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BESCHWERDE IN ZIVILSACHEN - Swiss Moot Court

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<strong>Swiss</strong> <strong>Moot</strong> <strong>Court</strong> 2006/2007 11. Dezember 2006<br />

LSI / AR<br />

Schweizerisches Bundesgericht<br />

Av. du Tribunal fédéral 29<br />

1000 Lausanne 14<br />

<strong>BESCHWERDE</strong> <strong>IN</strong> <strong>ZIVILSACHEN</strong><br />

Herrn Martin Bussard, 1663 Gruyère/FR<br />

vertreten durch Team 24<br />

von<br />

Kläger<br />

gegen<br />

Garage Riviera Automobile AG, 1800 Vevey/VD<br />

vertreten durch X. Y.<br />

Beklagte<br />

betreffend<br />

das Urteil des Tribunal Cantonal du Canton de Vaud<br />

Team 24


Team 24<br />

<strong>IN</strong>HALTSVERZEICHNIS<br />

Rechtsbegehren...................................................................................................................................... 1<br />

Begründung............................................................................................................................................ 1<br />

I. Formelles ........................................................................................................................................ 1<br />

A. Allgemeine Beschwerdevoraussetzungen ............................................................................... 1<br />

1. Anfechtungsobjekt .............................................................................................................. 1<br />

2. Beschwerdegrund................................................................................................................ 1<br />

3. Beschwerdefrist ................................................................................................................... 1<br />

B. Besondere Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen ............................................... 1<br />

1. Zivilrechtsstreitigkeit .......................................................................................................... 1<br />

2. Streitwert.............................................................................................................................. 2<br />

3. Letztinstanzlicher kantonaler Entscheid........................................................................... 2<br />

4. Beschwerdelegitimation ...................................................................................................... 2<br />

4.1 Legitimation................................................................................................................... 2<br />

4.2 Rechtsschutzinteresse/Beschwer ................................................................................... 2<br />

II. Tatsächliches .................................................................................................................................. 2<br />

III. Rechtliches...................................................................................................................................... 3<br />

A. Angefochtene Punkte des kantonalen Entscheids.................................................................. 3<br />

B. Begründung der Begehren des Klägers.................................................................................. 4<br />

1. Anwendbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen................................................ 4<br />

1.1 Globalübernahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Kläger............. 4<br />

1.2 Art. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Haftung für Sachmängel.................... 5<br />

1.2.1 Nachbesserung...................................................................................................... 5<br />

1.2.2 Unklarheitsregel.................................................................................................... 5<br />

1.3 Art. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Verzug der Verkaufsfirma................. 6<br />

1.3.1 Modifikation des Schuldnerverzugs in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen 6<br />

1.3.2 Haftungsausschluss für Hilfspersonen.................................................................. 7<br />

1.4 Fazit ............................................................................................................................... 8<br />

2. Schadenersatz für die Verzugsfolgen von der Riviera Automobile AG......................... 8<br />

2.1 Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach Art. 102 ff. OR...................................... 8<br />

2.1.1 Die Erfüllung der Schuld durch die Riviera Automobile AG war möglich ......... 9<br />

2.1.2 Die geschuldete Leistung war fällig ................................................................... 10<br />

2.1.3 Die Beklagte hatte kein Leistungsverweigerungsrecht....................................... 10<br />

2.1.4 Herr Bussard hat die Beklagte gemahnt und somit in Verzug gesetzt................ 10<br />

a) Verzug am 5. August 2001............................................................................ 10<br />

I


Team 24<br />

b) Eventualiter: Verzug am 3. Oktober 2001.................................................... 11<br />

2.1.5 Verschulden der Beklagten................................................................................. 11<br />

a) Fehleinschätzung der Lieferfristen............................................................... 11<br />

b) Die Coolex GmbH handelte als Hilfsperson der Beklagten......................... 12<br />

2.2 Rechtsfolgen des Verzugs der Beklagten .................................................................... 13<br />

2.2.1 Ersatz des Verspätungsschadens durch die Beklagte ......................................... 13<br />

2.2.2 Konkrete Schadensbemessung............................................................................ 14<br />

2.3 Fazit ............................................................................................................................. 15<br />

3. Gewährleistung für den Sachmangel des Kühlkastens durch die Riviera<br />

Automobile AG.................................................................................................................. 15<br />

3.1 Die Lieferung des Kühlkastens stellt eine peius-Lieferung dar................................... 15<br />

3.2 Voraussetzungen für eine Sachmängelhaftung im Sinne von Art. 197 ff. OR............ 16<br />

3.2.1 Der nicht vollständig rutschfeste Boden stellt einen Sachmangel dar................ 16<br />

a) Der rutschfeste Boden als zugesicherte Eigenschaft.................................... 16<br />

b) Die Bedeutung der Zusicherung des rutschfesten Bodens ........................... 17<br />

3.2.2 Der Mangel bestand bereits vor dem Übergang der Gefahr auf Herrn Bussard. 18<br />

3.2.3 Herr Bussard hatte keine Kenntnis des Mangels ................................................ 19<br />

3.2.4 Die Mängelrüge wurde durch Herrn Bussard rechtzeitig erhoben ..................... 19<br />

3.2.5 Die Fristen wurden gewahrt................................................................................ 19<br />

3.2.6 Die Haftung wurde durch die Riviera Automobile AG nicht ausgeschlossen.... 20<br />

a) Haftungsausschluss für Sachgewährleistung in Art. 4 der Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen ................................................................................. 20<br />

b) Auslegung von Art. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.................... 20<br />

3.3 Rechtsfolge der Sachmängelhaftung ........................................................................... 21<br />

3.3.1 Nachbesserung gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ..................... 21<br />

3.3.2 Ersatz der Kosten für die Nachbesserung durch einen Dritten........................... 21<br />

3.4 Fazit ............................................................................................................................. 22<br />

4. Eventualiter: Abtretung der Forderungen gegenüber der Coolex GmbH .................. 23<br />

4.1 Abtretung der Ansprüche aus Sachgewährleistung gemäss den Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen................................................................................................. 23<br />

4.2 Abtretung der Ansprüche aus Verzug.......................................................................... 23<br />

II


Team 24<br />

RECHTSBEGEHREN<br />

1. a) Es sei festzustellen, dass der Artikel 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in der Folge:<br />

AGB) der Beklagten unklar formuliert ist und deshalb zu Gunsten des Klägers auszulegen<br />

ist.<br />

b) Es sei festzustellen, dass der Artikel 5 der AGB der Beklagten ungewöhnlich ist und daher<br />

nicht zur Anwendung kommen kann.<br />

2. Es sei die Beklagte zur Zahlung von CHF 34'828.80 zu verurteilen.<br />

3. Es sei die Beklagte zur Zahlung von CHF 3'200 zu verurteilen.<br />

4. Eventualiter hat die Beklagte ihre Forderungen gegenüber der Produktionsfirma Coolex<br />

GmbH dem Kläger abzutreten.<br />

5. Kosten- und Entschädigungsfolgen gehen zu Lasten der Beklagten<br />

BEGRÜNDUNG<br />

I. Formelles<br />

A. Allgemeine Beschwerdevoraussetzungen<br />

1. Anfechtungsobjekt<br />

Der Entscheid des „Tribunal Cantonal du Canton de Vaud“ stellt einen Endentscheid im Sinne von<br />

Art. 90 BGG dar und ist somit gültiges Anfechtungsobjekt.<br />

2. Beschwerdegrund<br />

Durch das Urteil des Kantonsgerichts Waadt sieht der Kläger Bundesrecht verletzt und stützt somit<br />

seine Beschwerde auf den Grund von Art. 95 lit. a BGG.<br />

3. Beschwerdefrist<br />

Durch die Einreichung der Klageschrift am 11. Dezember 2006 beim zuständigen Gericht wurde<br />

die 30-tägige Frist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG durch den Kläger gewahrt.<br />

B. Besondere Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen<br />

1. Zivilrechtsstreitigkeit<br />

Bei dem Streit zwischen dem Kläger und der Beklagten handelt es sich um eine Sache des Zivilrechts<br />

(Art. 72 Abs. 1 BGG) und daher erhebt der Kläger das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde<br />

in Zivilsachen.<br />

1


Team 24<br />

2. Streitwert<br />

Der vermögensrechtliche Anspruch des Klägers beträgt nach dem Rechtsbegehren vor dem „Tribunal<br />

Cantonal du Canton de Vaud“ auf der einen Seite CHF 34'828.80 und auf der anderen Seite<br />

CHF 3'200. Diese führt zu einem gesamten Streitwert von CHF 38'028.80. Somit ist die Voraussetzung<br />

von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt.<br />

3. Letztinstanzlicher kantonaler Entscheid<br />

Die Beschwerde richtet sich gegen das Urteil des „Tribunal Cantonal du Canton de Vaud“, welches<br />

nach dem Zivilprozessrecht des Kantons Waadt einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid<br />

gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG darstellt.<br />

4. Beschwerdelegitimation<br />

4.1 Legitimation<br />

Der Kläger, Herr Martin Bussard, hat bereits am Verfahren der Vorinstanz als Partei teilgenommen<br />

und ist daher im Sinne von Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG legitimiert das Bundesgericht mittels einer<br />

Beschwerde in Zivilsachen anzurufen.<br />

4.2 Rechtsschutzinteresse/Beschwer<br />

Durch den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid wurde der Kläger rechtlich benachteiligt und hat<br />

somit ein schutzwürdiges Interesse an dessen Abänderung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Formell<br />

beschwert ist der Kläger, da die Vorinstanz seinen zuletzt gestellten Ansprüchen, eine Schadenersatzpflicht<br />

und Sachmängelhaftung der Beklagten, nicht folgte. Durch diesen Entscheid des „Tribunal<br />

Cantonal du Canton de Vaud“ wurde der Kläger in seiner Rechtsstellung betroffen und ist<br />

somit auch materiell beschwert.<br />

II. Tatsächliches<br />

Der in Greyerz (FR) wohnhafte Käser Martin Bussard schloss am 10. Mai 2001 mit der Garage<br />

Riviera Automobile AG mit Sitz in Vevey (VD) einen Kaufvertrag über einen Lieferwagen mit<br />

Kühlkastenaufbau inkl. Kühlgerät (in der Folge: Kühlkasten) zum Kaufpreis von 77'350 CHF ab.<br />

Die Lieferung sollte Mitte Juli desselben Jahres erfolgen. Am 3. August 2001 teilte die Riviera<br />

Automobile AG Herrn Bussard mit, dass es zu Lieferproblemen beim Kühlkasten komme, sie ihm<br />

jedoch innert 2 Tagen einen Ersatzkühlkasten zu Verfügung stelle. Die definitive Lieferung sollte<br />

nach spätestens 2 Monaten erfolgen.<br />

Der Ersatzkühlkasten ist nachteilig in den Punkten Gewicht und Isolation, was eine Verringerung<br />

der Nutzlast und einen höheren Energieaufwand zur Folge hat. Herr Bussard nimmt den Ersatz an,<br />

verzichtet indes auf die Anbringung seines Firmenlogos auf dem Ersatzgerät.<br />

Zwei Monate später erkundigte sich Herr Bussard bei der Riviera Automobile AG nach dem voraussichtlichen<br />

