nonstop edition 2/2005 - GL Group
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OSTSEE<br />
Experten warnen: Mit der Dichte an Schiffen auf der<br />
Ostsee steigt auch die Gefahr von Ölkatastrophen<br />
Tanker im Nadelöhr<br />
Die Ostsee ist eines der kleinsten und zugleich am stärksten befahrenen Seegebiete<br />
weltweit. Der Wirtschaftsraum Nordosteuropa boomt, ebenso die Nachfrage nach<br />
russischem Öl. Doch Meerengen, viele Inseln, Eis und ein Schiffsverkehr wie auf der<br />
Autobahn machen das Befahren riskant – insbesondere für die steigende Zahl großer<br />
Öltanker. Auf Antrag der Ostseeanrainerstaaten soll die IMO jetzt separate Fahrtrouten<br />
für die Tankerriesen in der Ostsee einrichten.<br />
MÄRZ <strong>2005</strong>: Vor der südnorwegischen Küste brennt der<br />
leere Öltanker „Champion Fjord“ und läuft auf Grund.<br />
Bergungskräfte schleppen den 170-Meter-Riesen frei,<br />
löschen das Feuer. Das Schiff war auf dem Weg in die<br />
Ostsee, nach Rostock. Januar <strong>2005</strong>: In der schwedischen<br />
Ostsee stoßen die Fähre „Pomerania“ und das Tankschiff<br />
„Rio Grande“ zusammen. Beide können ihre Fahrt jedoch<br />
fortsetzen. Oktober 2004: Im dänischen Großen Belt kollidieren<br />
der mit 100.000 Tonnen Öl beladene Tanker<br />
„Bergitta“ und das Containerschiff „Eyra“. Die beiden<br />
FOTO: STEPHANIE BRINKKOETTER<br />
Kapitäne und der Lotse auf der „Bergitta“ können im letzten<br />
Moment einen Frontalzusammenstoß vermeiden. Die<br />
jeweils über 200 Meter langen Schiffe rammen sich seitlich.<br />
Die wohl größte Ölpest in der Ostsee bleibt aus – vorerst.<br />
Doch die Gefahr wächst stetig. Der Schiffsverkehr auf<br />
der Ostsee hat rapide zugelegt, sich seit 1997 mehr als<br />
verdoppelt. Mehr als 2000 Schiffe sind auf der Ostsee täglich<br />
unterwegs. Etwa 85.000 Frachtschiffe befahren das<br />
Binnenmeer jährlich. Tendenz steigend. Größtes Sicherheitsrisiko<br />
dabei: die Tanker. Insbesondere der Tankerverkehr<br />
von und zu den russischen Ölhäfen Primorsk,<br />
Vysotsk oder Ust-Luga bei St. Petersburg besorgt die Ostseeanrainerstaaten,<br />
zumal Russland weitere Ölterminals<br />
baut oder plant. Etwa 200 Tanker sind täglich in Fahrt zu<br />
einem der 20 Ölhäfen der Ostsee. Bis 2010 soll sich die Öltransportmenge<br />
via Ostsee von heute mehr als 80 Millionen<br />
Tonnen auf 150 Millionen Tonnen nahezu verdoppeln.<br />
Angesichts wachsender russischer Ölexporte und Tankerverkehre<br />
sei statistisch betrachtet eine Ölkatastrophe<br />
unausweichlich, warnen EU-Experten. Eine Auffassung, die<br />
Sicherheitsspezialisten, Tanker-Reedereien und Organisationen<br />
wie die Intertanko teilen. Die ökologischen Folgen<br />
für die Ostsee wären verheerend. International hat man das<br />
Problem spätestens nach der „Prestige“-Havarie 2002 vor<br />
Spanien erkannt und reagiert. Der Tanker hatte kurz zuvor<br />
die Ostsee passiert. Auf Initiative aller Ostseeanrainer, mit<br />
Ausnahme Russlands, hat die Internationale Seeschifffahrtsorganisation<br />
(IMO) im April 2004 die Ostsee als „besonders<br />
empfindliches Meeresgebiet“ (PSSA) eingestuft.<br />
KLARE FAHRSPURVORGABEN IN PLANUNG In diesem<br />
Februar beantragten die Ostseestaaten bei der UN-Behörde<br />
IMO, für Tanker mit mehr als 12 Metern Tiefgang im<br />
Finnischen Meerbusen, in der südlichen sowie mittleren<br />
Ostsee eigene Fahrtrouten festzulegen. Diese sind vom übrigen<br />
Schiffsverkehr getrennt und sollen so die Kollisionsgefahr<br />
mindern. Flachwassergebiete wie die Hoburg-Bank<br />
bei Gotland und vor Öland werden zu Tabuzonen für<br />
Großtanker. Zudem erhalten danach in einem einzurichtenden<br />
Verkehrstrennungsgebiet nördlich der Insel Rügen<br />
generell die Kapitäne aller ost- und westwärts gehenden<br />
Schiffe klare Fahrspurvorgaben. Ziel: Die Schiffsverkehre in<br />
der stark frequentierten Kadetrinne und im Öresund sicherer<br />
zu koordinieren. Akzeptiert die IMO auf ihrer Sitzung im<br />
Juni die Vorschläge, werden die Regelungen international<br />
und für Schiffe aller Flaggen verbindlich.<br />
VORFAHRT FÜR DOPPELHÜLLENTANKER Ein weiterer Schritt<br />
für mehr Sicherheit auf der Ostsee ist das von der IMO initiierte<br />
– auch von Russland mitgetragene – zum 5. April<br />
<strong>2005</strong> weltweit in Kraft getretene Fahrverbot für Einhüllentanker<br />
der Kategorie I. Schiffe ab einer Tragfähigkeit von<br />
20.000 Tonnen, vor 1982 gebaut und ohne zusätzlich<br />
schützende Ballasttanks, müssen verschrottet werden. Zugleich<br />
ist der Transport von Schweröl in Einhüllentankern<br />
über 5.000 Tonnen Tragfähigkeit verboten. In der EU<br />
selbst dürfen ab 2010 Einhüllentanker generell keine Häfen<br />
mehr anlaufen. Zielsetzung: Die Einführung moderner<br />
Doppelhüllentanker zu beschleunigen. Diese können bei<br />
möglichen Kollisionen einen vierfach größeren Widerstand<br />
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