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„Gibt es eine Neigung zum Lügen? – Ist Lügen eine ...

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Universität Regensburg WS 2008/2009<br />

Institut für Experimentelle Psychologie<br />

Lehrstuhl Prof. Dr. H. Luk<strong>es</strong>ch<br />

Pflichtwahlpraktikum: Empirische Erhebungen<br />

zur pädagogischen Psychologie und zur<br />

Medienpsychologie<br />

<strong>„Gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>eine</strong> <strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong>? <strong>–</strong><br />

<strong>Ist</strong> <strong>Lügen</strong> <strong>eine</strong> Persönlichkeitseigenschaft?“<br />

Entwicklung ein<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong>t<strong>es</strong>ts<br />

Eva Brückner<br />

Thomas Dorfner<br />

Christine Heydolph-Breindl<br />

Daniela Schiller


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

0. ZUSAMMENFASSUNG.........................................................................................................4<br />

1. EINLEITUNG........................................................................................................................5<br />

1.1 DEFINITION VON LÜGEN NACH SCHMID (2000)................................................................................ 6<br />

1.2 LÜGENNEIGUNG ALS PERSÖNLICHKEITSEIGENSCHAFT.......................................................................... 6<br />

1.3 MACHIAVELLISMUS ..................................................................................................................... 7<br />

1.4 LÜGE ALS LEISTUNG..................................................................................................................... 8<br />

1.5 MOTIVE .................................................................................................................................... 8<br />

1.6 GEGENSTAND DER UNTERSUCHUNG ............................................................................................... 9<br />

2. METHODE.........................................................................................................................10<br />

2.1 VERSUCHSPERSONEN ................................................................................................................. 10<br />

2.2 UNTERSUCHUNGSINSTRUMENT.................................................................................................... 10<br />

2.3 UNTERSUCHUNGSABLAUF........................................................................................................... 11<br />

2.4 DATENAUSWERTUNGSMETHODEN................................................................................................ 11<br />

3. ERGEBNISSE......................................................................................................................12<br />

3.1 ITEMKENNWERTE ...................................................................................................................... 12<br />

3.1.1 Höflichkeit ................................................................................................................... 12<br />

3.1.2 Selbstschutz................................................................................................................. 13<br />

3.1.3 Schutz d<strong>es</strong> Anderen ..................................................................................................... 14<br />

3.1.4 Selbstdarstellung......................................................................................................... 15<br />

3.1.5 Manipulation............................................................................................................... 16<br />

3.1.6 Rache...........................................................................................................................17<br />

3.1.7 Machiavellismus.......................................................................................................... 18<br />

3.2 SELBSTEINSCHÄTZUNG DES EIGENEN LÜGENVERHALTENS................................................................... 19<br />

3.3 ÜBERSICHT ÜBER DIE SKALENKENNWERTE ...................................................................................... 20<br />

3.4 ZUSAMMENHÄNGE DER LÜGENSKALEN MIT DEN VALIDITÄTSKRITERIEN ................................................ 20<br />

3.4.1 Höflichkeit ................................................................................................................... 21<br />

3.4.2 Selbstschutz................................................................................................................. 21<br />

3.4.3 Schutz d<strong>es</strong> Anderen ..................................................................................................... 21<br />

3.4.4 Selbstdarstellung......................................................................................................... 21<br />

3.4.5 Manipulation............................................................................................................... 21<br />

3.4.6 Rache...........................................................................................................................21<br />

3.4.7 Machiavellismus.......................................................................................................... 21<br />

3.4.8 Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens....................................................... 22<br />

3.5 WEITERE MÖGLICHE EINFLUSSGRÖßEN.......................................................................................... 23<br />

3.5.1 Studienfach.................................................................................................................. 23<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

__________________________________________________________________<br />

3.5.2 G<strong>es</strong>chlecht ................................................................................................................... 25<br />

3.5.3 Unterschiede in der Akzeptanz der Motive ................................................................. 27<br />

4. DISKUSSION......................................................................................................................28<br />

5. LITERATUR........................................................................................................................31<br />

6. ANHANG A .......................................................................................................................32<br />

3


Zusammenfassung<br />

0. Zusammenfassung<br />

Die vorliegende Untersuchung b<strong>es</strong>chäftigt sich mit der Frage, ob <strong>es</strong> <strong>eine</strong> grundlegende<br />

<strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt bzw. ob <strong>Lügen</strong> als Persönlichkeitseigenschaft bezeichnet<br />

werden kann. Hierzu wurde ein Fragebogen mit 129 Items generiert, der Situationen<br />

aus folgenden sechs <strong>Lügen</strong>bereichen b<strong>es</strong>chreibt: <strong>Lügen</strong> <strong>zum</strong> Selbstschutz, <strong>Lügen</strong> <strong>zum</strong><br />

Schutz d<strong>es</strong> Anderen, <strong>Lügen</strong> aus Rache, <strong>Lügen</strong> zur Manipulation, <strong>Lügen</strong> aus Höflichkeit<br />

und <strong>Lügen</strong> zur Selbstdarstellung. Di<strong>es</strong>e mussten hinsichtlich der eigenen Bereitschaft<br />

<strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> in der jeweiligen Situation subjektiv bewertet werden.<br />

Um die Güte d<strong>es</strong> Fragebogens zu überprüfen, wurden am Ende zusätzlich Fragen<br />

eingefügt, die als Validitätskriterien dienen. Erfasst wurden hierfür <strong>eine</strong> Selbsteinschätzung<br />

d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens sowie Einstellungen, welche sich an den Dimensionen<br />

d<strong>es</strong> Machiavellismus orientieren.<br />

Insg<strong>es</strong>amt konnten Daten von 173 StudentInnen aus unterschiedlichen Studiengängen<br />

ausgewertet werden. Auf di<strong>es</strong>er Grundlage wurden die Items hinsichtlich ihrer<br />

Trennschärfe untersucht, mit dem Ergebnis, dass der verwendete Fragebogen in Bezug<br />

auf s<strong>eine</strong> Reliabilität gut geeignet ist, um die Einstellung gegenüber den sechs<br />

<strong>Lügen</strong>motiven, dem eigenen <strong>Lügen</strong>verhalten und den machiavellistischen Grundgedanken<br />

zu erfassen.<br />

Die Frage, ob <strong>Lügen</strong> <strong>eine</strong> f<strong>es</strong>t verankerte Persönlichkeitseigenschaft sei, kann auf<br />

Basis der vorliegenden Fragebogenergebnisse zwar nicht zweifelsfrei beantwortet<br />

werden, jedoch zeigen die Ergebnisse deutlich, dass die Machiavellimus-Skala ein<br />

geeignet<strong>es</strong> Kriterium ist, um der Frage nachzugehen, ob <strong>es</strong> Menschen mit <strong>eine</strong>r <strong>Neigung</strong><br />

<strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt oder nicht. Di<strong>es</strong> erlaubt die Schlussfolgerung, dass <strong>es</strong> Lügner<br />

aus b<strong>es</strong>timmten Motivgruppen heraus gibt.<br />

4


Einleitung<br />

1. Einleitung<br />

„Omnis homo mendax.“ (Alle Menschen lügen).<br />

(Psalm 116,11)<br />

Der bekannten Kinderbuchfigur Pinocchio d<strong>es</strong> italienischen Autors Carlo Collodi sah<br />

man <strong>es</strong> an der wachsenden Nasenspitze an, wenn sie die Unwahrheit g<strong>es</strong>agt hatte.<br />

Ein solch eindeutiger Hinweis auf <strong>eine</strong> Lüge lässt sich jedoch bei unseren Mitmenschen<br />

leider selten finden.<br />

Nach Dietz (2003) gelten <strong>Lügen</strong> im Allgem<strong>eine</strong>n als niederträchtig, teilweise sogar<br />

als schwerer Verrat. Wenn jemand gelogen hat, wiegt das in den Augen anderer häufig<br />

noch schwerer als das Fehlverhalten, welch<strong>es</strong> durch die Lüge vertuscht werden sollte.<br />

Es stellt sich die Frage, warum <strong>Lügen</strong> <strong>eine</strong>n so schlechten Ruf haben und die Bezeichnung<br />

