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GL 1/2010 - der Lorber-Gesellschaft eV

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Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum<br />

Frieden in Gott<br />

Das Große Evangelium Johannes<br />

Menschliches und göttliches Verlangen<br />

Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />

Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />

Angst o<strong>der</strong> Freude vor Gott


INHALT<br />

Ruth Heil Die Königswürde S. 2<br />

Klaus W. Kardelke Editorial S. 3<br />

Gottfried Mayerhofer Die Darstellung Jesu im Tempel S. 5<br />

Erhard Gaiduk Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum S. 8<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Frieden in Gott S. 25<br />

Thomas Noack Das Große Evangelium Johannes S. 29<br />

Madame Guyon Menschliches und göttliches Verlangen S. 34<br />

Lorenz Marti Ein Wächter am Fluss / Türhüter des Herzens S. 37<br />

Anselm Grün Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück S. 40<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit S. 42<br />

Frank Laubach Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart S. 44<br />

Weisheitsgeschichten Die Geschichte vom Steinmetz S. 50<br />

Die Geschichte vom Echo S. 51<br />

Die netten Zettel S. 52<br />

Verschiedenes S. 56<br />

Mit Namen des Verfassers versehene Beiträge müssen nicht mit <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong><br />

Schriftleitung übereinstimmen.<br />

Die Zeitschrift erscheint viermal jährlich auf freiwilliger Spendenbasis.<br />

Beiträge richten Sie bitte an die Schriftleitung.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Verwaltungsanschrift: Postfach 114<br />

83731 Hausham / Deutschland<br />

Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294<br />

E-Mail-Anschrift:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de<br />

Internet-Seite:<br />

www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de<br />

www.andritzquelle.de<br />

Schriftleitung:<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Redaktion:<br />

Angelika Penkin<br />

SPENDENKONTEN<br />

Baden-Württemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen<br />

Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101<br />

BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73<br />

Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70<br />

Kreisspark. Miesbach/Tegernsee Kto. 430 203 240 BLZ 711 525 70<br />

Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 12 000<br />

Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3


- Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -<br />

Jahrgang 30 <strong>2010</strong> Heft 1<br />

„Selig ist <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> die Anfechtung erduldet;<br />

denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des<br />

Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen,<br />

die ihn lieb haben.“<br />

(Jakobus 1,12)<br />

„Selig und wahrhaft glücklich ist <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die<br />

Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt<br />

worden ist, wird er erst das wahre Ziel des Lebens<br />

empfangen, welches uns allen <strong>der</strong> heilige, liebevollste<br />

Vater verheißen hat, so wir Ihn wahrhaft von ganzem<br />

Herzen lieb haben.“<br />

(HGt.02_275,20)


2 Die Königswürde<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Hiermit verleihe Ich dir die Königswürde.<br />

Ich habe dich erwählt,<br />

Weil du unendlich kostbar bist in Meinen Augen.<br />

Du bist unvergleichlich und einmalig.<br />

Ich setze Mein Leben für dich ein,<br />

so wichtig bist du Mir.<br />

Nimm deinen Platz ein, da,<br />

wo Ich dich eingesetzt habe.<br />

Lass dich nicht durch<br />

deine Aufgaben dazu verleiten,<br />

dich min<strong>der</strong>wertig zu fühlen.<br />

Keine Arbeit braucht dir zu gering zu sein.<br />

Deine Treue ist wichtig, auch im Kleinen.<br />

Sei dir deiner Erwählung täglich gewiss.<br />

Wenn dir Fehler unterlaufen,<br />

komm zu Mir und erzähle es Mir.<br />

Dann werde Ich da sein und für dich einstehen,<br />

wie<strong>der</strong>gutmachen und die Schuld bezahlen.<br />

Geh fröhlich deinen Weg.<br />

Ich werde dich keinen Moment im Stich lassen.<br />

Diene an deinem Platz<br />

in <strong>der</strong> Gewissheit deiner Königswürde.<br />

Ich selbst stehe zu dir<br />

und habe dir die Krone aufgesetzt<br />

Und ich habe dich unendlich lieb.<br />

Der König aller Könige<br />

(Quelle: Ruth Heil, Kawohl Verlag, Karte 29889)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Editorial<br />

3<br />

Editorial<br />

Als Christ bin ich bestrebt, das Licht Christi in <strong>der</strong><br />

Finsternis meiner inneren und äußeren Welt leuchten zu<br />

lassen, denn so spricht Er zu mir: „Lass dein Licht leuchten<br />

vor den Leuten, dass sie deine guten Werke sehen und<br />

deinen Vater im Himmel preisen.“ (Mt. 5,16)<br />

Doch wie oft ertappe ich mich dabei, dass ich selbst vor<br />

den Menschen mit meiner Weisheit, meinem Wissen und<br />

meinen Taten glänzen möchte und nach Anerkennung und<br />

Lob trachte und dem Herrn so die Ehre vorenthalte.<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

Wenn ich mich nicht ständig selbst am göttlichen Wort prüfe und<br />

innerlich beschaue, werde ich nicht erkennen, dass mein eigenes „Licht in<br />

mir Finsternis ist“ (Lk.11,35). Ich muss mich also immer wie<strong>der</strong> selbst<br />

beschauen und prüfen, wie es mit mir steht und wie meine Worte und<br />

Werke beschaffen sind, und ob sie im Lichte Gottes bestehen können.<br />

„Je<strong>der</strong> aber prüfe die Neigungen seines Herzens, und er wird leicht<br />

erfahren, wessen Geistes sein Herz voll ist.“ (GEJ.02_8,8)<br />

Mein Herz gilt es zu beschauen und allen Unrat und alles Weltliche<br />

darin zu erkennen, es ans Licht <strong>der</strong> göttlichen Sonne zu bringen und es so<br />

zu reinigen, damit <strong>der</strong> Herr Einzug halten kann.<br />

So ist dem ganzen Menschen nichts „heilsamer als eine zeitweilige<br />

innere Sichselbstbeschauung! Wer sich und seine Kräfte erforschen will,<br />

<strong>der</strong> muss sich zu öfteren Malen selbst erforschen und innerlich<br />

beschauen.“ (GEJ.01_224,8)<br />

Die Prüfung meiner Gedanken und Worte und <strong>der</strong> daraus hervorgehenden<br />

Werke ist somit unerlässlich, um Gottes Kind zu werden und<br />

Sein Licht in mir aufleuchten zu lassen.<br />

Denn „so du niemand bei dir beschweren wirst noch mit dem Fingern<br />

zeigen noch übel reden, so wird dein Licht in <strong>der</strong> Finsternis aufgehen, und<br />

dein Dunkel wird sein wie <strong>der</strong> Mittag.“ (Jes. 58,9)<br />

Aber wenn ich mich ehrlich selbst prüfe, stelle ich fest, dass ich mich<br />

immer noch beschwere und beklage, murre, jammere, ärgere und an<strong>der</strong>e<br />

kritisiere. So ist es kein Wun<strong>der</strong>, dass das göttliche Licht in mir nicht<br />

erstrahlen mag, wenn die Finsternis noch immer in meinem Herzen regiert.<br />

Jesus riet mir, auf meine Worte und Gedanken zu achten, da sie Sein<br />

Licht in mir verfinstern, denn „das verunreinigt den Menschen, was vom<br />

Herzen durch den Mund zum Schaden des Nebenmenschen<br />

herauskommt!“ (GEJ.05_131,08) wie „Verleumdung, Ehrabschneidung,<br />

unflätige Worte und Reden, böser Leumund, Fluch, falsches Zeugnis und


4 Editorial<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

allerlei Lüge und Gotteslästerung.“ (GEJ.07_085,12)<br />

Also will ich prüfen, was aus meinem Munde und Herzen kommt,<br />

damit ich mich nicht an meinen eigenen finsteren Worten verunreinige und<br />

das göttliche Licht in meinem Leben nicht leuchten kann.<br />

„Bedenket das Wort, bevor es ausgesprochen wird; denn seine Folgen<br />

sind für euch unberechenbar!“ (Lg.17,42), „Worte <strong>der</strong> Liebe verbreiten<br />

überall Liebe, Freude, Seligkeit; Worte <strong>der</strong> Trauer, des Hasses o<strong>der</strong> Neides<br />

das Entgegengesetzte; sie müssen so wirken, weil in ihnen <strong>der</strong> Keim dazu<br />

schon beim Ausspruch liegt. Daher befleißigt euch nur Worte<br />

auszusprechen, die Göttliches enthalten und nur Gutes bewirken sollen, so<br />

werdet ihr Ruhe und Frieden in euch und um euch erzielen!“ (Lg.17,25)<br />

Schon <strong>der</strong> Psalmist betete: „Lass die Reden meines Mundes und das<br />

Sinnen meines Herzens wohlgefällig sein vor dir, Herr, mein Hort und<br />

mein Erlöser!“ (Ps. 19,14)<br />

Den Herrn lobpreisen und allezeit zu danken für die Wohltaten und<br />

Segnungen in meinem Leben, die ich täglich erfahren darf, wird mich mit<br />

mehr Freude und Frieden erfüllen, als über meine kleinen Sorgen und Nöte<br />

zu jammern und zu klagen.<br />

So rät mir Paulus dankbar in allen Dingen zu sein, denn das ist Gottes<br />

Wille an mich. (1. Thess. 5,18), denn „wer Dank opfert, <strong>der</strong> preiset Mich, und<br />

das ist <strong>der</strong> Weg, dass Ich ihm zeige das Heil Gottes.“ (Ps. 50,23) Ein<br />

dankbares Herz gebiert liebe- und lichtvolle Worte, weil es voller Licht<br />

und Leben ist. So kann die Dankbarkeit für alles in meinem Leben, mich<br />

aus <strong>der</strong> Fessel des Jammerns und Klagens befreien und mich wie<strong>der</strong> in den<br />

Frieden Gottes zurückbringen.<br />

Doch ist die Dankbarkeit mir nicht in die Wiege gelegt, son<strong>der</strong>n<br />

erfor<strong>der</strong>t ständige Achtsamkeit auf die unscheinbarsten Dinge in meinem<br />

Leben, die ich sonst allzu gerne übersehe und als selbstverständlich<br />

betrachte. Denn wer für das Kleine und Unscheinbare in seinem Leben<br />

dankbar sein kann, dem wird auch Größeres anvertraut werden, weil er<br />

auch einst über die großen Segnungen des Himmels nicht undankbar sein<br />

wird.<br />

„Was können wir Dir an<strong>der</strong>es, o Du heiliger Vater, wohl tun, als Dir<br />

ewig danken, Dich lieben, Dir dienen und Dich lobpreisen über alles! Und<br />

so sei denn unser nun so überseliges Leben ganz Dir geweiht und Dir, o<br />

lieber, heiliger Vater, ein ewiger Lobgesang. Wir aber wollen Dich preisen<br />

über alles in <strong>der</strong> stillen Glut unseres Herzens und im nimmermüden,<br />

allumfassenden Tun unserer Liebe.“ (RBl. II 243)<br />

Euer Klaus Kardelke


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

5<br />

Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

Gottfried Mayerhofer (1807-1877)<br />

„Und sein Vater und seine Mutter wun<strong>der</strong>ten sich dessen, was<br />

von ihm geredet ward. Und Simeon segnete sie und sprach zu<br />

Maria, seiner Mutter: "Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall<br />

und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem<br />

wi<strong>der</strong>sprochen wird (und es wird ein Schwert durch deine Seele<br />

dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden!"<br />

Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels vom<br />

Geschlecht Asser; die war wohl betagt und hatte sieben Jahre mit<br />

ihrem Manne gelebt nach ihrer Jungfrauschaft und war nun eine<br />

Gottfried Mayerhofer<br />

(1807-1877)<br />

Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel und diente Gott<br />

mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Diese trat auch hinzu zu <strong>der</strong>selben Stunde<br />

und pries den Herrn und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung zu<br />

Jerusalem warteten. Und da sie es alles vollendet hatten nach dem Gesetz des<br />

Herrn, kehrten sie wie<strong>der</strong> nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth. Aber das Kind<br />

wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei<br />

ihm.“ (Luk.2,33-40)<br />

Dieses Kapitel handelt im Anfang von Meiner Geburt, später von<br />

Meiner Beschneidung und dann von den drei Tagen, welche Ich im<br />

zwölften Jahr im Tempel zu Jerusalem zubrachte. Es sind in diesem<br />

Kapitel die Ankunft <strong>der</strong> drei Weisen aus dem Morgenland, <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>mord und noch weiteres - wie die Flucht nach Ägypten und die<br />

Rückkehr nach dem Tod des Herodes - verschwiegen. Auch Ich will das<br />

meiste davon übergehen, da ihr es aus dem Evangelium Jakobs, Meiner<br />

Jugendgeschichte, und an<strong>der</strong>en Aufzeichnungen Meiner Apostel wisst.<br />

Wir wollen also bei dem oben angeführten Text stehen bleiben, wo es<br />

heißt: „Joseph und Maria wun<strong>der</strong>ten sich.“<br />

Worüber wun<strong>der</strong>ten sie sich?<br />

Sie wun<strong>der</strong>ten sich über die prophetischen Worte Simeons und die<br />

Aussagen Hannas, die beide mit geistigem Auge in dem zur Beschneidung<br />

nach Jerusalem gebrachten Kind den Erlöser nicht nur <strong>der</strong> Juden, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> ganzen Menschheit erkannten, welcher gekommen war, den Geist von<br />

dem Zwang <strong>der</strong> Materie zu befreien.<br />

Dass Joseph und Maria es nicht verstanden, was ihnen jene beiden<br />

prophezeiten, ist leicht einzusehen; denn wer von <strong>der</strong> Empfängnis Marias<br />

angefangen bis zur Geburt und Tempeltragung, all das rätselhaft Mystische<br />

in Betracht zieht, wird leicht bemerken können, dass we<strong>der</strong> Maria noch<br />

Joseph wussten, wie sie sich dazu zu verhalten hatten.


6 Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Obgleich die Juden gewohnt waren, durch Propheten direkte<br />

Mitteilungen von Mir zu erhalten, so war es bei ihnen doch auch, wie es<br />

stets ist: sie glaubten ihnen wenig, solange diese lebten, und ihre Aussagen<br />

gewannen erst Wert, wenn sie anfingen in Erfüllung zu gehen.<br />

Sie hofften auf einen Messias, - nur war ihre Hoffnung auf weltliche<br />

Wünsche gegründet; sie hofften auf einen Messias, <strong>der</strong>, vielleicht in einem<br />

Palast geboren, als ein großer Held sie einst vom verhassten Joch <strong>der</strong><br />

Römer befreien sollte. Dass aber ein Kind eines Zimmermanns, als den sie<br />

Meinen Nährvater kannten, ihr Erlöser werden sollte, das lag außer dem<br />

Bereich ihrer gehegten Hoffnung, außer ihrer Fassungskraft.<br />

Deshalb staunten auch Joseph und Maria ob <strong>der</strong> Worte Simeons und<br />

Hannas. Maria hatte ja in kurzer Zeit so Wun<strong>der</strong>bares an sich erlebt, dass<br />

sie nicht wusste, was mit ihr geschehen war und was sich noch ereignen<br />

würde. Sie gebar einen Sohn, ohne die Hinneigung zu einem Mann<br />

gekannt zu haben. Sie war Mutter, ohne eigentlich das Muttergefühl in<br />

seiner ganzen Fülle zu kennen; denn im allgemeinen ist ein Kind erst das<br />

Glied, das die Lebenswege des Mannes und des Weibes verbindet und sie<br />

zu einem Ganzen, zu einer Familie zusammenfügt.<br />

So war Maria Mutter und fühlte wohl die Freude, eine Frucht ihres<br />

Leibes vor sich zu sehen; allein es war mehr Mitleidsgefühl für den<br />

unmündigen Säugling als das Wonnegefühl einer Mutter, ein Pfand <strong>der</strong><br />

Liebe ihres Gatten an die Brust zu drücken. So begriff sie nicht und konnte<br />

es nicht begreifen, was bei ihrer Empfängnis, was bei <strong>der</strong> Geburt und<br />

ferner geschah; denn sie handelte nur nach Weisung höheren Einflusses<br />

und verhielt sich dabei mehr passiv als aktiv, als Weib und Mutter nur<br />

ihren Gefühlen folgend, welche sie an ihren Säugling banden.<br />

Dieses unbewusste Gefühl wurde natürlich gesteigert, als sie zu den<br />

Zweifeln und bangen Ahnungen, welche nur sie allein im Busen zu tragen<br />

glaubte, das gleiche und noch Größeres von an<strong>der</strong>en erfuhr, als sie das<br />

Jesuskind in den Tempel trug. Durch die gesetzmäßige Beschneidung und<br />

Opferung sollte Ich als Kind in die israelitische Religion aufgenommen<br />

und in ihr erzogen werden.<br />

Was Simeon sagte, war ihr ein noch größeres Rätsel, umso mehr, als er<br />

das Kind als Das erkannte, wovon sie noch keine Ahnung hatte und haben<br />

konnte. Was sie aber noch weniger begriff, waren Simeons letzte Worte,<br />

welche so lauteten:<br />

"Siehe, Dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen des Volkes<br />

Israel und zu einem Zeichen, dem wi<strong>der</strong>sprochen wird (und es wird ein<br />

Schwert durch deine Seele dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken<br />

offenbar werden!"


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

7<br />

Dass aus ihrem Sohn etwas Außerordentliches werden könnte, war für<br />

sie denkbar - waren ja die Empfängnis, die Geburt usw. mit so<br />

außerordentlichen Erscheinungen begleitet -; doch einen Gott als Mensch<br />

unter dem Herzen getragen zu haben und den zu erwartenden Messias den<br />

geistigen Wie<strong>der</strong>hersteller nicht allein ihres Volkes, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ganzen<br />

Menschheit, das waren Begriffe, die in ihrem Kopf keinen Platz fanden.<br />

Sie hat Mich noch bei Meinem Kreuzestod nicht als Gott, son<strong>der</strong>n nur als<br />

Menschen, als ihren Sohn beweint; erst durch die Auferstehung wurde sie,<br />

wie auch Meine Apostel, in dem bekräftigt, was Ich ihnen oft gesagt hatte.<br />

Das Schwert, welches in Zukunft durch ihre Brust gestoßen wurde, war<br />

<strong>der</strong> mütterliche Schmerz; denn hätte sie gewusst und erkannt, wer Ich<br />

eigentlich war, so hätte sie nicht trauern, son<strong>der</strong>n bei Meinem Hingang<br />

frohlocken sollen.<br />

Ich selbst habe es ihr und Meinen Aposteln oft vorausgesagt, was Mir<br />

bevorstehen und wie Ich den Tod und die Hölle überwinden werde; allein,<br />

wo ist die Überzeugung - beson<strong>der</strong>s in jenen Zeiten <strong>der</strong> Propheten und<br />

wun<strong>der</strong>wirkenden Essäer -, dass Ich, ein Mensch mit Fleisch und Knochen<br />

wie sie, <strong>der</strong> isst und trinkt, ein Gott, und zwar <strong>der</strong> Herr aller Heerscharen<br />

sei, <strong>der</strong> in menschlicher Form, beim unmündigen Kind angefangen, am<br />

Kreuz - in jener Zeit das Zeichen <strong>der</strong> Schande und Entehrung - enden<br />

sollte!<br />

Deswegen waren Joseph und Maria erstaunt. Sie begriffen nicht, wer<br />

Der sei, welcher gekommen ist zum Fall und Auferstehen <strong>der</strong> Juden, -<br />

zum ,Fall‘: die Zerstörung des Judenreiches fünfzig Jahre nach Meinem<br />

Heimgang, und zum ,Auferstehen‘ vieler Juden zu Christen, sowie die<br />

Verän<strong>der</strong>ung des Kreuzzeichens, - früher Zeichen <strong>der</strong> Schande, später<br />

Zeichen <strong>der</strong> höchsten Verklärung.<br />

Und wenn Ich wie<strong>der</strong>komme, glaubt ihr, es werde dann mehr<br />

Verständnis unter den Menschen sein? Mitnichten! Es wird auch dann eine<br />

Masse Bewun<strong>der</strong>er geben, die Mich, für nichts an<strong>der</strong>es ansehen werden als<br />

einen von Gott begeisterten Menschen. Bei Meiner künftigen<br />

Darnie<strong>der</strong>kunft, welche natürlich nicht wie einst als Kind, son<strong>der</strong>n im<br />

Mannesalter anfangen wird, wird es auch viele Zweifler geben, und Ich<br />

werde vielen Mein Gottsein durch Wun<strong>der</strong> beweisen müssen, weil die<br />

Kraft des Wortes allein bei ihnen nichts ausrichten würde.<br />

So wird sich Meine Jugendgeschichte zumindest stets in ihren<br />

Hauptzügen und Ereignissen wie<strong>der</strong>holen, nur nicht in materieller, son<strong>der</strong>n<br />

in geistiger Hinsicht, weil dann das geistige Verständnis bei weitem<br />

ausgebildeter sein wird und die Gläubigen in <strong>der</strong> Mehrzahl, die<br />

Ungläubigen und Zweifler in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>zahl sein werden.


