Predigt am Ostersonntag (23.03.08)
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<strong>Predigt</strong> <strong>am</strong> <strong>Ostersonntag</strong> (<strong>23.03.08</strong>)<br />
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Am Abend, als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus<br />
Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome<br />
wohlriechende Öle, um den Toten d<strong>am</strong>it zu salben. Ganz<br />
früh <strong>am</strong> Sonntagmorgen, als die Sonne gerade aufging,<br />
k<strong>am</strong>en sie zum Grab. Unterwegs hatten sie noch zueinander<br />
gesagt: »Wer wird uns den Stein vom Grabeingang<br />
wegrollen?« Denn der Stein war sehr groß. Aber als sie<br />
hinsahen, bemerkten sie, dass er schon weggerollt worden<br />
war. Sie gingen in die Grabk<strong>am</strong>mer hinein und sahen dort<br />
auf der rechten Seite einen jungen Mann in einem weißen<br />
Gewand sitzen. Sie erschraken sehr. Er aber sagte zu ihnen:<br />
»Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der<br />
ans Kreuz genagelt wurde. Er ist nicht hier; Gott hat ihn<br />
vom Tod auferweckt! Hier seht ihr die Stelle, wo sie ihn<br />
hingelegt hatten. Und nun geht und sagt seinen Jüngern,<br />
auch Petrus: Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet<br />
ihr ihn sehen, genau wie er es euch gesagt hat.«<br />
Liebe Gemeinde,<br />
so hat es angefangen mit der Osterbotschaft d<strong>am</strong>als <strong>am</strong> ersten<br />
Ostermorgen in Jerusalem. Und es ging natürlich weiter:<br />
Jesus zeigte sich den Frauen, den Jüngern, dem Christenverfolger<br />
Paulus und einmal sogar mehr als 500 Personen<br />
auf einmal. – Jesus lebt, wow!<br />
»Das größte Comeback der Weltgeschichte« – so hat mal<br />
jemand die Osternachricht betitelt, und ich finde, kaum eine<br />
Formulierung könnte treffender sein. Die Auferstehung ist<br />
– zus<strong>am</strong>men mit dem Sterben von Jesus <strong>am</strong> Kreuz an Karfreitag<br />
– das Herzstück unseres Glaubens.
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Ja, ganz platt kann man sagen: Geboren werden und leben<br />
und sterben hat bisher noch jeder hingekriegt. Aber von<br />
den Toten aufzuerstehen, so richtig, nicht nur in Gedanken<br />
oder was es sonst noch an Phrasen zu hören gibt, wirklich<br />
von den Toten aufzuerstehen – das ist schon der Knaller!<br />
Das leere Grab ist voll krass – und die Auferstehung <strong>am</strong><br />
Ostermorgen taucht alles, was davor und danach passiert<br />
ist, in ein ganz neues Licht:<br />
– Ohne Ostern wäre Weihnachten nur ein orientalisches<br />
Rührstück aus 1001 Nacht. Aber die Auferstehung erweist<br />
Weihnachten als den Beginn des gewagtesten Himmelfahrtskommandos<br />
der Weltgeschichte.<br />
– Ohne Ostern wäre Karfreitag nur ein bedauerlicher Justizirrtum.<br />
Aber die Auferstehung erweist den Karfreitag<br />
als »Good Friday«, an dem Jesus mit Blick auf seine Mission<br />
zu Recht sagen konnte: »Es ist vollbracht« (Joh 19,30).<br />
– Ohne Ostern wäre das Kreuz Jesu nur eines von vielen<br />
Kreuzen, mit denen die Römer d<strong>am</strong>als nicht sparten. Aber<br />
die Auferstehung erweist das Kreuz Jesu als das Werkzeug,<br />
mit dem Gott die Folgen unserer Sünde aushebelt.<br />
– Ohne Ostern wäre Jesus nur einer von vielen Spinnern<br />
gewesen, die sich selbst für Gott halten. Aber die Auferstehung<br />
erweist ihn als den Weg, die Wahrheit und das Leben<br />
für jeden, der nach dem Sinn des Lebens fragt (Joh 14,6).<br />
– Ohne Ostern wären wir Christen nur arme Irre, die einem<br />
im Grab verfaulten Guru hinterherlaufen. Aber die<br />
Auferstehung macht uns zu Protestleuten wider den Tod<br />
und zur Vorhut des ewigen Lebens.<br />
– Ohne Ostern wäre die Gemeinde Jesu nur ein Beerdigungsverein.<br />
Aber die Auferstehung erweist die Gemeinde<br />
zur »GmbH«, zur »Gemeinschaft mit begründeter Hoffnung«<br />
über den Tod hinaus.