Liefertermin. Diese vertröstete ihn mit Verweis auf ein Produktionsproblem bei der<br />

2


Team 24<br />

Coolex GmbH, die für die Fertigung des Kühlkastens verantwortliche Drittfirma mit Sitz in Martigny<br />

(VS).<br />

Am 11. Januar 2003 teilte Herr Bussard der Riviera Automobile AG schriftlich mit, er verlange für<br />

den Verspätungsschaden Ersatz. Dieser setzt sich aus Mehrfahrten durch die verringerte Nutzlast,<br />

dadurch resultierendem erhöhtem Zeitaufwand, höherem Energieaufwand bedingt durch eine<br />

schlechtere Isolation sowie dem entgangenen Gewinn durch den ausbleibenden Werbeeffekt zusammen.<br />

Die Riviera Automobile AG wies die Verantwortung mit Hinweis auf die Coolex GmbH von sich,<br />

worauf Herr Bussard das Gespräch zu dieser suchte. Eine Aussprache scheiterte an Ausreden seitens<br />

der Coolex GmbH sowie an terminlichen Gründen.<br />

Am 15. Februar 2004 erfolgte die Lieferung des Kühlkastens bei der Coolex GmbH, die Übergabe<br />

des fertigen Fahrzeugs am 17. Februar 2004. Herr Bussard rügte am 19. Februar 2004 die festgestellten<br />

Mängel: Löcher im Kühlkastenaufbau und nur teilweise rutschfester Boden. Die Löcher<br />

wurden in der Folge durch die Coolex GmbH repariert, der Boden sei – laut Coolex GmbH – „gemäss<br />

Norm“. Herr Bussard meldete die ausgebliebene Reparatur bei der Riviera Automobile AG<br />

an, diese zeigte keine Bereitschaft zur Hilfe. Darauf liess Herr Bussard den Boden durch einen<br />

Dritten ersetzen.<br />

Total verlangt Martin Bussard von der Riviera Automobile AG Ersatz für den Verspätungsschaden<br />

in der Höhe von 34'828.80 CHF und der Reparaturkosten am Boden in der Höhe von 3'200 CHF.<br />

Dies ergibt eine Gesamtforderung von 38'028.80 CHF.<br />

Sowohl das erstinstanzliche „Tribunal d’arrondissement de l’Est vaudois“ in Vevey, als auch das<br />

„Tribunal Cantonal du Canton de Vaud“ verneinten einen Anspruch gegen die Riviera Automobile<br />

AG für die dem Martin Bussard entstandenen Schäden.<br />

III. Rechtliches<br />

A. Angefochtene Punkte des kantonalen Entscheids<br />

Das Kantonsgericht Waadt hat gestützt auf den Entscheid des Bezirksgerichts Waadt vom 22. November<br />

2004 eine Haftung der Garage Riviera Automobile AG verneint. Wie schon die Vorinstanz,<br />

begründet es dies damit, dass die Gewährleistung sowie der Verzug in den AGB der Beklagten<br />

gültig ausgeschlossen worden seien, weshalb dem Kläger keine Rechte gegenüber der Beklagten<br />

zustünden. Eine Schadenersatzpflicht der Beklagten lehnte es mit der mangelhaften Inverzugsetzung<br />

durch den Kläger ab.<br />

Der Kläger bestreitet die materiellen Punkte dieses Urteils. Es ist eine Haftung der Beklagten für<br />

den dem Kläger entstandenen Schaden zu bejahen.<br />

Das beanstandete Urteil verletzt mehrfach Bundesrecht. Das Kantonsgericht Waadt hat die Gültigkeitserfordernisse<br />

der AGB und die Voraussetzungen und Folgen einer Globalübernahme dieser<br />

3


Team 24<br />

falsch beurteilt und sich lediglich auf den Standpunkt der Vertragsfreiheit unter den Parteien gestützt.<br />

Weiter hat es die korrekte Inverzugsetzung durch den Kläger fälschlicherweise nicht als<br />

solche anerkannt.<br />

B. Begründung der Begehren des Klägers<br />

In der Folge wird dargelegt, inwiefern der Entscheid des Kantonsgerichts Waadt Bundesrecht verletzt<br />

und deshalb den Begehren des Klägers Recht zu geben ist.<br />

Zur Begründung des ersten Begehrens wird dargelegt, dass ein Artikel der AGB der Beklagten dem<br />

geltenden Gesetz widerspricht und aufgrund der Ungewöhnlichkeitsregel nicht zur Anwendung<br />

kommen kann und ein anderer Artikel gestützt auf die Unklarheitsregel zugunsten des Klägers<br />

auszulegen ist.<br />

Im Folgenden wird gezeigt, dass die Beklagte aus Verzug und Sachgewährleistung gegenüber dem<br />

Kläger haftbar ist.<br />

Im Sinne eines Eventualbegehrens wird dargelegt, dass die Forderungen der Beklagten gegenüber<br />

der Drittfirma Coolex GmbH mit Sitz in Martigny (VS) dem Kläger abzutreten sind.<br />

1. Anwendbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

1.1 Globalübernahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Kläger<br />

Bei der Vorinstanz berief sich die Beklagte auf Art. 4 und 5 der AGB. Die gültige Übernahme der<br />

besagten AGB wird vom Kläger nicht bestritten.<br />

Die von der Beklagten geltend gemachten Klauseln in Art. 4 und 5 sind Teil der AGB. Damit solche<br />

als Vertragsbestandteil angesehen werden können, musste ein Konsens auch bezüglich der<br />

genannten vorliegen, was gestützt auf Art. 1 Abs. 2 OR auch konkludent erfolgen kann. Von einer<br />

Globalübernahme spricht man, soweit eine Partei den Inhalt der AGB entweder nicht zur Kenntnis<br />

nimmt, nicht versteht oder nicht bedenkt 1 . Es ist nicht einmal erforderlich, dass dieser Partei ein<br />

Exemplar der AGB vorgelegt wird 2 . Sie kann den AGB – auch ohne diese jemals eingesehen zu<br />

haben – zustimmen.<br />

Der Kläger hat die AGB weder im Detail gelesen, noch musste er sie als Branchenunerfahrener<br />

vollständig verstehen. Es bestand für ihn als Laien auch kein Anlass die AGB im Einzelnen zu<br />

studieren, da diese bei ihm den Eindruck des Gesetzmässigen und Ordnungsgemässen erzeugten<br />

(„psychologischer Verniedlichungseffekt“ der AGB) 3 .<br />

1 BGE 119 II 443 ff., 445; CLAIRE HUGUEN<strong>IN</strong>, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 417.<br />

2 BGE 109 II 116 ff., 118.<br />

3 ALFRED KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band 1, Bern 2006, §23 Rz. 31.<br />

4


Team 24<br />

Damit kann die Globalübernahme – gestützt auf die allgemeine Vermutung dazu 4 – angenommen<br />

werden. Es bleibt festzuhalten, dass die AGB gültig zum Vertragsbestandteil wurden.<br />

1.2 Art. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Haftung für Sachmängel<br />

1.2.1 Nachbesserung<br />

Der Artikel 4 der AGB gewährt dem Käufer Sachgewährleistung im Rahmen der Fabrikgarantie.<br />

Anstelle der gesetzlichen Ansprüche gemäss Art. 205 OR auf Wandelung oder Minderung, gewährt<br />

er dem Käufer ein Recht auf Beseitigung von Fehlern, also auf Nachbesserung der Kaufsache. In<br />

lit. a beschränkt Art. 4 diesen Anspruch wiederum auf die Beseitigung von Fehlern am Fahrzeug<br />

selbst. Für Fremdbauten, -einbauten und Bereifung soll sie sich auf die blosse Abtretung von Ansprüchen<br />

gegen die Erzeugerfirma beschränken. Hierbei handelt es sich um eine Freizeichnung im<br />

Rahmen von Art. 199 OR. Hinzu tritt die Tatsache, dass die Involvierung einer Drittfirma dem<br />

Kläger nicht bewusst war. Solche Freizeichnungsklauseln sind restriktiv und damit „zu Ungunsten<br />

des Unternehmers auszulegen“ 5 . Hierzu hat das Bundesgericht die Unklarheitsregel entwickelt.<br />

1.2.2 Unklarheitsregel<br />

Unklar formulierte Wendungen in AGB sollen im Zweifel zu Lasten des Verfassers (in dubio contra<br />

stipulatorem) ausgelegt werden 6 . Bei der Bestimmung der Unklarheit soll – als Auswuchs aus<br />

dem Vertrauensprinzip nach Art. 2 ZGB – auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt werden 7 .<br />

Nach diesem wird durch die Wendung „Sachgewährleistung im Rahmen und Umfang der Fabrikgarantie“<br />

beim branchenunkundigen Käufer der Anschein erweckt, er sei umfassend gegen Mängel<br />

der Kaufsache geschützt. Da vom Käufer naturgemäss eine Lieferung entsprechend der zugesicherten<br />

Eigenschaften erwartet wird, ist eine anschliessende Wegbedingung der Gewährleistungsansprüche<br />

als widersprüchlich und irreführend zu erachten 8 , „weil man nicht gleichzeitig die Garantie<br />

für eine zugesicherte bestimmte Eigenschaft übernehmen und die daraus entstehenden Rechtsfolgen<br />

aufheben könne, indem man die Gewährleistung wegbedinge“ 9 .<br />

Aus diesen Ausführungen wird geschlossen, dass die angesprochene AGB-Klausel beim Kläger,<br />

auch als Resultat seiner Branchenunerfahrenheit – so ist er doch nicht in der Automobilbranche<br />

tätig – den Anschein erweckte, er sei umfassend geschützt. Somit ist Art. 4 der AGB zu Gunsten<br />

von Herrn Bussard auszulegen, was zu einer Sachgewährleistungspflicht der Beklagten führt.<br />

4 BGE 119 II 443 ff., 445/6; 108 II 416 ff., 418.<br />

5 BGE 118 II 142 ff., 145.<br />

6 BGE 124 III 155 ff., 158.<br />

7 BGE 97 II 72 ff., 74.<br />

8 BGE 109 II 24 ff., 25.<br />

9 BGE 73 II 220 ff., 223.<br />

5


Team 24<br />

1.3 Art. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Verzug der Verkaufsfirma<br />

In Art. 5 der AGB werden im ersten Satz die gesetzlichen Verzugsfolgen und –voraussetzungen<br />

modifiziert und zu Gunsten der Beklagten formuliert. Im zweiten Satz wird eine Haftung für Hilfspersonen,<br />

welche grundsätzlich in Art. 101 OR statuiert ist, gänzlich wegbedungen. Im Folgenden<br />

wird dargelegt, dass der Kläger eine solch massive Einschränkung seiner Rechte nicht hinnehmen<br />

muss und entsprechend diese Bestimmung der AGB keine Anwendung findet.<br />

1.3.1 Modifikation des Schuldnerverzugs in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

Die Änderungen der gesetzlichen Verzugsfolgen des Schuldners im ersten Satz von Art. 5 der AGB<br />

sind gestützt auf die sogenannte Ungewöhnlichkeitsregel als unverbindlich zu betrachten. Die Ungewöhnlichkeitsregel<br />

besagt, dass global übernommene AGB-Klauseln keine Geltung erlangen,<br />

mit deren Inhalt die zustimmende Partei nach den Umständen nicht gerechnet hat und vernünftigerweise<br />

nicht rechnen musste, da diese ungewöhnlich oder geschäftsfremd sind 10 . Gemäss dieser<br />

