pdf/Krust.24-10-10-10. Eph-6.Konflikte.pdf
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Predigt von Pfr. Ralf Krust – Hardtheim (Nordbaden)<br />
21. Sonntag nach Trinitatis, 24. Oktober 20<strong>10</strong> (Visitation)<br />
Predigttext: <strong>Eph</strong>eser 6, <strong>10</strong>-17 (<strong>Eph</strong>eser-Brief des Apostels Paulus)<br />
Thema: Die Waffen der Liebe und des Verständnisses<br />
Text:<br />
Für euch alle gilt: Werdet stark, weil ihr mit dem Herrn verbunden seid, mit seiner Macht und<br />
seiner Stärke! Greift zu den Waffen Gottes, damit ihr alle heimtückischen Anschläge des<br />
Teufels abwehren könnt! Denn wir kämpfen nicht gegen Menschen, sondern gegen Mächte<br />
und Gewalten des Bösen, die über diese gottlose Welt herrschen und im Unsichtbaren ihr<br />
unheilvolles Wesen treiben. Darum nehmt die Waffen Gottes! Nur gut gerüstet könnt ihr den<br />
Mächten des Bösen widerstehen, wenn es zum Kampf kommt. Nur so könnt ihr das Feld<br />
behaupten und den Sieg erringen. Rüstet euch gut für diesen Kampf! Die Wahrheit ist euer<br />
Gürtel und Gerechtigkeit euer Brustpanzer. Macht euch auf den Weg, und verkündet überall<br />
die rettende Botschaft, dass Gott Frieden mit uns geschlossen hat. Verteidigt euch mit dem<br />
Schild des Glaubens, an dem die Brandpfeile des Teufels wirkungslos abprallen. Die<br />
Gewissheit, dass euch Jesus Christus gerettet hat, ist euer Helm, der euch schützt. Und<br />
nehmt das Wort Gottes. Es ist das Schwert, das euch sein Geist gibt.<br />
Liebe Gemeinde,<br />
als ein Kollege von mir das heutige Schlusslied des Gottesdienstes „Gut, das wir einander<br />
haben“ umdichtete in „Gut, dass wir einander schlagen“ und im Gottesdienst von einem<br />
Chor singen ließ und dann in der Predigt darauf einging, gab es in der Gemeinde etliche<br />
Proteste. Es ist sogar jemand aufgestanden und hat den Gottesdienst verlassen.<br />
Nein, wir werden es nachher mit dem richtigen Text singen. Aber es zeigt mir, wie wichtig<br />
die geistliche Waffenrüstung ist und vor allem, dass diese richtig verstanden wird.<br />
Denn der christliche Glaube ist nicht „Friede-Freude-Eierkuchen“. Jesus hat die Konflikte<br />
nicht unter den Teppich gekehrt, sondern z.B. die Händler aus dem Tempel getrieben.<br />
Auch in der christlichen Gemeinschaft dürfen und sollen Auseinandersetzungen<br />
geführt werden. Wir sollten nur darauf achten, dass sie auch im Geiste und Sinne von<br />
Jesus Christus geführt werden.<br />
Wenn ich mir die Auseinandersetzungen in der Gemeinde und anderen christlichen Gruppen<br />
anschaue, dann heißt es oft: „Ich verteidige mich nur und das ist ja mein gutes Recht.“<br />
Mit dieser Aussage sind wir mitten bei unserer geistlichen Waffenrüstung, denn hier finden<br />
wir nur Verteidigungswaffen. Interessant ist jedoch, dass dies ganz andere sind, als ich sie in<br />
der Gemeinde beobachte.<br />
Schauen wir uns das einmal in einzelnen an.<br />
Fangen wir mit dem dritten hier genannten Teil an: Unsere Stiefel sind die gute Botschaft des<br />
Friedens. Das fordert, dass ich eine Auseinandersetzung so führen, dass sie nicht zum<br />
Krieg zwischen mir und der Person, dass sie nicht zum Krieg in der Gemeinde führt.