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– Ohne Ostern wäre der Himmel für uns Christen eine<br />
unerreichbare Illusion. Aber durch Auferstehung sagt<br />
Gott: »Die Kreditkarte von Jesus, mit der dein Eintritt bezahlt<br />
wurde, ist gedeckt: Herzlich willkommen!«<br />
Alles, aber auch wirklich alles, was den christlichen Glauben<br />
und was die Bedeutung von Jesus ausmacht, steht und fällt<br />
historischen Faktum seiner Auferstehung.<br />
Ein ehemaliger Moslem, der Christ geworden war, wurde<br />
einmal von seinen Freunden gefragt: »Warum bist du<br />
Christ geworden?« Und er antwortete: »Stellt euch vor, ihr<br />
geht einen Weg entlang und plötzlich gabelt sich der Weg<br />
und führt in zwei unterschiedliche Richtungen weiter. Ihr<br />
wisst nicht welcher Weg der richtige ist, und an der Weggabelung<br />
sind zwei Leute – der eine tot, der andere lebendig.<br />
Welchen von beiden würdet ihr nach dem richtigen Weg<br />
fragen?«<br />
Paulus schreibt dazu einmal: »Ist … Christus nicht auferweckt<br />
worden, so ist euer ganzer Glaube vergeblich. Eure<br />
Schuld ist dann nicht vergeben, und wer im Vertrauen auf<br />
Christus gestorben ist, ist dann verloren. … Nun aber ist<br />
Christus von den Toten auferweckt worden …« (1. Kor<br />
15,17f+20).<br />
Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann schmeiß deine Bibel<br />
in die Tonne, bleib <strong>am</strong> Sonntag im Bett und tritt aus der<br />
Kirche aus! Aber wenn er wirklich auferstanden ist, dann<br />
lies in deiner Bibel, geh in deine Gemeinde und gib dein Leben<br />
Jesus in die Hände, d<strong>am</strong>it dieses größte Comeback der<br />
Weltgeschichte Kreise zieht auch in deinem Leben und in<br />
deiner Umgebung!<br />
Es ist mit dem Glauben an Jesus ganz einfach, sagt Paulus:<br />
Entweder er ist nicht auferstanden und lebt nicht, dann
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vergiss die ganze christliche Soße. Oder aber er ist auferstanden<br />
und lebt, und dann gibt es nichts, aber auch gar<br />
nichts, was für dich wichtiger zu wissen, zu erfahren, zu<br />
leben und zu tun wäre als das, was Jesus ist und sagt. –<br />
Hopp oder topp! Kein religiöses Blabla und Drumherumgerede,<br />
sondern konsequent sein im Denken und Handeln!<br />
Jetzt sagt mancher vielleicht: »Ist mir ja im Prinzip alles klar.<br />
Wenn ich wirklich wüsste, dass Jesus lebt, wenn ich mir so<br />
richtig sicher sein könnte, dann würde ich für ihn echt alles<br />
tun und geben … Aber kann mir das einer beweisen, dass<br />
Jesus wirklich auferstanden ist?<br />
Nun, es gibt gute historische Gründe, an die Auferstehung<br />
zu glauben, wenn man erst einmal für möglich hält, dass<br />
Gott ist und dass er in seine Schöpfung eingreifen kann.<br />
Gute Gründe sind zum Beispiel …<br />
– … dass keiner, der die Auferstehung von Jesus hätte erfinden<br />
wollen, Frauen als erste Zeugen benannt hätte. Ihre<br />
Aussage hatte d<strong>am</strong>als vor Gericht kaum einen Wert.<br />
– … dass bis auf Johannes sämtliche Jünger für ihren Glauben<br />
an den auferstandenen Jesus umgebracht worden sind.<br />
Wieso, wenn sie den Leichn<strong>am</strong> selbst gestohlen hätten?<br />
– … dass Paulus, der die Christen verfolgte und ans Messer<br />
lieferte, durch eine Begegnung mit dem auferstandenen Jesus<br />
selbst zum Gesandten von Jesus wurde.<br />
– … dass weder Juden noch Römer die Leiche von Jesus<br />
oder das volle Grab vorzeigen konnten, was alles Gerede<br />
von der Auferstehung im Keim erstickt hätte.<br />
– … dass viele verschiedene Leute Jesus nach seiner Auferstehung<br />
mehrfach unabhängig gesehen haben. Paulus<br />
schreibt mal sinngemäß, dass man zu ihnen hingehen soll<br />
und sie fragen, wenn man ihm nicht glaubt.