„Lügner“ als Schimpfwort oder Beleidigung gilt. Vertrauen scheint für uns Menschen<br />

ein hoh<strong>es</strong> Gut zu sein und <strong>Lügen</strong> zerstört das Vertrauen zwischen den Menschen.<br />

Die Wahrhaftigkeit scheint also <strong>eine</strong> wichtige Grundregel für das Verhalten zwischen<br />

Menschen zu sein (Dietz, 2003).<br />

Nach <strong>eine</strong>r Studie der University of South Carolina in Los Angel<strong>es</strong> lügt jeder Mensch<br />

im Durchschnitt alle acht Minuten (Frankfurter Rundschau vom 7.4.1997, zitiert nach<br />

Dietz, 2003, S. 8). De Paulo et al. (1996) kamen in ihrer Tagebuchstudie zu dem Ergebnis,<br />

dass Studenten etwa zweimal pro Tag und in <strong>eine</strong>r von drei Interaktionen lügen.<br />

Demnach belügen Studenten innerhalb <strong>eine</strong>r Woche 38 % ihrer Interaktionspartner<br />

(zitiert nach Ausserbauer, Beck, Phillipp & Wartlst<strong>eine</strong>r, 2003).<br />

Bereits seit der Antike diskutieren Philosophen und Theologen darüber, dass man<br />

auf der <strong>eine</strong>n Seite die Überzeugung hat, niemanden täuschen zu dürfen und auch<br />

niemand will getäuscht werden, dass <strong>es</strong> aber auf der anderen Seite doch auch berechtigte<br />

und gerechtfertigte <strong>Lügen</strong> geben kann. <strong>Lügen</strong>, die niemandem schaden, würdenwürden<br />

als zulässig ang<strong>es</strong>ehen. Auch die Lüge gegen s<strong>eine</strong>n Feind sei legitim. Wer z.<br />

B. dem Räuber ehrlich antwortet, wo er sein Geld versteckt hat, wird wohl eher als<br />

dumm eing<strong>es</strong>chätzt; wer dagegen den Unschuldigen durch <strong>eine</strong> Lüge vor s<strong>eine</strong>m Mörder<br />

rettet, wird dagegen hoch gelobt (Dietz, 2003).<br />

5


Einleitung<br />

_________________________________________________________________________<br />

1.1 Definition von <strong>Lügen</strong> nach Schmid (2000)<br />

“<strong>Lügen</strong> ist die Kommunikation <strong>eine</strong>r subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber<br />

<strong>eine</strong>n falschen Eindruck zu erwecken oder aufrecht zu erhalten“.<br />

Di<strong>es</strong>e Definition integriert sowohl die Definitionen von Knapp und Comadena (1979),<br />

als auch jene von De Paulo, Epstein und Wyer (1993). Entscheidende Merkmale di<strong>es</strong>er<br />

Definition sind also die subjektive Unwahrheit und der Wille und das Ziel, im G<strong>es</strong>prächspartner<br />

<strong>eine</strong>n falschen Glauben zu erzeugen. Hinsichtlich der Wahrheit der<br />

Behauptung lässt sich diskutieren, ob <strong>es</strong> Themen gibt, zu denen <strong>Lügen</strong> gar nicht möglich<br />

ist, z .B. weil der Sender im Moment der Behauptung nicht weiß, dass s<strong>eine</strong> Aussage<br />

falsch ist. Wenn ein Paar beispielsweise zu Weihnachten die Absicht äußert, im<br />

nächsten Sommer heiraten zu wollen, und sich das Paar im Frühjahr trennt, ist <strong>es</strong><br />

schwierig, di<strong>es</strong> als Lüge zu interpretieren. Entscheidend wäre hier für den Empfänger<br />

herauszufinden, ob das Paar <strong>zum</strong> Zeitpunkt der Aussage schon vermutet hatte, dass<br />

di<strong>es</strong> nicht zutreffen werde.<br />

1.2 <strong>Lügen</strong>neigung als Persönlichkeitseigenschaft<br />

Es scheint <strong>eine</strong> alltagspsychologische Grundannahme zu sein, dass <strong>es</strong> generell ehrliche<br />

und generell unehrliche Menschen gibt. So untersuchten Reeder und Spor<strong>es</strong><br />

(1983) durch Beobachtungen d<strong>es</strong> Verhaltens die alltägliche Zuschreibung von Persönlichkeitseigenschaften<br />

und verwendeten hierfür oftmals das Merkmal „Ehrlichkeit“. Anderson<br />

(1968) ließ 555 Eigenschaftsbegriffe nach dem Grad der Erwünschtheit ordnen.<br />

Dabei lagen an erster und zweiter Stelle Aufrichtigkeit (sincere) und Redlichkeit (hon<strong>es</strong>t)<br />

und an letzter Stelle lügnerisch (liar).<br />

Auch in der Erziehung begegnet uns di<strong>es</strong>er hohe Stellenwert von Ehrlichkeit. Bereits<br />

als Kind wird den meisten Menschen eingebläut, niemals zu lügen und immer die<br />

Wahrheit zu sagen. Der Philosoph Immanuel Kant glaubte sogar, <strong>es</strong> sei unsere Pflicht,<br />

niemals zu lügen, egal, wie schlimm die Folgen auch wären.<br />

Lindskold und Walters (1983) erstellten mit Hilfe von Fragebögen <strong>eine</strong> Reihenfolge<br />

der „Verwerflichkeit von <strong>Lügen</strong>“. An erster Stelle standen hier <strong>Lügen</strong>, um anderen zu<br />

schaden und dadurch <strong>eine</strong>n Gewinn zu erzielen (<strong>Lügen</strong> aus Rache), und an zweiter<br />

Stelle <strong>Lügen</strong>, um eigennützig andere zu Handlungen zu verleiten, die ihnen schaden<br />

würden (in di<strong>es</strong>e Kategorie sind <strong>Lügen</strong>, um andere zu manipulieren, einzuordnen). Am<br />

wenigsten anstößig wurde <strong>Lügen</strong> eing<strong>es</strong>tuft, die andere vor Verletzung, Tadel und<br />

Scham schützen sollen.<br />

6


Einleitung<br />

_________________________________________________________________________<br />

Es wird deutlich, dass der Begriff der Lüge eng mit moralischen Vorstellungen verknüpft<br />

ist und <strong>es</strong> vor allem darum geht, <strong>Lügen</strong> zu erkennen und zu verhindern. Sozialpsychologen<br />

sehen in der Lüge eher <strong>eine</strong> Variante der Kommunikation. In der neueren<br />

Forschung wird d<strong>es</strong>halb das Augenmerk auf die Bedingungen der Fähigkeit zur Lüge<br />

(Machiavellismus) und die Motive für die Lüge gerichtet.<br />

1.3 Machiavellismus<br />

„Im Umgang mit Menschen ist <strong>es</strong> am b<strong>es</strong>ten, ihnen das zu sagen, was sie hören wollen.“<br />

(Henning & Six, 1977, Konstruktion <strong>eine</strong>r Machiavellismus-Skala, Item1)<br />

Nach Niccolo Machiavelli (1469-1527), <strong>eine</strong>m Staatsmann und politischen Philosophen,<br />

ist <strong>es</strong> für den Fürsten notwendig, zu täuschen und sich zu verstellen. Er war davon<br />

überzeugt, dass <strong>es</strong> für <strong>eine</strong>n großen Herrscher absolut notwendig und legitim sei<br />

zu lügen.<br />

Christie und Geis (1970) stellten auf der Suche nach erfolgreichen Führungspersönlichkeiten<br />

f<strong>es</strong>t, dass di<strong>es</strong>e vor allem vier Eigenheiten b<strong>es</strong>itzen: di<strong>es</strong>e Personen bringen<br />

wenig Gefühle in zwischenmenschliche Beziehungen ein, sie fühlen sich k<strong>eine</strong>r Ideologie<br />

verbunden, sie zollen der gängigen Moral wenig Beachtung und sie weisen k<strong>eine</strong><br />

psychopathologischen Auffälligkeiten auf. Christie und Geis schufen ein M<strong>es</strong>sinstrument<br />

und entnahmen aus Machiavellis Werk „Il Principe“ die Items für ihre Skala. Dabei<br />

stellten sie f<strong>es</strong>t, dass Personen mit <strong>eine</strong>r hohen Ausprägung auf di<strong>es</strong>er Skala (sog.<br />

