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Anwaltsblatt 2005/06 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechtspolitik – Dokumentation<br />

Rechtsanwälte fordern universelle Juristenausbildung<br />

Im Rahmen des Präsidentenrates und der Delegiertenversammlung<br />

des Österreichischen <strong>Rechtsanwaltskammertag</strong>es wurde eine Resolution<br />

zur Ausbildung von Juristen beschlossen.<br />

Am 22. April <strong>2005</strong> fand in Wien der Präsidentenrat und die Delegiertenversammlung<br />

des Österreichischen <strong>Rechtsanwaltskammertag</strong>es<br />

statt. Im Vordergrund dieser Gespräche standen Aus- und Fortbildungsfragen<br />

der Juristen. Die österreichische Rechtsanwaltschaft<br />

fordert in diesem Zusammenhang geschlossen eine universelle Juristenausbildung,<br />

die aber auch das notwendige wirtschaftswissenschaftliche<br />

Wissen vermittelt. Dazu wurde Folgendes beschlossen:<br />

Resolution<br />

In der Erwägung,<br />

*<br />

dass es zu den Grundrechten der rechtsuchenden Bevölkerung gehört,<br />

im Bedarfsfalle qualitativ hochwertigen Rechtsrat bzw Rechtsvertretung<br />

zu erhalten,<br />

*<br />

dass aber die Qualität derartiger Leistungen nicht oder nur schwer<br />

überprüfbar ist,<br />

ist es unabdingbar notwendig, dass Rechtsdienstleistungen nur von<br />

umfassend ausgebildeten Rechtsanwälten erbracht werden, die<br />

sich ständiger Fortbildung unterziehen.<br />

*<br />

Diese Ausbildung hat in einer umfassenden wissenschaftlichen sowohl<br />

juristischen als auch wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung<br />

(Berufsvorbildung) an einer Universität zu bestehen, wobei<br />

nur die Graduierung zum Mag. iuris eine ausreichende wissenschaftliche<br />

und fachliche Grundlage sicherstellt, und daher Berufsvoraussetzung<br />

zu sein hat.<br />

*<br />

Daran hat sich eine ausreichende praktische Berufsausbildung unter<br />

praktischer Verwendung im Rechtsanwaltsberuf anzuschließen.<br />

Diese praktische Verwendung ist von einer theoretischen Fachausbildung<br />

mit Praxisbezug zu begleiten und durch eine Rechtsanwaltsprüfung<br />

abzuschließen.<br />

*<br />

Der so mit umfassenden Kenntnissen in allen wesentlichen Rechtsgebieten<br />

für den Rechtsanwaltsberuf ausgestattete Rechtsanwalt<br />

unterliegt der Rechtsanwaltsordnung immanenten Berufspflicht,<br />

sich auf der Höhe der Rechtsentwicklung in den von ihm geübten<br />

Rechtsgebieten zu halten.<br />

Um dies sicherzustellen, darf der Beruf des Rechtsanwaltes nur aufgrund<br />

eines juristischen Vollstudiums ausgeübt werden, das<br />

*<br />

eine umfassende juristische und wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung<br />

an einer Universität bietet, mindestens 8 Semester dauert<br />

und durch den Mag. iuris abschließt.<br />

Verkürzte Studien, oder Studien mit anderen wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkten, die die umfassende Grundausbildung in den juristischen<br />

Fächern nicht mehr voll vermitteln (Bakkalaureus, Rechtsund<br />

wirtschaftswissenschaftliche Studien, die keine universelle Juristenausbildung<br />

bieten) sind keine geeignete Grundlage zum Zugang<br />

für den Beruf eines Rechtsanwaltes.<br />

Wien, am 22. April <strong>2005</strong><br />

DER ÖSTERREICHISCHE RECHTSANWALTSKAMMERTAG<br />

Dr. Gerhard Benn-Ibler<br />

Präsident<br />

Fortbildung ist Qualitätssicherung im Wettbewerb<br />

Die Pflicht zur ständigen Fortbildung, die aufgrund der Rechtsentwicklung<br />

unabdingbar ist, ist ein wesentlicher Teil des anwaltlichen<br />

Berufsbildes und entspricht dem allgemein anerkannten Berufsverständnis.<br />

Dazu hat es bislang bei den freien Berufen weder eines<br />

gesetzlichen noch eines standesrechtlichen Auftrages bedurft.<br />

Auf europäischer Ebene wird schon seit längerem diskutiert, ob das<br />

Prinzip des lebenslangen Lernens effizienter gemacht werden kann<br />

und welche Mittel hiefür eingesetzt werden dürfen. Dieser bildungspolitische<br />

Aspekt ist Bestandteil eines umfangreicheren und umfassenderen<br />

Zieles der Europäischen Union, nämlich die Schaffung<br />

des „größten wissensbasierten Wirtschaftsraumes“. Dieses ambitionierte<br />

Vorhaben ist unterstützungswürdig, auch wenn der Weg dorthin<br />

noch weit und beschwerlich sein dürfte. Eine Etappe hat am 8. 4.<br />

<strong>2005</strong> in Berlin stattgefunden. Die deutsche Bundesrechtsanwaltskammer<br />

hat zu einer europäischen Konferenz unter dem Generaltitel<br />

„Qualitätssicherung durch überprüfbare Pflichtfortbildung?“ eingeladen,<br />

an der Vertreter zahlreicher Rechtsanwaltskammern Europas<br />

teilgenommen haben. Die Diskussion war höchst kontroversiell. Konsens<br />

bestand über das Ziel, nämlich den qualitätssichernden und<br />

den wettbewerbsfördernden Aspekt, nicht aber über die Mittel.<br />

Der europäische und nationale Rechtsberatungsmarkt ist im Wandel.<br />

Durch die Niederlassungsrichtlinie vom 16. 2. 1998 (98/<br />

5/EG), die Dienstleistungsrichtlinie vom 22. 3. 1977 (77/249/<br />

EWG) und die Diplomanerkennungsrichtlinie vom 21. 12. 1988<br />

(89/48/EWG) wurde bereits ein hohes Maß an grenzüberschreitender<br />

anwaltlicher Betätigung erreicht und gesichert. Parallel zur<br />

Frage der Fortbildung wird bereits die Einführung und inhaltliche<br />

Ausgestaltung von Baccalaureat-Studien und die Frage der Zulassung<br />

der Absolventen verkürzter Baccalaureat-Studien zu den juristischen<br />

Kernberufen diskutiert. Die eingangs aufgeworfene Kernfrage,<br />

ob eine Überprüfung der Fortbildung eingeführt werden<br />

und welche Rechtsfolgen die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung<br />

266 AnwBl <strong>2005</strong>/6

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