8 Die Darstellung Jesu im Tempel<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Seht, Meine Kin<strong>der</strong>, wie Ich Mich einst nach jüdischem Brauch <strong>der</strong><br />

Beschneidung unterzogen habe, so lasst auch ihr euch mit <strong>der</strong> geistigen<br />

Taufe - gleich <strong>der</strong> Beschneidung als erster Schritt und Eintritt in eine<br />

Kirchengemeinde -, mit dem Geiste Meiner Liebe taufen! Entfernt aus<br />

eurem Herzen, was nicht dorthin gehört, fangt an, Mich und Meine Welt<br />

tagtäglich immer mehr zu begreifen, damit nicht auch euch ein Schwert<br />

durch die Brust gestoßen werde und ihr, dem Weltlichen zu viel Wert<br />

gebend, beweint, was <strong>der</strong> Trauer nicht wert ist!<br />

Befleißigt euch, die Dinge zu nehmen, wie sie sind, und erfüllt so jeden<br />

Tag eure Aufgabe auf diesem Erdball, solange euer Wandel hier noch<br />

bestimmt ist, damit ihr nichts zu bereuen und nichts zu beweinen braucht,<br />

wenn die ernste Stunde des Scheidens schlägt.<br />

So mögt ihr, wie Maria, als Ich zum Vater heimging, Mich erkennen, -<br />

erkennen, dass Der, den ihr als Christus wohl kennt, bei weitem größer und<br />

liebreicher ist, als ihr Ihn euch vorgestellt habt, dass aber auch Meine<br />

For<strong>der</strong>ungen an euch strenger sind, als ihr dachtet.<br />

Viele leben jetzt, glauben und lieben Mich wie Maria Mich zu<br />

Lebzeiten geliebt hatte. Allein das genügt nicht. Maria erkannte erst am<br />

Kreuz und bei Meiner Auferstehung, dass Der, den sie geboren, kein<br />

Mensch, son<strong>der</strong>n Gottes Sohn, das heißt die von <strong>der</strong> Liebe getrennte<br />

Weisheit war, <strong>der</strong> nach dreitägigem Im-Grabe-liegen wie<strong>der</strong> in Sein<br />

Himmelreich zurückkehrte und später nicht mehr körperlich, son<strong>der</strong>n nur<br />

vergeistigt Seinen harrenden Aposteln und Seiner Leibesmutter erschien.<br />

Macht, dass auch in euch Christus auferstehe, wie Er ist und war, damit<br />

ihr euch einst nicht zu verwun<strong>der</strong>n braucht, wenn ihr Ihn an<strong>der</strong>s als<br />

gedacht findet.<br />

Dies zur Mahnung und Darnachachtung! Amen.<br />

(Quelle: Predigten des Herrn, Predigt 6)<br />

„All das überaus viele nützt dir nichts, sei es Geistiges o<strong>der</strong> Materielles,<br />

denn ob einer viel weiß o<strong>der</strong> viel hat, ist eines; wenn er davon nicht den<br />

vollkommen rechten Gebrauch macht, so bleibt die Seele dennoch<br />

gleichfort arm. Es genügt, dass Mich jemand über alles liebt und seinen<br />

Nächsten wie sich selbst, denn zu dem werde Ich kommen und werde<br />

Mich ihm Selbst offenbaren. Dann wird er durch das große Licht Meines<br />

Geistes, <strong>der</strong> da eins mit seiner Seele geworden ist, in alle Weisheit<br />

geleitet werden und wird dann Dinge erschauen und erkennen, von<br />

denen bis jetzt in keines Weltweisen Sinn je etwas gekommen ist.“<br />

(Himmelsgaben Bd. 3, S. 308,1-2)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

9<br />

Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum!<br />

Erhard Gaiduk<br />

Das „Reich Gottes“ wird im Neuen Testament<br />

namentlich 122 Mal erwähnt o<strong>der</strong> in seinem Wesen<br />

dargelegt. Jesus stand in Seinen Lehr- und Wan<strong>der</strong>jahren<br />

vor <strong>der</strong> nicht einfachen Aufgabe, den Menschen die innere<br />

Sphäre für einen Lebensbereich zu öffnen, <strong>der</strong> ihnen noch<br />

weitgehend fremd war. Es war die geistig ständig präsente<br />

Gegenwart des Reiches Gottes. Die meisten Israeliten<br />

erwarteten das Reich Gottes in erster Linie in Form einer<br />

Erhard Gaiduk<br />

ist Sozialtherapeut und<br />

lebt mit seiner Familie<br />

in Spanien.<br />

weltpolitischen Herrschaft Israels über die an<strong>der</strong>en Völker <strong>der</strong> Erde. Der<br />

„Messias/Erlöser“ wurde darum auch in einer entsprechenden Form als<br />

machtvoller Befreier vom Joch <strong>der</strong> römischen Besatzungsmacht und<br />

Fremdherrschaft erwartet. Wie wenig aber entsprach dann dieser einfache<br />

und demütige Wan<strong>der</strong>prediger – Jesus - diesen Erwartungen. Seine<br />

Mission und Sein Wirken spielte sich auf einer ganz an<strong>der</strong>en Ebene ab. Er<br />

war nicht gekommen, ein äußeres, weltliches Reich zu gründen (Mein<br />

Reich ist nicht von dieser Welt) – dies wäre für Ihn die leichtere Übung<br />

gewesen im Vergleich zu Seinem wirklichen Anliegen und Auftrag. Er<br />

hatte mit ganz an<strong>der</strong>en Feinden und Besatzungsmächten zu kämpfen und<br />

war gekommen, nicht nur ein Volk zu befreien, son<strong>der</strong>n eine ganze,<br />

gefallene Schöpfung! Er hatte nicht einen irdischen Machthaber zu<br />

entthronen, son<strong>der</strong>n den Beherrscher <strong>der</strong> gesamten Fallwelten – Satan, den<br />

Fürst <strong>der</strong> Finsternis! Diesen Kampf führte Er zuerst einmal 30 Jahre lang<br />

in Seiner eigenen Seele, bevor Er in die Öffentlichkeit trat, um letztlich<br />

alles was gebunden und geknechtet war in dieser Welt, aus den Banden <strong>der</strong><br />

Unwissenheit, Lieblosigkeit, des Hochmutes und <strong>der</strong> Verblendung zu<br />

befreien. Und dieser langwierige Kampf um jede einzelne Seele dauert bis<br />

heute an.<br />

„Aber obschon ihr besser seid im Glauben als die Juden, so habt ihr<br />

aber dennoch mit den Juden gleich einen völlig falschen Begriff vom<br />

Messias und seinem Reiche.<br />

Wohl wird <strong>der</strong> Messias ein neues Reich gründen auf dieser Erde, aber<br />

merke es wohl! - kein materielles unter Krone und Zepter, son<strong>der</strong>n ein<br />

Reich des Geistes, <strong>der</strong> Wahrheit, <strong>der</strong> rechten Freiheit aus <strong>der</strong> Wahrheit,<br />

unter <strong>der</strong> alleinigen Herrschaft <strong>der</strong> Liebe!“ (GEJ.1_62,4-5)<br />

Sein Kampf um unsere Seelen ist letztlich ein Kampf um den inneren<br />

Standpunkt eines jeden von uns. Wo sind wir im täglichen Leben mit<br />

unseren Gedanken, Worten und Taten verhaftet? An welche Realität, an


10 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

welche Wirklichkeit binden wir unsere Sinne? An die <strong>der</strong> äußeren,<br />

materiellen Welt mit ihrer ununterbrochenen Geschäftigkeit und<br />

Ablenkung, o<strong>der</strong> machen wir wenigstens den Versuch, auch die an<strong>der</strong>e, die<br />

innere Welt des Geistes von Zeit zu Zeit aufzusuchen? Wer sucht heute<br />

noch das Reich Gottes, und wissen wir überhaupt noch, dass es dieses<br />

Reich gibt und wo es zu finden ist? O<strong>der</strong> sind wir schon längst eingelullt<br />

vom Genuss- und Konsumleben dieser äußeren Welt, die unsere Seelen<br />

über tausend Sachzwänge und unaufschiebbare Notwendigkeiten im<br />

Würgegriff hält? Der Kampf um unsere Seelen spielt sich im Wesentlichen<br />

in diesem Spannungsfeld von Außen und Innen ab.<br />

„Denn ihr wisset, dass Mein Reich nicht von dieser Welt ist, son<strong>der</strong>n<br />

geschaffen werden muss durch die Erkenntnis und durch die Beachtung<br />

Meines Wortes im Innern des Menschen. Aber es ist die Erschaffung dieser<br />

inneren, geistigen Lebens- und Himmelswelt so lange hin stets eine<br />

schwierige Sache, solange an einem Menschen noch irgend etwas<br />

Weltsinnliches haftet.“ (GEJ.6_59,8)<br />

Für Jesus war die ständige Verbundenheit mit dem Urgrund des Lebens<br />

nach dreißig Jahren zur Selbstverständlichkeit geworden. Er war nahezu<br />

vollkommen Eins geworden mit dem Vater in sich (die vollkommene<br />

Verschmelzung fand erst nach <strong>der</strong> Auferstehung statt). Nun hatte Er sich<br />

also aufgemacht, auch den an<strong>der</strong>en Menschen von dieser inneren<br />

Verbundenheit, von diesem inneren geistigen Leben mit Gott und in Gott<br />

zu erzählen. Er versuchte mit viel Geduld geistigen Analphabeten das<br />

Lesen und Schreiben beizubringen. Er musste den Menschen vermitteln,<br />

dass sie nicht nur Sinne für das äußere, materielle Leben haben, son<strong>der</strong>n<br />

auch Aufnahmeorgane für ein inneres Leben, das von Gott ausgeht. Und<br />

dass diese innere Welt viel älter und realer war, als jedes materielle<br />

Universum. Und Er musste sie schließlich dahin führen, ihr geistiges Auge<br />

für dieses Reich zu öffnen, wo Gott alleine herrscht in Seiner vollkommenen<br />

Ordnung.<br />

In <strong>der</strong> Bibel lesen wir in stenografischer Kurzform von diesem<br />

Bemühen Jesu, das Reich Gottes unter den Menschen sichtbar werden zu<br />

lassen. In <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch J. <strong>Lorber</strong> haben wir dagegen eine sehr<br />

umfangreiche Darstellung dieser drei Jahre des Offenbarwerdens des<br />

Reiches Gottes unter den Menschen. Und doch scheint es oft so, als wäre<br />

den wenigsten Lesern diese Erkenntnis bisher gekommen, dass die<br />

Verkündung des Reiches Gottes unmittelbar mit dem Missionsauftrag, den<br />

Jesus Seinen Nachfolger erteilt hat, zusammenhängt.<br />

Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes<br />

komme, antwortete Er: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

11<br />

äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier<br />

ist es!, o<strong>der</strong>: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist schon mitten unter<br />

euch.“ bzw. in an<strong>der</strong>er Übersetzung: Denn das Reich Gottes ist inwendig<br />

in euch.“ (Lukas 17,20-21) Beide Übersetzungen sind richtig, wie wir noch<br />

sehen werden.<br />

„Wenn Ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe,<br />

dann ist doch das Reich Gottes schon zu euch gekommen.“ (Lukas 11,20)<br />

Das heißt, dass sich das Reich Gottes auch überall dort offenbart, wo<br />

ein Mensch nach den Verheißungen Jesu in <strong>der</strong> Vollmacht des Heiligen<br />

Geistes den Mächten <strong>der</strong> Finsternis entgegentritt. Dort, wo ein Mensch in<br />

<strong>der</strong> Kraft des Geistes die nie<strong>der</strong>en Gesetzmäßigkeiten unserer Materiewelt,<br />

durch die höheren Gesetzmäßigkeiten des Geistes Gottes ersetzt, offenbart<br />

sich eine an<strong>der</strong>e Welt, eben jene Welt in welcher dieser Geist regiert – das<br />

Reich Gottes. Wir sprechen dann staunend von Wun<strong>der</strong>n, weil wir das<br />

Wissen um dieses Reich und seine Macht IN UNS verloren haben.<br />

Jesus hat uns verheißen, dass wir im Glauben und durch die Macht des<br />

Heiligen Geistes die gleichen „Wun<strong>der</strong>“ vollbringen können wie Er. Ja, Er<br />

hat uns sogar ausdrücklich dazu autorisiert. Nun fragen Gläubige wie<br />

Ungläubige zu Recht: „Wo werden diese Verheißungen Wirklichkeit? Wo<br />

ist diese Autorität? Wo die Vollmacht des Geistes und wo sind die<br />

Resultate des Glaubens, wenn das alles stimmt?“ Ja, und hier müssen wir<br />

Gläubigen uns selbst fragen, warum unser Glaube in <strong>der</strong> Regel so schwach<br />

und kraftlos ist? Wo sind hier diese großen und wun<strong>der</strong>baren Dinge, die<br />

uns verheißen sind? So können auch wir fragen und an Gott zweifeln.<br />

Doch wir sollten vielmehr unser bisheriges Glaubensleben anzweifeln und<br />

fragen, inwieweit wir uns und unser Leben wirklich Gott ausgeliefert<br />

haben und alleine auf Seine Führung und Weisheit bauen.<br />

Haben wir Ihm wirklich alles übergeben o<strong>der</strong> halten wir Bereiche<br />

unseres Lebens zurück? Vertrauen wir unsere Zukunft den Systemen<br />

dieser Welt an und unsere Gesundheit den meist blinden Blindenführern?<br />

Erwarten wir Sicherheit von <strong>der</strong> Rentenversicherung, <strong>der</strong> Arbeitsstelle,<br />

unserem Bankguthaben, unsern Aktien, unserer Lebensversicherung usw.?<br />

Und wissen wir nicht all die Dinge in unserer „mo<strong>der</strong>nen Zeit“ besser –<br />

eben zeitgemäßer - zu beurteilen, als <strong>der</strong> sich immer wie<strong>der</strong> offenbarende,<br />

ewig existente Geist Gottes? Haben wir eine weltliche o<strong>der</strong> himmlische<br />

Lebensversicherung? O<strong>der</strong> glauben wir auf Nummer sicher zu gehen und<br />

beides zu besitzen? Aber lei<strong>der</strong> funktioniert das nach den Worten Jesu<br />

nicht, denn man kann nicht zwei verschiedenen Herren gleichzeitig<br />

dienen! Man kann nicht Freund Gottes sein und mit <strong>der</strong> Welt liebäugeln<br />

o<strong>der</strong> fremdgehen. Man kann auf seinem ängstlichen Egotrip nicht das


12 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Vorteilhafteste aus allen Breichen und Welten für sich abschöpfen.<br />

Haben wir überhaupt erkannt, dass es für die Erfüllung <strong>der</strong> geistigen<br />

Verheißungen auch geistige Vertragsbedingungen gibt? In <strong>der</strong> Bergpredigt<br />

sind uns diese Vertragsbedingungen genannt. Das Reich Gottes ist für uns<br />

so lange nicht ersichtlich, wie es uns an wirklichem Gottvertrauen,<br />

aktivem Glauben und an selbstloser Liebe fehlt. Und es bleibt auch so<br />

lange für uns verschlossen, solange wir unser Leben noch nach <strong>der</strong><br />

Meinung unserer Mitmenschen und <strong>der</strong> Welt ausrichten und solange wir<br />

nicht alleine vor Gott die Ehre und Anerkennung suchen, son<strong>der</strong>n bei den<br />

Menschen.<br />

Haschen wir nicht trotz unseres Glaubens ständig nach den weltlichen<br />

Vorteilen und nach Gewinnoptimierung in unserem zeitlichen Dasein?<br />

Hand aufs Herz, wer stellt sich schon demütig und ruhigen Herzens - im<br />

Wissen um seine Gotteskindschaft - ganz hinten in <strong>der</strong> Reihe an, wenn<br />

vorne die letzten Kartoffeln verkauft werden o<strong>der</strong> ein Schnäppchen winkt?<br />

Benehmen wir uns im Grunde nicht wie Bettler auf dem glitzernden<br />

Jahrmarkt <strong>der</strong> Welt, obwohl wir Königssöhne und Königstöchter sind?<br />

Warum sind wir trotz unseres Glaubens oft so kraft- und mutlos? Es ist,<br />

weil unser Glaube im Grunde nur eine Glaubensbereitschaft ist! Wir haben<br />

diesen Glauben meist unbewusst von den weltlichen Vorteilen und Dingen<br />

abhängig gemacht.<br />

Erst wenn <strong>der</strong> göttliche Geist durch die selbstlose Liebe und das<br />

Gottvertrauen in <strong>der</strong> Seele frei wird, eröffnet sich dem Menschen schon<br />

auf <strong>der</strong> Erde das Reich Gottes in seiner Macht und Herrlichkeit. Dann sind<br />

alle Ängste und die Knechtschaft an die materielle Welt durchbrochen, die<br />

Bande des geistigen Todes durchtrennt. Dann bewahrheitet sich das Wort<br />

Jesu, dass <strong>der</strong>jenige das Reich Gottes sehen kann, <strong>der</strong> im Geist<br />

wie<strong>der</strong>geboren ist. Jesus meinte hier nicht das Sehen des geistigen Reiches<br />

wenn wir einmal gestorben sind, son<strong>der</strong>n dass sich dieses Reich Gottes<br />

dem geistdurchdrungenen Menschen ganz konkret schon hier auf <strong>der</strong> Erde<br />

offenbart.<br />

Dieses Reich ist also nicht irgendwo in einer zukünftigen Welt zu<br />

suchen, son<strong>der</strong>n das Reich Gottes ist in uns und unsichtbar um uns herum.<br />

Doch es kommt nicht durch äußeres Schaugepränge in unser Gesichtsfeld<br />

wie Jesus sagte, son<strong>der</strong>n es offenbart sich nur dem Auge eines<br />

durchgeistigten Herzens. Erst wenn unser Inneres durch die Liebe zum<br />

Vater-Gott und zu allen Menschen und allem Leben unser Herz in die<br />

gleiche Liebesschwingungsfrequenz erhoben hat, in welcher auch Sein<br />

Reich <strong>der</strong> Liebe besteht, wird es uns wie Schuppen von den Augen fallen.<br />

Wir werden am gleichen Ort, wo wir bisher nur blind mit unseren äußeren


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

13<br />

Leibesaugen geschaut haben, plötzlich eine neue Welt entdecken, welche<br />

diese grobstoffliche Schöpfung schon immer durchdrungen hat. Dann<br />

atmet und tönt es ganz an<strong>der</strong>s in unserem Leben und wir sehen das Leben<br />

zum ersten Mal so, wie es wirklich ist. Jetzt sehen wir nur den Schatten <strong>der</strong><br />