„High Machs“) taktisch klüger verhandelten und sich nicht an Absprachen hielten<br />

(Christie & Geis, 1970). De Paulo und Rosenthal (1979) gingen der Frage nach, ob<br />

di<strong>es</strong>e Personen nicht nur b<strong>es</strong>ser, sondern auch bereitwilliger lügen. Dafür führten sie<br />

Experimente zur <strong>Lügen</strong>detektion durch, bei denen Versuchspersonen unter anderem<br />

für <strong>eine</strong> andere Person positive Gefühle zeigen sollten, obwohl sie di<strong>es</strong>e nicht leiden<br />

konnten, und umgekehrt ihre Gefühle negativer darstellen sollten für <strong>eine</strong> Person, die<br />

sie mochten. „High Machs“ waren die b<strong>es</strong>seren Lügner, vor allem bei der Variante,<br />

jemanden nicht leiden zu können, den sie in Wirklichkeit mochten.<br />

Machiavellisten sch<strong>eine</strong>n demnach <strong>eine</strong> höhere G<strong>es</strong>chicklichkeit im <strong>Lügen</strong> aufzuweisen.<br />

Di<strong>es</strong> allein vermag jedoch noch nicht das Phänomen der Lüge abschließend<br />

zu erklären.<br />

7


Einleitung<br />

_________________________________________________________________________<br />

1.4 Lüge als Leistung<br />

Schmid (2000) unterscheidet bei <strong>eine</strong>r Lüge zwei Phasen: Die Planungsphase und die<br />

Ausführungsphase. Während der Planungsphase wird <strong>eine</strong> geeignete Täuschungsstrategie<br />

ausgewählt, in der Ausführungsphase verbirgt der Lügner dann die wahren Zustände<br />

und versucht sein Täuschungsmanöver zu kaschieren. Erfolgreich<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong><br />

setzt <strong>eine</strong> Reihe von kognitiven Fähigkeiten voraus, zu denen unter anderem ein gut<strong>es</strong><br />

Gedächtnis und die Fähigkeit, die Erwartungen d<strong>es</strong> Kommunikationspartners zu registrieren,<br />

gehört. Um die stattfindende Täuschung zu kaschieren, ist auch die Fähigkeit<br />

der physischen Kontrolle notwendig, um beispielsweise Hinweise durch den G<strong>es</strong>ichtsausdruck<br />

zu unterdrücken.<br />

1.5 Motive<br />

Stiegnitz (2001) fand heraus, dass 41 % der Menschen lügen, um sich Ärger zu ersparen,<br />

14 % um sich das Leben leichter zu machen, 8,5 % um geliebt zu werden und 6 %<br />

aus Faulheit. Schmid (2000) hat die Motive für die Lüge genauer untersucht. Sie unterscheidet<br />

zwischen verschiedenen Motiven, mit welchen Menschen ihr <strong>Lügen</strong> entschuldigen<br />

und unterteilt die Motive in<br />

o<br />

o<br />

o<br />

senderorientiert,<br />

empfängerorientiert und<br />

beziehungsorientiert.<br />

Senderorientierte Motive sind hauptsächlich auf das Wohl d<strong>es</strong> Senders ausgerichtet,<br />

der sich dadurch Vorteile oder Bequemlichkeit verschafft oder sein Ansehen erhöht.<br />

Nach Schmid betrifft di<strong>es</strong>e Kategorie „<strong>Lügen</strong>, die das Ziel haben, den Lügner vor Peinlichkeit,<br />

G<strong>es</strong>ichtsverlust oder davor zu bewahren, <strong>eine</strong>n schlechten Eindruck zu machen,<br />

getadelt oder verletzt zu werden; <strong>Lügen</strong>, Sorgen, Konflikte oder andere Unerfreulichkeiten<br />

vom Lügner fernzuhalten; <strong>Lügen</strong>, die den Privatbereich d<strong>es</strong> Lügners schützen<br />

sollen, <strong>Lügen</strong>, die ihn b<strong>es</strong>ser (oder anders) ersch<strong>eine</strong>n lassen sollen, als er ist und<br />

<strong>Lügen</strong>, die helfen sollen, die Gefühle und Stimmungen d<strong>es</strong> Lügners zu regulieren“<br />

(Schmid, 2000, S. 164). In di<strong>es</strong>e Kategorie fallen Selbstschutzlügen und <strong>Lügen</strong> zur<br />

Selbstdarstellung.<br />

Zu den empfängerorientierten Motiven (auch als prosoziale Lüge bezeichnet) gehören<br />

<strong>Lügen</strong>, die den Empfänger vor der Wahrheit schützen und ihm somit Unangenehm<strong>es</strong><br />

ersparen sollen. In di<strong>es</strong>e Kategorie fallen unter anderem Höflichkeitslügen, vor<br />

8


Einleitung<br />

_________________________________________________________________________<br />

allem in Situationen, in denen gelogen wird, um <strong>eine</strong> g<strong>es</strong>ellschaftliche Etikette (z. B.<br />

das Essen im R<strong>es</strong>taurant zu loben) oder <strong>eine</strong>n anderen Menschen nicht zu verletzen<br />

(z. B. die neue Frisur zu loben). Auch <strong>Lügen</strong> <strong>zum</strong> Schutz der anderen sind hier einzuordnen<br />

(Schmid, 2000).<br />

Beziehungsorientierte Motivrollen dienen dazu, Beziehungen aufrechtzuerhalten<br />

und Konflikte oder Belastungen zu vermeiden. Partner entscheiden sich häufiger für<br />

<strong>Lügen</strong>, wenn sie Streit vermeiden wollen. Daneben dienen <strong>Lügen</strong> auch der Interaktionssteuerung,<br />

also der Aufrechterhaltung, der Richtungsänderung oder Beendigung<br />

der Interaktion (Turner et al., 1975, zitiert nach Schmid, 2000, S. 167-168).<br />

1.6 Gegenstand der Untersuchung<br />

Bei der nachfolgenden Untersuchung soll die Hypoth<strong>es</strong>e überprüft werden, ob <strong>es</strong> <strong>eine</strong><br />

<strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt bzw. ob <strong>Lügen</strong> als Persönlichkeitseigenschaft bezeichnet<br />

werden kann. Hierzu wurde ein Fragebogen entwickelt, der aus zwei Teilen b<strong>es</strong>teht. Im<br />

ersten Teil wurden Items zu den Motiven Höflichkeit, Selbstschutz, Schutz der anderen,<br />

Selbstdarstellung, Manipulation und Rache erarbeitet. Für den zweiten Teil wurden<br />

Items für die Skala „Machiavellismus“ sowie die Skala „Einschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>s“<br />

entworfen. Di<strong>es</strong>e beiden Skalen werden als Validitätskriterien herangezogen, da<br />

sie z. B. Fragen über die Einstellung <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong>, über die Notwendigkeit der Lüge, die<br />

Rechtfertigung d<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong>s und über das eigene <strong>Lügen</strong>verhalten beinhalten. Findet<br />

man nun jeweils <strong>eine</strong>n entsprechend hohen Zusammenhang zwischen dem Itemkomplex<br />

ein<strong>es</strong> Motivs und dem Außenkriterium, also den beiden Skalen, kann davon<br />

ausgegangen werden, dass <strong>es</strong> tatsächlich <strong>eine</strong> <strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt. Daneben<br />

werden die Hypoth<strong>es</strong>en aufg<strong>es</strong>tellt, dass <strong>es</strong> sowohl bei den Faktoren G<strong>es</strong>chlecht als<br />

auch beim Studienfach k<strong>eine</strong> Unterschiede bei der <strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt.<br />

Bei der Beantwortung d<strong>es</strong> Fragebogens (siehe Anhang) sollten sich die Versuchspersonen<br />

für den ersten Fragebogenteil anhand von kurzen, frei erfundenen Alltagssituationen<br />

in die verschiedenen Situationen hineinversetzen und das vorgegebene<br />

Handeln auf <strong>eine</strong>r Skala von 1 („würde ich niemals tun“) bis 5 („würde ich tun“) bewerten.<br />

