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Anwaltsblatt 2005/06 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechtsprechung<br />

das IRÄG 1997 die möglichst rasche Herstellung eines richtigen Firmenbuchstandes<br />

ist. Die dieser Bestimmung zugrunde liegenden<br />

Wertungen sind daher nicht „GmbH-typisch“, sondern verallgemeinerungsfähig.<br />

Dieses an sich richtige Ergebnis darüber hinaus auch auf eine „verfassungskonforme<br />

Interpretation“ des § 17 Abs 2 GmbHG durch Heranziehung<br />

des Gleichheitsgrundsatzes zu stützen, ist mE ein entbehrlicher<br />

methodischer Kunstgriff: Jede Interpretation – auch die<br />

verfassungskonforme als Unterart der systematisch-teleologischen<br />

Auslegung – ist durch den äußersten möglichen Wortsinn begrenzt<br />

(vgl F. Bydlinski, Methodenlehre 2 441, 455 f). Treffend führt Larenz<br />

aus: „Die verfassungskonforme Auslegung darf sich, wenn sie Auslegung<br />

bleiben will, nicht über die Grenzen wegsetzen, die sich aus<br />

dem möglichen Wortsinn und dem Bedeutungszusammenhang des<br />

Gesetzes ergeben“ (Larenz, Methodenlehre 6 324).<br />

RA Dr. Tibor Gálffy (am Verfahren beteiligt)<br />

Gebühren- und Steuerrecht<br />

Liebhaberei bei anfänglicher Einkünftevermutung<br />

und das Weiterführen elterlicher KMU im Nebenbetrieb<br />

7995<br />

§ 2 EStG 1988; § 2 LVO<br />

Das Unterlassen einer unternehmensgerechten<br />

Reaktion auf Marktentwicklungen und die Beibehaltung<br />

einer nicht mehr angemessenen Betriebsstruktur<br />

sind gewichtige Kriterien in der Liebhabereiprüfung<br />

gem § 2 Abs 1 LVO. Die Absicht der<br />

Aufrechterhaltung des Betriebes für den Fall einer<br />

Arbeitslosigkeit kann einen Liebhabereivorwurf<br />

nicht entkräften.<br />

VwGH 9. 12. 2004, 2000/14/0115<br />

Sachverhalt:<br />

Der Bf hat mit 1. 1. 1977 eine Gastwirtschaft und den beschwerdegegenständlichen<br />

Kohlenhandel, an den auch ein Baumaterialienhandel<br />

angeschlossen war, von seinem Vater übernommen.<br />

Der Betrieb der Gastwirtschaft ist mit 5. 5. 1981 eingestellt, der<br />

Kohlenhandel dagegen durchgängig verlustbringend weitergeführt<br />

worden. Nach einer Betriebsprüfung sind die Veranlagungen<br />

ab dem Jahr 1982 vorläufig ergangen. Anlässlich einer 1994<br />

durchgeführten Betriebsprüfung wurde angesichts der Verlustentwicklung<br />

und des eingetretenen Umsatzrückganges infolge des örtlichen<br />

Ausbaus der Gasversorgung und der günstigen Ölpreisentwicklung<br />

ab dem Jahr 1982 Liebhaberei festgestellt.<br />

Spruch:<br />

Abweisung der Beschwerde als unbegründet.<br />

Aus den Gründen:<br />

Die Beschwerde enthält keinerlei Vorbringen, innerhalb welchen<br />

Zeitraums nach Ansicht des Bf mit einem wirtschaftlichen Gesamterfolg<br />

zu rechnen gewesen wäre. Schon deswegen ist der Beschwerdevorwurf<br />

nicht zielführend, der Beobachtungszeitraum<br />

von 1982 bis 1992 sei zu kurz gewählt worden. Mit dem Vorbringen,<br />

nach Wegfall von Anfangsverlusten sei der Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht<br />

geführt worden, übersieht der Bf, dass in<br />

erster Linie nicht subjektive, sondern objektive Maßstäbe anzulegen<br />

sind. Die behördliche Feststellung, dass unter den gegebenen<br />

Voraussetzungen die Tätigkeit nicht geeignet war, einen der positiven<br />

Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen<br />

wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes<br />

abzuwerfen, kann im Rahmen der dem VwGH zukommenden<br />

Überprüfung nicht als unschlüssig gewertet werden.<br />

Das Beschwerdevorbringen, dass beim Kohlenhandel samt Vermietung<br />

und Verpachtung typischerweise keine Liebhaberei vorliege,<br />

muss erfolglos bleiben, weil die bel Beh ohnedies die Betätigung<br />

als solche mit widerlegbarer Einkunftsquellenvermutung gemäß<br />

§ 1 Abs 1 LVO und nicht als solche nach § 1 Abs 2 LVO gewertet<br />

hat. Die Beschwerde tritt den beh Argumenten nicht entgegen, dass<br />

keine unternehmensgerechte Reaktion seitens des Bf erfolgt und die<br />

Betriebsstruktur nicht im Geringsten geändert worden sei, worin<br />

ein gewichtiges Kriterium iSd § 2 Abs 1 LVO zu erblicken war. Entgegen<br />

der Beschwerdeansicht hat die bel Beh nicht die hauptberufliche<br />

Angestelltentätigkeit des Bf für sich als Begründung dafür genommen,<br />

dass ein daneben geführter Betrieb eine Liebhaberei darstelle,<br />

sondern sie hat auf die – zugestandenen – Motive des Bf verwiesen,<br />

den Betrieb für den Fall einer Arbeitslosigkeit aufrecht<br />

erhalten zu wollen. Dass diese Absicht das Vorliegen von Liebhaberei<br />

in keiner Weise entkräften kann, liegt auf der Hand.<br />

Anmerkung:<br />

1. Während sich ein Unternehmer bei positiver Ertragslage für die<br />

betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit seiner getätigten Aufwendungen<br />

nicht rechtfertigen muss, weil § 4 Abs 4 EStG nur eine kausale<br />

betriebliche „Veranlassung“ (s Doralt, EStG 7 § 4 Rz 228) verlangt,<br />

tritt in der Verlustphase über das Rechtsinstitut der Liebhaberei eine<br />

strenge behördliche Wirtschaftlichkeitskontrolle auf den Plan.<br />

2. Ein Liebhabereivorwurf, der ein Abzugsverbot betrieblicher Verluste<br />

bewirkt, kann dabei nicht nur von Anfang an verdächtige Tätigkeiten<br />

aus persönlicher Leidenschaft (wie das Betreiben von Yachten<br />

oder Gestüten), sondern auch Aktivitäten ohne jeden Freizeitnutzen<br />

wie eben einen Kohlenhandel treffen. Für sie gilt gem § 1 Abs 1 LVO<br />

eine Einkunftsquellenvermutung, wonach immerhin die Anlaufver-<br />

300 AnwBl <strong>2005</strong>/6

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