Regel gilt der Inhalt einer ungelesenen Bedingung als unverbindlich, wenn er ganz oder teilweise<br />

aus dem vom Vertrauensgrundsatz gezogenen Rahmen fällt, so dass die betroffene Partei mit ihm<br />

nicht rechnen musste, ohne von der Gegenpartei eigens darauf aufmerksam gemacht zu werden 11 .<br />

Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtssprechung ist eine AGB-Klausel ungewöhnlich, wenn erstens<br />

der Zustimmende branchenunerfahren ist und zweitens die AGB-Klausel einen objektiv geschäftsfremden<br />

Inhalt aufweist 12 . „Geschäftsfremd“ ist eine Bestimmung, wenn sie den Charakter<br />

eines Vertrages völlig ändert oder im krassen Widerspruch zum dispositiven Gesetzesrecht steht 13 .<br />

Das Bundesgericht hat in anderen Entscheiden auch den AGB-Inhalt beachtet und die Ungewöhnlichkeit<br />

umso eher bejaht, je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Vertragspartners beeinträchtigt<br />

14 . Es ist mit anderen Worten das Ziel der Ungewöhnlichkeitsregel, unerfahrene Konsumenten<br />

vor Vertragsbestimmungen zu schützen, die eine einseitige Verteilung der Rechte und<br />

Pflichten zu ihren Ungunsten vorsehen 15 .<br />

Der Kläger ist gelernter Käser und seit über 20 Jahren auf seinem Beruf tätig. Er verfügt über keine<br />

weitergehende Erfahrung im Automobilmarkt und weist auch keine Kenntnisse des Vertragsrechtes<br />

auf. Somit ist er als „Branchenunerfahrener“ anzusehen. Es ist für ihn unmöglich, nicht näher umschriebene<br />

Rechtsbegriffe wie z.B. „gesetzliche Verzugsfolgen“ zu verstehen und die Auswirkungen<br />

der Klausel auf seine Rechte vorherzusehen.<br />

„Ungewöhnlich“ ist eine Klausel, wenn sie – wie schon erwähnt – geschäftsfremd oder aber auch<br />

überraschend ist. Dies bestimmt sich nach den konkreten Umständen und dem Verständnishorizont<br />

10 BGE 119 II 443 ff., 446; 109 II 452 ff., 456/7.<br />

11 BGE 109 II 213 ff., 217.<br />

12 BGE 109 II 452 ff., 457 ff. „Hühnerstall-Fall“ (HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 422); HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 424.<br />

13 BGE 119 II 443 ff., 446; 109 II 452 ff., 458; HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 424.<br />

14 BGE 119 II 443 ff..<br />

15 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 410.<br />

6


Team 24<br />

des Kunden 16 . Aufgrund der Tatsache, dass der Kunde im Allgemeinen weder die Zeit noch die<br />

Mittel hat, die einzelnen Bestimmungen der AGB durchgehend zu untersuchen und zu verstehen,<br />

darf vom Verwender verlangt werden, dass er alle auch nur einigermassen überraschenden Klauseln<br />

dem Kunden offen legt und ihn speziell darauf hinweist 17 . Als aufmerksam machen in diesem<br />

Sinne würde nebst mündlichem Hinweis beim Vertragsabschluss durch die Gegenpartei auch eine<br />

optische Hervorhebung gelten 18 . Ein spezieller Hinweis auf eine ungewöhnliche AGB-Klausel<br />

nützt dem Verwender dann aber nichts, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Kunde die<br />

Tragweite der Klausel trotz des Hinweises nicht erkennen wird. In einem solchen Fall muss der<br />

Verwender dem Kunden die betreffende AGB-Klausel speziell erläutern. Ansonsten ist sie für den<br />

Kunden überraschend und er muss sie sich nicht entgegenhalten lassen 19 .<br />

Die Beklagte hätte den Kläger auf Art. 5 ihrer AGB und auf das darin enthaltene Schrifterfordernis<br />

bei der Mahnung und der Nachfristansetzung hinweisen müssen. Durch diesen AGB-Artikel wurde<br />

nämlich die gesetzliche Regelung des Art. 102 OR übergangen, gemäss welchem eine Mahnung<br />

auch konkludent erfolgen kann 20 . Auch das Ansetzen einer schriftlichen Nachfrist von 30 Tagen,<br />

während der die gesetzlichen Verzugsfolgen noch nicht geltend gemacht werden können, widerspricht<br />

der gesetzlichen Regelung gemäss Art. 107 Abs. 1 OR. Nach dieser ist dem Schuldner eine<br />

angemessene Nachfrist zu gewähren, welche keiner besonderen Form bedarf 21 . Diese Regelungen<br />

stehen im Widerspruch zum dispositiven Gesetzesrecht und dienen lediglich der Beklagten. Diese<br />

hat mit den besagten AGB-Klauseln bewusst die Rechtsstellung des Klägers – in unüblichem<br />

Masse – einseitig zu seinen Ungunsten beeinträchtigt, um ihre eigene zu verbessern.<br />

Es kann nicht angehen, dass der Beklagten in jedem Fall eine schriftliche Nachfrist von 30 Tagen<br />

gewährt werden muss, bevor ihr die Folgen des Lieferverzugs verrechnet werden können, da dadurch<br />

dem jeweiligen Vertragspartner erhebliche Mehrkosten anfallen können. Es ist nicht einzusehen,<br />

warum die Klägerin während dieses zusätzlichen Monats für die Schäden, die aus dem Verschulden<br />

der Beklagten entstanden sind, aufkommen sollte.<br />

Der erste Teil des Art. 5 der AGB der Beklagten, in welchem dem Kunden eine schriftliche Mahnung<br />

sowie eine zusätzliche schriftlich aufzuerlegende Nachfrist aufgebürdet wird, ist dementsprechend<br />

als für die Klägerin unverbindlich anzusehen.<br />

1.3.2 Haftungsausschluss für Hilfspersonen<br />

In Art. 5 der AGB beschränkt die Beklagte ihre Haftung für Schäden, welche nicht direkt durch sie<br />

selber verschuldet wurden. Ein solcher Haftungsausschluss für Hilfspersonen ist zwar prinzipiell<br />

16 KOLLER Bd. 1 (Fn. 3), §23 Rz. 40.<br />

17 KOLLER Bd. 1 (Fn. 3), §23 Rz. 47.<br />

18 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 423.<br />

19 KOLLER Bd. 1 (Fn. 3), §23 Rz. 45 f..<br />

20 BGE 57 II 324 ff..<br />

21 <strong>IN</strong>GEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht: Allgemeiner Teil, 3. überarbeitete Auflage, Bern 2003, Rz. 66.15 ff..<br />

7


Team 24<br />

zulässig (Art. 101 Abs. 2 OR), muss jedoch – besonders wenn er in den AGB enthalten ist – unmissverständlich<br />

sein 22 .<br />

Problematisch ist vor allem die Tatsache, dass dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der<br />

Beizug von Drittkontrahenten nicht bewusst war. Er bestellte den Lieferwagen samt Kühlkasten als<br />

Ganzes bei der Beklagten. Diese unterliess es, ihm mitzuteilen, dass der Kühlkasten durch eine<br />

Drittfirma geliefert würde.<br />

Das Unterlassen des Hinweises, dass das bestellte Fahrzeug, respektive die bestellten Fahrzeugkomponenten,<br />

nicht an Lager waren und dadurch Lieferverzögerungen möglich sind und der Kläger<br />

aufgrund der nicht speziell hervorgehobenen Klausel den daraus entstandenen Schaden selber<br />

zu tragen hätte, stellen ein Verschulden der Beklagten in sich dar.<br />

Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Haftungsausschluss des Art. 5 der AGB nicht mehr als<br />

klar. Zwar kann darüber gestritten werden, ob die Formulierung an sich unmissverständlich ist.<br />

Angesichts der Unterlassung des Hinweises, dass der Kühlkasten erst angeliefert werden muss,<br />

kann dem Kläger die Bedeutung der Klausel und deren Rechtsfolgen nicht „klar“ gewesen sein.<br />

Es greift folglich auch hier die Unklarheitsregel. Der Kläger bestellt ein Fahrzeug und erwartet eine<br />

pünktliche Lieferung, ohne dass er sich über die Herkunft der Sache Gedanken macht oder machen<br />

müsste. Dies lässt sich ohne grosse Phantasie aus dem bereits angesprochenen Vertrauensprinzip<br />

(Art. 2 Abs. 1 ZGB) ableiten.<br />

1.4 Fazit<br />

Gestützt auf die obigen Ausführungen kann gesagt werden, dass Art. 4 der AGB, der eine Beschränkung<br />

der Sachgewährleistung vorsieht, aufgrund der Unklarheitsregel, welche von Rechtssprechung<br />

und herrschender Lehre anerkannt wird 23 , zu Gunsten des Klägers auszulegen ist. Der<br />

ganze Art. 5 der AGB ist gestützt auf die Ungewöhnlichkeitsregel für Herrn Bussard als unverbindlich<br />

anzusehen.<br />

2. Schadenersatz für die Verzugsfolgen von der Riviera Automobile AG<br />

2.1 Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach Art. 102 ff. OR<br />

Damit der Kläger Ansprüche aus einem Schuldnerverzug gemäss Art. 102 ff. OR geltend machen<br />

kann, muss die Erfüllung der Schuld trotz Leistungsmöglichkeit ausbleiben, die Forderung fällig<br />

sein, der Schuldner kein Leistungsverweigerungsrecht besitzen und dieser gemahnt und dadurch in<br />

Verzug gesetzt worden sein.<br />

22 PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/JÖRG SCHMID/HE<strong>IN</strong>Z REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne ausservertragliches<br />

Haftpflichtrecht, Band II, 8. Auflage, Zürich /Basel/Genf 2003, Rz. 2900; Schliessfach als Mietvertrag in: BASLER JURISTI-<br />

SCHE MITTEILUNGEN, Jahrgang 1978, S. 305 ff..<br />

23 PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/JÖRG SCHMID/HE<strong>IN</strong>Z REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne ausservertragliches<br />

Haftpflichtrecht, Band I, 8. Auflage, Zürich /Basel/Genf 2003, Rz. 1232 mit zahlreichen weiteren Hinweisen.<br />

8


Team 24<br />

2.1.1 Die Erfüllung der Schuld durch die Riviera Automobile AG war möglich<br />

Beim gekauften Lieferwagen mit einem Kühlkasten handelt es sich um Gattungsware. Zwar wurde<br />

der Lieferwagen infolge des separat ausgesuchten Kühlkastens bis zu einem gewissen Grad individualisiert,<br />

doch handelt es sich deshalb nicht um eine Speziesware. Dies darum, weil nicht die Lieferung<br />

eines speziell ausgesuchten Exemplars, sondern lediglich eines typgleichen Wagens vereinbart<br />

wurde. Daraus folgt, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Gattungsschuld handelt.<br />