Für den zweiten Teil sollten sie die Aussagen auf <strong>eine</strong>r Skala von 1 („stimme ü-<br />

berhaupt nicht zu“) bis 5 („stimme völlig zu“) bewerten.<br />

Die Fragebogenenerhebung wurde anonym durchgeführt. Nach Schmid (2000)<br />

hängt Ehrlichkeit im Zusammenhang mit der Beantwortung von Fragebögen sehr mit<br />

Offenheit zusammen, da hier auch die Möglichkeit b<strong>es</strong>teht, nicht zu antworten bzw.<br />

einfach etwas anzukreuzen.<br />

9


Methode<br />

2. Methode<br />

2.1 Versuchspersonen<br />

Die G<strong>es</strong>amtstichprobe von 173 Personen setzt sich aus 68 Studenten der Psychologie,<br />

29 der Pädagogik / Erziehungswissenschaften, 68 Lehramtstudenten, 3 Studenten der<br />

Wirtschaftswissenschaften und 5 Studenten aus sonstigen Bereichen zusammen. Die<br />

T<strong>es</strong>tung wurde mit Teilnehmern der interdisziplinären Vorl<strong>es</strong>ungen „Pädagogische<br />

Psychologie“ und „Statistik I für Sozialwissenschaftler“ durchgeführt. Insg<strong>es</strong>amt konnten<br />

Angaben von 137 Frauen und 36 Männern ausgewertet werden, deren Alter zwischen<br />

18 und 45 Jahren variiert, der Mittelwert liegt bei 21.75 Jahren. Die Teilnahme<br />

an der Studie war freiwillig und <strong>es</strong> gab k<strong>eine</strong> Selektionskriterien.<br />

2.2 Untersuchungsinstrument<br />

Zur Datenerhebung wurde ein Fragebogen mit 129 Items verwendet, die sich auf folgende<br />

sechs <strong>Lügen</strong>bereiche aufteilten: <strong>Lügen</strong> <strong>zum</strong> Selbstschutz, <strong>Lügen</strong> <strong>zum</strong> Schutz<br />

d<strong>es</strong> Anderen, <strong>Lügen</strong> aus Rache, <strong>Lügen</strong> zur Manipulation, <strong>Lügen</strong> aus Höflichkeit und<br />

<strong>Lügen</strong> zur Selbstdarstellung. Um die Güte d<strong>es</strong> Fragebogens zu überprüfen, wurden am<br />

Ende zusätzlich Fragen eingefügt, die als Validitätskriterien dienen. Hierbei sollten die<br />

Versuchspersonen <strong>eine</strong> Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens vornehmen<br />

und Fragen, die sich an den Dimensionen d<strong>es</strong> Machiavellismus orientieren, beantworten.<br />

Zu Beginn d<strong>es</strong> Fragebogens gab <strong>es</strong> <strong>eine</strong> kurze Instruktion, die den Probanden darüber<br />

aufklärte, dass der folgende Fragebogen das Thema <strong>Lügen</strong> in alltäglichen Situationen<br />

behandelt. Anschließend wurde der Versuchsperson erklärt, dass der erste Teil<br />

d<strong>es</strong> Fragebogens aus Reaktionen auf unterschiedliche Situationen b<strong>es</strong>teht, in die sie<br />

sich hineinversetzen und das vorgegebene Handeln möglichst wahrheitsgetreu auf<br />

<strong>eine</strong>r Skala von 1 („würde ich niemals tun“) bis 5 („würde ich tun“) bewerten sollte.<br />

Darüber hinaus wurde darg<strong>es</strong>tellt, dass der zweiten Teil aus Aussagen b<strong>es</strong>teht, die<br />

auf <strong>eine</strong>r Skala von 1 („stimme überhaupt nicht zu“) bis 5 („stimme völlig zu“) zu bewerten<br />

sind. Außerdem wurden die Probanden darauf hingewi<strong>es</strong>en, dass sämtliche Daten<br />

anonym erfasst und nicht an Dritte weitergegeben werden.<br />

Nach di<strong>es</strong>er Instruktion sollten von der Versuchsperson Angaben bezüglich ihr<strong>es</strong><br />

G<strong>es</strong>chlechts, ihr<strong>es</strong> Alters in Jahren, ihr<strong>es</strong> Studienfachs und der Anzahl der Sem<strong>es</strong>ter<br />

gemacht werden. Anschließend folgten 90 Items aus den sechs <strong>Lügen</strong>bereichen, die<br />

auf der bereits erwähnten fünfstufigen Skala bewertet werden sollten, danach wurden<br />

10


Methode<br />

_________________________________________________________________________<br />

die 39 Items zur Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens präsentiert. Am<br />

Ende d<strong>es</strong> Fragebogens sollte der Proband schätzen, wie oft er in der Woche lügt.<br />

2.3 Untersuchungsablauf<br />

Die Studenten der verschiedenen Fachrichtungen wurden am Ende ihrer jeweiligen<br />

Vorl<strong>es</strong>ungen get<strong>es</strong>tet, die Dozenten stellten die letzte Viertelstunde für die Durchführung<br />

d<strong>es</strong> T<strong>es</strong>ts zur Verfügung. Vor dem Verteilen der Fragebögen wurde den Probanden<br />

kurz erklärt, worum <strong>es</strong> bei der T<strong>es</strong>tung geht und wie sie bei der Bearbeitung vorgehen<br />

sollten. Die Durchführung d<strong>es</strong> T<strong>es</strong>ts dauerte ca. 20 Minuten und von den 180<br />

ausgeteilten Fragebögen wurden 173 gemäß der Instruktion ausgefüllt und zurückgegeben.<br />

2.4 Datenauswertungsmethoden<br />

Die gewonnenen Daten wurden von Hand in den Computer eingegeben, hierzu wurde<br />

das Programm SPSS 16 für Windows verwendet. Zunächst wurde für jede <strong>Lügen</strong>dimension<br />

ein G<strong>es</strong>amtsummenwert über alle Items gebildet, anschließend wurden für<br />

alle Items Mittelwerte und Standardabweichungen sowie Trennschärfe-Koeffizienten<br />

ermittelt. Die Trennschärfe ist dabei definiert als Korrelation d<strong>es</strong> Itemwert<strong>es</strong> mit dem<br />

G<strong>es</strong>amtsummenwert der Dimension. Es wurde <strong>eine</strong> bivariate Korrelation nach Pearson<br />

durchgeführt und untersucht, in welchem Ausmaß Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Studienfächern sowie zwischen Frauen und Männern existieren. Zusätzlich<br />

wurden Varianzanalysen zwischen den verschiedenen <strong>Lügen</strong>motiven berechnet.<br />

11


Ergebnisse<br />

3. Ergebnisse<br />

3.1 Itemkennwerte<br />

Um die Güte der gewonnenen Daten zu überprüfen, wurde zu Beginn der Datenanalyse<br />

<strong>eine</strong> Auswertung hinsichtlich derTrennschärfe durchgeführt. Ausschlusskriterium für<br />

ein Item war hierbei <strong>eine</strong> Trennschärfe (als „Korrigierte Item-Skala-Korrelation“ bezeichnet)<br />

geringer als .200. Hinsichtlich der verschiedenen <strong>Lügen</strong>motive ergaben sich<br />

die folgenden Ergebnisse.<br />

3.1.1 Höflichkeit<br />

Tabelle 3.1<br />

Itemkennwerte der Dimension „Höflichkeit“<br />

Item<br />

Höflichkeit<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte<br />

Standardabweichung<br />

1 .455 2.73 1.11<br />

2 .335 3.17 1.15<br />

3 .470 2.73 1.12<br />

4 .464 3.55 1.23<br />

5 .387 4.16 1.00<br />

6 .523 3.40 1.16<br />

7 .307 2.62 1.27<br />

8 .214 3.87 3.30<br />

9 .111 1.51 0.81<br />

10 .503 2.92 1.24<br />

11 .348 3.25 1.29<br />

12 .478 2.64 1.20<br />

13 .400 3.69 1.15<br />

14 .216 2.32 1.20<br />

15 .276 2.50 1.31<br />

12


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

Unter den Fragen bezüglich der Dimension „Höflichkeit“ wurde Item Nummer neun<br />

aufgrund <strong>eine</strong>r zu geringen Trennschärfe von 0.111 aus den weiteren Auswertungen<br />

ausg<strong>es</strong>chlossen.<br />

3.1.2 Selbstschutz<br />

Tabelle 3.2<br />

Itemkennwerte der Dimension „Selbstschutz“<br />

Selbstschutz<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte Standardabweichung<br />

