Heft 4 - Institut für Zeitgeschichte
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378 H. G. Gelber<br />
über eine Wirtschaftsplanung <strong>für</strong> Deutschland, dies sprach sich, abgesehen von<br />
der Notwendigkeit, Deutschlands wirtschaftliche Vorherrschaft in Europa zu brechen,<br />
<strong>für</strong> eine kurze Zeit aus, in der Deutschland Reparationen zahlen sollte, und<br />
zwar nicht in Kapitallieferungen, sondern in der Form von Erzeugnissen, ferner<br />
<strong>für</strong> begrenzte Wirtschaftskontrollen, <strong>für</strong> die Notwendigkeit, die deutsche Produktion<br />
auf einer Ebene zu halten, die die Erhaltung eines minimalen Lebensstandards<br />
erlauben würde, und <strong>für</strong> die Notwendigkeit, eine demokratische Ordnung herbeizuführen<br />
29 .<br />
Mitte August richtete der amerikanische Vertreter in der EAC in London,<br />
John Winant, einen dringenden Appell nach Washington: Falls nicht bald eine<br />
Verständigung über Deutschland erzielt würde, so warnte er, würde die interalliierte<br />
Verwaltung in Deutschland zusammenbrechen 30 .<br />
Inzwischen war noch ein weiteres Dokument <strong>für</strong> die Behandlung Deutschlands<br />
ausgearbeitet worden, und zwar von den damit befaßten Mitgliedern in Eisenhowers<br />
Stab in London. Da sie keine endgültigen Anweisungen erhielt, nahm diese britischamerikanische<br />
Planungsgruppe an, daß eine gemäßigte Deutschlandpolitik verfolgt<br />
werden sollte, und sie verfaßte ihre Vorschläge dementsprechend. Ihr Entwurf <strong>für</strong> ein<br />
„Handbuch <strong>für</strong> die Militärregierung in Deutschland" wurde von Eisenhower im<br />
Juni 1944 gebilligt und nach Washington geschickt. Die Verfasser des Dokuments<br />
waren bereit, einen Unterschied zwischen der nationalsozialistischen Regierung und<br />
den Deutschen im allgemeinen zu machen, und sie erwähnten sogar einen eventuellen<br />
Wiederaufbau Deutschlands. Sie be<strong>für</strong>worteten die Erhaltung einer zentralen<br />
deutschen Verwaltung und schlugen vor, daß Deutschland sich sowohl selbst<br />
versorgen, als auch die Wirtschaft ganz Europas unterstützen sollte. Zu dem Zwecke<br />
müßte es einen genügend großen Teil seiner Industrie behalten. Das Handbuch<br />
verzeichnete auch ein relativ hohes Niveau von Rationen <strong>für</strong> das besetzte Deutschland<br />
31 . Anfang August hatte man eine dritte Version dieses Handbuches ausgearbeitet.<br />
Jetzt aber begann Henry Morgenthau, einer der einflußreichsten Mitglieder der<br />
Regierung 32 , sich <strong>für</strong> die Deutschlandplanung persönlich zu interessieren 33 . Es war<br />
29 Dies ist wahrscheinlich das Dokument, das in seiner Originalform von dem ,Interdivisional<br />
Committee on Reparation, Restitution and Property Rights' ausgearbeitet worden ist.<br />
Siehe Notter, Post-War Foreign Preparations, S. 220 ff.; Penrose, Economic Planning for the<br />
Peace, S. 240.<br />
30 Mosely, The Occupation of Germany, S. 595.<br />
31 H. Zink, American Military Government in Germany, New York 1947, S. 19f., 42f.;<br />
H. Morgenthau, Our Policy Towards Germany, New York Post vom 26. 11. 1947.<br />
32 Morgenthaus Stellung war schon deshalb stark, weil er ein alter Freund und Nachbar<br />
von Roosevelt war. Ihre Freundschaft und ihr gegenseitiges Vertrauen bestanden schon lange,<br />
bevor Roosevelt zum erstenmal Präsident wurde.<br />
33 Die wichtigsten Quellen zu diesem Thema sind enthalten in Henry Morgenthau, Germany<br />
is our Problem, New York 1945; H. Morgenthau, Our Policy Towards Germany, New<br />
York Post 24.-29. 11. 1947; dazu ferner Hull, Memoirs; Henry L. Stimson and Mc George<br />
Bundy, On Active Service in Peace and War, New York 1948, S. 566-583. Zusammenfassungen<br />
sind zu finden in John L. Chase, The Development of the Morgenthau Plan through the