Das Kaufobjekt wurde auch noch nicht ausgeschieden. Es finden daher im Weiteren die Bestimmungen<br />

über Gattungsware Anwendung.<br />

Gattungsschulden gelten nur als beglichen, falls ein Exemplar geliefert wird, welches genau der<br />

vereinbarten Gattung entspricht und von dieser nicht wesentlich abweicht. Es darf also weder in<br />

quantitativer noch qualitativer Hinsicht unter der vereinbarten Leistung liegen (Art. 71 Abs. 2 OR).<br />

Genau dies ist vorliegend jedoch der Fall. Durch das höhere Gewicht des Ersatzproduktes verringerte<br />

sich die Nutzlast, während die schlechtere Isolation zu einem erhöhten Energiebedarf führte.<br />

Dadurch ist klar, dass die Lieferung qualitativ nicht der vereinbarten Leistung entsprach. Dies wird<br />

durch die Beklagte auch nicht bestritten, der gelieferte Kühlkasten war schliesslich von Anfang an<br />

lediglich als Übergangslösung verabredet worden.<br />

Aufgrund dieser Tatsachen handelt es sich bei diesem um ein aliud. Da die Leistung der Riviera<br />

Automobile AG nicht der Forderung entsprach, konnte sie die gehörige Erfüllung des Vertrages<br />

nicht bewirken und dieser muss als nicht erfüllt betrachtet werden 24 .<br />

Die Leistung wurde durch den Kläger auch nicht als Erfüllung angenommen und dadurch genehmigt,<br />

denn es war bereits im Zeitpunkt der Lieferung am 6. August 2001 klar, dass das gelieferte<br />

Gerät lediglich als Ersatz dienen sollte, bis das wirklich bestellte wieder lieferbar war.<br />

Die Behauptung, die Leistung sei nicht möglich gewesen, hält nicht stand. Schliesslich wird bei<br />

Gattungsschulden solange von deren Erfüllbarkeit ausgegangen, wie irgendjemand imstande ist, die<br />

Leistung zu erbringen. Unmöglichkeit liegt folglich erst vor, falls die betreffende Gattung nicht<br />

mehr existiert oder infolge besonderer Umstände (z.B. wegen eines Importverbotes etc.) nicht mehr<br />

erhältlich ist 25 .<br />

Die Grenze zur Unmöglichkeit bildet die Unzumutbarkeit des Schuldners zu leisten. Diese Konstellation<br />

liegt jedoch lediglich dann vor, wenn die Beschaffung der geforderten Menge der Ware der<br />

entsprechenden Gattung mit übermässigen Mühen und Aufwendungen verbunden wäre, die in keinem<br />

vernünftigen Verhältnis zum Wert der Leistung stehen 26 . Der Schuldner muss also, falls er<br />

24 ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II, 3. Auflage, Zürich 1984,<br />

§55 S. 2.<br />

25 VON TUHR/ESCHER Bd. II (Fn. 24), §68 S. 96.<br />

26 VON TUHR/ESCHER Bd. II (Fn. 24), §68 S. 95.<br />

9


Team 24<br />

nicht aus den Vorräten leisten kann, mit denen er gerechnet hat, anderweitig Ersatz besorgen 27 ,<br />

auch wenn ihm dadurch gewisse Aufwendungen entstehen.<br />

Im vorliegenden Fall wäre es der Beklagten durchaus zumutbar gewesen Ersatz zu beschaffen,<br />

ausgehend von dem relativ hohen Preis der Kaufsache, welcher auch intensivere Bemühungen um<br />

eine Alternative rechtfertigen würde. Daraus folgt, dass es sich bei den Lieferschwierigkeiten der<br />

Beklagten um keinen Fall von Leistungsunmöglichkeit handelt, sondern die Regeln über den<br />

Schuldnerverzug zur Anwendung gelangen 28 .<br />

2.1.2 Die geschuldete Leistung war fällig<br />

Der von den Parteien unverbindlich vereinbarte Termin „ca. Mitte Juli 2001“ weist darauf hin, dass<br />

im Bereich dieses Datums erfüllt werden sollte. Als die Beklagte am 5.August 2001 von sich aus<br />

ein Ersatzgerät lieferte, anerkannte sie damit auch die Fälligkeit der Forderung.<br />

2.1.3 Die Beklagte hatte kein Leistungsverweigerungsrecht<br />

Die Beklagte macht keine Einrede nach Art. 82 oder Art. 83 OR geltend. Sie hat daher auch kein<br />

Leistungsverweigerungsrecht.<br />

2.1.4 Herr Bussard hat die Beklagte gemahnt und somit in Verzug gesetzt<br />

a) Verzug am 5. August 2001<br />

Der Schuldner fällt bei Geschäften, bei denen kein Erfüllungstag bestimmt ist, durch Mahnung in<br />

Verzug (Art. 102 Abs. 1 OR). Keine Mahnung ist erforderlich, falls die Schuldnerin weiss, bis<br />

wann sie leisten muss (Art. 102 Abs. 2 OR) 29 . Der Beklagten war dies sehr wohl bewusst. Erstens<br />

war mit „ca. Mitte Juli 2001“ ein (zwar unverbindliches und nicht auf den Tag genau bestimmtes)<br />

Lieferdatum vereinbart worden, seit welchem schon zwei Wochen verstrichen waren und zweitens<br />

setzte sie sich gleich selber eine Nachfrist an, als sie eine Lieferung binnen zweier Monate versprach.<br />

Die Ansetzung einer Nachfrist gilt abgesehen davon selbst als Mahnung 30 . Nun wurde sie<br />

zwar durch die Schuldnerin selber (und nicht wie im Normalfall durch den Gläubiger) angesetzt,<br />

doch zeigte sich dieser mit der Annahme des Ersatzgeräts einverstanden und akzeptierte die Nachfrist,<br />

was einer konkludenten Mahnung entspricht. Natürlich erachtete er es als nicht mehr nötig<br />

seinerseits noch eine Mahnung auszusprechen, war doch allen Beteiligten klar bis wann das richtige<br />

Gerät geliefert werden musste. Die Schuldnerin wird die fehlende Mahnung dem Gläubiger auch<br />

deshalb nicht entgegenhalten können, weil es auch in ihrem Interesse liegt, schon vor der Fälligkeit<br />

zu wissen, wann von ihr die Leistung erwartet wird 31 .<br />

27 BGE 43 II 170 ff., 176; 43 II 784 ff., 793; VON TUHR/ESCHER Bd. II (Fn. 24), §68 S.95.<br />

28 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 560 & 646.<br />

29 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 667; ALFRED KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band 2, Bern 2006, §55<br />

Rz. 41.<br />

30 BGE 103 II 102 ff., 105.<br />

31 ALFRED KOLLER, Berner Kommentar, Der Werkvertrag, Art. 363-366 OR: Bd. VI/2/3/1, Bern 1998, Rz. 134 zu Art. 366 OR.<br />

10


Team 24<br />

Die Schuldnerin befand sich somit ab dem 5. August 2001 in Teilverzug, da sich nur die Lieferung<br />

des Kühlkastens, nicht aber jener des Lieferwagens, verzögerte. Der Verzug und mit ihm auch die<br />

Ersatzpflicht für den Verspätungsschaden tritt bei Ansetzung einer Nachfrist ein 32 und wurde durch<br />

die Lieferung des vereinbarten Kühlkastens am 15. Februar 2004 beendet.<br />

b) Eventualiter: Verzug am 3. Oktober 2001<br />

Sollte das Gericht das Bestehen eines Schuldnerverzuges am 5. August 2001 verneinen, wird in der<br />

Folge aufgezeigt, dass spätestens zum Zeitpunkt der Anfrage des Klägers am 3. Oktober 2001 die<br />

Beklagte in Verzug geriet.<br />

Indem sich die Beklagte am 3. August 2001 selber eine Nachfrist einräumt, in der die ordnungsgemässe<br />

Lieferung erfolgen sollte, wird der abgeschlossene Kaufvertrag zwischen der Riviera Automobile<br />

AG und dem Kläger zu einem Verfalltagsgeschäft, bei welchem keine Mahnung nötig ist<br />

(Art. 102 Abs. 2 OR). Am 3. August 2001 wurde Herrn Bussard von der Beklagten mitgeteilt, dass<br />

in ein bis zwei Monaten der vereinbarte Kühlkasten geliefert werde, was eine Erfüllungsfrist darstellt,<br />

bei welcher der letzte Tag, also der 3. Oktober 2001, Verfalltag ist 33 . Selbst für die Beklagte<br />

konnte es zum Zeitpunkt der Anfrage durch den Kläger am 3. Oktober 2001 keine Zweifel mehr<br />

geben, dass sie sich im Verzug befand bzw. leisten musste.<br />

2.1.5 Verschulden der Beklagten<br />

Der Verspätungsschaden ist nur zu ersetzen, wenn der Schuldner sich verschuldeterweise in Verzug<br />

befindet. Im vorliegenden Fall trifft die Beklagte gleich ein doppeltes Verschulden, einerseits<br />

ein eigenes und andererseits muss sie sich das Verhalten der Coolex GmbH gestützt auf die Hilfspersonenhaftung<br />

gemäss Art. 101 Abs. 1 OR anrechnen lassen. Somit kann ein Exkulpationsbeweis<br />

der Beklagten nach Art. 103 Abs. 2 OR nicht gelingen, was im Folgenden gezeigt wird.<br />

a) Fehleinschätzung der Lieferfristen<br />

Dass die Lieferverzögerung offenbar nicht aufgrund der Geschäftstätigkeit der Beklagten selbst,<br />

sondern durch die Firma Coolex GmbH mit Sitz in Martigny entstand, ist nicht relevant. Ein Verschulden<br />

der Beklagten ist in der Fehleinschätzung der Lieferfristen des Kühlkastens zu sehen 34 . Es<br />

ist schliesslich die Aufgabe des Verkäufers, die Lieferfristen seiner Zwischenhändler zu kennen,<br />

verstärkt noch durch die Tatsache, dass dem Käufer nicht mitgeteilt wurde, dass diesbezüglich eine<br />

Drittfirma involviert ist. Dass die Lieferfristen im vorliegenden Fall möglicherweise aussergewöhnlich<br />

lang waren, vermag die Beklagte nicht zu exkulpieren. Sie hätte „bei gehöriger Sorg-<br />

32 vgl. Fn 30.<br />

33 GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY Bd. II (Fn. 22), Rz. 2964.<br />

34 WOLFGANG WIEGAND, Kommentar zu Art. 97-110 OR, in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.),<br />

Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz.<br />

3 zu Art. 103 OR.<br />

11


Team 24<br />

falt“ 35 mit der Möglichkeit eines Produktionsproblems von Seiten der Coolex GmbH rechnen müssen,<br />

denn gerade der Eintritt dieses Szenarios zeigt, dass es möglich war. Zudem wäre es der Beklagten<br />

vor Abschluss des Kaufvertrages mit Herrn Bussard am 10. Mai 2001 ohne weiteres möglich<br />

gewesen die Liefermöglichkeiten des Kühlkastens telefonisch abzuklären. Da sie dies unterlassen<br />

hat, muss sie die Verzugsfolgen tragen. Der Exkulpationsbeweis gelingt nicht.<br />

b) Die Coolex GmbH handelte als Hilfsperson der Beklagten<br />

Des Weiteren muss sich die Beklagte gestützt auf Art. 101 Abs. 1 OR auch das Verhalten der Coolex<br />