Wirklichkeit. So öffnet sich das Reich Gottes aus dem Herzen eines<br />

Menschen und wird dem geistigen Auge des in und durch die Liebe<br />

Wie<strong>der</strong>geborenen schon auf <strong>der</strong> Erde in Macht und Herrlichkeit sichtbar.<br />

(Raphael): „Wenn du vollkommen in des Herrn Willen wirst eingegangen<br />

sein und wirst ganz durchdrungen sein von Seinem Geiste, so wirst<br />

du das wie am hellsten Tage auch schauen im Reiche Gottes in dir, was du<br />

nun gleichwohl noch ganz trübe schaust mit den Augen deines Leibes.<br />

Siehe und begreife: Alles, was du nun schaust in aller Welt, stellt ja das<br />

Wesenhafte des Reiches Gottes dar! Du musst dir nicht denken, dass das<br />

Reich Gottes irgendwo beson<strong>der</strong>s sei. Das Reich Gottes ist überall in <strong>der</strong><br />

ganzen ewigen Unendlichkeit, und <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> dessen inne wird aus<br />

dem Geiste des Herrn, <strong>der</strong> hat das Reich Gottes auch in sich und befindet<br />

sich, wo er auch immer sein und weilen und handeln mag - ob noch in<br />

seinem Leibe o<strong>der</strong> als Geistmensch in seiner puren Seele -, überall im<br />

Reiche Gottes und dessen vollster Wesenhaftigkeit.<br />

Du bist nun noch in deinem Leibe und ich in meiner lautern<br />

Geistmenschwesenheit, und wir beide befinden uns völlig in ein und<br />

demselben wesenhaften Reiche Gottes. Der ganz kleine Unterschied<br />

besteht darin, dass ich dessen vollkommen für ewig in mir klarst inne bin,<br />

du aber noch unvollkommen, darum du denn alle die lange schon seligen<br />

reinen Geistbrü<strong>der</strong> und -schwestern nicht sehen kannst außer in einem<br />

hellen Traum; wenn du aber noch vollkommener wirst denn nun, dann<br />

werden sie nicht verdeckt sein vor deinen Augen.<br />

Dass du nun mich sehen kannst, rührt ja schon auch daher, weil dein<br />

Geist schon insoweit in dir erwacht ist, dass er aus einer Ferne in dem<br />

Gottmenschen Jesus aus Nazareth den allein wahren, ewigen Geist Gottes<br />

erkannt hat; ohnedem könntest du mich eben nicht so leicht sehen und<br />

sprechen! Verstehst du nun das Wesenhafte des Reiches Gottes?<br />

Sagte, ganz erstaunt über die klare Weisheit Raphaels, <strong>der</strong> Arzt: „O du<br />

herrlicher, unsterblicher Freund und Bru<strong>der</strong>! Du hast mir nun eine<br />

gewaltige Binde von meinen Augen hinweggetan! Das sieht <strong>der</strong> Mensch<br />

denn doch allzeit am schlechtesten, was ihm ganz knapp vor die Augen<br />

gestellt wird. Ich suchte wahrlich das, was ich in <strong>der</strong> Hand<br />

hielt.“ (GEJ.9_173-7-11)<br />

Genau das erlebt ein je<strong>der</strong> Mensch, dem sich plötzlich das Reich Gottes<br />

auftut. Er ist erstaunt, dass es die ganze Zeit schon da war, wonach er


14 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

gesucht hat. Das Gewahrwerden des Reiches Gottes erlebte auch <strong>der</strong> erste<br />

Märtyrer Stephanus, als er im Sterben mit hell erleuchtetem Antlitz<br />

ausrief: „Ich sehe den Himmel offen!“ Ihm hatte sich durch seine Liebe zu<br />

Jesus und den Menschen das innere, geistige Auge in einem Augenblick<br />

geöffnet und das Reich Gottes wurde so für ihn sichtbar.<br />

„Selig werden nur diejenigen werden, die sich an Mir nicht ärgern und<br />

glauben, dass Ich <strong>der</strong> verheißene Messias bin! Ich aber bin nicht<br />

gekommen, um den Juden abermals ein irdisches und vergängliches Reich<br />

zu gründen, son<strong>der</strong>n ein geistiges in <strong>der</strong> Liebe zu Gott und zum Nächsten<br />

und somit ein Reich des Lichtes und aller Wahrheit aus Gott, ohne Lüge<br />

und ohne Trug.“ (GEJ.8_85-25)<br />

Jesus kam, um die Herzen <strong>der</strong> Menschen wie<strong>der</strong> für die Liebe zu Gott<br />

und Seine Lebensordnung zu entzünden und ihnen so das Reich Gottes zu<br />

offenbaren. Halten wir einmal einen Moment inne und werden uns<br />

bewusst: das Reich Gottes ist in mir und um mich herum, in diesem<br />

Augenblick. Es ist immer gegenwärtig und wartet nur darauf, dass wir<br />

ganz eintreten in dieses Reich <strong>der</strong> Liebe und Wahrheit. Wir sollen uns in<br />

die Mitte, ins Zentrum dieses alles segnenden Kraftstromes stellen und<br />

nicht ungläubig und zaghaft an <strong>der</strong> Peripherie des Glaubens stehen bleiben<br />

und hoffen, dass uns einige Krümel vom Tische <strong>der</strong> Gnade Gottes zufallen<br />

mögen. Nein, wir sind keine Knechte mehr, son<strong>der</strong>n Erben Seines Reiches!<br />

Dafür war <strong>der</strong> Christus unermüdlich durch ganz Israel gezogen, um die<br />

Knechte <strong>der</strong> Sünde und Materiegebundenheit wie<strong>der</strong> zu freien Kin<strong>der</strong>n des<br />

Geistes Gottes zu machen. Diese hohe Berufung unvertilgbar in unsere<br />

Herzen zu pflanzen und uns voranzugehen, dieses Erbe anzutreten, dazu<br />

war Er auf unsere Erde gekommen. Er hatte den physischen, so wie auch<br />

den seelisch-geistigen Tod vollkommen besiegt!<br />

Diese Verkündung des Auferstandenen und das Bewusstmachen des<br />

gegenwärtigen Reiches Gottes war darum untrennbarer Inhalt <strong>der</strong> ersten<br />

Verkündung von <strong>der</strong> „Frohen Botschaft“! Die Knechtschaft und<br />

Gebundenheit an die Fallwelten hatte nun ein Ende. Der auferstandene<br />

Christus belehrte Seine Jünger noch vierzig Tage lang und führte sie in die<br />

Geheimnisse des durch Ihn sichtbar gewordenen Reiches Gottes ein. So<br />

erschien Er vielen hun<strong>der</strong>ten von Menschen nach Seiner Auferstehung und<br />

bezeugte ihnen den Beginn und die Geburtsstunde einer neuen Zeit und<br />

geistigen Epoche. Darum ist es auch ganz richtig, dass wir mit <strong>der</strong> Geburt<br />

Jesu eine neue Zeitberechnung beginnen.<br />

„Ihnen hat Er nach Seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass<br />

Er lebt; vierzig Tage hindurch ist Er ihnen erschienen und hat vom<br />

Reich Gottes gesprochen.“ (Apg 1,3)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

15<br />

Was Er ihnen hier alles offenbart hat vom Reich Gottes, ist uns lei<strong>der</strong><br />

nicht übermittelt worden. Es wäre sicher eine <strong>der</strong> kostbarsten Perlen<br />

göttlicher Offenbarungen für das Verständnis des geistigen Lebens<br />

überhaupt. Wir erfahren aus <strong>der</strong> Apostelgeschichte und den Apostelbriefen<br />

jedoch das weitere Geschehen im Leben und Vorgehen <strong>der</strong> Jünger Jesu,<br />

bei <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong> „Frohen Botschaft“.<br />

„Als sie jedoch dem Philippus Glauben schenkten, <strong>der</strong> das Evangelium<br />

vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, ließen sie<br />

sich taufen, Männer und Frauen.“ (Apg 8,12)<br />

Zwei Dinge wurden von den ersten Christen den Menschen verkündet:<br />

Das Reich Gottes und <strong>der</strong> auferstandene Messias Jesus Christus! Das<br />

Reich Gottes in seiner Natur und Beschaffenheit war also ein wesentlicher<br />

Bestandteil <strong>der</strong> Erweckungspredigten <strong>der</strong> ersten Jünger. Über das Wirken<br />

des Paulus in Ephesus lesen wir in <strong>der</strong> Apostelgeschichte 19,8. „Er ging in<br />

die Synagoge und lehrte drei Monate lang freimütig und suchte sie vom<br />

Reich Gottes zu überzeugen.“<br />

Er versuchte sie von etwas zu überzeugen, das um sie herum und in<br />

ihnen veranlagt war und das sie durch die Augen des Glaubens erblicken<br />

konnten, wenn sie nur wollten. Ein Reich, das je<strong>der</strong>zeit jedem bis in den<br />

höchsten Himmel offen steht, <strong>der</strong> den Weg beschreitet, welchen Jesus<br />

durch Sein Leben, Seine Lehre, durch Seinen Tod und durch Seine<br />

Auferstehung vorgezeichnet und besiegelt hat! Der Erlöser hatte die Tore<br />

zum Reich Gottes weit aufgestoßen und war als erster in eine ganz neue<br />

geistige Dimension des Lebens zwischen Gott und Mensch eingetreten. In<br />

eine intimste und liebevollste Vater-Sohnbeziehung. Ein neuer Himmel<br />

war entstanden, in welchem <strong>der</strong> unschaubare, unbegreifliche und ferne<br />

Gott, Seinen Kin<strong>der</strong>n sichtbar als ein Vater gegenübertrat. In welcher<br />

Gestalt? In Gestalt des auferstandenen Christus, <strong>der</strong> in einer<br />

vollkommenen Verschmelzung mit Seinem inneren Vatergeist, jegliches<br />

son<strong>der</strong>heitliche Dasein neben Gott aufgegeben und vollkommen Eins mit<br />

Ihm geworden war. Dies bezeichnete Er vor in den Worten: „Wer Mich<br />

sieht, <strong>der</strong> sieht den Vater“ und „Ich und <strong>der</strong> Vater sind Eins!“<br />

Betrachten wir nun zwei Bibelstellen mit Fragezeichen.<br />

Und Jesus sagte zu ihnen: „Amen, ich sage euch: Von denen, die hier<br />

stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie gesehen haben, dass<br />

das Reich Gottes in Macht gekommen ist.“ (Markus 9,1)<br />

„Wahrhaftig, das sage ich euch: Von denen, die hier stehen, werden<br />

einige den Tod nicht erleiden, bis sie das Reich Gottes gesehen<br />

haben.“ (Lukas 9,27)<br />

Diese Stellen wurden oft für die Unglaubwürdigkeit <strong>der</strong> Bibel


16 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

herangezogen, da das Reich Gottes nach menschlichem Verständnis ja<br />

nicht in Erscheinung getreten war. Jesus war gekreuzigt worden und Seine<br />

Anhänger wurden verfolgt und verachtet. Einer nach dem an<strong>der</strong>en starb<br />

dahin und von einem Reich Gottes in Macht war auch bei bestem<br />

Augenlicht am fernen Horizont nichts zu sehen. Doch mit <strong>der</strong> rechten<br />

Erkenntnis über das wirkliche Wesen des Reiches Gottes lassen sich diese<br />

Aussagen nun spielend einordnen. Jesus sprach hier von <strong>der</strong> geistigen<br />

Reife, welche einige <strong>der</strong> um Ihn stehenden Menschen noch vor ihrem<br />

irdischen Tod erlangen würden. Er sprach von einem Bewusstseinzustand<br />

und einer Lebensvollendung, welche sie zur geistigen Schauung des immer<br />

gegenwärtigen Reiches Gottes befähigen würde.<br />

Die Bergpredigt im Matthäusevangelium ist in vielen Teilen eine<br />

wun<strong>der</strong>bare Darstellung des aktiven Lebens im Reich Gottes. Es wird uns<br />

hier <strong>der</strong> vollkommene Glaube und das vollkommene Vertrauen auf die<br />

Umsorgung eines liebevollen Vatergottes ans Herz gelegt. Jesus sagt uns<br />

in dieser Seiner Predigt an das gesamte Volk sinngemäß: „Schaut auf<br />

Mich! Auch ihr seid berufen, Söhne und Töchter des Allerhöchsten zu sein<br />

und ihr könnt die gleichen Werke und Wun<strong>der</strong> tun, die Ich vor euren<br />

Augen vollbracht habe. Glaubt es doch, ihr seid schon Söhne und Töchter<br />

des Höchsten allzumal! Ergreift diesen Glauben mit aktiver Gewissheit<br />

und zweifelt nicht an eurer Bestimmung und Berufung und an Meinem<br />

Wort! Was euch daran hin<strong>der</strong>t euer Erbe anzutreten und die Verheißungen<br />

offenbar werden zu lassen, ist euer Zweifel, eure Ängste, eure<br />

Kleingläubigkeit. Ich kann euch nicht in das Reich Gottes hineinzwingen<br />

und Ich kann euch das Reich Gottes nicht überstülpen, ihr müsst es selbst<br />

ergreifen! Den Weg nur kann ich euch weisen und als ein lebendiges<br />

Beispiel vorangehen.“<br />

Anstatt aber Jesus auf diesem Weg tatkräftig und lebendig<br />

nachzufolgen, erschöpfen wir uns heute in Seiner Anbetung und nehmen<br />

schon wie<strong>der</strong> eine alttestamentliche Haltung <strong>der</strong> Knechtschaft Gott<br />

gegenüber ein.<br />

„Du hast ganz recht, so du nun sagst, dass das Reich Gottes in Mir zu<br />

euch gekommen ist und sich bei euch und in eurer Mitte befindet; aber das<br />

genügt noch nicht zur Erreichung und vollen Erhaltung des ewigen Lebens<br />

<strong>der</strong> Seele, weil das Reich Gottes in Mir wohl zu euch gekommen, aber<br />

darum noch nicht in euer Inneres gedrungen ist, was erst dann geschehen<br />

kann und wird, wenn ihr ohne alle Rücksicht auf die Welt Meine Lehre<br />

ganz in euren Willen und somit auch in die volle Tätigkeit aufgenommen<br />

habt. Wenn das einmal <strong>der</strong> Fall sein wird, dann werdet ihr nicht mehr<br />

sagen: „Christus, und mit Ihm das Reich Gottes, ist zu uns gekommen und


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

17<br />

wohnt bei und unter uns!“, son<strong>der</strong>n ihr werdet sagen: „Nun lebe nicht<br />

mehr ich, son<strong>der</strong>n Christus lebt in mir!“ Wenn das bei euch <strong>der</strong> Fall sein<br />

wird, dann auch werdet ihr das in <strong>der</strong> Fülle lebendig begreifen, wie das<br />

Reich Gottes nicht mit äußerem Schaugepränge zu und in den Menschen<br />

kommt, son<strong>der</strong>n sich nur inwendig im Menschen entfaltet und die Seele in<br />

sein ewiges Leben zieht, festigt und erhält.<br />

Es muss zwar dem Menschen zuvor von außen her <strong>der</strong> Weg gezeigt<br />

werden durch das Gotteswort, das da kommt aus den Himmeln zum<br />

Menschen, und wo man sagen kann: „Der Friede sei mit dir; denn das<br />

Reich Gottes ist nahe zu dir gekommen!“ Aber darum ist <strong>der</strong> Mensch noch<br />

nicht im Gottesreiche, und das Reich Gottes ist nicht in ihm.<br />

Aber so <strong>der</strong> Mensch ungezweifelt zu glauben anfängt und durch sein<br />

Tun nach <strong>der</strong> Lehre den Glauben lebendig macht, dann erst entfaltet<br />

sich das Reich Gottes also im Menschen, wie sich im Frühjahre das<br />

Leben in <strong>der</strong> Pflanze sichtlich von innen aus zu entfalten anfängt, wenn die<br />

Pflanze von dem Lichte <strong>der</strong> Sonne beschienen und erwärmt und dadurch<br />

zur inneren Tätigkeit genötigt wird.<br />

Alles Leben wird wohl wie von außen her angeregt und geweckt, aber<br />

die Entstehung, Entwicklung, Entfaltung, Formung und Festigung geht<br />

dann immer von innen aus.<br />

Also müssen auch Tiere und Menschen die Nahrung zuerst von außen<br />

her in sich aufnehmen; aber dieses Aufnehmen <strong>der</strong> Speise und des Trankes<br />

ist noch lange nicht die wahre Ernährung des Leibes, son<strong>der</strong>n diese geht<br />

erst dann vom Magen in alle Teile des Leibes aus. Wie aber gewisserart<br />

<strong>der</strong> Magen das Lebensnährherz des Leibes ist, also ist auch das Herz im<br />

Menschen <strong>der</strong> Nährmagen <strong>der</strong> Seele zur Erweckung des Geistes aus Gott<br />

in ihr, und Meine Lehre ist die wahre Lebensspeise und <strong>der</strong> wahre<br />

Lebenstrank für den Magen <strong>der</strong> Seele.<br />

Und so bin Ich denn in Meiner Lehre an die Menschen ein wahres<br />

Lebensnährbrot aus den Himmeln, und das Tun nach ihr ist ein wahrer<br />

Lebenstrank, ein bester und kräftigster Wein, <strong>der</strong> durch seinen Geist den<br />

ganzen Menschen belebt und durch die hellst auflo<strong>der</strong>nde<br />

Liebesfeuerflamme durch und durch erleuchtet. Wer dieses Brot isst und<br />

diesen Wein trinkt, <strong>der</strong> wird keinen Tod mehr sehen, fühlen und schmecken<br />

in Ewigkeit.“ (GEJ.9_72,9-14)<br />

Nur wenn wir den Mut haben, uns voller Gottvertauen in dieses in <strong>der</strong><br />

Bergpredigt beschriebene Zentrum des Glaubens, und somit in den<br />

Lebensstrom des Lichtes und <strong>der</strong> Liebe zu stellen, und unser an<br />

Scheinsicherheiten gewöhntes Leben von seinen Angstfesseln befreien,<br />

können sich die Verheißungen Gottes an uns erfüllen. Jesus ruft uns in <strong>der</strong>


18 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Bergpredigt immer wie<strong>der</strong> auf, uns aus <strong>der</strong> Peripherie unseres zaghaften<br />

Glaubenslebens in das Zentrum dieses göttlichen Kraft- und<br />

Lebensstromes zu begeben, um alle Segnungen des Reiches Gottes aus<br />

Seinen Vaterhänden zu empfangen. Der Segen Gottes ist ja ständig da, wir<br />

müssen nur mutig durch den Glauben unsere Kindschaft und das Erbe<br />

annehmen, um Seine Segnungen auch empfangen zu können. Es liegt nicht<br />

an Gott, dass sich Seine Verheißungen und Segnungen so wenig in<br />

unserem Leben offenbaren, son<strong>der</strong>n an unserer Zaghaftigkeit. Ja, oft ist<br />

sogar das zu viele Wissen Schuld an unserer Misere. Wir bewegen uns<br />

verkopft im Wissen und haben doch kein wirkliches Leben in uns. Darum<br />

ist es besser wenig zu wissen, aber dieses Wenige zu tun und zu<br />

verwirklichen, als vor lauter Vielwisserei handlungsunfähig zu werden<br />

o<strong>der</strong> seine Energie in sinnlosen Wortgefechten, Diskussionen und<br />