Dazu einige Regeln:<br />
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung und darf diese auch äußern. Alle Meinungen<br />
werden gehört und dann eine Entscheidung getroffen. Es darf auch eine Entscheidung<br />
getroffen werden, die nicht mit meiner Meinung übereinstimmt. Eine solche Entscheidung ist<br />
keine Kriegserklärung an meine Person.<br />
Hier sind wir bei einem der größten Probleme, dass solche Dinge dann oft persönlich<br />
genommen werden. Es werden alte Erfahrungen und Verletzungen ausgepackt und als<br />
Munition in den Ring geworfen. Jemand hat das vor kurzem so ausgedrückt: „Die Oma beißt<br />
wieder um sich.“ Das kann auch der Opa, die Eltern, Kinder oder Enkel sein und warum die<br />
Aussage: „Ich verteidige mich nur“ uns auf die völlig falsche Fährte bringen kann und viel<br />
Schaden anrichtet:<br />
Eine Fabel erzählt von einer tapsigen Henne auf einem Bauernhof. Eines Tages tritt sie<br />
zufällig auf den Fuß einer Ente. Das tut der Ente zwar nicht weh. Trotzdem rennt sie<br />
aufgeregt hin und her und beginnt die Henne zu verfolgen. Doch als sie quakend hinter ihr<br />
her watschelt, streift sie die Flügel der Gans. Die Gans betrachtet dies als bewusste<br />
Herausforderung. Und so beginnt sie, schnatternd hinter der Ente her zu fliegen. Dabei<br />
berührt sie die Katze, die in der Mittagsonne vor sich hin döst. Die Katze schreckt mit<br />
feurigen Augen auf und faucht: „Das sollst du mir büßen!“ Sie jagt fauchend der Gans nach<br />
und prallt dabei voll auf den Hund. Der findet sich sogleich im Mittelpunkt des Geschehens<br />
wieder. Der Hund, er konnte Katzen noch nie leiden, sieht das gleich als eine Chance zur<br />
Kriegserklärung. Er jagt sie bellend in den Heuhaufen. Die Katze versucht zu entkommen,<br />
doch der Hund gibt ihr dazu keine Gelegenheit. Er prallt dabei allerdings voll auf die Kuh. Die<br />
wirft vor Schreck den Milcheimer um. Und der ganze Inhalt ergießt sich über den Stallboden.<br />
Was für ein Durcheinander! Und alles fing damit an, dass die Henne an den Fuß der Ente<br />
getreten war.<br />
So leicht kann aus der Mücke der Verteidigung ein Elefant des Angriffes werden.<br />
Die Ente fühlt sich durch das Verhalten der Henne provoziert, so dass sie keine Rücksicht<br />
darauf nimmt, dass die Henne tapsig und ungeschickt ist. Auch die anderen Tiere reagieren<br />
nervös und überreizt.<br />
Auch wir haben es nötig, solche nervöse Überreizungen in uns zu bekämpfen. Es<br />
muss noch einen anderen Weg geben als den, das alles im Chaos endet.<br />
Schauen wir uns deswegen die weiteren Verteidigungswaffen an. Wir könnten jetzt so<br />
sagen, wenn das so schwierig ist, dann lege ich die Waffen ganz aus der Hand. Aber das<br />
geht nicht, denn ich werde feststellen: Wenn wir nichts tun, geht es schief. Probleme<br />
zwischen Menschen lösen sich weder durch stillhalten noch aussitzen.<br />
Wie sollen uns mit der Wahrheit umgürten, das heißt: Wir sollen auch bei Konflikten<br />
bei der Wahrheit bleiben. Ja noch mehr, es geht nicht nur um meine Wahrheit, sondern um<br />
Gottes Wahrheit, denn mein Gegner hat ein Stück Wahrheit und ich habe ein Stück.<br />
Nur Gott hat die ganze Wahrheit. Hier ist davon die Rede, dass die Wahrheit wie ein Gürtel<br />
ist. Das ist nicht zufällig, denn meine Wahrheit passt mir, die Wahrheit meines Kontrahenten<br />
passt diesem und nur Gottes Wahrheit passt allen.<br />
Das nächste ist Gerechtigkeit – nicht meine Gerechtigkeit, sondern Gottes Gerechtigkeit.<br />
Was ich für gerecht halte, müssen nicht alle für gerecht halten. Gott kennt unsere<br />
Herzen und Motive und kann so wirklich gerecht urteilen.<br />
Hier ist davon die Rede, dass die Gerechtigkeit wie ein Panzer ist. Wenn ich mich unter<br />
Gottes Gerechtigkeit stelle, dann kann ich eine andere Sicht von Gerechtigkeit<br />
aushalten, ohne mich gleich angegriffen und persönlich beleidigt zu fühlen.