GmbH anrechnen lassen, welche zwar nicht selber Vertragspartei ist, aber als Hilfsperson der<br />

Riviera Automobile AG handelt. Es entspricht der Billigkeit, dass derjenige, der in den Genuss der<br />

Vorteile einer Hilfsperson kommt, respektive wer Pflichten durch eine solche erledigen lässt, auch<br />

die Nachteile daraus tragen muss 36 .<br />

Damit eine Hilfspersonenhaftung nach Art. 101 Abs. 1 OR vorliegt, muss der Schädiger effektiv<br />

Hilfsperson des Schuldners sein (1), der Beizug in Erfüllung einer Schuldpflicht erfolgen (2), die<br />

Schadenszufügung im Zusammenhang mit der vertraglichen Verrichtung stehen (3) und das Verhalten<br />

dem Schuldner hypothetisch vorwerfbar sein (4).<br />

(1) Zunächst stellt sich die Frage, ob die Coolex GmbH als „Hilfsperson“ der Beklagten im Sinne<br />

des Gesetzes zu qualifizieren ist. Entscheidend ist, dass der Geschäftsherr die besagte Person bewusst,<br />

also mit Wissen und Willen, zur Mitwirkung bei der Erfüllung einsetzt 37 . Ein Subordinationsverhältnis<br />

analog der Geschäftsherrenhaftung aus Art. 55 OR wird indessen nicht verlangt 38 .<br />

Während beim blossen Lieferanten die Hilfspersonenstellung umstritten ist, wird diese beim Erfüllungsgehilfen<br />

eindeutig bejaht. Ein Drittkontrahent (Subunternehmer) fällt unter diese Bestimmung<br />

39 . Die Abgrenzung zwischen Erfüllungsgehilfe und Lieferant ergibt sich bereits aus dem<br />

Wortlaut. Während der Lieferant die Sache nur anliefert und seine vertragliche Pflicht damit erledigt<br />

hat, treffen den Erfüllungsgehilfen weitergehende Pflichten. Im vorliegenden Fall sollte die<br />

Coolex GmbH den Kühlkasten nicht nur liefern, sondern auch montieren. Sie ist deshalb als Erfüllungsgehilfe,<br />

also als Hilfsperson im Sinne von Art. 101 Abs. 1 OR zu qualifizieren.<br />

(2) Zwischen der Beklagten und dem Kläger besteht eine Schuldpflicht, nämlich die Lieferung<br />

eines Kühlkastens, für dessen Produktion, Lieferung und Montage die Beklagte die Drittfirma Coolex<br />

GmbH beizieht.<br />

(3) Weiter ist ein funktioneller Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung und der vertraglichen<br />

Pflicht gefordert, was zugleich eine Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich ge-<br />

35 BGE 111 II 352 ff., 354.<br />

36 BGE 114 Ib 67 ff., 71; 96 I 162 ff., 164.<br />

37 BGE 99 II 46 ff., 48.<br />

38 BGE 107 Ia 168 ff., 169/70.<br />

39 BGE 117 II 563 ff., 568.<br />

12


Team 24<br />

schuldeten Leistung der Schuldnerin darstellen muss 40 . Im vorliegenden Fall ist die schädigende<br />

Handlung die verspätete Lieferung und Montage des Kühlkastens, welche durch die Produktionsprobleme<br />

der Coolex GmbH verursacht wurde und schlussendlich den Schuldnerverzug der Beklagten<br />

zur Folge haben. Somit besteht ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Lieferung<br />

des Kühlkastens – der vertraglichen Pflicht – und der schädigenden Handlung.<br />

(4) Bei der geforderten hypothetischen Vorwerfbarkeit ist danach zu fragen, ob die Handlung der<br />

Hilfsperson dem Schuldner vorzuwerfen wäre, wenn er sie selbst vorgenommen hätte 41 . Die Produktionsprobleme,<br />

welche die Coolex GmbH als Begründung für die Lieferschwierigkeiten vorschiebt,<br />

wären der Riviera Automobile AG vorzuwerfen. Allgemein kann davon ausgegangen werden,<br />

dass man die eigene Produktion und auch deren Lieferfristen und –möglichkeiten kennt und<br />

somit auch die Konsequenzen für solche Produktionsprobleme zu tragen hat. Zudem könnte der<br />

Riviera Automobile AG arglistiges Verhalten vorgeworfen werden, hätten die (hypothetischen)<br />

eigenen Produktionsprobleme bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 5. Mai 2001 vorgelegen<br />

und hätte sie dennoch den Kaufvertrag mit dem Kläger abgeschlossen.<br />

Aus diesen Ausführungen ist zu schliessen, dass im vorliegenden Fall eine Hilfspersonenhaftung<br />

der Riviera Automobile AG, für das Verhalten der Coolex GmbH gemäss Art. 101 Abs. 1 OR zu<br />

bejahen ist.<br />

2.2 Rechtsfolgen des Verzugs der Beklagten<br />

2.2.1 Ersatz des Verspätungsschadens durch die Beklagte<br />

Die Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs nach Art. 103 ff. OR sind gekennzeichnet durch die verschiedenen<br />

Wahlrechte des Gläubigers. Im vorliegenden Fall wählt der Kläger, nachdem die angesetzte<br />

Nachfrist (Art. 107 Abs. 1 OR) von zwei Monaten ungenutzt verstrichen ist 42 , an der Leistung<br />

des Schuldners festzuhalten und daneben Ersatz des Verspätungsschadens zu verlangen (Art.<br />

103 Abs. 1 OR). Der Schuldner hat dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die<br />

Verspätung adäquat kausal entstanden ist 43 . Dieser Schadenersatzanspruch tritt kumulativ zum<br />

Erfüllungsanspruch hinzu 44 . Der Verspätungsschaden berechnet sich dabei nach dem positiven<br />

Interesse des Klägers, d.h. dieser ist so zu stellen, wie wenn die Beklagte rechtzeitig erfüllt hätte 45 .<br />

Nach allgemeiner Auffassung entspricht der Schaden der Differenz zwischen dem gegenwärtigen<br />

40 BGE 92 II 15 ff., 18.<br />

41 BGE 130 III 591 ff., 605.<br />

42 Eventualiter durch mehrmaliges Nachfragen kann eine solche Nachfrist auch gegeben sein.<br />

43 GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY Bd. II (Fn. 22), Rz. 3007.<br />

44 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 673.<br />

45 BGE 116 II 441 ff., 443; HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 673; HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht: Besonderer<br />

Teil, 8., ergänzte und verbesserte Auflage, Bern 2006, §8 S. 59.<br />

13


Team 24<br />

Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte 46 . Als<br />

Schadensposten gelten dabei entgangener Nutzungsvorteil, entgangener Gewinn, Auslagen für die<br />

Miete einer Ersatzsache, sowie Schadenersatzforderungen Dritter 47 .<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Schadensposten, welche vom Kläger aufgeführt werden, näher<br />

erläutert und begründet.<br />

2.2.2 Konkrete Schadensbemessung<br />

Infolge des Lieferverzuges und des qualitativ schlechteren Ersatzfahrzeuges entstanden dem Kläger<br />

in der Periode vom 6. August 2001 bis 15. Februar 2004 (132 Wochen) folgende Schäden:<br />

1. Mehrfahrten: Infolge der geringeren Nutzlast des Ersatzfahrzeuges waren Mehrfahrten auf der<br />

Strecke Greyerz-Gstaad nötig, um die üblichen Lieferungen zu garantieren. Der Schaden berechnet<br />

sich wie folgt: 132 Wochen mal 2 Fahrten pro Woche mal 80 km (Greyerz-Gstaad retour)<br />

à CHF 0.60 = CHF 12'672.<br />

2. Erhöhter Zeit- bzw. Lohnaufwand: Infolge der geringeren Nutzlast kam es zu Mehrfahrten und<br />

damit auch zu einem erhöhten Zeitaufwand, was sich auf die Lohnkosten auswirkte. Der Schaden<br />

berechnet sich wie folgt: 264 Fahrten (132 x 2) à 2 Stunden (Greyerz-Gstaad retour) mal<br />

CHF 25 (Stundenlohn Angestellte) = CHF 13'200.<br />

3. Entgangener Mehrgewinn mangels Werbeeffekt: Der Kläger unterliess das Anbringen des<br />

Schriftzuges seiner Käserei am Ersatzfahrzeug, da er aufgrund der Aussagen der Beklagten davon<br />

ausging, dass der vertraglich vereinbarte Kühlkasten innerhalb von ein bis zwei Monaten<br />

nachgeliefert werden würde und so ein Anbringen des Schriftzuges – in Anbetracht des damit<br />

verbundenen Aufwandes – unverhältnismässig wäre. Der Werbeeffekt eines solchen Schriftzuges<br />

hat in ländlichen Gebieten und in Bergregionen – besonders für eine kleine Käserei, die sich<br />

gegen die „grossen“ Konkurrenzfirmen durchsetzen muss – einen sehr starken Sympathieeffekt.<br />

Die Tatsache, dass das Produkt des Klägers in einem Spezialitätengeschäft erhältlich ist, spricht<br />

für die Qualität dieses Produktes, was Einheimische, als auch Touristen anspricht. Ein Lieferwagen,<br />

der über eine geraume Zeit zwei Mal die Woche ein solches Spezialitätengeschäft beliefert<br />

und von den Leuten dabei wahrgenommen werden kann, hat durchaus das Potential, Neukunden<br />

zu akquirieren bzw. bereits bestehende Kunden, in deren Kaufverhalten zu bestätigen.<br />

Für den mangels Werbeeffekt entgangenen Gewinn wird ein Pauschalbetrag von CHF 200 monatlich<br />

verrechnet. Für die Periode vom 6. August 2001 bis 15. Februar 2004 ergibt dies<br />

CHF 6'000.<br />

46 BGE 116 II 441 ff., 444; WIEGAND (Fn. 34), in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.), Basler<br />

Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz. 5 zu<br />

Art. 103 OR mit weiteren Hinweisen.<br />

47 BGE 116 II 441 ff., 443/4; SCHWENZER (Fn. 21), Rz. 66.04.<br />

14


Team 24<br />

4. Erhöhter Energieverbrauch: Wegen der dünneren Isolation des Kühlkastens resultierte ein erhöhter<br />

Energieaufwand, um die transportierte Ware kühl zu halten. Der dadurch entstandene<br />

Schaden berechnet sich wie folgt: 21'120 km (gefahrene Zusatzkilometer) + 21'120 km (normalerweise<br />

gefahrene Kilometer) mal CHF 0.07 (Kosten aus erhöhtem Energieverbrauch) = CHF<br />

2'956.80.<br />

Der Schaden, welcher der Kläger aufgrund des Verzugs der Beklagen erlitten hat, beträgt total CHF<br />

34'828.80 48 .<br />

2.3 Fazit<br />

Aus den dargelegten Ausführungen kann resümiert werden, dass die verspätete Lieferung des<br />