Streitigkeiten über die Wahrheit zu vergeuden. Jesus sagt uns sogar, dass<br />

wir selbst mit Seinem neuen Wort unserem Geist noch ein Grab schaufeln<br />

und ihn zu Tode lesen können.<br />

„Darum seid nicht eitle Hörer/Leser, son<strong>der</strong>n Täter des Wortes; denn<br />

nur als Täter löscht ihr Meinen Durst mit dem lebendigen Liebewasser,<br />

sonst aber reicht ihr Mir allzeit Essig und Galle!“ (Schrifttexterklärung 5,26)<br />

(Jesus:) Wenn nun ein Mensch (durch die Liebe) in alle diese Weisheit<br />

gelangt, wie Ich euch nun mehrere Tage hindurch in einem fort gepredigt<br />

und tatsächlich gezeigt habe, saget Mir, ob wohl etwa das die Schuld war,<br />

weil <strong>der</strong> Mensch etwa jegliches Meiner an euch ergangenen Worte von<br />

Häkchen zu Häkchen genau und unverän<strong>der</strong>t überkommen hatte! O nein!<br />

Ihm kam nichts zu Ohren als bloß die beiden Gesetze <strong>der</strong> Liebe; die<br />

genaue, gewissenhafte und tatsächliche Beachtung <strong>der</strong>selben nur hat ihm<br />

alles an<strong>der</strong>e erworben!<br />

Da sind nun welche unter euch, die da bei sich, trotzdem Ich euch die<br />

Sache doch gewiß sehr handgreiflich klar dargestellt habe, fragen und<br />

sagen: „Ja, wie möglich kann denn die tatsächliche Beachtung <strong>der</strong> beiden<br />

Gebote die Seele zu einer solchen Weisheitshöhe erheben?“ Und Ich sage<br />

es euch: Darum, weil die Seele schon von Anbeginn an also eingerichtet<br />

ist! (GEJ.5_123,3-4)<br />

Gott hat uns also so eingerichtet, dass wir auf dem Weg <strong>der</strong><br />

Liebetätigkeit am schnellsten und sichersten zum Ziel gelangen. Alle<br />

an<strong>der</strong>en Wege sind darum Wege des Eigendünkels und oft auch des<br />

Hochmutes!!! Auf denen wir glauben, es besser zu wissen, was für uns<br />

richtig ist, als Gott.<br />

Das, was die meisten durch das viele Lesen und Wissen zu erreichen<br />

suchen, bleibt ihnen gerade darum verwehrt, weil sie dadurch nur zu oft


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

19<br />

den Kontakt zum Boden verlieren. Aus diesem Grund ist die<br />

Missionstätigkeit für das Reich Gottes auch so wichtig, sie ist ein<br />

Regulator, damit wir nicht durch das bloße Lesen abheben und meinen,<br />

dass sich hierdurch schon wirklich etwas in <strong>der</strong> Seele verän<strong>der</strong>n würde.<br />

Solange wir nur Lesen, ist alles was wir da aufnehmen noch fremdes Gut,<br />

das uns zwar geistig zu erheben vermag, jedoch unseren alten Menschen<br />

nicht wirklich erneuert. Hören wir dann für eine Zeit auf zu lesen, finden<br />

wir uns relativ schnell als Verlorene in den Nie<strong>der</strong>ungen des Lebens<br />

wie<strong>der</strong>. So greifen wir wie<strong>der</strong> zu den Büchern, um irgendwie Geistigkeit<br />

zu atmen und erneut das Leben zu spüren. Sicher, das Lesen im Wort<br />

Gottes ist Nahrung für die Seele, doch wenn wir es nur dazu benutzen, um<br />

uns wohl zu fühlen, dann haben wir den Sinn des Wortes Gottes und <strong>der</strong><br />

Lehre Jesu nicht verstanden. Es will uns zur Tätigkeit anleiten! Das<br />

Problem, das sich mit <strong>der</strong> Zeit beim „Nur-Lesen“ ergibt ist, dass wir<br />

immer weniger bereit und fähig sind, uns auch in den Nie<strong>der</strong>ungen des<br />

alltäglichen Lebens mit seinen vielfältigen Aufgaben zu bewegen. Doch<br />

gerade <strong>der</strong> sogenannte Alltag ist ja gerade das Feld, auf welchem wir die<br />

Lehre Jesu auch in die Tätigkeit umsetzen können. Hier findet <strong>der</strong><br />

göttliche Unterricht statt! Doch es ist uns dann oft so ungemein<br />

schwerfällig hier unten, gerade mit unseren „lieben Mitmenschen“. Wie<br />

klar und einfach war es da doch mit dem Buch in <strong>der</strong> Hand. All die<br />

lichtvollen Wahrheiten und Offenbarungen <strong>der</strong> Liebe Gottes zu uns, das ist<br />

Labsal für die Seele. Ja, hier ist gut sein, so denken und fühlen wir! Aber<br />

lei<strong>der</strong> ist es nur geliehenes Glück, ein fremdes geistiges Leben und lei<strong>der</strong><br />

noch nicht unser eigenes Leben, unsere eigene Liebe die sich hier<br />

offenbart! Es ist alles nur angelesen und „für einen Moment mitgefühlt“.<br />

Gesellt sich dann über das viele Lesen auch noch <strong>der</strong> Hochmut dazu, denn<br />

man hat ja nun einiges verstanden, dann reift hier mehr und mehr <strong>der</strong><br />

unerträgliche Prototyp des fanatischen Besserwissers o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kalte<br />

Verstandesakrobat heran, <strong>der</strong> seinen Mitmenschen eher eine Last, als ein<br />

Gewinn ist. Er lässt selten etwas an<strong>der</strong>es gelten, als seine Wahrheit und ist<br />

unfähig einmal einen an<strong>der</strong>en Standpunkt zu betrachten o<strong>der</strong> in sich<br />

aufzunehmen.<br />

Doch wie kann ich diesen vielen Fallen und gelegten Schlingen<br />

entgehen, die sich auf meinem Pilgerweg befinden? Es gibt nur einen<br />

wirklich fruchtbaren Ansatz mit dem Problem umzugehen! Weg von <strong>der</strong><br />

Selbstumkreisung und geistigen Selbstbefriedigung, hin zur Tätigkeit im<br />

Weinberg Gottes. Alleine das praktizierte, lebendige Glaubensleben aus<br />

Liebe zu Gott und zum Menschen, kann uns überhaupt ein Gefühl dafür<br />

vermitteln, was Jesus mit Seiner Lehre eigentlich meinte und was Er


20 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

tagtäglich Selbst praktiziert und gelebt hat. Erst dann wird alles das, was<br />

wir theoretisch über das geschriebene Wort in uns aufgenommen haben,<br />

langsam lebendig werden und zu unserem Eigentum, zu unserem eigenen<br />

Leben aus dem Herzen <strong>der</strong> Liebe. Wir langjährigen Leser haben wahrlich<br />

genug gelesen und sollten uns nun einmal auf das Tun konzentrieren. Dem<br />

lebendigen, gegenwärtigen Christus werden wir nur dann begegnen, wenn<br />

wir jene aufsuchen, bei denen Er sich am liebsten aufgehalten hat und noch<br />

immer aufhält, bei den Hilfebedürftigen, den Schwachen im Geiste und bei<br />

den Verlorenen und Sün<strong>der</strong>n. Hier wird sich erst zeigen, was unser<br />

Leseglaube wert ist, denn hier können wir mit all unseren Erkenntnissen<br />

und Weisheiten oft nicht viel anfangen und weiterkommen, umso mehr<br />

jedoch mit unserer Liebe.<br />

Der christliche Glaube und die christliche Glaubensgemeinschaft o<strong>der</strong><br />

auch eine Kirche wird in dem Moment sterben und vertrocknen, wo er/sie<br />

sich nur noch selbst umkreist und den Sinn ihres Daseins aus den Augen<br />

verloren hat, nämlich die Pflege und das Wachstum als eine<br />

„Gemeinschaft von Liebenden“, welche mit einem Missionsauftrag<br />

bedacht sind. Die Nachfolge Jesu ohne ein Hinaustreten in die Welt (das<br />

können schon die nächsten Nachbarn sein), ist nicht lebensfähig, da diese<br />

aus <strong>der</strong> Liebe angetriebene Bewegung – die Seelenarbeit am Nächsten -,<br />

die unermüdliche Antriebskraft des Lebens Jesu war.<br />

Doch Vorsicht, auch hier kann man den gleichen Fehler machen wie<br />

beim „Nur-Einatmen“, beim nur nach innen gehen. Auch das „Nur-<br />

Ausatmen“ führt zur geistigen Atemnot! Es ist lebensnotwendig für unsere<br />

Seele ein- und auszuatmen. Das Einatmen entspricht dem kontemplativen<br />

Weg nach Innen, das Ausatmen dem Tun, <strong>der</strong> Tätigkeit. O<strong>der</strong>, das<br />

Einatmen entspricht dem Aufnehmen des Wortes Gottes und <strong>der</strong> inneren<br />

Verwandlung durch praktiziertes Gebet und Meditation und das Ausatmen<br />

entspricht <strong>der</strong> äußeren Verwandlung im Liebehandeln nach <strong>der</strong> Lehre Jesu<br />

und <strong>der</strong> Verkündung des Reiches Gottes und des Erlösungsangebotes in<br />

Jesus Christus.<br />

Wirkliches beständiges geistiges Leben gebiert sich immer aus diesen<br />

zwei Antriebskräften <strong>der</strong> Nachfolge Jesu, wobei wir als Leser eher dazu<br />

neigen, alles bis auf das Kleinste zu durchleuchten, um dann abzuwägen,<br />

ob es in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Situation sinnvoll und gottgewollt ist, mal<br />

über den eigenen Tellerrand hinauszugehen. Aber auch hier hat Jesus einen<br />

Rat für uns.<br />

„In <strong>der</strong> großen Ordnung Gottes sind auch solche Wesen nötig, die<br />

ohne viel Nachdenken sich gleich über eine Sache hermachen, ob sie<br />

<strong>der</strong>selben gewachsen sind o<strong>der</strong> nicht. Das bewirkt, dass dann auch an<strong>der</strong>e


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

21<br />

angeeifert werden, auch etwas zu tun, und oft viel klüger als <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

ohne viel Überlegung den Anfang machte!<br />

Die gar zu Weisen sind nicht selten zu mückenfängerisch. Sie getrauen<br />

sich oft aus lauter Tiefsinn nicht, eine Sache anzugreifen, solange nicht<br />

alle ihre Weisheitsgründe für eine Sache ganz auf ein Haar passen.<br />

Und so müssen auch Martins sein, die weniger Weisheit, aber dafür<br />

einen großen Tateifer in sich tragen, <strong>der</strong> oft besser ist als zu viel<br />

Weisheit.“ (Bischof Martin 114,4)<br />

„Merket ihr nun, was Ich euch mit dieser Meiner Lehre für einen ganz<br />

an<strong>der</strong>n Weg zeigen will, auf dem man in <strong>der</strong> kürzesten Zeit, so man es nur<br />

recht will, sich in alle Weisheit <strong>der</strong> Himmel versetzen kann?!<br />

Dieser Weg (und diese Lehre) bin Ich, und die Wahrheit und das Leben.<br />

Wer Mich wahrhaft liebend in seine Seele aufgenommen hat, aber nicht<br />

nur gläubig bloß dem vernommenen Worte nach, son<strong>der</strong>n vollkommen<br />

<strong>der</strong> Tat nach, zu dem werde Ich allzeit im Geiste kommen und werde Mich<br />

ihm offenbaren und werde ihn erleuchten wie eine hell aufgehende Sonne<br />

die früher finsteren Gefilde <strong>der</strong> Erde.<br />

Mit einem innern geistigen Blicke wird er mehr vom tiefsten Grunde<br />

aus kennen lernen denn durchs Lesen in zehnmal hun<strong>der</strong>ttausend<br />

Jahren, so es einem Menschen gegeben wäre, so lange zu leben.<br />

Ihr selbst habt nun seit mehreren Tagen, die Ich stets lehrend und<br />

handelnd unter euch zugebracht habe, doch so manches vernommen und<br />

gesehen, und es sind eure Seelen dadurch sehr geweckt worden, und in<br />

eure Herzen ist Liebe, Glaube und volles Vertrauen eingezogen; aber so<br />

ihr es bei dem allein bewenden ließet, da hättet ihr fürwahr noch wenig<br />

Nutzen für eure Seelen, und euer Erkennen und Wissen würde bei dem,<br />

was ihr nun habt, verbleiben.<br />

Ihr müsset von nun an erst selbsttätig werden nach Meiner Lehre,<br />

dann wird eure Seele lebendiger und lichtvoller werden und dann erst wird<br />

Mein Geist in euren Seelen Wohnung nehmen und wird euch leiten in<br />

alle Weisheit.<br />

Darin also bestehet die neue Schule des wahren Lebens und die allein<br />

wahren Erkenntnisse Gottes und seiner selbst, und darum heißt Meine<br />

Lehre ein wahres Evangelium, weil sie die Menschen lehret gehen auf<br />

dem allein rechten und wahren Wege zur Erreichung des wahren,<br />

ewigen Lebens und zur Erreichung <strong>der</strong> einzigen, wahren Liebe und<br />

Weisheit aus Gott. (GEJ.5_124,6-15)<br />

Ein je<strong>der</strong> Weg bietet sich unseren Füßen an, dass wir auf ihm gehen<br />

sollen. Erst wenn wir unsere Füße in Bewegung setzen, kommen wir auch<br />

auf dem geistigen Weg zur Wahrheit und zum Leben.


22 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Die Geschichte von den zwei Spuren im Sand, wo <strong>der</strong> Mensch dann<br />

von Jesus getragen wird, wenn es ihm zu schwer wird auf dem Pilgerweg,<br />

entspricht nicht <strong>der</strong> Wirklichkeit des menschlichen Lebens, son<strong>der</strong>n ist das<br />

romantische Wunschdenken des natürlichen Menschen. Jesus trägt uns<br />

nicht über Hin<strong>der</strong>nisse o<strong>der</strong> schwere Zeiten hinweg.<br />

„Ich aber bin ein rechter Lehrer und Führer und trage Meine Jünger<br />

nicht über alle noch so schroffen, und holperichten Wege und Fußsteige<br />

auf den Händen, son<strong>der</strong>n lasse sie selbst gehen, auf dass sie stark werden,<br />

ohne Anstoß für<strong>der</strong>hin zu wandeln auf allen noch so knorrigen Wegen.<br />

Stellt sich aber jemandem auf irgendeinem Wege ein gar zu großes<br />

Hin<strong>der</strong>nis entgegen, da werde dann schon Ich ihm ein Licht und eine Kraft<br />

geben zur sicheren Besiegung auch solch eines großen Hin<strong>der</strong>nisses. Aber<br />

vor allem muss ein je<strong>der</strong> Mensch selbst so viel tun, als in seinen Kräften<br />

liegt; was darüber not tut, wird ihm gegeben werden zur rechten<br />

Zeit.“ (GEJ.6_52,12-13)<br />

Selbsttätig werden ist <strong>der</strong> Rat Jesu!!! Warten wir auf keine persönliche<br />

Einladung, sie wird nicht kommen. Warten wir auf keine beson<strong>der</strong>e<br />

Berufung, denn wir sind schon alle berufen den ersten Schritt zu tun und<br />

unsere Talente einzusetzen, seit dem Augenblick, als wir Jesus unser<br />

Leben übergeben haben. Es wird zuerst einmal keine an<strong>der</strong>e Berufung an<br />

uns ergehen als jene, die uns in Seiner Lehre offenbart wird. Wenn wir<br />

dann jedoch eintreten in den Weinberg Gottes, dann wird er uns nach<br />

unseren Talenten auch an den richtigen Platz zum Wohl des Ganzen<br />

stellen.<br />

Viele zum Wirken berufene Menschen ziehen sich angesichts des<br />

geistig-religiösen Chaos in unserer Zeit lei<strong>der</strong> vom Feld <strong>der</strong> offenen<br />

Verkündung und Weinbergarbeit zurück. Angesichts <strong>der</strong> ständigen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen Gläubigen und Geistesgeschwistern sind<br />

sie resigniert und leben ihren Glauben im Stillen und sprechen vom<br />

Vorleben als Form <strong>der</strong> Verkündung. Ich kann das sehr gut verstehen, doch<br />

das Christentum wäre nicht über Israel hinausgedrungen, hätten die ersten<br />

Jünger sich alleine aufs Vorleben beschränkt. Und auch sie hatten wahrlich<br />

keine beson<strong>der</strong>s günstigen Voraussetzungen für ihren Glauben und ihre<br />

Arbeit im Weinberg Gottes.<br />

Die gute Kenntnis <strong>der</strong> Lehre und das Leben danach ist natürlich die<br />

Voraussetzung o<strong>der</strong> Vorbedingung für die Verkündung des Heilangebotes<br />

an die Menschen. Das Vorleben ist das Fundament, aber wir sollen das<br />

Erlösungsangebot Gottes – die Frohe Botschaft – auch mit unseren Füssen<br />

zu den Menschen tragen und es mit unserem Mund bekennen und<br />

verkünden. Für solch eine Verkündungs- o<strong>der</strong> Missionsarbeit ist eine


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />

23<br />

Gemeinschaft von Gläubigen eine große Stütze, Hilfe und Erleichterung,<br />

nicht zuletzt durch eine sinnvolle Aufgabenverteilung. Denn es heißt ein<br />

Geist, doch viele Gaben. Die Neuoffenbarungs-Leser sind lei<strong>der</strong> nur ein<br />

loser, weit verteilter Verband von Menschen, welche zwar die gleichen<br />

Bücher lesen, ansonsten aber wenig Glaubensgemeinsamkeiten pflegen,<br />

o<strong>der</strong> sich zu gemeinsamer Missionsarbeit zusammenfinden. Ich glaube<br />

auch, dass hierin ein Manko <strong>der</strong> schwachen Verbreitung <strong>der</strong><br />

Neuoffenbarung zu finden ist. Es beteiligen sich zwar schon eine ganze<br />

Reihe lieber Geschwister auf diesem Feld, indem sie Schriften in ihrem<br />

persönlichen Umfeld o<strong>der</strong> in regelrechter Missionsarbeit verteilen, jedoch<br />

meist nur als Einzelkämpfer. Doch ist die Notwendigkeit offenbar – gerade<br />

in Bezug auf die vor uns liegenden Ereignisse -, dass wir alle näher<br />

zusammenrücken und unser Einzelkämpferdasein sich mehr und mehr in<br />

einer tragenden Gemeinschaft auflöst. Wenn Jesus durch J. <strong>Lorber</strong> davon<br />

sprach, dass man keine neue Kirche mit <strong>der</strong> Neuoffenbarung gründen soll,<br />

so ist damit nicht ausgedrückt, dass wir keine Gemeinschaft pflegen o<strong>der</strong><br />

gar Lebensgemeinschaften gründen sollen, dies wi<strong>der</strong>spreche dem<br />

grundlegenden Geist und Lebensimpuls des Christentums. Denn Satan<br />

isoliert, Christus aber verbindet und führt die Menschen zusammen. Das<br />

Urchristentum lehrt uns hier ein klares Bild, was aus dem Liebegeist<br />

anzustreben ist. In <strong>der</strong> Gemeinschaft lässt sich mit vereinten Kräften vieles<br />

bewegen, womit <strong>der</strong> Einzelne hoffnungslos überfor<strong>der</strong>t ist.<br />

Es gibt keinen Auftrag Jesu, sich hinzusetzen und abzuwarten. Es gibt<br />

aber einen klaren Auftrag <strong>der</strong> Verkündung. Christen sind keine passiven<br />

Beobachter, son<strong>der</strong>n Handelnde. Ihr seid das Salz <strong>der</strong> Erde und ein Licht,<br />

das nicht im Verborgenen brennen soll. Jesus hat einen neuen Bund mit<br />

uns geschlossen. Ein Bund ist ein Vertrag, bei dem beide Seiten ihren Teil<br />

erfüllen müssen, um eine Einheit zu bilden. Je<strong>der</strong> Dämon zittert vor Furcht<br />

o<strong>der</strong> tobt vor Wut, wenn er den Namen des Messias „Jesus“ hört. Das ist<br />

<strong>der</strong> Grund, warum <strong>der</strong> Name des Erlöser-Jesus heute überall in <strong>der</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> verschwindet. Er wird aus den Schulen entfernt, aus den<br />

Medien, aus <strong>der</strong> Europäischen-Verfassung. Wir erleben heute diesen<br />

Großangriff gegen den Messias, weil unsere Welt vom antichristlichen<br />

Geist beherrscht wird. Es geht Satan nur darum, diesen Namen aus dem<br />

Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen zu tilgen o<strong>der</strong> den wahren Christus durch einen<br />

falschen Pseudo-Christus zu ersetzen. Der Name Allah, Buddha o<strong>der</strong><br />

Mohammed kann problemlos überall verbreitet werden, dagegen regt sich<br />

kein nennenswerter Wi<strong>der</strong>stand. Aber für die Mächte <strong>der</strong> Finsternis ist <strong>der</strong><br />

Name JESUS wie ein brennendes Feuer <strong>der</strong> Qual in ihren Seelen, deshalb<br />

tun sie alles, damit er auf unserer Erde nicht mehr öffentlich genannt wird.