1 .365 2.53 1.06<br />

2 .420 3.53 1.23<br />

3 .413 2.95 1.33<br />

4 .554 3.70 1.09<br />

5 .411 2.48 1.13<br />

6 .360 3.31 1.38<br />

7 .529 2.82 1.28<br />

8 .572 3.08 1.08<br />

9 .422 3.18 1.27<br />

10 .340 1.84 1.17<br />

11 .229 3.09 1.59<br />

12 .418 3.00 1.15<br />

13 .283 2.40 1.26<br />

14 .277 3.32 1.18<br />

15 .206 2.16 1.14<br />

Alle dem „Selbstschutz“ zugeordneten Items konnten in die Analyse miteinbezogen<br />

werden.<br />

13


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.1.3 Schutz d<strong>es</strong> Anderen<br />

Tabelle 3.3<br />

Itemkennwerte der Dimension „Schutz d<strong>es</strong> Anderen“<br />

Schutz d<strong>es</strong> Anderen<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte<br />

Standardabweichung<br />

1 .147 3.77 1.33<br />

2 .386 4.40 0.85<br />

3 .306 2.77 1.30<br />

4 .197 3.15 1.24<br />

5 .359 2.76 1.12<br />

6 .376 3.49 1.14<br />

7 .339 2.98 1.35<br />

8 .524 3.17 1.32<br />

9 .220 2.86 1.25<br />

10 .294 2.06 1.04<br />

11 .404 3.73 1.14<br />

12 .453 3.14 1.19<br />

13 .262 2.10 1.20<br />

14 .412 3.34 1.35<br />

15 .360 2.87 1.91<br />

Aufgrund <strong>eine</strong>r Trennschärfe von .147 (Item 1) und .197 (Item 4) mussten zwei Fragen<br />

ausg<strong>es</strong>chlossen werden.<br />

14


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.1.4 Selbstdarstellung<br />

Tabelle 3.4<br />

Itemkennwerte der Dimension „Selbstdarstellung“<br />

Selbstdarstellung<br />

Item<br />

Korrigierte Item-<br />

Skala-Korrelation<br />

Mittelwerte<br />

Standardabweichung<br />

1 .333 1.84 0.91<br />

2 .453 2.03 0.99<br />

3 .239 1.88 1.10<br />

4 .500 2.65 1.19<br />

5 .319 2.66 1.16<br />

6 .278 1.45 0.85<br />

7 .364 2.71 1.25<br />

8 .436 1.88 1.00<br />

9 .437 1.71 0.92<br />

10 .340 2.50 1.41<br />

11 .364 3.12 1.19<br />

12 .389 2.02 1.26<br />

13 .331 2.69 1.16<br />

14 .467 1.84 1.04<br />

15 .559 2.38 1.18<br />

Bezüglich d<strong>es</strong> Motivs „Selbstdarstellung“ genügten alle vorliegenden Items der g<strong>es</strong>etzten<br />

Qualitätsforderung.<br />

15


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.1.5 Manipulation<br />

Tabelle 3.5<br />

Itemkennwerte der Dimension „Manipulation“<br />

Manipulation<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte Standardabweichung<br />

1 .638 1.41 0.79<br />

2 .449 1.27 0.69<br />

3 .588 2.23 1.20<br />

4 .424 1.36 0.80<br />

5 .586 1.21 0.58<br />

6 .366 1.20 0.76<br />

7 .451 1.33 0.71<br />

8 .450 1.71 0.99<br />

9 .482 1.40 0.77<br />

10 .469 1.55 0.95<br />

11 .526 1.99 1.11<br />

12 .296 2.23 1.23<br />

13 .440 2.38 1.25<br />

14 .421 1.39 0.81<br />

15 .562 1.60 0.96<br />

Sämtliche Fragen zur „Manipulation“ konnten in die weitere Analysen mit aufgenommen<br />

werden.<br />

16


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.1.6 Rache<br />

Tabelle 3.6<br />

Ergebnisse der Trennschärfeüberprüfung der Dimension „Rache“<br />

Rache<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwert<br />

Standardabweichung<br />

1 .332 1.73 1.05<br />

2 .510 2.02 1.06<br />

3 .566 1.61 0.85<br />

4 .431 1.06 0.37<br />

5 .387 2.57 1.24<br />

6 .323 1.39 0.81<br />

7 .344 1.18 0.55<br />

8 .530 1.54 1.08<br />

9 .573 1.16 0.52<br />

10 .368 1.06 0.38<br />

11 .458 1.29 0.80<br />

12 .596 1.16 0.58<br />

13 .606 1.69 0.92<br />

14 .310 1.66 1.05<br />

15 .439 1.49 0.79<br />

Auch die Fragen <strong>zum</strong> Motiv „Rache“ konnten vollständig in die weitere Analyse mit<br />

aufgenommen werden.<br />

17


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.1.7 Machiavellismus<br />

Tabelle 3.7<br />

Itemkennwerte der Dimension „Machiavellismus“<br />

Machiavellismus<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte<br />

Standardabweichung<br />

1 .255 3.51 1.06<br />

2 .477 2.23 0.98<br />

3 .485 1.84 1.00<br />

4 .429 1.87 1.23<br />

5 .522 3.25 1.16<br />

6 .550 2.40 1.16<br />

7 .302 3.73 1.24<br />

8 .247 1.91 1.12<br />

9 .589 1.67 0.89<br />

10 .204 1.50 0.98<br />

11 .499 1.82 0.93<br />

12 .528 2.83 1.31<br />

13 .362 1.95 1.15<br />

14 .503 2.30 1.17<br />

15 .556 2.01 1.00<br />

Alle Items genügten den Anforderungen.<br />

18


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.2 Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens<br />

Tabelle 3.8<br />

Itemkennerte der Dimension „Selbsteinschätzung“ d<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong>verhaltens<br />

Selbsteinschätzung<br />

Item<br />

Korrigierte Item-Skala-<br />

Korrelation<br />

Mittelwerte<br />

Standardabweichung<br />

1 .353 1.54 0.98<br />

2 .532 3.47 1.12<br />

3 .513 1.85 0.91<br />

4 .570 3.15 1.25<br />

5 .275 1.42 0.73<br />

6 .429 1.64 0.95<br />

7 .601 3.01 1.30<br />

8 .320 2.03 1.34<br />

9 .166 1.32 0.67<br />

10 .318 3.75 1.21<br />

11 .486 2.12 0.98<br />

12 .483 3.09 1.19<br />

13 .433 2.72 1.15<br />

14 .476 2.98 1.33<br />

15 .276 3.29 1.07<br />

16 .055 4.54 1.15<br />

17 .293 2.81 1.27<br />

18 .498 3.71 1.06<br />

19 .390 1.88 0.96<br />

20 .279 2.08 1.15<br />

21 .401 3.02 1.18<br />

22 .410 3.14 1.35<br />

23 .176 4.23 1.05<br />

24 .302 2.39 1.23<br />

19


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

Hinsichtlich d<strong>es</strong> zweiten Vailiditätskriteriums „Selbsteinschätzung“ mussten Item Nummer<br />

9 (Trennschärfe von .166), Item Nummer 16 (Trennschärfe von .055) und Nummer<br />

23 (Trennschärfe von .176) ausg<strong>es</strong>chlossen werden. Die eigenen Angaben zur durchschnittlichen<br />

Häufigkeit der <strong>Lügen</strong> pro Woche betrug im Mittelwert 10.15 mit <strong>eine</strong>r<br />