Kühlkastens einen Anwendungsfall des Schuldnerverzugs darstellt. Die Forderung des Klägers war<br />

fällig und es erfolgte eine Mahnung durch diesen am 3. August 2001 49 worauf die Beklagte in Verzug<br />

fiel und ab diesem Zeitpunkt schadenersatzpflichtig geworden war. Das für eine Schadenersatzpflicht<br />

notwendige Verschulden ist aus der Hilfspersonenhaftung zu schliessen, allerdings ist<br />

ein solches auch im Verhalten der Riviera Automobile AG selbst ersichtlich. Der Schaden bemisst<br />

sich nach dem positiven Interesse des Klägers, was zu einem Gesamtschaden von CHF 34'828.80<br />

seit dem 6. August 2001 führt 50 . Somit ist die Beklagte zur Zahlung dieses Schadenersatzes zu verurteilen.<br />

3. Gewährleistung für den Sachmangel des Kühlkastens durch die Riviera Automobile AG<br />

3.1 Die Lieferung des Kühlkastens stellt eine peius-Lieferung dar<br />

Bei der Bestellung des Kühlkastens durch Herrn Bussard bei der beklagten Riviera Automobile AG<br />

handelt es sich um eine Gattungsschuld entsprechend dem vom Bundesgericht entwickelten relativen<br />

Gattungsbegriffs 51 . Danach kommt es bei der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld<br />

auf die konkrete Umschreibung des Kaufgegenstandes durch die Parteien an, also den Parteiwillen<br />

selbst 52 . Der Kläger interessierte sich nicht für einen konkret individuell 53 bestimmten<br />

Kühlkasten, sondern für ein gewisses Modell aus dem Sortiment der Riviera Automobile AG.<br />

Der am 17. Februar 2004 montiert übergebene Kühlkasten stellt ein peius dar, was dazu führt, dass<br />

ein Fall von Gewährleistung, im Speziellen von Sachgewährleistung im Sinne von Art. 197 ff. OR,<br />

vorliegt. Bei der Bestimmung der Gattung ist nach der herrschenden Lehre auf die Verkehrsauffas-<br />

48 Eventualiter vom 3. Oktober 2001 an gerechnet.<br />

49 Eventualiter am 3. Oktober 2001.<br />

50 Eventualiter vom 3. Oktober 2001 an gerechnet.<br />

51 BGE 121 III 453 ff., 456.<br />

52 vgl. Fn. 51.<br />

53 GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY Bd. I (Fn. 23), Rz. 97.<br />

15


Team 24<br />

sung und den Verwendungszweck abzustellen 54 . Die Angaben über den rutschfesten Boden dienen<br />

im vorliegenden Fall nicht der Bestimmung der gekauften Menge, sondern sind Spezifikationen<br />

einer einzelnen Gattungsschuld, was dazu führt, dass dem Kühlkasten eine zugesicherte Eigenschaft<br />

fehlt 55 und dieser ohne vollständig rutschfesten Boden nicht dem vereinbarten Qualitätsstandard<br />

entspricht 56 und somit eine peius-Lieferung darstellt.<br />

3.2 Voraussetzungen für eine Sachmängelhaftung im Sinne von Art. 197 ff. OR<br />

Wie gezeigt wurde, handelt es sich beim Kühlkasten, welcher am 17. Februar 2004 montiert dem<br />

Kläger geliefert wurde, um eine peius-Lieferung, was zur Anwendung der Regeln über die Sachmängelhaftung<br />

nach Art. 197 ff. OR führt. Damit der Käufer aus der Sachgewährleistung Ansprüche<br />

gegen die Verkäuferin geltend machen kann muss der Kaufgegenstand einen Sachmangel aufweisen.<br />

Des Weiteren muss dieser Sachmangel bereits vor dem Zeitpunkt des Gefahrenübergangs<br />

vorgelegen sein und der Käufer durfte keine Kenntnis des Mangels gehabt haben (Art. 200 OR).<br />

Zusätzlich muss der Käufer innerhalb der Fristen (Art. 210 OR) die Mängel beim Verkäufer gerügt<br />

haben (Art. 201 OR) und die Sachgewährleistung durfte nicht vertraglich beschränkt oder aufgehoben<br />

worden sein (Art. 199 OR).<br />

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, was im Folgenden ausgeführt und belegt<br />

wird. Die Beklagte ist deshalb zur Nachbesserung verpflichtet.<br />

3.2.1 Der nicht vollständig rutschfeste Boden stellt einen Sachmangel dar<br />

Nach Art. 197 Abs. 1 OR haftet der Verkäufer dem Käufer für zugesicherte Eigenschaften. Das<br />

Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft stellt einen Sachmangel im Sinne dieser Bestimmung dar.<br />

Die Klausel im Kaufvertrag, dass der Kühlkasten einen rutschfesten Boden besitzt, ist als Zusicherung<br />

im Sinne von Art. 197 Abs. 1 OR zu verstehen und es gilt zu zeigen, dass damit der ganze<br />

Boden und nicht nur die hintere Hälfte gemeint war.<br />

a) Der rutschfeste Boden als zugesicherte Eigenschaft<br />

Als Zusicherung im Sinne von Art. 197 Abs. 1 OR ist die ernsthafte Behauptung des Verkäufers,<br />

dass der Kaufgegenstand bestimmte, objektiv feststellbare Eigenschaften aufweise, zu verstehen 57 .<br />

Zudem ist nach der Meinung des Bundesgerichts und der herrschenden Lehre nötig, dass die Zusicherung<br />

erkennbar den Entschluss des Käufers, die Sache überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen<br />

zu erwerben, beeinflusst habe 58 . Andere Autoren stützen die Qualifikation einer Zusi-<br />

54 HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL, Kommentar zu Art. 192-210 OR, in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.),<br />

Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz.<br />

2 zu Art. 206 OR mit weiteren Hinweisen.<br />

55 BGE 87 II 244 ff., 246/7.<br />

56 CLAIRE HUGUEN<strong>IN</strong>, Obligationenrecht, Besonderer Teil, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2004, Rz. 257.<br />

57 BGE 88 II 410 ff., 416.<br />

58 BGE 87 II 244 ff., 245.<br />

16


Team 24<br />

cherung einzig auf den objektiven Grundsatz von Treu und Glauben ab, wonach der Käufer auf die<br />

Vorstellungsäusserung des Verkäufers soll vertrauen dürfen und zwar unabhängig davon, ob dieser<br />

für den Kaufabschluss kausal war 59 .<br />

Im Kaufvertrag vom 10. Mai 2001 zwischen dem Kläger und der Beklagten über einen Lieferwagen<br />

mit einem Kühlkasten war unter anderem die Rede davon, dass dieser Kühlkasten einen rutschfesten<br />

Boden aufweist, was als Zusicherung der Riviera Automobile AG zu verstehen ist. Durch die<br />

Aufnahme dieser Klausel bezüglich des rutschfesten Bodens, was eine objektiv feststellbare Eigenschaft<br />

darstellt, in den Vertrag kann auf deren Ernsthaftigkeit geschlossen werden und der Kläger<br />

durfte aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben darauf vertrauen. Des Weiteren benötigt<br />

der Kläger den betreffenden Kühlkasten vorwiegend für den Transport seiner Rahmsorte „Crème<br />

de la Gruyère“ nach Gstaad und ist somit auf die gute Sicherung der Ladung während der Fahrt,<br />

was einen rutschfesten Boden des Kühlkastens voraussetzt, angewiesen. Daraus wird offensichtlich,<br />

dass diese Zusicherung der Verkäuferin kausal für seinen Kaufentschluss war. Dies war auch<br />

für die beklagte Riviera Automobile AG klar erkennbar 60 , da allgemein beim Transport von Lebensmitteln<br />

– insbesondere beim heiklen Transport von Rahme – auf eine gute Sicherung der Ladung<br />

grosses Augenmerk gelegt wird. Im Speziellen kann davon ausgegangen werden, dass der<br />

Beklagten bekannt war, dass der Kühlkasten vorwiegend für den Transport von Rahm verwendet<br />

werden soll, da sich die vom Kläger produzierte Rahmsorte einer grossen lokalen Popularität erfreut.<br />

Somit stellt die im Vertrag festgehaltene Klausel, dass der Kühlkasten über einen rutschfesten Boden<br />

verfügt, eine Zusicherung im Sinne von Art. 197 Abs. 1 OR der Riviera Automobile AG gegenüber<br />

dem Kläger dar.<br />

b) Die Bedeutung der Zusicherung des rutschfesten Bodens<br />

Entsprechend dem Vertragstext einigten sich die Beklagte und der Kläger darauf, dass der Kühlkasten<br />

einen rutschfesten Boden aufweist. Aufgrund der Auslegung dieser Vertragsnorm (Art. 18<br />

Abs. 1 OR) ist zum Schluss zu kommen, dass die Parteien sich tatsächlich nicht geeinigt haben, da<br />

der Kläger darunter einen vollständig rutschfesten Boden und die Beklagte einen nur hälftigen verstanden<br />

hat. Allerdings liegt im vorliegenden Fall ein normativer (rechtlicher) Konsens vor, wodurch<br />

der Kläger in seiner Auffassung der relevanten Vertragsklausel zu schützen ist 61 .<br />

Haben sich die Parteien in den Vertragsverhandlungen übereinstimmend geäussert, aber abweichend<br />

verstanden, liegt ein versteckter Dissens vor, welcher zum Vertragsschluss führt, wenn eine<br />

der Parteien nach dem Vertrauensgrundsatz in ihrem Verständnis der gegnerischen Willensäusserung<br />

zu schützen und damit die andere auf ihre Äusserung in deren objektivem Sinn zu behaften<br />

59 MAX KELLER/KURT SIEHR, Kaufrecht, 3. überarbeitete und ergänzte Auflage, Zürich 1995, S. 75.<br />

60 HUGUEN<strong>IN</strong> OR BT (Fn. 56), Rz. 270.<br />

61 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 196 f..<br />

17


Team 24<br />

ist 62 . Das von herrschender Lehre und Rechtssprechung durchwegs anerkannte Vertrauensprinzip 63<br />

besagt, dass Willenserklärungen der Parteien so auszulegen sind, wie sie vom Empfänger in guten<br />

Treuen verstanden werden durften und mussten 64 . Massgebend ist demnach derjenige Sinn, welcher<br />

der Empfänger unter Würdigung der Umstände als vernünftig und redlich urteilender Mensch nach<br />

Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB) im Zeitpunkt der Erklärung dieser beilegen konnte und<br />

musste 65 .<br />

Das Wort „rutschfest“ wird im Vertrag als Adjektiv verwendet, worunter ein Wort verstanden wird,<br />

das ein Wesen oder Ding, ein Geschehen, eine Eigenschaft oder einen Umstand als mit einem bestimmten<br />

Merkmal, mit einer bestimmten Eigenschaft versehen kennzeichnet 66 . Gestützt auf diese<br />

Definition und das allgemeine Sprachverständnis kann geschlossen werden, dass das Adjektiv die<br />

Eigenschaft des ganzen zu beschreibenden Wortes meint und nicht bloss die Hälfte dessen.<br />