24 Das Reich Gottes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Wir erleben eine <strong>der</strong>zeitige Demontage von Jesus als dem Erlöser und<br />

Messias mit dem Ziel, eine universale Religion und Welteinheitskirche zu<br />

etablieren, in welcher Jesus einer unter vielen Heilsbringern sein wird.<br />

Dieser interreligiöse Pseudo-Jesus o<strong>der</strong> kosmische Christus ist kompatibel<br />

mit allen Religionen, er hat aber keinen Erlösungsauftrag mehr und darum<br />

keine Erlöserkraft. Bekennt mutig Jesus als den „von Gott bestimmten<br />

Erlöser <strong>der</strong> Fallwelten“. Jesus kam, um alles das zu erlösen, was im Tod<br />

gefangen war. Erlösung führt zur Umwandlung und vollkommenen<br />

Erneuerung <strong>der</strong> menschlichen Natur. Dagegen arbeitet <strong>der</strong> Feind wo er nur<br />

kann und versklavt die Kin<strong>der</strong> Gottes als Verbraucher in seiner Konsumund<br />

Genusswelt! Das Gebot <strong>der</strong> Stunde heißt: Einheit, <strong>der</strong> „noch“ an den<br />

Erlöser-Christus glaubenden Menschen.<br />

„Du aber, <strong>der</strong> du nun das weißt, sei guten Mutes, und denke dir, dass<br />

man mit einem Hiebe keinen voll ausgewachsenen Baum umhaut, und<br />

du wirst Ruhe finden in deinem Gemüte! Du brauchst von nun an bloß<br />

nach Meinem Worte zu handeln, und dir wird das an<strong>der</strong>e, was du suchest,<br />

schon zur rechten Zeit hinzugegeben werden. Amen.“ (GEJ.6_69,6)<br />

„Darum seid denn auch ihr nicht nur pur eitle Hörer, son<strong>der</strong>n sofortige<br />

Täter Meines Wortes, so werdet ihr in euch auch das wahre Reich Gottes<br />

überkommen! Erwartet aber niemals, als werde das Reich Gottes, als das<br />

Reich des inneren Lebens, jemals mit irgend äußeren Zeichen und<br />

äußerem Glanzgepränge zu den Menschen kommen, son<strong>der</strong>n es ist<br />

inwendig in euch! Wer es auf die von Mir euch gezeigte Art und Weise<br />

sucht in sich und es nicht also findet, <strong>der</strong> sucht es in aller Welt und in allen<br />

Gestirnen vergeblich.<br />

Der Pfad zum wahren und lebendigen Reiche Gottes ist somit ein sehr<br />

schmaler und oft mit allerlei Dornengestrüpp überwachsener. Demut und<br />

vollste Selbstverleugnung ist sein Name. Für den Weltmenschen ist er<br />

völlig ungangbar.<br />

Wer aber an Mich glaubt und Meine Gebote hält, dem werden die<br />

Dornen auf dem Pfade zum Reiche Gottes nicht die Füße verwunden. Nur<br />

ein ernster Anfang ist schwer; wenn <strong>der</strong> Ernst aber bleibt und nicht durch<br />

allerlei Weltrücksichten geschwächt wird, so ist die volle Erreichung des<br />

Reiches Gottes in sich etwas ganz Leichtes. Denn solch einem stets<br />

vollernstlichen Bestreber nach dem Gottesreiche in sich ist Mein Joch<br />

sanft und leicht die ihm zu tragen von Mir aufgelegte Bürde, und Ich<br />

werde den ernsten Suchern des wahren Reiches Gottes stets laut in ihren<br />

Herzen zurufen: ,Kommet alle zu Mir, die ihr mühselig und belastet seid!<br />

Ich Selbst komme euch schon mehr denn auf dem halben Wege entgegen<br />

und will euch vollauf kräftigen und erquicken!“‘<br />

(GEJ.9_57,6-8)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Frieden in Gott<br />

25<br />

Frieden in Gott<br />

„Solches habe Ich zu euch geredet, auf dass ihr Frieden habet in Mir.<br />

In <strong>der</strong> Welt werdet ihr Bedrängnis haben; aber vertrauet, Ich habe die<br />

Welt überwunden!“ (Joh 16,33)<br />

Dieser Text gehört wie<strong>der</strong> zu denjenigen, die sehr durchsichtig sind und<br />

je<strong>der</strong>mann den geistigen Sinn schon in dem Buchstaben auf den ersten<br />

Griff ertappen kann. Ich will euch daher den Sinn dieses Textes alsogleich<br />

mit wenigen Worten dartun, und ihr werdet in diesen wenigen Worten<br />

erkennen den vollkommen richtigen geistigen Sinn dieses Textes; und so<br />

höret!<br />

Alles das, was Ich eben jetzt zu euch rede, ist auch von dieser Art, dass<br />

es euch in je<strong>der</strong> Lage eures Lebens den wahren, inneren Herzensfrieden in<br />

<strong>der</strong> Liebe zu Mir geben muss, wenn ihr eben dieses Gesagte nur<br />

einigermaßen werktätig beachtet.<br />

Die Welt möchte euch auch bedrängen von allen Seiten; aber sie kann<br />

es nicht, weil sie von Mir überwunden ist. So ihr aber durch eure Liebe<br />

Mich in euch habet, so habet ihr ja auch den ewigen Überwin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt<br />

in euch. Die Welt aber hat Meine Macht erfahren; daher darf und kann sie<br />

dem kein Haar krümmen, <strong>der</strong> wahrhaftig Meinen Frieden in seinem<br />

Herzen birgt.<br />

Sobald aber jemand sich aus diesem Frieden erheben will und wirft<br />

selbst <strong>der</strong> Welt den Handschuh zum Kampfe hin, <strong>der</strong> hat sich's dann nur<br />

selbst zuzuschreiben, wenn er von <strong>der</strong> Welt gefangengenommen und<br />

misshandelt wird. Wer aber wahrhaftig bleibet in Meinem Frieden, <strong>der</strong> ist<br />

geborgen für die Ewigkeit, und kein weltlicher Hauch wird ihm je ein Haar<br />

krümmen.<br />

Es wird hier freilich mancher sagen: „O Herr! Siehe, die Apostel und<br />

Deine Jünger und so viele <strong>der</strong> ersten Christen und auch in <strong>der</strong> späteren Zeit<br />

eifrige Streiter um das reine Evangelium sind zu Märtyrern geworden, und<br />

die Welt hat sich schändlichst grauenhaft an diesen von Deinem Frieden<br />

Erfüllten gerächt. Warum, o Herr, hat sie Dein Friede nicht geschützt vor<br />

den Krallen <strong>der</strong> Welt? Denn Du hast doch Selbst geredet vor Deinem<br />

Leiden, dass <strong>der</strong> Fürst <strong>der</strong> Welt gerichtet ist. Wie mochte dann <strong>der</strong><br />

Gerichtete wohl Gewalt haben, die Welt gegen Deine Friedensträger also<br />

grauenhaft zu entrüsten?“<br />

Diese Frage ist eitel genug, und wer nur einigermaßen in <strong>der</strong><br />

Geschichte bewan<strong>der</strong>t ist, <strong>der</strong> wird es klar finden, dass alle die Märtyrer<br />

von den Aposteln angefangen bis in die späteren Zeiten abwärts nicht<br />

durch irgendeinen Zwang o<strong>der</strong> durch irgendeine zulässige Bestimmung


26 Frieden in Gott<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

von Mir, son<strong>der</strong>n freiwillig aus einem Liebeheroismus in den Martertod<br />

darum gegangen sind, weil Ich, ihr Meister, Selbst gekreuzigt ward.<br />

Ich sage euch: Ein je<strong>der</strong> Märtyrer hätte auch, ohne ein Märtyrer zu<br />

werden, Mein Evangelium ausbreiten können. Aber die Ausbreiter kannten<br />

Mich, hatten das ewige Leben vor Augen, und so hatten sie denn auch<br />

keine große Lust, lange in <strong>der</strong> Welt umherzugehen, son<strong>der</strong>n konnten den<br />

Zeitpunkt kaum erwarten, in dem ihnen ihr Fleisch abgenommen würde,<br />

auf dass sie dahin gelangen möchten, wohin Ich vorangegangen bin.<br />

Johannes aber hatte die größte Liebe zu Mir; darum scheute er die<br />

Verfolgungen <strong>der</strong> Welt nicht und wollte sie lieber bis auf den letzten<br />

Tropfen verzehren, als dass er Mir von seiner bestimmten irdischen<br />

Lebenszeit etwas gewisserart abgebettelt hätte. Er war somit mit Meiner<br />

Ordnung vollkommen zufrieden, während viele an<strong>der</strong>e Bettler waren und<br />

sich lieber die schmählichsten Leibesmartern wollten gefallen lassen, als<br />

noch einige Jahre länger zu wirken für Mein Reich.<br />

Da aber bei Mir ein je<strong>der</strong> das haben kann, um was er ernstlich und<br />

vollgläubig bittet, so konnte Ich ja doch auch nicht bei diesen ersten<br />

Zeugen Mein Wort zurücknehmen, das da spricht: „Um was immer ihr<br />

Mich bitten werdet, das werde Ich euch geben!“<br />

Aus dieser Beleuchtung geht nun klar hervor, dass Mein Wort <strong>der</strong><br />

Blutzeugen nicht bedurfte; denn Ich habe ja den Einen ewig gültigen<br />

Zeugen, Meinen Heiligen Geist Selbst allen denen verheißen, die Meine<br />

Lehre annehmen und nach <strong>der</strong>selben leben werden. Und dieser Zeuge ist<br />

<strong>der</strong> bleibende, während das Blut <strong>der</strong> ersten Märtyrer schon lange für alle<br />

späteren Zeiten sogar geschichtlich spurlos geworden ist.<br />

Wenn aber dieser Geist ein ewiger Zeuge ist, wozu sollte Ich die<br />

Blutzeugenschaft Meiner Nachfolger verlangen? Wer selbst ein Blutzeuge<br />

werden will, <strong>der</strong> soll es auch werden; aber es glaube ja niemand, dass er<br />

Mir dadurch einen Dienst erweist, son<strong>der</strong>n ein je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> das tut, <strong>der</strong> tut es<br />

zum eigenen, aber nicht zu Meinem Vorteile!<br />

Es ist, als so ein Vater zu seinen Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong> noch gut sind,<br />

sagete: „Ich werde euch gar herrliche neue Klei<strong>der</strong> geben, so ihr diese<br />

zuvor abgetragen habt!“ Einige Kin<strong>der</strong> aber lassen sich von <strong>der</strong> Hoffnung<br />

und Vorliebe zu den neuen Klei<strong>der</strong>n verleiten und schonen die alten<br />

Klei<strong>der</strong> nicht im geringsten mehr. Wenn die Klei<strong>der</strong> bald schleußig sind,<br />

da schafft ihnen <strong>der</strong> Vater freilich die verheißenen; aber einige dieser<br />

Kin<strong>der</strong>, die den Vater mehr lieben als die Klei<strong>der</strong>, schonen weise die alten,<br />

um den Vater nicht vor <strong>der</strong> Zeit in die Unkosten zu sprengen.<br />

Obschon aber bei Mir von gewissen Unkosten keine Rede sein kann, so<br />

sind aber dabei an<strong>der</strong>e Unkosten, nämlich die einer kleinen


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Frieden in Gott<br />

27<br />

Bewerkstelligung einer Unordnung zu berücksichtigen. Denn Ich habe<br />

jedem Menschen aus Meiner Ordnung ein bestimmtes Lebensziel gesetzt,<br />

und dieses besteht nicht im Schwerte, noch im Feuer; denn <strong>der</strong> Tod durch<br />

Schwert und Feuer ist ein Gericht. Wer aber sonach in was immer Meiner<br />

Ordnung eigenwillig und eigenmächtig vorgreift, <strong>der</strong> muss sich dann<br />

freilich insoweit ein kleines Gericht gefallen lassen, insoweit er Meiner<br />

gesetzten Ordnung vorgegriffen hat.<br />

Daniel wollte nicht sterben; darum ward er erhalten in <strong>der</strong> Löwengrube<br />

und desgleichen die Jünglinge im Feuerofen, und mehrere ähnliche<br />

Beispiele. Und sehet, ihnen allen ward kein Haar gekrümmt, und gar<br />

vielen Tausenden Meiner Liebhaber ward ebenfalls kein Haar gekrümmt,<br />

weil sie die Kraft Meines Friedens in ihrem Herzen ungestört erhielten.<br />

Aber ein je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich über diesen Frieden hinausschwingen wollte, <strong>der</strong><br />

musste dafür aber auch den Unfrieden <strong>der</strong> Welt verkosten.<br />

Man wird freilich auch hier sagen: „Wenn also, da ist es ja am besten,<br />

die Welt Welt sein zu lassen in all ihrem schändlichen Getriebe, und ein<br />

je<strong>der</strong> Bessere lebe ganz unbekümmert um die Welt in seinem Frieden fort;<br />

und wenn es alle also machen, wird da die Welt nicht bald bis zu den<br />

Sternen mit Greueln angefüllt sein?“<br />

Gut, sage Ich, berechnet das zurück! Seit den Zeiten <strong>der</strong> Apostel hat es<br />

doch sicher eine Unzahl Eiferer gegeben, die gewisserart mit glühendem<br />

Schwerte in <strong>der</strong> Hand die Welt bessern wollten. Ströme von Blut wurden<br />

vergossen. Fraget euch selbst, mit welchem Erfolg? Blicket dann in die<br />

Welt hinaus, und sie wird euch von allen Seiten her die sonnenklare<br />

Antwort geben.<br />

Bis auf eure Zeit sollte die große Zahl <strong>der</strong> Eiferer doch einen solchen<br />

Nachruf hinterlassen haben, dass ihm zufolge die ganze Welt offenbar ein<br />

Paradies sein müsste, und dennoch ist die Welt eben in dieser eurer Zeit<br />

zehnmal schlechter, als sie zu den Zeiten Noahs war!<br />

Warum sagte denn David: „O Herr, wie gar nichts sind alle Menschen<br />

gegen Dich, und alle Menschenhilfe ist kein nütze!“? - David sagte das,<br />

weil er Mich kannte; ihr aber redet an<strong>der</strong>s, weil ihr Mich nicht also kennet,<br />

wie Mich David gekannt hat!<br />

Meinet ihr denn, Ich weiß nicht, was die Welt tut, und sei etwa zu lau,<br />

um die Welt für ihre Untaten zu züchtigen? Ich sage euch: Glaubet etwas<br />

an<strong>der</strong>es, und überlasset die Leitung <strong>der</strong> Welt Mir!<br />

Wer das Schwert zieht, <strong>der</strong> kommt auch durch das Schwert um. Mit<br />

offener Gewalt wird nie jemand etwas ausrichten gegen die Welt; denn wo<br />

die Welt Gewalt sieht, da begegnet sie <strong>der</strong>selben wie<strong>der</strong> mit Gewalt, und<br />

auf diese Weise würgt fortwährend ein Volk das an<strong>der</strong>e.


28 Frieden in Gott<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Wer aber die Welt bekämpfen will, <strong>der</strong> muss sie mit heimlichen Waffen<br />

bekämpfen, und diese Waffen sind Meine Liebe und Mein Friede in euch!<br />

Je<strong>der</strong> aber muss zuerst mit diesen Waffen die eigene Welt in sich besiegen,<br />

dann erst wird er eben diese Waffen allzeit siegreich gegen die Außenwelt<br />

gebrauchen können.<br />

Wahrlich, wer nicht innerlich ein Meister <strong>der</strong> Welt ist, <strong>der</strong> wird es<br />

äußerlich um so weniger werden! Je<strong>der</strong> aber, <strong>der</strong> in sich noch einen<br />

fluchähnlichen Feuereifer verspürt, <strong>der</strong> ist noch nicht fertig mit seiner<br />

eigenen Welt; denn dieser Eifer rührt noch von dem geheimen Zweikampf<br />

zwischen Meinem Frieden und <strong>der</strong> Welt im Menschen her.<br />

Denn die Welt ist's, die da eifert und richtet und Feuer vom Himmel<br />

ruft, um sich dadurch listigerweise für Meine Sache zu maskieren; Mein<br />

Geist aber und Mein Friede eifert nicht, son<strong>der</strong>n wirkt mächtig im stillen<br />

nur und gänzlich unbemerkt von aller Welt und hat kein an<strong>der</strong>es<br />

Außenschild als die Werke <strong>der</strong> Liebe und in <strong>der</strong> Erscheinlichkeit die<br />

Demut. Wegen <strong>der</strong> wahren Liebe und Demut aber ist Meines Wissens seit<br />

Meinem Johannes noch nie jemand von <strong>der</strong> Welt gerichtet worden.<br />

Sehet, darin also besteht <strong>der</strong> wahre innere Friede und darin auch<br />

<strong>der</strong>jenige mächtige Sieg über die Welt, den Ich Selbst erfochten habe!<br />

Beachtet demnach diese Erklärung, so werdet ihr die Welt in euch und jede<br />

an<strong>der</strong>e allzeit und ewig besiegen durch Meinen Namen und durch Meinen<br />

Frieden! Amen. (Schrifttexterklärungen Kap. 35)<br />

„Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich<br />

euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz<br />

erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“<br />

(Joh. 14,27)<br />

„Der Friede sei denn mit euch, –<br />

doch kein Friede, wie ihn die Welt hat und gibt,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> innere Friede des Herzens,<br />

<strong>der</strong> Seele in Meiner Liebe,<br />

die da ist das ewige Leben! Amen.“<br />

(GEJ.09_149,22)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />

29<br />

Das Große Evangelium Johannes<br />

Ein Juwel <strong>der</strong> Neuoffenbarung<br />

Thomas Noack<br />

Das Große Evangelium Johannes wurde von 1851 bis<br />

1864 von Jakob <strong>Lorber</strong> nie<strong>der</strong>geschrieben, in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Leben Jesu Forschung. Mit <strong>der</strong> Aufklärung erwachte das<br />

Bedürfnis, den in den Evangelien verkündigten Christus<br />

kritisch zu hinterfragen und den wahren, den irdischen Jesus<br />

zu suchen. Und so wurden im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zahlreiche<br />