Standardabweichung von 17.681.<br />

3.3 Übersicht über die Skalenkennwerte<br />

Tabelle 3.9<br />

Skalenkennwerte<br />

Skala<br />

N<br />

Anzahl<br />

Items<br />

Min Max M SD Schiefe Kurtosis<br />

Cronbach’s<br />

α<br />

Höflichkeit 168 15 18.00 92.00 43.47 9.51 .80 3.22 .72<br />

Selbstschutz 169 15 22.00 66.00 43.38 9.05 .14 -.20 .78<br />

Schutz d<strong>es</strong><br />

Anderen<br />

170 15 19.00 64.00 39.66 7.64 .13 .16 .73<br />

172 15 16.00 57.00 33.41 8.30 .22 -.43 .78<br />

Manipulation 168 15 15.00 65.00 24.24 7.66 1.73 5.36 .84<br />

Rache 170 15 15.00 62.00 22.71 6.60 2.26 9.03 .81<br />

Selbstdarstellung<br />

Machiavellismus<br />

168 15 17.00 69.00 34.79 8.72 .78 1.75 .82<br />

3.4 Zusammenhänge der <strong>Lügen</strong>skalen mit den Validitätskriterien<br />

Um <strong>eine</strong> Aussage darüber machen zu können, in welchem Maß die Bereitschaft <strong>zum</strong><br />

<strong>Lügen</strong> bezüglich ein<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong>motivs mit der in <strong>eine</strong>m anderen Bereich zusammenhängt,<br />

wurde <strong>eine</strong> bivariate Korrelation nach Pearson berechnet. Hierfür wurden für<br />

jede Dimension Korrelationskoeffizienten mit jeder anderen Dimension errechnet und<br />

20


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

als Maß für den Grad d<strong>es</strong> linearen Zusammenhangs verwendet. Bei dem Korrelationskoeffizienten<br />

nach Pearson sind Werte zwischen -1 und +1 möglich. Bei <strong>eine</strong>m Wert<br />

von +1 (bzw. −1) b<strong>es</strong>teht ein vollständig positiver (bzw. negativer) linearer Zusammenhang<br />

zwischen den betrachteten Merkmalen. Wenn der Korrelationskoeffizient den<br />

Wert 0 aufweist, hängen die beiden Merkmale überhaupt nicht linear voneinander ab.<br />

Eine Übersicht über die Ergebnisse bietet Tabelle 3.10 (Seite 21).<br />

3.4.1 Höflichkeit<br />

Es zeigten sich durchgehend positive Korrelationen mit allen anderen <strong>Lügen</strong>motiven,<br />

wobei vor allem jene mit den Motiven „Selbstschutz“ (.351), „Selbstdarstellung“ (.362)<br />

und vor allem „Schutz d<strong>es</strong> Anderen“ (.526) b<strong>es</strong>onders hohe Werte aufzeigten.<br />

3.4.2 Selbstschutz<br />

Eine leicht negative Korrelation ergab sich mit der Selbsteinschätzung der eigenen<br />

<strong>Lügen</strong>häufigkeit (-.023). Sämtliche anderen Korrelationen zeigen deutlich positive Korrelationen,<br />

wobei die Motive „Selbstdarstellung“ (.609), „Manipulation“ (.618) und „Rache“<br />

(.634) die höchsten Werte haben.<br />

3.4.3 Schutz d<strong>es</strong> Anderen<br />

Auffallend hohe positive Korrelationen zeigten sich mit den Motiven „Höflichkeit“ (.526),<br />

„Selbstschutz“ (.572) und „Selbstdarstellung“ (.602).<br />

3.4.4 Selbstdarstellung<br />

Das Motiv „Selbstdarstellung“ korreliert leicht negativ mit der Selbsteinschätzung der<br />

eigenen <strong>Lügen</strong>häufigkeit (-.006) und auffallend hoch mit den Motiven „Rache“(.571),<br />

„Selbstschutz“ (.609) und „Schutz d<strong>es</strong> Anderen“ (.602).<br />

3.4.5 Manipulation<br />

Die höchsten Korrelationen d<strong>es</strong> Motivs „Manipulation“ ergaben sich für die Selbstdarstellung“<br />

(.571), den „Selbstschutz“ (.634) und ausg<strong>es</strong>prochen hoch mit dem Motiv<br />

„Rache“ (.792).<br />

3.4.6 Rache<br />

Bezüglich di<strong>es</strong><strong>es</strong> Motivs weisen der „Selbstschutz“ (.634), die „Selbstdarstellung“<br />

(.571) und die „Rache“ (.792) die am deutlichsten erhöhten Korrelationen auf.<br />

3.4.7 Machiavellismus<br />

Hohe positive Korrelationen ergaben sich hinsichtlich „Manipulation“ (.565), „Rache“<br />

(.562) und „Selbsteinschätzung“ (.677).<br />

21


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.4.8 Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens<br />

Das zweite Validitätskriterium weist hohe Korrelationen mit dem ersten Validitätskriterium<br />

„Machiavellismus“ (.677) und dem Motiv „Selbstschutz“ (.516) auf.<br />

Tabelle 3.10<br />

Korrelationen (nach Pearson) zwischen den <strong>Lügen</strong>inidikatoren<br />

Korrelationen<br />

Selbsteinschätzung<br />

der <strong>Lügen</strong>häufigkeit<br />

Höflichkeit<br />

Selbstschutz<br />

Schutz d<strong>es</strong> Anderen<br />

Selbstdarstellung<br />

Manipulation<br />

Rache<br />

Machiavellismus<br />

Selbsteinschätzung<br />

Selbsteinschätzung<br />

der <strong>Lügen</strong>häufigkeit<br />

1 .003 -.023 .067 -.006 .141 .025 .041 .166<br />

Höflichkeit .003 1 .351** .526** .362** .145 .228** .266** .259**<br />

Selbstschutz -.023 .351** 1 .572** .609** .618** .634** .532** .516**<br />

Schutz d<strong>es</strong> Anderen .067 .526** .572** 1 .602** .439** .439** .470** .413**<br />

Selbstdarstellung -.006 .362** .609** .602** 1 .534** .571** .471** .331**<br />

Manipulation .141 .145 .618** .439** .534** 1 .792** .565** .485**<br />

Rache .025 .228** .634** .439** .571** .792** 1 .562** .486**<br />

Machiavellismus .041 .266** .532** .470** .471** .565** .562** 1 .677**<br />

Selbsteinschätzung .166 .259** .516** .413** .331** .485** .486** .677** 1<br />

** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 signifikant<br />

22


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.5 Weitere mögliche Einflussgrößen<br />

Zusätzlich wurde überprüft, in welchem Ausmaß Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Studienfächern sowie zwischen Frauen und Männern existieren.<br />

3.5.1 Studienfach<br />

Signifikante Unterschiede fanden sich bei den Motiven „Selbstschutz“ (.019), Manipulation<br />

(.000), „Rache“ (.000) sowie den beiden Validitätskriterien „Machiavellismus“<br />

(.001) und „Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>verhaltens“ (.003).<br />

Tabelle 3.11<br />

Itemkennwerten der Entwicklung d<strong>es</strong> Motivs „Rache“<br />

Abhängige Variable: Rache<br />

Fach<br />

Mittelwert<br />

Stichprobengröße<br />

Standardfehler<br />

95% Konfidenzintervall<br />

Untergrenze Obergrenze<br />

Psychologie 68 21.545 .772 20.021 23,070<br />

EZW/ Pädagogik 29 21.964 1.185 19.624 24.304<br />

Lehramt 68 23.456 .761 21.964 24.958<br />

23


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

Tabelle 3.12<br />

„Machiavellismus“<br />

Abhängige Variable: Machiavellismus<br />

Fach<br />

Mittelwert<br />

Stichprobengröße<br />

Standardfehler<br />

95% Konfidenzintervall<br />

Untergrenze Obergrenze<br />

Psychologie 68 34.44 1.01 32.44 38.44<br />

EZW/ Pädagogik 29 33.86 1.58 30.74 36.98<br />

Lehramt 68 34.62 1.04 32.57 36.66<br />

Tabelle 3.13<br />

„Selbsteinschätzung“<br />

Abhängige Variable: Selbsteinschätzung<br />

Fach<br />

Mittelwert<br />

Stichprobengröße<br />

Standardfehler<br />

95% Konfidenzintervall<br />

Untergrenze Obergrenze<br />

Psychologie 68 56.60 1.39 53.86 59.34<br />

EZW/ Pädagogik 29 52.52 2.15 30.74 56.77<br />

Lehramt 68 54.31 1.47 51.41 57.21<br />

24


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

Tabelle 3.14<br />

„Selbstschutz“<br />

Abhängige Variable: Selbstschutz<br />

Fach<br />

Mittelwert<br />

Stichprobengröße<br />

Standardfehler<br />

95% Konfidenzintervall<br />

Untergrenze Obergrenze<br />

Psychologie 68 43.92 1.10 41.76 46.09<br />

EZW/ Pädagogik 29 39.93 1.64 36.69 43.17<br />

Lehramt 68 44.02 1.08 41.88 46.15<br />

Tabelle 3.15<br />

„Manipulation“<br />

Abhängige Variable: Manipulation<br />

Fach<br />

Mittelwert<br />

Stichprobengröße<br />

Standardfehler<br />

95% Konfidenzintervall<br />

Untergrenze Obergrenze<br />

Psychologie 68 23.66 0.86 21.97 25.35<br />

EZW/ Pädagogik 29 22.62 1.27 20.11 25.13<br />

Lehramt 68 24.51 0.84 22.86 26.16<br />

3.5.2 G<strong>es</strong>chlecht<br />

Es ergaben sich signifikante Unterschiede hinsichtlich d<strong>es</strong> Motivs „Manipulation“ mit<br />