Ein weiteres ist der christliche Glauben. Ich habe mir manchmal schon von Gott einen<br />
großen Glauben gewünscht, einen Glauben der Dinge bewegt. Doch dann habe ich gemerkt,<br />
dass Gott mir immer den Glauben schenkt, den ich gerade in dieser Situation brauche.<br />
Und diese Spannung muss ich aushalten, dass Gott Glauben nie im Voraus gibt, aber immer<br />
dann und immer genug, wenn ich es nötig habe.<br />
Der Glaube ist wie ein Schild - und ich sage gerne, ich brauche keinen großen Glauben,<br />
sondern den Glauben an meinen großen Gott.<br />
Ein Inhalt meines Glaubens ist die Gewissheit meiner Rettung. Das heißt aber nicht, dass<br />
keine Zweifel erlaubt sind. Glaube und Zweifel sind Geschwister, die immer nur zusammen<br />
auftreten. Wenn nicht die leiseste Spur von Zweifel da sind, dann ist es auch kein Glaube.<br />
Gewissheit des Glaubens wie ein Helm, der auch die Zweifel ertragen kann und wir dürfen<br />
Jesus immer wieder bitten: Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!<br />
Kommen wir zum Schluss noch zum Herzstück unserer geistlichen Waffenrüstung, der Bibel.<br />
In der Bibel finden wir viele Tipps und Hilfen, wie wir mit Streit und Konflikten<br />
umgehen können.<br />
Ich will heute nur das Konzept der Vergebung eingehen, dass wir an vielen Stellen der Bibel<br />
lernen können; die Bibel ist ein Buch für den Alltag. Damit sind wir wieder bei der tapsigen<br />
Henne auf dem Bauernhof. Wenn es einer gewagt hätte dem anderen zu vergeben, dann<br />
wäre die Kette unterbrochen worden und das Unheil hätte nicht seinen Lauf genommen. So<br />
sollten wir es wagen und den Segen der Vergebung auch für unser Leben ausprobieren.<br />
Damit das konkret wird, dazu gleich eine praktische Übung: Überlege dir eine Person,<br />
die dich in der letzen Woche dich verletzt hat oder mit der du dich gestritten hat… Und nun<br />
nimm dir vor, dieser Person zu vergeben. Wenn du das tust, wirst du merken, dass du dieser<br />
Person nächste Woche ganz anderes und neu begegnen kannst.<br />
Wir sehen also: Die Frage ist nicht, ob wir Auseinandersetzungen führen sollen in der<br />
Gemeinde, sondern mit welchen Waffen sie geführt werden. Und es ist eigentlich ganz klar,<br />
dass wir sie mit den Waffen der Liebe und des Verständnisses führen sollen.<br />
Kehren wir zum Schluss zu dem Lied „Gut das wir einander haben“ zurück. Vieles von dem,<br />
was wir heute gehört haben, ist in der dortigen ersten Strophe ausgedrückt, mit der ich<br />
schließen will:<br />
Keiner, der nur immer redet; keiner, der nur immer hört.<br />
Jedes Schweigen, jedes Hören, jedes Wort hat seinen Wert.<br />
Keiner widerspricht nur immer; keiner passt sich immer an.<br />
Und wir lernen, wir man streiten und sich dennoch lieben kann.<br />
Amen.