Versuche unternommen, ein authentisches Leben Jesu zu<br />

Thomas Noack<br />

Pfarrer <strong>der</strong> Neuen<br />

Kirche in Zürich<br />

schreiben. Als jedoch Albert Schweitzer 1906, rückblickend auf diese<br />

Bemühungen, seine „Geschichte <strong>der</strong> Leben Jesu Forschung“<br />

veröffentlichte, konnte je<strong>der</strong> entdecken, dass es so viele verschiedene<br />

Leben Jesu wie Gelehrte gab. Die Leben Jesu Forschung war also<br />

gescheitert.<br />

Von <strong>der</strong> gelehrten Welt völlig unbeachtet war unterdessen in Graz ein<br />

Leben Jesu erstanden, und zwar aus dem Leben Jesu, aus dem inneren<br />

Worte des in die Zeitläufe <strong>der</strong> Zeitläufe Lebendigen (Offb. 1,18). Diese<br />

Antwort des Himmels auf die quälendste Frage des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach<br />

dem wahren Jesus ging vom Vorrang und einmaligen Wert des<br />

Johannesevangeliums aus. Die Köpfe jener Zeit hingegen waren schon<br />

längst davon überzeugt, dass <strong>der</strong> johanneische Jesus historisch nicht ernst<br />

zu nehmen und das stolze Gebäude <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>entdeckung Jesu auf dem<br />

Boden <strong>der</strong> synoptischen Evangelien aufzubauen sei. Doch die lebendige<br />

Stimme des Geistes sah gerade im vierten „das einzige und bleibend wahre<br />

Evangelium“ (Hg III S.396): „Was Johannes spricht, ist allein vollkommen<br />

richtig.“ (Hg III S.356). „Haltet euch daher nur an den Evangelisten<br />

Johannes; denn dieses Evangelium, sowie seine Offenbarung, sind von<br />

seiner Hand geschrieben.“ (Hg III S.337f). Die beiden Evangelien des<br />

Johannes und des Matthäus 1 „sind unter Meiner persönlichen Leitung<br />

geschrieben worden“ (GEJ 1,91,8; 5,121,1). Doch nur Johannes enthält „die<br />

wichtigsten und tiefsten Dinge“ (GEJ 1,100,6). „Denn in allem, was du<br />

(Johannes) schreibst, liegt das rein göttliche Walten von Ewigkeit zu<br />

Ewigkeit durch alle schon bestehenden Schöpfungen und durch jene auch,<br />

die in künftigen Ewigkeiten an die Stelle <strong>der</strong> nun bestehenden treten<br />

werden!“ (GEJ 1,113,10). Dieser Johannes, Sohn des Zebedäus, war <strong>der</strong><br />

Schüler <strong>der</strong> Herzensweisheit, <strong>der</strong> Schüler, den Jesus liebte, <strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Brust Jesu lag 2 (Joh 13,23), wie Jesus, <strong>der</strong> sichtbare Gott, an <strong>der</strong> Brust des<br />

unsichtbaren Gottes (Joh 1,18) 3 . Dieser Johannes hat uns Spätgeborenen den


30 Das große Evangelium Johannes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

edlen Stein neutestamentlicher Liebesweisheit hinterlassen, <strong>der</strong>en Wert die<br />

Weltweisheit nicht ermessen konnte. „Johannes ist ein reiner Diamant in<br />

<strong>der</strong> Liebe, und darum sieht er auch tiefer denn jemand an<strong>der</strong>s von<br />

euch.“ (GEJ 4,88,11). „Johannes … stellt den Geist des Menschen dar, <strong>der</strong><br />

da völlig eins ist mit Mir, also Meine Liebe“ (Hg III S.269). Diese im<br />

Großen Evangelium geoffenbarte Schau des Johannesevangeliums<br />

erschließt uns den Weg ins Allerheiligste des göttlichen Herzens und<br />

kräftigt das johanneische Christentum für den neuen, ewigen Frühling des<br />

Geistes.<br />

Die Kirche war spätestens seit Irenäus von Lyon 4 , um 180 n. Chr.,<br />

davon überzeugt, dass Johannes, <strong>der</strong> Jünger und somit Augenzeuge, <strong>der</strong><br />

Verfasser des vierten Evangeliums war. Erst wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Zeit Jakob<br />

<strong>Lorber</strong>s wurde diese Überzeugung nachhaltig erschüttert. 1820 eröffnete<br />

Karl G. Bretschnei<strong>der</strong>, Generalsuperintendent in Gotha, den Angriff,<br />

indem er Gründe gegen den apostolischen Ursprung des Johannesevangeliums<br />

anführte, beispielsweise die Abweichungen <strong>der</strong> ersten drei<br />

Evangelien vom vierten. Vor die Alternative Johannes o<strong>der</strong> die Synoptiker<br />

gestellt, bevorzugte Bretschnei<strong>der</strong>, dem Zeitgeist des Rationalismus<br />

folgend, die synoptische Jesusüberlieferung. Dieser erste Vorstoß konnte<br />

zwar noch abgewehrt werden, zumal sich <strong>der</strong> einflussreiche Friedrich<br />

Schleiermacher für einen Augenzeugen als Verfasser des Johannesevangeliums<br />

aussprach, aber schon 1835 gab David Friedrich Strauß „Das<br />

Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ heraus, das ein Erdbeben auslöste, dessen<br />

Erschütterungen sogar bis in <strong>Lorber</strong>s Schreibstube zu spüren waren, denn<br />

1843 empfing er ein lesenswertes Wort über „Dr. David Friedrich<br />

Strauß“ (Hg III S.186ff). Und noch 1865 wurde aus dem Nachlass des<br />

Swedenborgianers Immanuel Tafel ein Büchlein „gegen die Angriffe des<br />

Dr. Strauß“ 5 herausgegeben. Doch das Erdbeben war da, und we<strong>der</strong><br />

<strong>Lorber</strong>s Griffel noch Tafels Kampfgeist fanden Gehör. Für Strauß waren<br />

die Evangelien, bar jedes historischen Wertes, Mythen, sagenhafte<br />

Verherrlichungen <strong>der</strong> ersten Christen über ihren entrissenen Meister, und<br />

das Johannesevangelium war das am wenigsten glaubwürdigste, weil<br />

dessen Jesus am meisten göttlich war. Die mit Strauß massiv einsetzende<br />

Kritik erreichte über Gelehrte wie Ferdinand Christian Baur (1792-1860)<br />

und Julius Wellhausen (1844-1918), schließlich 1941 in Rudolf Bultmanns<br />

Johanneskommentar ihren Höhepunkt. In dieser Jahrhun<strong>der</strong>tleistung liefen<br />

die Fäden <strong>der</strong> Forschung zusammen. Doch in <strong>der</strong> Folgezeit wurde die<br />

Haltlosigkeit dieser Gesamtlösung immer offensichtlicher, so dass heute<br />

die Grundlagenkrise in <strong>der</strong> Johannesforschung freimütig zugegeben wird.


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />

31<br />

So schreibt Philipp Vielhauer: „das Johannesevangelium hat sich je länger<br />

desto mehr als das Rätsel des Urchristentums erwiesen.“ 6 Und Martin<br />

Hengel: „Wir wissen nach fast 200 Jahren kritischer Johannesforschung<br />

viel weniger als vor dieser Zeit, vermuten aber um so mehr.“ 7<br />

In dieser Situation ist das Große Evangelium ein bislang weithin<br />

unentdeckter Beitrag zur Exegese (=Erklärung) 8 des Johannesevangeliums,<br />

wie überhaupt <strong>der</strong> neutestamentlichen Jesusüberlieferungen und <strong>der</strong><br />

geschichtlichen Vorgänge, die zu ihnen führten. Für die apostolische<br />

Verfasserschaft des vierten Evangeliums argumentieren vor allem<br />

englischsprachige o<strong>der</strong> katholische Forscher, beispielsweise Leon Morris<br />

in seinem Johanneskommentar („The Gospel according to John“, 1995, 4-<br />

25) o<strong>der</strong> John A. T. Robinson in seinem 1985 erschienenen Buch „The<br />

Priority of John“ 9 . Nach Robinson sind die Synoptiker in den<br />

johanneischen Rahmen einer mehrjährigen Wirksamkeit Jesu einzufügen<br />

und werden erst so einsichtig. Von dieser Annahme ging das Große<br />

Evangelium bekanntlich schon in <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aus. Die<br />

hochentwickelte, pneumatische Theologie des geliebten Jüngers spricht<br />

ganz und gar nicht gegen die geschichtliche Verlässlichkeit seiner<br />

Berichte. Johannes entfaltet sein Christusverständnis nicht auf Kosten,<br />

son<strong>der</strong>n vollkommen in <strong>der</strong> Geschichte, o<strong>der</strong> mit Robinson gesprochen,<br />

johanneische Theologie „führt uns nicht weiter von <strong>der</strong> Geschichte weg,<br />

son<strong>der</strong>n tiefer in sie hinein.“ 10 Katholischerseits sei auf Hans-Joachim<br />

Schulz, Professor für Ostkirchenkunde, und dessen Buch „Die apostolische<br />

Herkunft <strong>der</strong> Evangelien“ (1997) hingewiesen. Der Ostkirche galt<br />

Johannes seit jeher als <strong>der</strong> Theologe schlechthin und sein Meisterwerk als<br />

„geistiges Evangelium“. Clemens von Alexandrien, gestorben vor 215,<br />

schrieb auf, was er von den alten Presbytern erfahren hatte: „Johannes<br />

habe zuletzt in <strong>der</strong> Erkenntnis, dass das Äußerliche (gr. ta somatika)<br />

bereits in den (synoptischen) Evangelien behandelt sei, auf Veranlassung<br />

seiner Schüler und vom Geiste inspiriert ein geistiges (gr. pneumatikon)<br />

Evangelium geschaffen.“ 11<br />

Unter lutherischen Theologen bricht <strong>der</strong>zeit Klaus Berger<br />

Verkrustungen auf. Mit beachtlichen Argumenten schlägt er „eine<br />

Frühdatierung des JohEv auf die Zeit gegen Ende <strong>der</strong> sechziger Jahre des<br />

1. Jh.“ 12 vor, was exakt den Angaben bei <strong>Lorber</strong> entspricht, wonach<br />

Johannes sein Evangelium „nahe gerade um die Zeit, als Jerusalem von<br />

den Römern zerstört wurde“ schloss (Hg III S.358). Die meisten<br />

Neutestamentler hingegen datieren dieses Evangelium immer noch in das<br />

letzte Jahrzehnt des 1. Jahrhun<strong>der</strong>ts o<strong>der</strong> noch später (vgl. W. Schmithals


32 Das große Evangelium Johannes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Spätdatierung um 140 n. Chr.). Doch gerade weil das Johannesevangelium<br />

die Gottesanwesenheit in Jesus „so unvergleichlich intensiv schil<strong>der</strong>t, steht<br />

es sachlich und zeitlich am Anfang.“ 13 Für Martin Hengel erklingt im<br />

vierten Evangelium vor allem „die Stimme eines überragenden<br />

Theologen“ 14 , während bei seinen neutestamentlichen Kollegen sonst eher<br />

die Meinung beliebt ist, dass dieses Werk in seiner Endgestalt das<br />

Erzeugnis mehrerer Personen sei.<br />

Das Große Evangelium erhellt den Weg vom irdischen Jesus, seinen<br />

Worten und Taten, zu den kanonischen Evangelien; bisher war nur <strong>der</strong><br />

umgekehrte Weg gangbar, vom Neuen Testament zu mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

sicher erschlossenen Vorstufen. Nun aber ergeben sich völlig neue<br />

Möglichkeiten, die christliche Glaubensurkunde zu verstehen. Im Großen<br />

Evangelium werden uns die ursprüngliche Gestalt und <strong>der</strong> ursprüngliche<br />

Zusammenhang <strong>der</strong> johanneischen Perikopen zugänglich. In ihrer<br />

Jetztform veröffentlicht wurden sie erst ungefähr vierzig Jahre nach den<br />

denkwürdigen Ereignissen <strong>der</strong> öffentlichen Wirksamkeit Jesu. In <strong>der</strong> Zeit<br />

zwischen <strong>der</strong> Auferstehung Jesu und <strong>der</strong> Publikation des schriftlichen<br />

Evangeliums hatte <strong>der</strong> einstige Jünger, <strong>der</strong> nun ein Gesandter des<br />

Gesandten war, ein Apostel, die Frohbotschaft vom ewigen Leben<br />

mündlich verkündigt und Gemeinden gegründet (GEJ 8,79,12-14); die<br />

Forschung spricht von johanneischen Gemeinden bzw. <strong>der</strong> johanneischen<br />

Schule (nota bene: des lebendigen Wortes). Dass es ein solches<br />

johanneisch geprägtes Christentum gab, bezeugen die Johannesbriefe, aber<br />

auch Joh. 21,24, wo uns eine Gruppe versichert, dass <strong>der</strong> Lieblingsjünger<br />

<strong>der</strong> Zeuge und Verfasser des nunmehr verschriftlichten Evangeliums sei.<br />

Wahrscheinlich hat diese Gruppe auch die Überschrift „Evangelium nach<br />

Johannes“ hinzugefügt (GEJ 1,134,9), denn <strong>der</strong> einstige Jesusjünger nannte<br />

sich selbst im Evangelium nie mit seinem Namen, son<strong>der</strong>n dort nur<br />

schlicht „<strong>der</strong> Jünger, den Jesus liebte“ (Joh 13,23 u.ö.), auf diese Weise ist er<br />

im hochsymbolischen Johannesevangelium selbst zum Symbol geworden.<br />

Das Große Evangelium belegt, dass nur „Bruchstücke“ (GEJ 1,216,11;<br />

6,148,20; Joh 20,30; 21,25) den Weg ins Johannesevangelium gefunden haben;<br />

Bruchstücke freilich, die dennoch ein Ganzes darstellen, weil ihnen ein<br />

göttlicher Plan und Gestaltungswille zugrunde liegt. In den vierzig Jahren<br />

bis zur Veröffentlichung des Evangeliums haben die Aufzeichnungen und<br />

Erinnerungen des Zebedaiden eine Vertiefung in <strong>der</strong> Erfassung des<br />

Jesusgeschehens erfahren. Joh 2,22; 12,16 und 20,9 beispielsweise geben<br />

sich eindeutig als nachösterliche Sinnaufschließungen zu erkennen. Aber<br />

auch <strong>der</strong> Prolog (Joh 1,1-18) ist wohl ein ebenso großartiger, wie


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />

33<br />

geistgewaltiger nachösterlicher Reflexionstext. Durch den Parakleten, den<br />

„Geist <strong>der</strong> Wahrheit“ (Joh 14,17), ist es nach dem Verlust <strong>der</strong> sichtbaren<br />

Gegenwart Jesu zu jener vollständigen Einweihung in das<br />

Christusmysterium gekommen, die dazu geführt hat, dass uns das<br />

Geschichtliche im Johannesevangelium in einer so eindrücklichen<br />

Sinndichte und -tiefe vorliegt. Zwar zeichnete <strong>der</strong> Jünger schon vor Ostern<br />

„die Hauptmomente (historisch) richtig (und zudem) in rechter<br />

Entsprechung“ auf (GEJ 1,34,2), aber erst nach Ostern reifte <strong>der</strong> Wein<br />

vollends zu göttlicher Klarheit. Nachdem bereits Swedenborg im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t die Wissenschaft <strong>der</strong> Entsprechungen wie<strong>der</strong>entdeckt hatte,<br />

wurde <strong>der</strong> Christenheit im Großen Evangelium <strong>der</strong> bis heute wertvollste<br />

Beitrag zum Studium des göttlichen Entsprechungs- und Lebenssinn des<br />

Johannesevangeliums (GEJ 1,9,14) gegeben. Hier findet <strong>der</strong> gottbegeisterte<br />

Schüler reichlich Speise zur vollkräftigen Entwicklung des göttlichen<br />

Geistes.<br />

Anmerkungen:<br />

1. Das heutige Matthäusevangelium stammt freilich von einem gewissen l'Rabbas, ist also<br />

eine pseudo-epigraphische Schrift (Hg III S.331).<br />

2. „Liegen“ ist hier nicht im Buchstabensinn zu verstehen, son<strong>der</strong>n meint im Geistsinn die<br />

Ruhe im ewigen Worte Gottes (im Logos). Zum materiellen Missverständnis von<br />

„liegen“ siehe Leopold Engel, GEJ 11,71,14.<br />

3. Joh 1,18 und 13,23 sind die einzigen beiden Stellen im Johannesevangelium, in denen<br />

das griechische Wort Kolpos (= Brust) vorkommt. Wie also Jesus <strong>der</strong> intime Interpret<br />

Gottes ist, so ist <strong>der</strong> Lieblingsjünger <strong>der</strong> intime Interpret des gottgesandten Jesus.<br />

4. Siehe Irenäus, Gegen die Häresien 3,1,1 (= Eusebius, Kirchengeschichte 5,8,4).<br />

5. Fr. Immanuel Tafel, Das Leben Jesu, nach den Berichten <strong>der</strong> Evangelisten<br />

gerechtfertigt und vertheidigt gegen die Angriffe des Dr. Strauß und des Unglaubens<br />

überhaupt, 1865.<br />

6. Philipp Vielhauer, Geschichte <strong>der</strong> urchristlichen Literatur, 1981, 411.<br />

7. Martin Hengel, Die johanneische Frage: Ein Lösungsversuch, 1993, 9.<br />

8. Die ersten 17 Hefte, in die Jakob <strong>Lorber</strong> geschrieben hat, sind mit den Kürzeln „E: J:“<br />

o<strong>der</strong> „Exegesis Evang. Joannis: D: n: J: Ch:“ beschriftet.<br />

9. Die deutsche Übersetzung erschien 1999 unter dem Titel Johannes - Das Evangelium<br />

<strong>der</strong> Ursprünge.<br />

10. John A. T. Robinson, Johannes - Das Evangelium <strong>der</strong> Ursprünge, 1999, 34.<br />

11. Nach Eusebius, Kirchengeschichte 6,14,7.<br />

12. Klaus Berger, Im Anfang war Johannes: Datierung und Theologie des vierten<br />

Evangeliums, 1997, 11.<br />

13 a.a.O., 302.<br />

14. Martin Hengel, a.a.O., 2. Hengel identifiziert diesen Theologen allerdings mit dem<br />

durch Papias von Hierapolis bekannten Presbyter Johannes. Zu diesem zweiten<br />

Johannes siehe jedoch Hg III S.358.