.004 (Männer mit 27.57 mehr als Frauen mit 23.37), „Machiavellismus“ mit .001 (Männer<br />

mit 39.08 mehr als Frauen mit 33.61) sowie bei der „Selbsteinschätzung“ mit .036<br />

(Männer mit 58.97 mehr als Frauen mit 54.27).<br />

25


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

Tabelle 3.16<br />

Unterschiede bzgl. der G<strong>es</strong>chlechter bei Motiv „Manipulation“<br />

Motiv: Manipulation<br />

G<strong>es</strong>chlecht Mittelwert Standardabweichung<br />

Frauen 23.37 6.77<br />

Männer 27.57 9.80<br />

Signifikanz: .004<br />

Tabelle 3.17<br />

Unterschiede bzgl. der G<strong>es</strong>chlechter bei Kriterium „Machiavellismus“<br />

Kriterium: Machiavellismus<br />

G<strong>es</strong>chlecht Mittelwert Standardabweichung<br />

Frauen 33.61 8.21<br />

Männer 39.08 9.25<br />

Signifikanz: .001<br />

Tabelle 3.18<br />

Unterschiede bzgl. der G<strong>es</strong>chlechter bei Kriterium „Selbsteinschätzung“<br />

Kriterium: Selbsteinschätzung<br />

G<strong>es</strong>chlecht Mittelwert Standardabweichung<br />

Frauen 54.27 54.27<br />

Männer 58.97 10.72<br />

Signifikanz: .036<br />

26


Ergebnisse<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.5.3 Unterschiede in der Akzeptanz der Motive<br />

Zur tiefergehenden Darstellung der Akzeptanz der Motive wurden signifikante Unterschiede<br />

der Mittelwerte berechnet. Anhand <strong>eine</strong>r ANOVA mit M<strong>es</strong>swiederholung wurden<br />

die Unterschiede der einzelnen Skala auf Signigikanz überprüft. Dabei ergaben<br />

sich für fast alle Skalen höchst signifikante Unterschiede (p < .001). Lediglich der Unterschied<br />

der beiden Skalen Selbstdarstellung und Machiavellismus war signifikant<br />

(p = .029) und der Unterschied zwischen den Skalen Höflichkeit und Selbstschutz war<br />

nicht signifikant (p = .808).<br />

Tabelle 3.19<br />

Mittelwerte der Summenwerte der einzelnen <strong>Lügen</strong>bereiche<br />

Motive Mittelwerte Standardabweichung<br />

Summe Höflichkeit 43.47 9.51<br />

Summe Selbstschutz 43.38 9.05<br />

Summe Schutz d<strong>es</strong> Anderen 39.66 7.64<br />

Summe Selbstdarstellung 33.41 8.30<br />

Summe Rache 22.71 6.60<br />

Summe Manipulation 24,24 7.66<br />

Die Akzeptanz gliedert sich d<strong>es</strong>halb absteigend wie folgt:<br />

1. Höflichkeit<br />

2. Selbstschutz<br />

3. Schutz d<strong>es</strong> Anderen<br />

4. Selbstdarstellung<br />

5. Manipulation<br />

6. Rache<br />

27


Diskussion<br />

4. Diskussion<br />

Mit dem entwickelten Fragebogen sollte herausgefunden werden, ob <strong>es</strong> <strong>eine</strong> <strong>Neigung</strong><br />

<strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gibt. Anders als Reeder und Spor<strong>es</strong> (1983), die die Versuchspersonen das<br />

moralische Verhalten von anderen beurteilen ließen, wurden hier die Versuchspersonen<br />

selbst über ihr eigen<strong>es</strong> Verhalten befragt. Als Validitätskriterien wurden <strong>eine</strong><br />

Selbsteinschätzungsskala und <strong>eine</strong> Machiavellismus-Skala verwendet, da z. B. schon<br />

De Paulo und Rosenthal (1970) f<strong>es</strong>tstellten, dass „High Machs“ die b<strong>es</strong>seren und bereitwilligeren<br />

Lügner sind und di<strong>es</strong>e außerdem der Meinung sind, dass <strong>Lügen</strong> durchaus<br />

gerechtfertigt sein kann.<br />

Aufgrund der fast ausnahmslos sehr hohen Trennschärfe kann davon ausgegangen<br />

werden, dass der Fragebogen im Hinblick auf die Reliabilität durchaus gut geeignet ist,<br />

um die Einstellung gegenüber den sechs <strong>Lügen</strong>motiven, dem eigenen <strong>Lügen</strong> und den<br />

machiavellistischen Grundgedanken zu erfassen. Dennoch müsste man in Betracht<br />

ziehen, die wenigen Items mit der geringen Trennschärfe aus dem Fragebogen zu entfernen<br />

und gegebenenfalls durch neue zu ersetzen.<br />

Bei der Brauchbarkeit der Items bezüglich der Korrelationen fällt <strong>eine</strong> eindeutige<br />

Aussage schwer. So korrelieren beispielsweise alle Skalen mit der Skala „Selbsteinschätzung“<br />

negativ bis sehr gering. Im anderen Extrem korrelieren z. B. alle Skalen<br />

(außer „Selbsteinschätzung“) auffallend hoch mit der Skala „Selbstschutz“. Alle anderen<br />

Skalen weisen in der Regel <strong>zum</strong>ind<strong>es</strong>t positive, teilweise aber auch hohe Korrelationen<br />

mit den anderen Skalen auf. Als Validitätskriterium scheint <strong>zum</strong>ind<strong>es</strong>t die Skala<br />

„Selbsteinschätzung d<strong>es</strong> eigenen <strong>Lügen</strong>s“ nicht geeignet. Die verwendete Machiavellismus-Skala<br />

erscheint dagegen mit geringen bis mittleren Korrelationen geeigneter,<br />

wobei auch hier Verb<strong>es</strong>serungsmöglichkeiten bzw. Verb<strong>es</strong>serungsmöglichkeiten der<br />

Motivskalen in Erwägung zu ziehen sind. Im Vergleich der einzelnen Skalen hat sich<br />

gezeigt, dass die Versuchspersonenen nach unterschiedlichen Motiven differenzieren,<br />

d.h. die Häufigkeit d<strong>es</strong> <strong>Lügen</strong>s wird vom Motiv abhängig gemacht.<br />

Ein erster Verb<strong>es</strong>serungsvorschlag wäre, die Selbsteinschätzungsskala zu überarbeiten.<br />

Unter Umständen könnten die Motivfragen, bei denen sich die Versuchspersonen<br />

in spezifische Situationen hineinversetzen sollen, in anderer Art und Weise beantwortet<br />

oder aufgefasst werden als die allgemein gehaltenen und abstrakteren Fragen<br />

der Selbsteinschätzungsskala. So könnte <strong>eine</strong> Versuchsperson z. B. auf der Selbsteinschätzungsskala<br />

angeben, beim <strong>Lügen</strong> k<strong>eine</strong> Details wegzulassen. Wird ihr aber <strong>eine</strong><br />

entsprechende konkrete Situation zur Bewertung vorgelegt, könnte sie di<strong>es</strong><strong>es</strong> spezifische<br />

Item trotzdem entgegen di<strong>es</strong>em Grundsatz bewerten. Di<strong>es</strong> würde aber wiederum<br />

dafür sprechen, dass <strong>es</strong> k<strong>eine</strong> Tendenz <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong> gäbe, sondern dass Menschen je<br />