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Es gibt sehr gute Bücher, in denen man dazu noch viel<br />
mehr nachlesen kann – <strong>am</strong> Büchertisch weiß man Rat. Aber<br />
die Auferstehung beweisen kann ich dir und mir nicht – wie<br />
soll das denn auch gehen?<br />
Blaise Pascal hat einmal gesagt: »Gott gibt so viel Licht,<br />
dass wer glauben will, glauben kann, und er lässt so viel im<br />
Dunkeln, dass wer nicht glauben will, nicht glauben muss.«<br />
Ich glaube, dass Jesus überhaupt kein Interesse daran hat,<br />
sich dir oder mir irgendwie zu beweisen. Jesus will sich<br />
nicht beweisen, sondern er möchte sich dir und mir erweisen<br />
in einer persönlichen Beziehung. Er will nicht bloß in<br />
unseren Kopf, sondern in unser Leben. Aber dazu ist es<br />
nötig, dass wir aufstehen und losgehen – bildlich gesprochen<br />
– losgehen zum leeren Felsengrab wie die Frauen d<strong>am</strong>als<br />
und dann weiter dorthin, wohin uns der Engel bestellt<br />
und dann in Jesu Nähe bleiben, d<strong>am</strong>it er sich immer wieder<br />
erweisen und unser Glaube gewiss werden kann.<br />
Es gibt sehr, sehr gute Gründe, loszulaufen und Ostern<br />
genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber nur wer auch<br />
wirklich losläuft, wird mehr und mehr Gewissheit finden.<br />
Der Weg zum leeren Grab wird nicht mit dem Kopf gegangen,<br />
sondern mit den Beinen und dem Herzen. Und den<br />
Engel, der einem weiterhilft, sieht man nicht, wenn man<br />
draußen vor dem leeren Grab stehen bleibt, sondern nur,<br />
wenn man sich bückt und sich die Mühe macht, auch hineinzugehen.<br />
Und Jesus schließlich begegnet man nicht,<br />
wenn man nicht dorthin geht, wohin einen der Engel<br />
schickt.<br />
Wer sich erst sicher sein will, dass Jesus wirklich auferstanden<br />
ist, bevor er sich auf den ersten Glaubensschritt einlässt,<br />
wird wohl niemals Gewissheit finden. Der Glaube ist
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nämlich nicht bloß das Endprodukt, sondern der Glaube<br />
ist selbst die Erkenntnismethode, mit der man Jesus erfährt.<br />
Wenn du also sagst, du würdest alles mögliche für Jesus<br />
tun, wenn du Gewissheit über ihn und seine Auferstehung<br />
hättest, dann rate ich dir genau das Gegenteil: Tu wirklich<br />
alles dir Mögliche für Jesus, dann wirst du mehr und mehr<br />
Gewissheit über ihn und seine Auferstehung finden.<br />
Jesus ist dir unendlich weit entgegengekommen – bis ans<br />
Kreuz. Jetzt bist du dran! Wenn du dich aufmachst, wenn<br />
es dir wirklich ernst ist, wird er sich von dir finden lassen:<br />
»Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn<br />
sehen, genau wie er es euch gesagt hat«, heißt es im Text,<br />
und die Jünger haben genau diese Erfahrung gemacht!<br />
Jetzt sagt ein anderer vielleicht: »Der redet an mir vorbei!<br />
Ich kenne Jesus ja schon. Ich habe ihn erfahren in meinem<br />
Leben; in einigen großen Dingen und in vielen kleinen.<br />
Aber ich fürchte, dass er mit mir nichts mehr anfangen<br />
kann, dass ich’s mir mit ihm verdorben habe!«<br />
Ich weiß nicht, was genau dir passiert ist. Ob du eine einzelne<br />
Riesendummheit gemacht hast oder zum 14. Mal die<br />
gleiche Sünde. Ich weiß nur zweierlei: Zum einen, dass es<br />
hilft, den Sumpf im eigenen Herzen trockenzulegen, wenn<br />
man in einem Beichtgespräch Schuld bekennt. Und zum<br />
anderen, dass keine (keine!) Schuld größer ist als die Gnade<br />
und die Vergebung Gottes.<br />
Und wer sich selbst nun für den ausgemachtesten und<br />
schäbigsten Sünder hält, mit dem Jesus ja nun ganz und gar<br />
nichts mehr anfangen kann, für den stehen in unserem <strong>Predigt</strong>text<br />
heute morgen zwei Wörter, die dazu etwas zu sagen<br />
haben, ja, die Bände sprechen. Zwei ganz simple, aber<br />
ungeheuer kostbare Wörter, die man leicht überliest.