34 Menschliches und göttliches Verlangen<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Menschliches und göttliches Verlangen<br />

Madam Guyon (1648-1717)<br />

Lasst uns nun das Leben eines Menschen betrachten,<br />

<strong>der</strong> sich ganz dem Herrn ausgeliefert hat. Ich finde es<br />

schwer zu glauben, dass jemand, <strong>der</strong> seine ganze<br />

Glückseligkeit, sein ganzes Sein in die Hände Gottes gelegt<br />

hat, weiterhin eine Fülle selbstsüchtiger Wunschträume<br />

hegen kann, die er nun ununterbrochen vor Gott ausbreitet.<br />

Nur wer durch die Liebe in Gott lebt, vermag seine ganze<br />

Glückseligkeit auch allein in Gott zu finden. Es ist dagegen<br />

Jeanne Marie Bouvier<br />

de la Mothe Guyon<br />

Franz. Mystikerin<br />

ein entsetzlicher Zustand und armseliger Beweggrund, in Gott seine<br />

Freude durch die Kraft des eigenen Willens zu suchen, o<strong>der</strong> auch aus<br />

Furcht, o<strong>der</strong> um Gott zu gefallen.<br />

Schon die Liebe allein sollte für jeden Grund genug sein, seinen Willen<br />

dem Herrn zu übergeben. Entspringt eine solche Unterwerfung nicht allein<br />

aus <strong>der</strong> Liebe, so entwickelt sie sich zur Unvernunft und Rohheit. Wenn<br />

<strong>der</strong> Gläubige seine Seele, seinen Willen und sich selbst ganz dem Herrn<br />

übereignet, und nichts von sich selber erwartet, und nur Gott um Gottes<br />

willen verlangt, in einem Zustand leidenschaftlicher Liebe, dann können<br />

wir wissen, dass er einen guten Anfang gemacht hat. Warum? weil eine<br />

solche Gesinnung nicht auf selbstbezogene Vergnüglichkeiten abzielt! Die<br />

Herrlichkeit des Himmels soll nicht dein Beweggrund sein. Auch nicht das<br />

liebliche Empfinden <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn. Also darf we<strong>der</strong> ein<br />

irdischer noch himmlischer Beweggrund das Ziel eures Verlangens sein.<br />

Es ist genug, wenn ihr Ihn geliebt habt, euch in seine Liebe verliebt habt,<br />

und im Stande göttlicher Liebe verbleibt.<br />

Jemand hat die weise Erkenntnis geäußert: „Der Beweggrund ist immer<br />

nur das Kind <strong>der</strong> Liebe.“ Wenn ich Gott allein liebe, werde ich auch nur<br />

nach Gott allein verlangen. Wenn ich Gott allein um seiner selbst willen<br />

liebe, ohne eigenliebige Gedanken, so wird mein Sehnen allein nach Ihm<br />

sein. Was auch immer in diesem Stande dem inneren Leben entspringt,<br />

wird gewiss lauter und ohne selbstherrliche Motive sein.<br />

Dieses Liebesverlangen wird nicht von „Lebhaftigkeit“ beherrscht. Es<br />

birgt immer Stille und Ruhe in sich. Reine Beweggründe, geheiligtes<br />

Sehnen, sind ruhig und still, erfüllt und gesättigt. Wenn eine Seele dem<br />

unendlich reichen Gott ihre Liebe erweist, und diese Liebe ihren Ursprung<br />

in Ihm nimmt, und wenn sie kein an<strong>der</strong>es Ziel hat als die Glückseligkeit<br />

Gottes, können sich ihre Herzenswünsche nicht in Nebendingen, wie<br />

rastlosem und umtriebigem Verlangen, erschöpfen. Ein Empfinden <strong>der</strong>


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Menschliches und göttliches Verlangen<br />

35<br />

Ruhe hat keinen unbefriedigten Wunsch und kein unerfülltes, persönliches<br />

Verlangen. Und das ist die rechte Grundhaltung, welche allein das wahre<br />

Fundament - das einzig unerschütterliche Fundament - für den Fortgang<br />

des geistlichen Lebens einer Seele sein soll. Seid dessen eingedenk, dass<br />

<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Gläubigen die Liebe zu Gott nur in einer Mischung<br />

verschiedenster Beweggründe und innerer Zustände auslebt. Ihre Liebe zu<br />

Gott ist durchtränkt mit übertriebener Rücksichtnahme auf das Selbstleben<br />

und ihre Bedürfnisse.<br />

Noch weitaus schrecklicher und noch mehr anzutreffen sind Gläubige,<br />

<strong>der</strong>en Gottesliebe nur darin besteht, eine Liebe und Verlangen zu haben<br />

nach <strong>der</strong> eigenen Glückseligkeit. Sie suchen Gott um <strong>der</strong> Gefühle willen,<br />

die sie immer dann empfinden, wenn sie den Herrn lieben. Erstirbt diese<br />

Liebe (d.h. wenn die Gefühlsempfindungen ersterben, welche sie durch<br />

ihre Liebe zu Gott empfangen), so verlieren solche Gläubige weitgehend<br />

ihr Interesse an Gott.<br />

Diese Stände des Eigengesuchs müssen losgelassen werden, wenn<br />

unser Fortgang wahrhaft geistlich sein soll. Wir müssen Ihn lieben ohne<br />

Weise, ohne Absicht, und sogar ohne merkliche Regungen <strong>der</strong> Gefühle,<br />

auf denen wir uns abzustützen suchen. Wir müssen Ihn lieben, ohne den<br />

Zeiten <strong>der</strong> Trockenheit und des geistlichen Überflusses irgendwelche<br />

Aufmerksamkeit zu widmen. Unsere Liebe zu Gott muss himmelweit<br />

hinausreichen über den empfindsamen Genuss, sonst besteht unser<br />

Fundament nur aus verwehtem Sand.<br />

Es ist wahr, dass Gott viele bestimmte Neigungen in unsere Herzen<br />

hineinlegen kann. Er pflanzt Wünsche in die Herzen <strong>der</strong> Seelen ein. Paulus<br />

konnte daher laut ausrufen: „Ich weiß nicht was ich erwählen soll. Beides<br />

liegt mir hart an: Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein, was<br />

auch viel besser wäre; aber es ist nötiger im Fleisch zu bleiben um<br />

euretwillen.“ (Phil. 1,23)<br />

Aber bedenkt, dass <strong>der</strong>selbe Paulus, bewegt von glühen<strong>der</strong><br />

Christusliebe, für seine hebräischen Brü<strong>der</strong> ausrufen konnte: „Ich selber<br />

möchte verflucht und von Christus geschieden sein, meinen Brü<strong>der</strong>n<br />

zugute.“ (Röm. 9,3). Diese Worte rief er mit einer Liebe aus, die von Gott in<br />

ihn eingegossen war. Als er diesen Aufschrei seines Herzens hören ließ,<br />

war er gänzlich frei von persönlichen Erwägungen, ohne Beteiligung<br />

seines Eigenlebens. Seine Äußerungen scheinen sich zu wi<strong>der</strong>sprechen,<br />

aber in den Tiefen des menschlichen Geistes bilden sie einen wun<strong>der</strong>vollen<br />

Einklang. Es sind verborgene Vorgänge in den Tiefen des Geistes, die sich<br />

niemals verän<strong>der</strong>n.


36 Menschliches und göttliches Verlangen<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Die einzige Freude, das alleinige Streben <strong>der</strong> Seele ruht in <strong>der</strong><br />

Glückseligkeit Gottes, für Gott und in Gott. Alle unterscheidbaren<br />

Wünsche <strong>der</strong> Seele sind verschmolzen, aufgegangen im Sehnen nach Gott.<br />

Tief in ihrem Inneren eingebettet lebt ein gottursprüngliches Verlangen;<br />

ein Verlangen, das Beste für Gott und für sein Königreich herbeizusehnen.<br />

In diesem Stand ist sie nun weit entfernt von je<strong>der</strong> Art von Selbstsucht,<br />

denn selbstsüchtiges Verlangen und selbstbezogene Eigenheiten sind<br />

Früchte eines noch ungereinigten Willens. Euer Herr sehnt sich danach,<br />

euren Eigenwillen vernichten zu dürfen, und das so weit, bis euer Wille<br />

vollends in den Willen Gottes verloren ist. Daher wird Er von Zeit zu Zeit<br />

eure eigenliebigen Wünsche abschöpfen - ja, zerschlagen.<br />

Woran kann man erkennen, ob man sich im Stande eigenliebiger<br />

Wünsche befindet o<strong>der</strong> im Willen Gottes? Oh, die Antwort ist ganz<br />

einfach, und ist ganz leicht zu erkennen. Eine Seele befindet sich dann<br />

nicht im Stande eines gottförmigen Willens, wenn sie z.B. durch schwere<br />

Leiden verbittert wird, o<strong>der</strong> durch an<strong>der</strong>e Menschen enttäuscht wird. Vor<br />

allem aber dann, wenn sie sich von Gott enttäuscht fühlt, von seinem<br />

Handeln, dass sie unzufrieden ist mit einem so ungerechten Gott. Wer so<br />

denkt und empfindet, dessen Herz wird noch von <strong>der</strong> Selbstsucht<br />

beherrscht.<br />

Wir können den Willen Gottes nicht immer begreifen und verstehen,<br />

aber wir können seiner Allmacht immer vertrauen. Darum soll sich eine<br />

Seele nicht ein Wunschbild von Gott formen, o<strong>der</strong> sich Vorstellungen über<br />

sein Handeln machen, denn sonst wird sie unweigerlich enttäuscht werden.<br />

Eine solche Seele kann ihr Herz nicht <strong>der</strong> Vorsehung Gottes anvertrauen,<br />

weil sie nicht allein das Glück und Wohl Gottes im Auge hatte. Ihre<br />

Beweggründe sind vermischt, so dass ihr inwendiger Wandel mit dem<br />

Herrn zerstört wird.<br />

Wenn sich aber die Seele hingibt, um in Christus verloren zu werden,<br />

so wird sie die äußeren Verhältnisse nicht mehr empfinden, und sich nicht<br />

mehr gegen sie auflehnen, es seien nun Verfolgungen o<strong>der</strong> erlittenes<br />

Unrecht. Und auch das wird sie nicht mehr berühren können, was als<br />

Ungerechtigkeit und Missfallen Gottes angesehen werden könnte.<br />

„Die Seligkeit des Lebens aber besteht hauptsächlich<br />

ja nur in <strong>der</strong> Tätigkeit, und so ist es <strong>der</strong> Seele nützlicher,<br />

dass sie sich in aller Tätigkeit übe, als dass sie sich gleichfort<br />

in aller Klarheit des inneren Wahrnehmens<br />

nach allen Richtungen des Lebens hin befände.“<br />

(GEJ.09_141,10)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Ein Wächter am Fluss<br />

37<br />

Ein Wächter am Fluss<br />

Lorenz Marti<br />

Wie erkennt man sich selbst? Augustinus meint schlicht<br />

und einfach: „Betrachte dich.“ Dazu braucht man etwas<br />

Distanz sich selber gegenüber. Mittelalterliche Mönche<br />

und Nonnen praktizierten dies, indem sie gelegentlich in<br />

<strong>der</strong> dritten Person von sich sprachen und Worte wie<br />

„mein“ und „mir“ mieden. Sie sprachen von sich, als<br />

hätten sie es mit einer fremden Person zu tun.<br />

So trete ich also einen Schritt zurück und schaue mir<br />

Lorenz Marti<br />

Mitarbeiter des<br />

Schweizer Radio und<br />

wohnhaft in Bern<br />

zu: Was geht vor in dem Menschen, <strong>der</strong> ich bin? Was denkt und fühlt er,<br />

wie handelt und reagiert er? Ich schaue zu, ohne zu kommentieren, so, als<br />

ob mich das alles gar nichts anginge. Ich bin ein möglichst neutraler Zeuge<br />

meiner selbst.<br />

Die erste Entdeckung dabei: Es gibt nicht nur dieses Ich, das in einer<br />

beinahe permanenten Unruhe immer etwas will o<strong>der</strong> nicht will, das sich<br />

freut und sich ängstigt, das beurteilt und verurteilt. Es gibt auch den<br />

Zeugen, <strong>der</strong> beobachtet, was geschieht. Es gibt einen ruhenden Punkt, <strong>der</strong><br />

vom ganzen hektischen Hin und Her nicht berührt wird.<br />

So kann es geschehen, dass ich mich verspäte und auf den Bahnhof<br />

hetze, weil ich unbedingt einen bestimmten Zug erreichen will - und mir<br />

gleichzeitig zuschaue, wie ich renne, mich aufrege und ängstige. Als<br />

Zeuge aber kenne ich keine Hetze und keine Angst. Da stelle ich nur fest,<br />

was ist: Ein Mann rennt auf den Zug, getrieben von <strong>der</strong> Angst, ihn zu<br />

verpassen. Dieser Mann bin ich. Aber auch <strong>der</strong> Zeuge, <strong>der</strong> ruhig<br />

beobachtet, bin ich.<br />

Oft ist es wie in einem Theater: Da streite ich auf <strong>der</strong> Bühne mit<br />

jemandem, sitze aber gleichzeitig als Zuschauer ganz entspannt in meinem<br />

Sitz und schaue dem Streit zu. Auf die Dauer kann ich allerdings nicht<br />

Schauspieler und Zuschauer zugleich sein. Dann stellt sich die Frage, mit<br />

wem ich mich identifiziere. Schaue ich lange genug zu, werde ich immer<br />

mehr zum Zuschauer, <strong>der</strong> Schauspieler verliert an Kraft, und die<br />

Vorstellung geht zu Ende.<br />

O<strong>der</strong> die Ängste, meine ungeliebten Begleiterinnen: Statt mich an<br />

ihnen festzubeißen, kann ich zuschauen, wie sie kommen - und wie<strong>der</strong><br />

gehen. Und tatsächlich: Sie verschwinden, wenn ich sie nur ziehen lasse.<br />

Dass viele von ihnen ein, zwei, zehn o<strong>der</strong> hun<strong>der</strong>t Mal wie<strong>der</strong>kommen,<br />

braucht den Zeugen nicht zu beunruhigen. Er schaut dem zu, was ist.<br />

Ba'al Shem Tov, <strong>der</strong> große chassidische Meister, setzte sich oft spät


38 Türhüter des Herzens<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

abends an einen Fluss, um zu meditieren. Nach einer Weile stand er dann<br />

wie<strong>der</strong> auf und kehrte nach Hause zurück. Sein Weg führte an einem<br />

mächtigen Herrschaftshaus vorbei, vor dem ein Wachposten stand. Der<br />

Wächter wun<strong>der</strong>te sich, was dieser seltsame Mann trieb. Einige Male<br />

folgte er ihm bis zum Fluss, doch er konnte nichts Beson<strong>der</strong>es feststellen.<br />

Schließlich wagte er es, ihn direkt zu fragen: „Ich sehe Sie oft zum<br />

Fluss gehen, und, entschuldigen Sie meine Neugier, ich bin Ihnen auch<br />

schon gefolgt. Aber ich verstehe nicht, was Sie dort suchen. Sie tun ja gar<br />

nichts! Sie sitzen nur am Wasser und kehren wie<strong>der</strong> zurück?“<br />

„Ich weiß, dass Sie mir schon oft gefolgt sind“, antwortete <strong>der</strong> Ba'al<br />

Shem, „denn die Nacht ist still, und ich konnte Ihre Schritte hören. Auch<br />

habe ich Sie schon oft vor dem Tor dieses großen Hauses gesehen. Was<br />

machen Sie denn eigentlich?“<br />

„Oh, ganz einfach: Ich bin ein Wächter.“<br />

„Welch ein Zufall“, rief <strong>der</strong> Ba'al Shem, „auch ich bin einer!“<br />

„Aber wenn Sie ein Wächter sind, dann müssen Sie doch etwas haben,<br />

das Sie bewachen, ein Haus, einen Palast o<strong>der</strong> einen Park. Aber ich sehe<br />

Sie nur am Fluss sitzen ...“<br />

„Der Unterschied zwischen uns ist klein: Sie bewachen ein Haus, ich<br />

bewache mich selber. Sie beobachten, was sich rund um dieses Haus tut,<br />

ich beobachte, was in mir vorgeht.“<br />

„Seltsam“, brummte <strong>der</strong> Wächter, „und wer bezahlt Sie dafür?“<br />

„Mein Lohn ist eine Ruhe, die durch kein Geld dieser Welt aufgewogen<br />

werden kann.“<br />

Türhüter des Herzens<br />

Der sorgfältige Umgang mit den eigenen Gedanken gehört zum ABC je<strong>der</strong><br />

spirituellen Praxis. Gedanken haben Kraft, sie schaffen Wirklichkeiten.<br />

„Der Mensch wird, was er denkt“, erklärt <strong>der</strong> Mönchsvater Cassian.<br />

Nun kommen die meisten Gedanken einfach so, tauchen scheinbar aus<br />

dem Nichts auf, hüpfen durch meinen Kopf, verursachen einige kleinere<br />

o<strong>der</strong> größere Turbulenzen und verschwinden wie<strong>der</strong>. Einige lassen sich<br />

allerdings auch nie<strong>der</strong> - wenn ich es zulasse. Es ist meine Aufgabe, zu<br />

entscheiden, welchen ich Gastrecht gewähren will. Eine wichtige<br />

Entscheidung, denn Gedanken schaffen Wirklichkeiten.<br />

Der Talmud, das große jüdische Lehrbuch, zieht eine direkte Linie von<br />

den Gedanken zum Schicksal:<br />

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine<br />

Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Türhüter des Herzens<br />

39<br />

sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie<br />

werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein<br />

Schicksal.“<br />

Natürlich wäre es zu einfach, jedes Schicksal linear aus den Gedanken<br />

abzuleiten. Manch ein Schicksal bleibt letztlich ein Geheimnis. Aber es<br />

wäre auch zu einfach, eine Situation allein mit dem Hinweis auf ein nicht<br />

näher fassbares Schicksal zu „erklären“ und sich damit aus <strong>der</strong><br />

Verantwortung zu stehlen.<br />

Wenn ich entlang <strong>der</strong> Linie, wie sie <strong>der</strong> Talmud beschreibt,<br />

zurückgehe, dann verstehe ich, dass das Schicksal nicht einfach von außen<br />

über mich hereinbricht, son<strong>der</strong>n in einem immer neu zu bestimmenden<br />

Maß auch etwas mit mir und meinem Denken zu tun hat. Deshalb ist <strong>der</strong><br />

Anfang dieser Kette so wichtig. Hier habe ich die Möglichkeit, die<br />

Weichen zu stellen, die Richtung zu bestimmen.<br />

Es ist lei<strong>der</strong> nicht so, dass ich automatisch nur die guten Gedanken<br />

wähle. Im Gegenteil: Negative Gedanken scheinen eine beinahe magische<br />

Anziehungskraft auszuüben. Wenn ich mich beobachte, stelle ich fest,<br />

dass ich oft bei Gedanken verweile, die mir keineswegs gut tun -<br />

geschweige denn jemand an<strong>der</strong>em. Und die kaue ich manchmal so lang<br />

und breit, bis sie völlig ungenießbar werden - und ich selber<br />

wahrscheinlich auch.<br />

„Sei ein Türhüter deines Herzens und lass keinen Gedanken ohne<br />

Befragung herein“, mahnt <strong>der</strong> Mönchsschriftsteller Evagrius Ponticus. Als<br />

Türhüter schaue ich genau hin. Ich prüfe den Gedanken, <strong>der</strong> Einlass<br />

begehrt: Was bringt er mit sich? Welche Gefühle hinterlässt er? Ruhe o<strong>der</strong><br />

Unruhe? Frieden o<strong>der</strong> Unfrieden? Gelassenheit o<strong>der</strong> Angst? Und: Will ich<br />

mich auf diesen Gedanken einlassen? Will ich es wirklich? Nach dieser<br />

Befragung kann ich entscheiden, ob ich ihm die Tür öffnen will o<strong>der</strong> nicht.<br />

Manchmal schläft aber <strong>der</strong> Türhüter, und ein ungebetener Gast<br />

schleicht sich ein. Dann wäre Evagrius vielleicht so zu ergänzen: „Sei ein<br />

Rausschmeißer deines Herzens und wirf jeden Gedanken hinaus, <strong>der</strong> dir<br />

nicht gut tut!“ Als Rausschmeißer packe ich den unangenehmen Gesellen,<br />

<strong>der</strong> sich in meinem Herzen herumtreibt, und stelle ihn vor die Tür. Er<br />

bekommt Hausverbot. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben.<br />

Sollte er trotzdem wie<strong>der</strong>kommen und versuchen, sich einzuschleichen,<br />

dann gibt es einen weiteren Trick, um ihn loszuwerden: Die Konzentration<br />

auf einen an<strong>der</strong>en Gedanken. Es ist unmöglich, zwei Gedanken<br />

gleichzeitig zu denken. Die alten Mönche übten sich darin, destruktive<br />

Gedanken gezielt durch konstruktive zu ersetzen. Oft wählten sie dafür ein<br />

Wort aus <strong>der</strong> Bibel. So wird von einem Eremiten berichtet, <strong>der</strong> sich vor