Somit ist mit der Vertragsklausel, dass der Kühlkasten einen rutschfesten Boden hat, dessen ganzer<br />

Boden gemeint und der Kläger in seiner Auffassung der Vereinbarung gestützt auf das Vertrauensprinzip<br />

zu schützen, was zu einem normativen Konsens der Vertragsparteien führt.<br />

Die später vorgebrachte Einwendung der Coolex GmbH, dass der Boden gemäss Norm sei, ist irrelevant,<br />

da einerseits solche allgemeinen Normen nur Geltung erlangen, wenn sie von den Parteien<br />

in den Vertrag übernommen wurden 67 und andererseits abweichende individuelle Abreden zwischen<br />

den Parteien Vorrang geniessen 68 .<br />

3.2.2 Der Mangel bestand bereits vor dem Übergang der Gefahr auf Herrn Bussard<br />

Die Sachgefahr geht bei einer Gattungsschuld, bei welcher es sich um eine Holschuld handelt, mit<br />

dem Ausscheiden der Sache auf den Käufer über (Art. 185 Abs. 2 OR), also muss der Sachmangel<br />

bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben. Unter Ausscheidung wird verstanden, dass der Verkäufer<br />

die für den Gläubiger bestimmten Stücke oder die für ihn bestimmte Menge ausgesondert<br />

hat 69 . Daraus ergibt sich auch, dass die Gefahr einer noch fertigzustellenden Sache erst mit deren<br />

Fertigstellung übergehen kann 70 .<br />

Es wurde bereits eingangs erläutert, dass der hier relevante Kühlkasten nur der Gattung nach bestimmt<br />

ist. Als Übergabeort wurde die Garage der Riviera Automobile AG vereinbart, was im Sin-<br />

62 BGE 123 III 35 ff., 39/40.<br />

63 statt vieler HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 182.<br />

64 BGE 113 II 49 ff., 50.<br />

65 BGE 116 II 431 ff., 434/5.<br />

66 DUDEN, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 1: A-Bim, 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich<br />

1993, S. 116.<br />

67 GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY Bd. I (Fn. 23), Rz. 1128.<br />

68 BGE 123 III 35 ff., 44.<br />

69 ALFRED KOLLER, Kommentar zu Art. 184-191 OR, in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.),<br />

Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz.<br />

31 zu Art. 185 OR.<br />

70 H. BECKER, Berner Kommentar, Die einzelnen Vertragsverhältnisse, Art. 184-551 OR: Bd. VI/2, Bern 1934, Rz. 6 zu Art. 185 OR.<br />

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Team 24<br />

ne von Art. 185 Abs. 2 OR das Vorliegen einer Holschuld bedeutet. Der vom Kläger beanstandete<br />

Sachmangel entstand bereits bei der Produktion des Kühlkastens bei der Coolex GmbH, da deren<br />

normgemässe Produktion, wie diese später mitteilte, nur einen zur Hälfte rutschfesten Boden vorsieht.<br />

Somit ist klar, dass der hier gerügte Mangel bereits vor dem Gefahrenübergang auf den Kläger<br />

bestand, da die Aussonderung frühestens bei der Fertigstellung des Kühlkastens und dessen<br />

Lieferung durch die Coolex GmbH an die Beklagte stattgefunden haben kann, da auch erst dann<br />

klar wurde, welcher Kühlkasten zu welchem Kunden gelangt.<br />

3.2.3 Herr Bussard hatte keine Kenntnis des Mangels<br />

Herr Bussard ging im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 10. Mai 2001 gestützt auf<br />

die Zusicherung der Riviera Automobile AG davon aus (Art. 200 Abs. 2 OR e contrario), dass der<br />

ganze Boden des Kühlkastens rutschfest ist und hatte zu dieser Zeit somit keine Kenntnis des<br />

Sachmangels (Art. 200 Abs. 1 OR e contrario). Die entsprechende Norm auf welche sich die Produktionsfirma<br />

später berief und aus derer die Konstruktion des Bodens anscheinend ersichtlich<br />

gewesen wäre, war ihm in diesem Zeitpunkt weder bekannt, noch wurde diese in den Vertrag zwischen<br />

dem Kläger und der Riviera Automobile AG übernommen.<br />

3.2.4 Die Mängelrüge wurde durch Herrn Bussard rechtzeitig erhoben<br />

Die Mängelrügepflicht setzt sich zusammen aus der geschäftsüblichen Frist für die Untersuchung<br />

einerseits und einer kurzen Frist für die Erklärung und Übermittlung der Anzeige anderseits 71 .<br />

Die Übergabe des aufgebauten Kühlkastens erfolgte am 17. Februar 2004, wobei eine Prüfung des<br />

Kühlkastens durch den Kläger erfolgte und der Sachmangel festgestellt wurde. Die notwendige<br />

Rüge der Sachmängel (die anschliessend reparierten Löcher im Aufbau und der nicht vollständig<br />

rutschfeste Boden) erfolgte mit Schreiben vom 19. Februar 2004. Zwar erfordert die Anzeige der<br />

Mängel keiner besonderen Form 72 , doch bildet Schriftlichkeit der Anzeige zur Sicherung der späteren<br />

Beweisbarkeit die Regel 73 . Es kann somit gesagt werden, dass die Rüge des Klägers in angemessener<br />

Frist erfolgte, welche noch dem üblichen Geschäftsgang und den Gepflogenheiten des<br />

wirtschaftlichen Verkehrs 74 entspricht.<br />

3.2.5 Die Fristen wurden gewahrt<br />

Herr Bussard reichte am 22. November 2004 beim „Tribunal d’arrondissement de l’Est vaudois“ in<br />

Vevey Klage gegen die Riviera Automobile AG ein, also wurden die Fristen gewahrt (Art. 210<br />

Abs. 1 OR).<br />

71 KELLER/SIEHR (Fn. 59), S. 85.<br />

72 BGE 107 II 172 ff., 175.<br />

73 Vgl. Fn. 71.<br />

74 Vgl. Fn. 71.<br />

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Team 24<br />

3.2.6 Die Haftung wurde durch die Riviera Automobile AG nicht ausgeschlossen<br />

a) Haftungsausschluss für Sachgewährleistung in Art. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

Es wurde bereits festgestellt, dass die AGB durch den Kläger global übernommen worden sind,<br />

welche in Art. 4 eine Beschränkung der Sachmängelgewährleistung enthalten. Die Vorinstanzen<br />

stützen die Verneinung einer Gewährleistungspflicht der Beklagten auf deren gültigen Ausschluss<br />

in den AGB. Im Folgenden gilt es zu zeigen, dass Art. 4 der AGB unklar formuliert und somit zu<br />

Gunsten des Klägers auszulegen ist, was zu keinem Ausschluss der Sachgewährleistungspflicht der<br />

Riviera Automobile AG in den AGB führt.<br />

b) Auslegung von Art. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

Die Wendung „Sachgewährleistung im Rahmen und Umfang der Fabrikgarantie“ in Art. 4 der<br />

AGB ist dazu geeignet, den Kläger glauben zu lassen, er sei gegen etwaige Mängel der Kaufsache<br />

geschützt, da ihm verborgen bleibt, was diese Fabrikgarantie umfasst. Weiter ist in lit. a desselben<br />

Artikels der Ausschluss für die Gewährleistung von Fremdbauten und -einbauten statuiert, es ist<br />

aber für Herrn Bussard nicht ersichtlich, was darunter zu verstehen ist. So bestellt er doch eine<br />

fertige Kaufsache, ohne Wissen, welche Teile der Verkäufer selber herstellt und welche dieser<br />

fremd bauen oder einbauen lässt. Als Fremdbauten oder -einbauten wären allenfalls nachträglich –<br />

unabhängig vom vorliegenden Kaufvertrag – ver- und eingebaute Teile oder Anlagen anzusehen.<br />

Art. 4 lit. a der AGB spricht zudem von „Reparatur oder Auswechslung der fehlerhaften Teile und<br />

(...) Beseitigung weiterer Schäden am Fahrzeug“, was wiederum Platz für die Annahme des Käufers<br />

lässt, dass er gegen alle Arten von Mängel geschützt ist, da die Kaufsache – ein Fahrzeug mit<br />

Kühlkasten – für den Kläger ein untrennbares Ganzes, sprich einen Lieferwagen, darstellt. Die<br />

entsprechende Vertragsklausel bleibt für den Kläger somit unklar und ist entsprechend zu seinen<br />

Gunsten auszulegen.<br />

Unter Anwendung der Unklarheitsregel, wonach mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertragsbedingungen<br />

im Zweifel zu Lasten jener Partei auszulegen sind, die sie verfasst hat 75 , folgt,<br />

dass dem Kläger gemäss Art. 4 der AGB ein genereller Anspruch auf Nachbesserung aller Mängel<br />

der Kaufsache zusteht, welche diese bei der Lieferung aufweist. Die Formulierungen in Art. 4 der<br />

AGB sind missverständlich, sodass daraus nicht ersichtlich werden kann, wie weit eine Gewährleistung<br />

garantiert wird.<br />

Aus diesen Ausführungen ist zu schliessen, dass die Sachgewährleistung im Vertrag zwischen<br />

Herrn Bussard und der Riviera Automobile AG nicht wirksam wegbedungen wurde und der Kläger<br />

somit einen Anspruch auf Sachgewährleistung, resultierend aus den AGB, geltend machen kann.<br />

Dieser besteht auch weiter gegenüber der Beklagten, würde es zu einer Abtretung der Forderungen<br />

zwischen ihr und dem Kläger kommen. Im vorliegenden Fall wird der Kühlkasten von der Riviera<br />

Automobile AG bei der Coolex GmbH bestellt, welche diesen für sie herstellt. Somit liegt ein<br />

75 BGE 124 III 155 ff., 158.<br />

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Team 24<br />

Werkvertrag zwischen einem Haupt- und Subunternehmer vor 76 . In dieser Konstellation bleiben<br />

dem Zessionar zwei Nachbesserungsrechte bestehen: zum einen gegenüber dem Hauptunternehmer<br />

und zum anderen gegenüber dem Subunternehmer. Voraussetzung hierzu ist, dass der Hauptunternehmer<br />

die Mängelrechte nicht wirksam wegbedungen hat. Der Hauptunternehmer darf die Nachbesserung<br />

in dieser Konstellation solange verweigern, bis der Zessionar den Subunternehmer ergebnislos<br />

versucht hat zur Nachbesserung anzuhalten 77 .<br />

3.3 Rechtsfolge der Sachmängelhaftung<br />

Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 19. November 2004 die Nachbesserung der festgestellten<br />

Mängel (nicht vollständig rutschfester Boden und Löcher im Aufbau). Nach grammatikalischer<br />

Auslegung des Gesetzes hat der Käufer keinen gesetzlichen Anspruch auf Nachbesserung 78 , allerdings<br />

wurde ein solcher in Art. 4 der AGB zwischen den Parteien vereinbart.<br />

3.3.1 Nachbesserung gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

Der Art. 4 der AGB gibt dem Kläger einen Anspruch auf Nachbesserung, was somit eine vertragliche<br />