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Was sagte der Engel zu den Frauen im leeren Grab? »Habt<br />
keine Angst! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der ans Kreuz<br />
genagelt wurde. Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod<br />
auferweckt! Hier seht ihr die Stelle, wo sie ihn hingelegt<br />
hatten. Und nun geht und sagt seinen Jüngern – und jetzt<br />
kommt’s! –, auch Petrus: Er geht euch nach Galiläa voraus.<br />
Dort werdet ihr ihn sehen, genau wie er es euch gesagt<br />
hat.« – »Auch Petrus«, heißt es da!<br />
»Auch Petrus«, lässt Jesus den Engel extra ausrichten. Vielleicht<br />
hat Jesus dem Engel sicherheitshalber einen Zettel<br />
mitgegeben: »Kommenden Sonntag nicht vergessen: ›auch<br />
Petrus‹ dazusagen!« …<br />
»Auch Petrus«, dem elenden Verleugner will Jesus also begegnen.<br />
»Auch Petrus« – dem, der erst mit ihm sterben<br />
wollte, aber der dann dreimal abstritt ihn überhaupt zu<br />
kennen, will sich Jesus zeigen. »Auch Petrus«, dem Versager,<br />
nach dem kein Hahn mehr krähte, will Jesus wiedersehen.<br />
Nach einer altkirchlichen Tradition stehen hinter dem Markusevangelium<br />
Erzählungen und <strong>Predigt</strong>en von Petrus.<br />
Wenn das stimmt, dann bin ich mit sicher, dass Petrus diese<br />
Stelle immer mit besonderer Rührung erzählt hat: »auch<br />
Petrus, auch mir sollten die Frauen die Einladung meines<br />
Herrn ausrichten – sogar mir …«, und dabei mag er geschluckt<br />
und sich eine Träne aus den Augen gewischt haben.<br />
»Auch Petrus« – in diesen zwei scheinbar beiläufigen Wörtern<br />
steckt das ganze Evangelium. Wenn der Engel von Jesus<br />
beauftragt wurde, »auch Petrus« zu sagen, um wie viel<br />
mehr heißt es dann ebenso: »auch Peter«, auch »Sabine« …<br />
»auch du!« – Hier darf mit Fug und Recht jeder seinen<br />
N<strong>am</strong>en einsetzen, der meint, dass er es sich mit Gott ver-
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scherzt hätte. Keine Schuld und kein Versagen wiegt schwerer<br />
als der Stein vor dem Grab von Jesus: »Denn der Stein<br />
war sehr groß«, heißt es in unserem Text. Aber dennoch<br />
hat Jesus ihn mit Leichtigkeit weggeräumt <strong>am</strong> Ostermorgen:<br />
»Aber als sie hinsahen, bemerkten sie, dass er schon<br />
weggerollt worden war«, steht da.<br />
Liebe Gemeinde, d<strong>am</strong>als <strong>am</strong> Ostermorgen in Jerusalem hat<br />
es angefangen mit der Osterbotschaft. Und es ging und<br />
geht weiter – schon seit 2.000 Jahren: Jesus zeigt sich – den<br />
Fragenden und Suchenden, den Sündern und Versagern,<br />
dir und mir. Denn Jesus lebt! Und darum: Frohe Ostern!<br />
Amen.