19.11.2013 Aufrufe

Alte Wege im östlichen Berner Oberland im Spiegel ihrer Geschichte

Alte Wege im östlichen Berner Oberland im Spiegel ihrer Geschichte

Alte Wege im östlichen Berner Oberland im Spiegel ihrer Geschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

geben worden sei. Die Bevölkerung des <strong>Oberland</strong>es sah, dass sie vom Regen<br />

in die Traufe geraten war, eine Delegation der Oberländer wurde in Bern gar<br />

nicht empfangen. Vielmehr zögerte Bern nicht, seine erdrückende Übermacht<br />

drastisch zu demonstrieren: Geschützt durch ein Heer von über 5000 Soldaten,<br />

schied Schultheiss von Erlach auf der Höhematte Interlaken die Guten von<br />

den Übeltätern, und letztere mussten sich eine «Strafpredigt» in 12 Punkten<br />

anhören, wurden aber begnadigt. Einzelne renitente Glaubensverweigerer<br />

wurden auf barbarische Art «gevierteilt», indem man an beiden Armen und<br />

Beinen ein Pferd anband und den Körper in vier Teile riss. Andere Glaubensverweigerer<br />

wurden «gnädig» durch Enthauptung gerichtet. Der «Tarif» für<br />

Glaubensverweigerer und säumige Kirchgänger war somit klar, und es lag auf<br />

der Hand, sonntags den Gottesdienst in der zugewiesenen Kirche zu besuchen,<br />

auch wenn sie mehrere Wegstunden entfernt war. Diese Hintergründe<br />

machen verständlich, dass es galt, <strong>Wege</strong> zu erstellen, die den sonntäglichen<br />

Predigtbesuch auch bei Regen und Schnee erlaubten.<br />

Die Weisung, den sonntäglichen Gottesdienst zu besuchen, kam zwar von der<br />

Obrigkeit in Bern, um die <strong>Wege</strong> kümmerte sich diese Obrigkeit aber nicht, dies<br />

war Angelegenheit der Dorfgemeinschaften. Die Wegbefestigungen mussten<br />

in tausenden von Arbeitsstunden <strong>im</strong> Frondienst und weitgehend ohne Hilfsmittel<br />

erstellt werden. Bekannt waren in dieser Zeit zum Bewegen grösserer<br />

Steinblöcke das Hebelgesetz und die schiefe Ebene, beides kann bei routinierter<br />

Anwendung den Kraftaufwand erheblich vermindern. Da und dort<br />

wurden zum Schleppen von Blöcken über grössere Distanzen wohl auch sogenannte<br />

Steinschlitten mit Ochs, Pferd oder Maultier eingesetzt. Dass Hebevorrichtungen<br />

<strong>im</strong> Sinne von Kränen mit Winden oder Treträdern nach dem Flaschenzugprinzip,<br />

wie sie bereits von den Griechen in der Antike verwendet<br />

wurden, zum Einsatz kamen, ist eher unwahrscheinlich (J. G. Landels, 18).<br />

Vier Anlässe wurden von der Kirche jeden Sonntag «angeboten»:<br />

1. Die «Kinderlehre» als erster kirchlicher Unterricht. Die Kinder wurden oft<br />

begleitet von ihren Müttern. In der Regel fand die Kinderlehre unmittelbar<br />

vor dem Gottesdienst statt.<br />

2. Der eigentliche Gottesdienst, der dem Pfarrer eine beachtliche Gedanken-<br />

und Redefreiheit einräumte. Liberale Denkweise war zwar erlaubt,<br />

durfte aber nicht von der Kanzel verkündet werden.<br />

3. Das Verlesen der «amtlichen» Mitteilungen: ohne Zweifel Hauptgrund,<br />

97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!