28


Diskussion<br />

____________________________________________________________________________<br />

nach Situation darüber entscheiden, ob sie b<strong>es</strong>ser lügen oder die Wahrheit sagen sollen.<br />

Ein anderer Vorschlag wäre, für die Validierung lediglich die Machiavellismus-Skala<br />

heranzuziehen. Auch Skalen mit niedrigen Korrelationen zu anderen Skalen könnten<br />

noch überarbeitet werden. Verb<strong>es</strong>serungsmöglichkeiten wären auch hier, f<strong>es</strong>tzustellen,<br />

ob die Items das gleiche Abstraktionsniveau b<strong>es</strong>itzen und die Items für die Versuchspersonen<br />

verständlich sind. D<strong>es</strong> Weiteren könnte ermittelt werden, ob nicht einige <strong>Lügen</strong>items<br />

innerhalb <strong>eine</strong>r einzigen Skala als „völlig harmlose Lüge“ betrachtet werden<br />

und andere wiederum als „richtig schlimme Lüge“, und somit <strong>eine</strong> Skala als nicht konsistent<br />

empfunden würde.<br />

Bisher b<strong>es</strong>teht der Fragebogen aus 130 Items und zusätzlich aus den üblichen demographischen<br />

Angaben. Für jed<strong>es</strong> der sechs Motive wurden 15 Fragen entwickelt.<br />

Um die damit recht lange Bearbeitungszeit und damit auftretende Effekte wie Ermüdung<br />

oder Langeweile zu vermeiden, könnte unter Umständen bei <strong>eine</strong>r Weiterentwicklung<br />

d<strong>es</strong> Fragebogens versucht werden, sich auf weniger, aber dafür sehr trennscharfe<br />

Items zu b<strong>es</strong>chränken. Um sich noch klarer über die Erfüllung der Gütekriterien zu<br />

werden, sollte der Fragebogen erneut an <strong>eine</strong>r größeren und repräsentativeren Stichprobe<br />

durchgeführt werden.<br />

Ein weiterer Punkt zur Verb<strong>es</strong>serung der Ergebnisse wäre <strong>eine</strong> andere Art der Befragung.<br />

So könnte man z. B. als Antwortmöglichkeiten statt der fünfstufigen Skala,<br />

auch nur die Antwortmöglichkeiten „würde ich tun“ und „würde ich nicht tun“, um die<br />

Probanden zu eindeutigeren Entscheidungen zu bewegen.<br />

Die signifikanten Unterschiede von Studenten der Studienfachrichtung Wirtschaftsinformatik<br />

zu allen anderen Studienrichtungen in den oben genannten Skalen scheint<br />

wohl auf die mit drei Personen sehr geringe Beteiligung von Wirtschaftsinformatikern<br />

zusammenzuhängen. Bei den G<strong>es</strong>chlechterunterschieden bei den Skalen „Manipulation“,<br />

„Machiavellismus“ und „Selbsteinschätzung“ müsste durch weitere Untersuchungen<br />

ermittelt werden, ob di<strong>es</strong>er Effekt stabil ist oder nur mit B<strong>es</strong>onderheiten der vorliegenden<br />

Stichprobe zusammenhängt.<br />

Darüber hinaus scheint bei der Tendenz zu lügen kein Unterschied zwischen sendeorientierten,<br />

empfängerorientierten und beziehungsorientierten Motiven (Schmid,<br />

2000) zu b<strong>es</strong>tehen. So sind z. B. k<strong>eine</strong> Unterschiede zwischen den Motivskalen, die<br />

auf das Wohl d<strong>es</strong> Senders gerichtet sind (z. B. Selbstschutz und Selbstdarstellung)<br />

und denen, die auf das Wohl d<strong>es</strong> Empfängers gerichtet sind (z. B. Schutz d<strong>es</strong> anderen),<br />

ersichtlich.<br />

Ob man also behaupten kann, dass <strong>Lügen</strong> <strong>eine</strong> Persönlichkeitseigenschaft sei, ist<br />

allein auf Basis der vorliegenden Fragebogenergebnisse nicht eindeutig zu beantwor-<br />

29


Diskussion<br />

____________________________________________________________________________<br />

ten. Die gewonnenen Ergebnisse zeigen aber, dass <strong>es</strong> deutliche positive Zusammenhänge<br />

<strong>zum</strong> <strong>eine</strong>n zwischen den Motivskalen und <strong>zum</strong> anderen zwischen den Motivskalen<br />

und der Machiavellismus-Skala gibt. Damit scheint die Machiavellismus-Skala <strong>eine</strong><br />

geeignete Dimension zu sein, um zu erheben, ob <strong>es</strong> Menschen mit <strong>Neigung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lügen</strong><br />

gibt oder nicht. Daraus kann man zwar nicht automatisch schlussfolgern, dass <strong>es</strong><br />

den generellen Lügner gibt, aber <strong>zum</strong>ind<strong>es</strong>t dass <strong>es</strong> Lügner aus b<strong>es</strong>timmten Motivgruppen<br />

heraus gibt: Es finden sich beispielsweise jeweils hohe Korrelationen zwischen<br />

den miteinander verbundenen Bereichen Manipulation und Rache, Selbstschutz<br />

und Selbstdarstellung oder auch Manipulation und Selbstschutz. Personen also, die<br />

aus <strong>eine</strong>m b<strong>es</strong>timmten Motiv heraus lügen, sch<strong>eine</strong>n auch bei verwandten Motiven<br />

eher zu lügen als aus völlig anderen Motiven heraus. Di<strong>es</strong> würde, wie auch Lindskold<br />

und Walters (1983) fanden, auf <strong>eine</strong> Reihenfolge bei der Verwerflichkeit von <strong>Lügen</strong><br />

bzw. auf <strong>eine</strong> Differenzierung von <strong>Lügen</strong>motiven und ihrer Bewertung hinweisen, was<br />

gegen <strong>Lügen</strong> als generelle Persönlichkeitseigenschaft sprechen würde. D<strong>es</strong> Weiteren<br />

kann aufgrund der Korrelationen der Motivskalen mit der Machiavellismus-Skala, nicht<br />

wie bei Dietz (2003) davon ausgegangen werden, dass <strong>Lügen</strong> ganz allgemein als niederträchtig<br />

gelten, aber auch nicht, dass <strong>Lügen</strong> als absolut notwendig und legitim betrachtet<br />

werden, wie Machiavelli der Ansicht war.<br />

30


Literatur<br />

5. Literatur<br />

Anderson, N. H. (1968). Likeablen<strong>es</strong>s ratings of 555 personality-trait words. Journal of<br />

Personality and Social Psychology, 9, 272-279.<br />

Ausserbauer, S., Beck, I., Philipp, K. & Wartlst<strong>eine</strong>r, S. (2003). Die Häufigkeit von <strong>Lügen</strong><br />

im Alltag. Universität Regensburg: Unveröffentlichter Bericht.<br />

Christie, R. & Geis, F. L. (1970). Studi<strong>es</strong> in machiavellianism. New York: Academic<br />

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De Paulo, B. M., Epstein, J. A. & Wyer, M. M. (1993). Sex differenc<strong>es</strong> in lying: How<br />

women and men deal with the dilemma of deceit. In M. Lewis & C. Saarni (Hrsg.),<br />

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DePaulo, B. M. & Rosenthal, R. (1979). Telling li<strong>es</strong>. Journal of Personality and Social<br />

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Wert. Reinbek: Rowohlt.<br />

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Sozialpsychologie, 8, 185-198.<br />

Knapp, M. L. & Commadena, M. E. (1979). Telling it like it isn`t: A review of theory and<br />

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285.<br />

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Reeder, G. D. & Spor<strong>es</strong>, J. M. (1983). The attribution of morality. Journal of Personality<br />

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Schmid, J. (2000). <strong>Lügen</strong> im Alltag <strong>–</strong> Zustandekommen und Bewertung kommunikativer<br />

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Stiegnitz, P. (2001). Die Wahrheit: Wir lügen alle. Zugriff am 20.2.20009, verfügbar<br />

unter: http://www.connection.de/cms/content/view/817/181 [Stand: 20.2.2009].<br />

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Anhang A<br />

6. Anhang A<br />

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Anhang A


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Anhang A


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