Mittel gebraucht wurden. Als<br />

Mangelfolgeschaden wird deshalb geltend gemacht <strong>die</strong> Höhe der Z<strong>in</strong>szahlungen <strong>auf</strong>grund des<br />

Bankdarlehens (5% <strong>auf</strong> der Summe von 614‘240 CHF über <strong>die</strong> Dauer von zwei Jahren), deren<br />

Aufnahme notwendig war, um <strong>die</strong> betriebsnotwendige Liquidität zu wahren.<br />

53 ZINDEL/PULVER, N 68 zu Art. 368 OR; BÜHLER, N 166 ff.; BGer 4C.106/2005 vom 7.10.2005 (E. 3.1); BGE<br />

122 III 420 (E. 2c, S. 423 f.); BGE 116 II 454 (E. 2a, S. 455 f.); BGer 4C.297/2003 vom 20.2.2004 (E. 2.1).<br />

54 ZINDEL/PULVER, N 69 zu Art. 368 OR; BÜHLER, N 172.<br />

55 ZINDEL/PULVER, N 70 zu Art. 368.<br />

56 Vgl. ZINDEL/PULVER, N 38 zu Art. 368 OR.<br />

57 ZINDEL/PULVER, N 22 zu Art. 367 und N 70 zu Art. 368 OR.<br />

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3.3.3. Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend fordert <strong>die</strong> Beklagte <strong>die</strong> M<strong>in</strong>derung des <strong>in</strong> Rechnung gestellten<br />

Werkpreises <strong>in</strong> Höhe von 614‘240 CHF <strong>auf</strong>grund Kostenüberschreitung (ökonomischer<br />

Mangel) sowie fehlender Wasserdichtigkeit des Werkes. Ausserdem macht <strong>die</strong> Beklagte<br />

folgende Mangelfolgeschäden geltend: 1000 CHF Personal<strong>auf</strong>wand sowie Z<strong>in</strong>s<strong>auf</strong>wand i.S.v.<br />

3.3.2.<br />

4. Eventualbegehren<br />

Falls das Bundesgericht den Vertrag zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagten als e<strong>in</strong>en gemischten<br />

Vertrag qualifiziert, gemäss dem sowohl <strong>die</strong> werkvertragsrechliche- wie <strong>auf</strong>tragsrechlichen<br />

Bestimmungen zur Anwendung kommen, beruft sich <strong>die</strong> Beklagte <strong>auf</strong> folgende Punkte:<br />

Erstens s<strong>in</strong>d <strong>auf</strong> den Planungsvertrag <strong>die</strong> Bestimmungen über den Werkvertrag anwendbar, da e<strong>in</strong> Plan<br />

<strong>auf</strong> se<strong>in</strong>e Richtigkeit überprüft werden kann. In <strong>die</strong>sem Fall liegt klar e<strong>in</strong> mangelhafter Plan vor, der<br />

<strong>die</strong> Verwendung des bitum<strong>in</strong>ösen Überzugs nicht vorsah, obwohl <strong>die</strong>s notwendig und vertraglich<br />

geschuldet war. Dazu sei <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Ausführungen im Hauptbegehren bezüglich der Ansprüche aus<br />

Werkmangel verwiesen.<br />

Zweitens, wird der Vertrag zwischen der Kläger<strong>in</strong> und der Beklagten betreffend <strong>die</strong> Überwachung der<br />

Bauarbeiten und betreffend <strong>die</strong> Bauleitung als e<strong>in</strong>facher Auftrag gemäss Art. 394 ff. OR qualifiziert,<br />

hat <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> nach Auffassung der Beklagten klar ihre Sorgfaltspflichten gemäss Art. 398 Abs. 2<br />

OR verletzt. Die Kläger<strong>in</strong> hat der Beklagten vertragswidrig Zusatzkosten verursacht, <strong>in</strong>dem sie bei den<br />

Renovations- und Umbauarbeiten weitere Arbeiten verrichtet hat, <strong>die</strong> nicht vere<strong>in</strong>bart waren, da sie <strong>die</strong><br />

Arbeiten ungünstig vergeben hat und unrichtige Weisungen erteilt hat. Gemäss bundesgerichtlicher<br />

Rechtsprechung hat <strong>die</strong> Beklagte <strong>die</strong>se Mehrkosten als Schaden zu ersetzen. 58<br />

Zudem wurde der Kostenvoranschlag <strong>in</strong> der Höhe von 2‘200‘000 CHF um 500‘000 CHF<br />

überschritten, weil <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> ihre Pflicht zur Kostenüberwachung während der Bauarbeiten<br />

ungenügend wahrnahm und wohl selber am Schluss den Überblick verloren hat. Es liegt e<strong>in</strong>e<br />

Schlechterfüllung des Vertrages vor, woraus der Beklagten der durch <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> verursachte<br />

Vertrauensschaden ersetzt werden muss. 59 E<strong>in</strong> solcher Vertrauensschaden liegt <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall<br />

unbestrittenermassen vor, da <strong>die</strong> Bauherr<strong>in</strong> (Beklagte) <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Richtigkeit des Kostenvoranschlags<br />

vertraute und <strong>die</strong>sen als solchen auch ausdrücklich zur Kenntnis genommen hatte, <strong>in</strong>dem sie <strong>die</strong>sem<br />

58 BGer 4C.424/2004 vom 15.03.2005 (E. 3.1).<br />

59 BGer 4C.424/2004 vom 15.03.2005 (E. 3.2).<br />

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zustimmte. 60 Aus <strong>die</strong>sem Grund verlangt <strong>die</strong> Beklagte <strong>die</strong> Bezahlung von 500‘000 CHF, <strong>die</strong> sie als<br />

Vertrauensschaden erlitten hat.<br />

Gezeichnet 15.11.2010<br />

M., Geschäftsführer Manni AG<br />

Team 5, Rechtsvertreter Manni AG<br />

60 BGer 4C.424/2004 vom 15.03.2005 (E. 3.2.1).<br />

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