Vereinbarung darstellt. Ein Nachbesserungsrecht des Käufers wird von einem Teil der Lehre<br />

auch analog dem Werkvertragsrecht 79 , nach Art. 368 Abs. 2 OR, gewährt oder aus Art. 2 ZGB konstruiert<br />

80 . Dies entspricht auch der Einstellung des Gesetzgebers, dass der Gläubiger Realerfüllung<br />

verlangen kann 81 . Diese statuiert das Werkvertragsrecht in Art. 368 Abs. 2 OR.<br />

Durch die explizite Vereinbarung eines Nachbesserungsrechts des Käufers in Art. 4 der AGB muss<br />

die Beklagte den Mangel – der nicht vollständig rutschfeste Boden – also beseitigen. Des Weiteren<br />

kann, wie erläutert, auch ohne Heranziehen der AGB ein solches Nachbesserungsrecht in analoger<br />

Anwendung von Art. 368 Abs. 2 OR und konstruiert aus Art. 2 ZGB bejaht werden.<br />

3.3.2 Ersatz der Kosten für die Nachbesserung durch einen Dritten<br />

Im vorliegenden Fall hatte Herr Bussard auch das Recht, den Mangel des Kühlkastens durch einen<br />

Dritten beseitigen zu lassen und kann den Ersatz dieser Kosten von der Beklagten fordern. Dies<br />

kann unter analoger Anwendung der relevanten Bestimmung (Art. 368 Abs. 2 OR) des Werkvertragsrechts<br />

geschlossen werden, welche sich aufdrängt, da weder das Kaufrecht noch der Allgemeine<br />

Teil des OR Bestimmungen über die Nachbesserung enthalten. Zum gleichen Ergebnis<br />

76 PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Zürich 1996, Rz. 137.<br />

77 BGE 118 II 142 ff., 146.<br />

78 BGE 95 II 119 ff., 125/6.<br />

79 THEO GUHL/ALFRED KOLLER/ANTON K. SCHNYDER/JEAN NICOLAS DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht: mit Einschluss<br />

des Handels- und Wertpapierrechts, 9. Auflage, Zürich 2000, §42 Rz. 48.<br />

80 HANS GIGER, Berner Kommentar, Kauf und Tausch, Art. 184-238 OR: Bd. VI/2/1/1, 2. Auflage, Bern 1980, Rz. 43 zu Art. 205 OR;<br />

EUGEN BUCHER, Obligationenrecht: Besonderer Teil, 3. Auflage, Zürich 1988, 97.<br />

81 KOLLER Bd. 2 (Fn. 29), §57 Rz. 45.<br />

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Team 24<br />

kommt auch das WKR 82 in Art. 46 Abs. 3. Demzufolge ist der Käufer berechtigt, die „Nachbesserung<br />

durch einen Dritten vornehmen zu lassen und vom Unternehmer vollen Ersatz der entsprechenden<br />

Aufwendungen (Nichterfüllungsschaden) zu fordern“ 83 , wenn sich der Unternehmer als<br />

unfähig erweist, die Mängel zu beheben. Der Unfähigkeit des Unternehmers ist die entschiedene<br />

Weigerung desselben gleichzusetzen 84 . Der Besteller hat dabei die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges<br />

zu wahren 85 . Die hierzu notwendige Inverzugsetzung durch Mahnung ist durch das<br />

mehrmalige Insistieren erfolgt, respektive entfällt bei einer Weigerung des Unternehmers, die der<br />

Unfähigkeit zu Nachbesserung gleichgesetzt wird 86 . Das Ansetzen einer Nachfrist zur Nachbesserung<br />

erübrigte sich ebenso gemäss Art. 108 Abs. 1 Ziff. 1 OR, da für den Kläger zu erkennen war,<br />

dass eine solche auch nach Ablauf der Frist durch die Beklagte nicht erfolgen würde, wie diese im<br />

Schreiben vom 24. Oktober 2004 bereits – sich dabei auf die ablehnende Haltung der Coolex<br />

GmbH berufend – mitgeteilt hatte.<br />

Der Kläger war somit berechtigt die Nachbesserung durch einen Dritten vornehmen zu lassen und<br />

dementsprechend hat die Beklagte dem Kläger also Ersatz für die ihm entstandenen Kosten aus der<br />

Nachbesserung des Kühlkastens zu leisten.<br />

3.4 Fazit<br />

Zusammenfassend kann aus den vorangegangenen Ausführungen geschlossen werden, dass die<br />

Riviera Automobile AG eine Zusicherung über einen rutschfesten Boden gemacht hatte, aus welcher<br />

der Kläger aufgrund des in Lehre und Rechtssprechung anerkannten Vertrauensprinzips<br />

schliessen durfte, dass damit der vollständige Boden des Kühlkastens gemeint war. Dies führt zu<br />

einer Haftung aus Sachgewährleistung, da das Fehlen von zugesicherten Eigenschaften einen<br />

Sachmangel im Sinne von Art. 197 Abs. 1 OR darstellt. Aufgrund der unklaren Formulierung des<br />

Art. 4 der AGB wurde die Sachgewährleistungspflicht der Beklagten nicht wirksam ausgeschlossen,<br />

da diese Bestimmung zu Gunsten von Herrn Bussard auszulegen ist. Durch die vertraglich<br />

abgemachte Nachbesserungspflicht, welche in Art. 4 der AGB klar vorgesehen ist und die analoge<br />

Anwendung von Art. 368 Abs. 2 OR des Werkvertragsrechts, welche sich mangels Bestimmungen<br />

82 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf, Wien 11. April 1980 (von der Bundesversammlung<br />

genehmigt am 6. Oktober 1989, Schweizerische Beitrittsurkunde hinterlegt am 21. Februar 1990, in Kraft getreten für<br />

die Schweiz am 1. März 1991), Stand am 30. Mai 2006 (SR 0.221.211).<br />

83 GAUDENZ G. Z<strong>IN</strong>DEL/URS PULVER, Kommentar zu Art. 363-379 OR, in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIE-<br />

GAND (Hrsg.), Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München<br />

2003, Rz. 59 zu Art. 368 OR.<br />

84 BGE 96 II 351 ff., 353.<br />

85 vgl. Fn. 83; HONSELL (Fn. 45), §11 S. 95.<br />

86 Z<strong>IN</strong>DEL/PULVER (Fn. 83), in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.), Basler Kommentar zum<br />

Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz. 63 zu Art. 368 OR;<br />

BGE 96 II 351 ff., 353 = Pra 1971 268.<br />

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im Kaufrecht und im Allgemeinen Teil des OR über das Nachbesserungsrecht aufdrängt, war der<br />

Kläger berechtigt die Nachbesserung durch einen Dritten vornehmen zu lassen.<br />

Gestützt auf diese Argumentation ist die Beklagte, die Riviera Automobile AG, zur Zahlung von<br />

CHF 3'200 aufgrund ihrer Sachgewährleistungspflicht zu verurteilen.<br />

4. Eventualiter: Abtretung der Forderungen gegenüber der Coolex GmbH<br />

Sollte das Gericht die Gültigkeit der AGB gleichwohl bejahen und daraus die gültige Wegbedingung<br />

der Haftung aus Verzug und aus Sachgewährleistung schliessen, wird im Folgenden dargelegt,<br />

dass die Beklagte ihre Forderungen gegenüber der Coolex GmbH auf den Kläger zu übertragen<br />

hat. Eine Abtretung der beiden Forderungen aus Sachgewährleistung und Verzug rechtfertigt<br />

sich, da der Inhalt des Vertrages zwischen der Beklagten und der Coolex GmbH demjenigen zwischen<br />

ihr und Herrn Bussard entspricht.<br />

4.1 Abtretung der Ansprüche aus Sachgewährleistung gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

In Art. 4 lit. a der AGB wird statuiert, dass sich die Gewährleistung für Fremdbauten, Bereifung<br />

und Fremdeinbauten auf die Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Erzeugerfirma beschränkt.<br />

Das vom Kläger beanspruchte Nachbesserungsrecht ist der Natur nach ein Gestaltungsrecht 87 . Solche<br />

gelten im Normalfall als nicht abtretbar 88 , da sie keine Forderungen im Sinne von Art. 164 OR<br />

sind. Da die Ausübung des Nachbesserungsrechts nicht untrennbar mit dem Werkvertrag (oder<br />

analog Kaufvertrag) verbunden ist, steht der Abtretung durch den Besteller grundsätzlich nichts im<br />

Wege 89 , zumal sie auch explizit im Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten, durch die<br />

Übernahme der AGB, vorgesehen ist.<br />

Somit ist der Nachbesserungsanspruch gegenüber der Coolex GmbH, welche keine Zustimmung<br />

erteilen muss, da sie am Abtretungsvertrag nicht beteiligt ist 90 , von der Beklagten an den Kläger<br />

abzutreten gemäss Art. 4 lit. a der AGB und Art. 164 Abs. 1 OR.<br />

4.2 Abtretung der Ansprüche aus Verzug<br />

Entgegen der Abmachung in Art. 4 der AGB statuiert Art. 5 der AGB keine Abtretung der Ansprüche<br />

aus einem Verzug. Im Folgenden wird gezeigt, dass aber auch eine solche möglich ist.<br />

Wie bereits erwähnt wurde, können Gestaltungsrechte – zu welchen auch die Rechte aus Verzug<br />

zählen – grundsätzlich nicht abgetreten werden. Allerdings muss eine solche Abtretung immer<br />

möglich sein, wenn Gewährleistungsansprüche nicht isoliert, sondern zusammen mit der Sache, für<br />

87 GAUCH (Fn. 76), Rz. 1700.<br />

88 GAUCH/SCHLUEP/REY/SCHMID Bd. II (Fn. 22), Rz. 3627.<br />

89 BGE 118 II 142ff., 145; 114 II 239ff., 247.<br />

90 HUGUEN<strong>IN</strong> OR AT (Fn. 1), Rz. 1285.<br />

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Team 24<br />

die Gewähr zu leisten ist, übertragen werden. Denn es ist offensichtlich, dass der Gewährleistungsanspruch<br />

mehr an den Vertragsgegenstand als an den Vertragspartner gebunden ist 91 .<br />

Daraus folgt, dass auch die Abtretung der Ansprüche aus Verzug nach Art. 164 Abs. 1 OR möglich<br />

ist, da diese Gestaltungsrechte nicht isoliert übertragen werden, sondern schlussendlich dem Kühlkasten<br />

folgen sollen. Zudem ist hier eine Abtretung durchaus sinnvoll, da die Beklagte nichts mehr<br />

mit dieser Sache zu tun haben will 92 und sich darum auch eine solche Abtretung rechtfertigt.<br />

Somit können auch diese Ansprüche der Beklagten gegenüber der Coolex GmbH auf den Kläger<br />

übertragen werden.<br />

91 DANIEL GIRSBERGER, Kommentar zu Art. 164-174 OR, in: HE<strong>IN</strong>RICH HONSELL/NEDIM PETER VOGT/WOLFGANG WIEGAND (Hrsg.),<br />

Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 3. Auflage, Basel/Genf/München 2003, Rz.<br />

5a zu Art. 164 OR mit weiteren Hinweisen.<br />

92 SCHWENZER (Fn. 21), Rz. 90.39.<br />

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