40 Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

<strong>der</strong> Einsamkeit in <strong>der</strong> Wüste fürchtete. Als Therapie soll er in seiner Zelle<br />

nächtelang den immer gleichen Vers aus dem Buch Genesis rezitiert<br />

haben: „Fürchte dich nicht, Jakob, nach Ägypten hinabzuziehen.“ Damit<br />

soll es ihm gelungen sein, die verlorene Ruhe zurückzugewinnen. Bewusst<br />

wird hier dem ungeordneten Denken (in dem allein überzogene Ängste<br />

sich entfalten können) ein klarer, richtungsweisen<strong>der</strong> Gedanke gegenübergestellt.<br />

„Metanoia“ heißt dies in <strong>der</strong> alten Kirchensprache: Umkehr des<br />

Herzens, Sinnesän<strong>der</strong>ung, neues Denken.<br />

(Quelle: „Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe?“, Her<strong>der</strong> Verlag)<br />

Anselm Grün<br />

Benediktinerpater und<br />

spiritueller Autor<br />

Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />

Anselm Grün<br />

„Sie schauen dem lieben Gott ins Fenster“, sagt ein altes<br />

Sprichwort von Menschen, die zufrieden sind, ihre Zeit<br />

genießen und die Muße auskosten. Für mich ist das eine<br />

<strong>der</strong> schönsten Beschreibungen des Glücks. Langsamkeit<br />

und intensive Erfahrung des Augenblicks, Herzensruhe und<br />

höchste Seligkeit, das geht zusammen. Erlebnishunger,<br />

innere Unrast und pausenlose Jagd nach Erfüllung eigener<br />

Wünsche freilich auch; oft gerade bei Menschen, die nichts<br />

heftiger wollen als ihr Glück.<br />

Denn nach Glück sehnen sich alle. Das Leben soll gelingen, es soll<br />

glücken.<br />

Heute gibt es viele Gurus und selbsternannte Glückspropheten, die eine<br />

heile Welt vorgaukeln und das schnelle und leichte Glück verheißen.<br />

Doch <strong>der</strong> Weg zum Glück ist keine Schnellstraße, er führt nicht an <strong>der</strong><br />

Realität unseres Alltags vorbei. Im Gegenteil. Er führt mitten durch unser<br />

alltägliches, gewöhnliches Leben.<br />

Und es braucht auch keinen großen Aufwand, um dem Ziel unserer<br />

Sehnsucht nahe zu kommen. Wir brauchen nur in diesem Moment - hier<br />

und heute - die Augen zu öffnen für die kleinen Dinge um uns herum, für<br />

den Baum, in dessen Zweigen sich die Vögel nie<strong>der</strong>lassen, für die Weite<br />

des Meeres und die Kraft des Sturmes. Glücklich ist, wer die Schönheit <strong>der</strong><br />

Schöpfung wahrnimmt und seine Sinne öffnet für den Reichtum <strong>der</strong> Welt,<br />

in <strong>der</strong> er lebt. Glück ist nicht das Ergebnis von Anstrengung und Leistung.<br />

Es ist nicht machbar, es ist ein Geschenk.<br />

Wenn wir die Augen aufmachen, dann werden wir jeden Tag Gottes<br />

Geschenke wahrnehmen. Wenn wir einem freundlichen Menschen begegnen,<br />

wenn wir die Schönheit einer Blume bewusst sehen o<strong>der</strong> spüren, wie


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />

41<br />

die Sonne uns wärmt, in <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> Liebe, die unser Herz erfüllt.<br />

Der Weg zu diesem Glück ist nicht anstrengend und weit. Wir brauchen<br />

nur bewusst wahrzunehmen, was Gott uns jeden Tag an Gaben auf den<br />

Weg legt. Je<strong>der</strong> Tag ist ein Weg zum Glück. Das Glück liegt vor unseren<br />

Füßen. Es wächst am Rand des Wegs, den wir jeden Tag gehen. Wir<br />

müssen es nur pflücken. Wer achtlos seine Wege geht, <strong>der</strong> wird es<br />

nirgends finden. Auch nicht an den Orten, an die ihn die Glückspropheten<br />

einladen möchten.<br />

Glück ist Ausdruck erfüllten und sinnvollen Lebens. Wenn ich mit allen<br />

Sinnen lebe, wenn ich ganz im Augenblick bin, im Einklang mit mir selbst,<br />

dankbar für das Leben, das mir geschenkt ist, dann bin ich glücklich.<br />

Dieses tägliche Glück braucht freilich eine ganz bestimmte Sichtweise.<br />

Ich muss mich selbst mit einem liebenden und milden Blick anschauen und<br />

ja sagen zu dem, <strong>der</strong> ich bin - auch mit meinen Grenzen und Schwächen.<br />

Dann bin ich im Einklang mit mir selbst. Dann bin ich glücklich.<br />

Doch Glück kann ich nicht festhalten. Eben so wenig wie das Leben.<br />

Mein Weg wird täglich auch durchkreuzt durch das, was mir wi<strong>der</strong>fährt,<br />

durch Kränkungen, Missverständnisse, Konflikte. Glück heißt nicht, dass<br />

ich in einer heilen Welt lebe. Es bedeutet nicht, über alles Dunkle<br />

hinwegzusehen. Freude und Schmerz - beides gehört zum Leben. Und<br />

beides kann eine Spur zum Glück sein.<br />

Glück entsteht also, wenn ich mitten in dieser unvollkommenen Welt ja<br />

sage zu meiner Menschlichkeit, aber auch zu allem, was mir wi<strong>der</strong>fährt.<br />

Glücklich ist, wer sich in allem, auch in Wi<strong>der</strong>wärtigkeiten und Leid, von<br />

Gottes guter Hand getragen weiß. Und glücklich ist <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> sich<br />

von allem, was ihm wi<strong>der</strong>fährt, auf Gott und auf seinen innersten<br />

Seelengrund verweisen lässt. Dort auf dem Grund seiner Seele wohnt das<br />

Glück. Denn da, wo Gott in ihm wohnt, ist er mit sich im Einklang. Da ist<br />

er wirklich glücklich.<br />

„Also aber lautet <strong>der</strong> göttliche Wille an mich, an euch und an jeglichen<br />

Menschen: Erkennet und liebet Gott über alles, alle eure Brü<strong>der</strong> und<br />

Schwestern aber so, wie je<strong>der</strong> sein eigenes Leben; meidet überflüssige<br />

Genüsse des Fleisches und denket, dass es nur einen Herrn gibt, wir<br />

Menschen aber sind lauter Brü<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong>, – so werdet ihr<br />

gerecht sein und rein vor Gott und aller Welt, wo ihr auch immer sein<br />

werdet, und <strong>der</strong> Herr wird euch segnen und führen überall eurem<br />

ewigen Glücke entgegen!“<br />

(HGt.3_174,8)


42 Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />

„Und wenn <strong>der</strong>selbige kommt, wird er die Welt strafen um die Sünde<br />

und um die Gerechtigkeit und um das Gericht. Um die Sünde, dass sie<br />

nicht glauben an Mich; um die Gerechtigkeit aber, dass Ich zum Vater<br />

gehe und ihr Mich hinfort nicht sehet; um das Gericht, dass <strong>der</strong> Fürst<br />

dieser Welt gerichtet ist. - Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr<br />

könnet es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit,<br />

kommen wird, <strong>der</strong> wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn Er wird nicht<br />

von Sich Selbst reden, son<strong>der</strong>n was Er hören wird von Mir, das wird Er<br />

reden, und was zukünftig ist, wird Er euch verkündigen. - Derselbe wird<br />

Mich verklären; denn von dem Meinen wird Er es nehmen und euch<br />

verkündigen. Alles, was <strong>der</strong> Vater hat, ist Mein. Darum habe Ich zu euch<br />

gesagt: Von dem Meinen wird Er es nehmen und euch verkündigen.“ (Joh.<br />

16,8-15)<br />

Wenn <strong>der</strong> geeinte Geist <strong>der</strong> Liebe und aller Weisheit und Wahrheit aus<br />

ihr kommen wird aus <strong>der</strong> Höhe in <strong>der</strong> Menschen Herzen, so wird dadurch<br />

zugrunde gehen die Sünde - da die Welt wird überführt werden, dass <strong>der</strong><br />

Sohn und <strong>der</strong> Vater vollkommen eins sind, also nur ein wesenhafter Gott<br />

aller unendlichen Macht und Kraft und aller Heiligkeit, Liebe und Gewalt<br />

vorhanden ist und somit auch ein einiger Herr einer unwandelbaren<br />

Ordnung, in <strong>der</strong> da alle Welt bestehet und auch schon gerichtet ist in aller<br />

ihrer Herrschaft. Denn nur das wahrhaft Freie ist auch in und bei Mir frei,<br />

alles an<strong>der</strong>e aber ist gerichtet und könnte nicht bestehen ohne das Gericht.<br />

Denn unter dem „Fürsten <strong>der</strong> Welt“ wird ja verstanden alle wie frei<br />

wirkende Macht <strong>der</strong> Welt. Dessen ungeachtet aber befindet sie sich<br />

dennoch in Meiner alleinigen Macht, und es kann ohne Meine Zulassung<br />

kein Sonnenstäubchen von <strong>der</strong> Stelle bewegt werden.<br />

Da aber „strafen“ soviel heißt, als jemanden werktätig überzeugen, was<br />

da ist <strong>der</strong> Ordnung und was wi<strong>der</strong> dieselbe, so werden ja die Ungläubigen<br />

dadurch werktätig ihrer Nacht überführt werden, wenn sie aus den Werken<br />

<strong>der</strong>jenigen, die in Meiner Gerechtigkeit und Ordnung sind, ersehen<br />

werden, dass <strong>der</strong> Sohn und <strong>der</strong> Vater eins sind und <strong>der</strong> Sohn aus dem Vater<br />

hervorgegangen ist, wie da hervorgeht ein Licht aus hello<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Flamme.<br />

Wie aber da Flamme, Licht und Wärme eines sind, also ist auch Vater,<br />

Sohn und Geist eines!<br />

Die Wärme aber, welche hervorgeht aus dem Lichte, wie dieses aus <strong>der</strong><br />

Flamme, ist <strong>der</strong> Geist, <strong>der</strong> da an und für sich nichts ist, son<strong>der</strong>n nur die<br />

Einung des Vaters mit dem Sohne und somit alles belebt.


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />

43<br />

Daher heißt es auch: „Ich hätte euch noch viel zu sagen, allein ihr<br />

würdet es jetzt noch nicht ertragen können. Wenn aber <strong>der</strong> Heilige Geist<br />

kommen wird, <strong>der</strong> wird euch in alle Wahrheit leiten.“ - Wer da solches<br />

noch nicht verstehet, <strong>der</strong> lasse nur z.B. die Sonne im Winter reden, und er<br />

wird in naturmäßiger Hinsicht ganz dasselbe sinnbildlich wahrnehmen.<br />

Denn spricht die Sonne im Winter nicht also zu einem Teile <strong>der</strong> Erde:<br />

„Siehe, mein Licht hat aus deinem Boden noch gar viel zu entwickeln,<br />

allein in diesem deinem <strong>der</strong>maligen Zustande bist du einer solchen<br />

Entwicklung gar nicht fähig. Wenn aber mit dem Lichte auch die Wärme<br />

kommen wird - das ist die tatkräftige Liebe - so wird diese all die zahllosen<br />

Formen aus deinem Boden ziehen (o<strong>der</strong> dich in alle Wahrheit leiten).“<br />

Wird aber die Wärme des Lichtes etwa neue Formen dem Boden<br />

entlocken? O nein, son<strong>der</strong>n die alten Formen <strong>der</strong> ewigen Ordnung wird sie<br />

entfalten! Also wird auch <strong>der</strong> Geist nicht von sich selbst reden, son<strong>der</strong>n<br />

Dessen Worte nur, da er ausgeht.<br />

Wie aber durch die Wärme in den entfalteten Formen das Licht <strong>der</strong><br />

Sonne verklärt und verherrlicht wird, da es in seinen Urformen sich wie<strong>der</strong><br />

wie verjüngt erschaut, also wird auch <strong>der</strong> Geist den Sohn, <strong>der</strong> da eins ist<br />

mit dem Vater, in euch verklären. Denn er wird aus sich nicht sich selbst in<br />

euch hervorrufen, son<strong>der</strong>n Den nur, aus Dem er hervorgehet von Ewigkeit.<br />

- Darum ist auch gesagt: „Vom Meinen wird er's nehmen und euch<br />

verkündigen!“ - d.h.: Meinen Samen wird er in euch zum Wachstume<br />

bringen, und ihr werdet dann in euch Meine Herrlichkeit schauen!<br />

Solches also besagen diese Texte. Beachtet sie sehr wohl! Denn in ihnen<br />

liegt das Wesen <strong>der</strong> vollen Wie<strong>der</strong>geburt. Verstehet sie daher wohl im<br />

Geiste werktätig! - Amen. (HiG.02_S. 132)<br />

„Ich hätte euch noch gar vieles zu sagen und zu<br />

enthüllen, aber ihr alle könntet das noch nicht ertragen;<br />

wenn aber <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit aus Mir über euch<br />

kommen wird, so wird er euch in alle Wahrheit und<br />

Weisheit leiten, und ihr werdet euch dann schon völlig<br />

im Lichte des neuen Jerusalems befinden.“<br />

(GEJ.09_90,06)


44 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />

Frank Laubach<br />

Wir werden Christus nicht ähnlich werden, solange wir<br />

ihm nicht mehr Zeit widmen.<br />

Eine Universität verlangt von angehenden Lehrern, drei<br />

Jahre lang 25 Semesterwochenstunden zu studieren.<br />

Könnte sie kompetente Lehrer ausbilden o<strong>der</strong> eine juristische<br />

Fakultät kompetente Anwälte, wenn diese nur zehn<br />

Minuten pro Woche studieren würden? Auch Christus kann<br />

das nicht, und er hat nie behauptet, es zu können. Zu seinen<br />

Jüngern sagte er: „Kommt zu mir, geht mit mir, esst und<br />

Frank C. Laubach<br />

(1884 - 1970)<br />

Amerik. Missionar<br />

und Lehrer<br />

schlaft mit mir drei Jahre lang vierundzwanzig Stunden am Tag.“ Das war<br />

ihr Studium. „Er wählte sie“, sagt die Bibel, „um bei ihm zu sein“, 168<br />

Stunden jede Woche!<br />

Alle, die einen Monat lang versucht haben, in dieser Weise bei ihm zu<br />

bleiben, wissen, welche Kraft darin liegt. Jede Person, die das tut, wird<br />

völlig verän<strong>der</strong>t. Doch wie kann ein Mann o<strong>der</strong> eine Frau das tun?<br />

Tatsächlich kann es uns nicht gelingen, wenn wir nicht „umkehren und<br />

werden wie die kleinen Kin<strong>der</strong>“.<br />

Versuche, jede Minute mindestens eine Sekunde an Christus zu denken.<br />

Du brauchst darüber nicht an<strong>der</strong>e Dinge zu vergessen o<strong>der</strong> die Arbeit zu<br />

unterbrechen, son<strong>der</strong>n lade ihn ein, an allem teilzuhaben, was Du tust o<strong>der</strong><br />

sagst o<strong>der</strong> denkst. Es gibt tatsächlich Menschen, die so lange probiert<br />

haben, bis sie Wege fanden, wie sie ihn an je<strong>der</strong> wachen Minute<br />

teilnehmen lassen konnten. Eigentlich ist es nicht schwerer, diese neue<br />

Gewohnheit zu erlernen, als das Tastensystem beim Schreibmaschineschreiben<br />

zu erlernen, und mit <strong>der</strong> Zeit wird ein großer Teil <strong>der</strong> Minuten<br />

eines Tages dem Herrn so mühelos gegeben, wie ein geübter Schreiber<br />

sich nicht anstrengen muss, einen Brief zu tippen. Diese Einübung in die<br />

Gegenwart Christi beansprucht unsere ganze Zeit, aber sie nimmt uns<br />

nichts von unserer Arbeit. Sie nimmt Christus in unsere Unternehmungen<br />

hinein und macht diese erfolgreicher.<br />

Die Möglichkeit, sich in die Gegenwart Gottes einzuüben, steht außer<br />

Frage. Sie wurde schon von zahllosen Heiligen unter Beweis gestellt.<br />

Tatsächlich war sie allen geistlichen Größen aller Zeiten vertraut. Die<br />

Ergebnisse dieses Bemühens beginnen sich nach einem Monat klar zu<br />

zeigen. Nach sechs Monaten werden sie reichhaltig und nach zehn Jahren<br />

herrlich. Das ist das Geheimnis <strong>der</strong> großen Heiligen aller Zeitalter. „Betet


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />

45<br />

ohne Unterlass“, sagte Paulus, „Lasst eure Anliegen vor Gott kundwerden.“<br />

„Alle, die durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes.“<br />

Niemand ist je<strong>der</strong>zeit völlig mit sich zufrieden. Unser Leben besteht aus<br />

Licht und Schatten, aus einigen guten und vielen unbefriedigenden Tagen.<br />

Wir haben gelernt, dass die guten Tage und Stunden kommen, wenn wir<br />

Christus sehr nahe sind. Also ist klar, dass <strong>der</strong> Weg zu mehr solchen Tagen<br />

und Stunden darin besteht, ihn in alles hineinzunehmen, was wir tun o<strong>der</strong><br />

sagen o<strong>der</strong> denken.<br />

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass gute Vorsätze nicht ausreichen. Wir<br />

müssen die Disziplin entwickeln, unser Leben einer geregelten Ordnung zu<br />

unterstellen. Viele von uns fanden die Idee, sich einmal in je<strong>der</strong> Minute<br />

Christus zuzuwenden, außerordentlich hilfreich. Diese Übung ist so alt wie<br />

Henoch, <strong>der</strong> „mit Gott wandelte“. Es ist eine Lebensweise, von <strong>der</strong> fast<br />

je<strong>der</strong> gehört hat und die doch fast je<strong>der</strong> ignoriert. Einige werden darin<br />

sofort einen neuen Ansatz <strong>der</strong> „Einübung in Gottes Gegenwart“ von Bru<strong>der</strong><br />

Lorenz erkennen. Es ist eine beglückende Erfahrung und eine erhebende<br />

geistliche Übung; aber wir werden bald entdecken, dass sie weit mehr ist<br />

als das. Einige Leute haben sie damit verglichen, aus einem dunklen<br />

Gefängnis herauszutreten und zu leben. Wir sehen immer noch dieselbe<br />

Welt, aber sie ist nicht mehr die Gleiche, denn sie hat eine neue, herrliche<br />

Farbe und eine weit tiefere Bedeutung.<br />

Du wirst feststellen, dass diese Übung genauso einfach und genauso<br />

schwierig ist, wie die Entwicklung je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gewohnheit. Bisher hast<br />

du nur wenige Sekunden o<strong>der</strong> Minuten in <strong>der</strong> Woche an den Herrn gedacht,<br />

und in <strong>der</strong> übrigen Zeit kam er dir nicht in den Sinn. Jetzt versuchst du wie<br />

Bru<strong>der</strong> Lorenz, den Herrn in je<strong>der</strong> wachen Minute im Sinn zu haben. Eine<br />

so drastische Än<strong>der</strong>ung einer Gewohnheit verlangt am Anfang eine<br />

wirkliche Anstrengung.<br />

Wie man am besten anfängt<br />

Wähle eine geeignete Stunde, eine einfache, unkomplizierte Stunde.<br />

Schau, wie viele Minuten dieser Stunde kannst du Christus mindestens<br />

einmal pro Minute in Erinnerung rufen o<strong>der</strong> berühren? Das heißt, denke<br />

mindestens alle sechzig Sekunden eine Sekunde lang an Ihn. Zuerst wird<br />

es dir nicht so gut gelingen, aber versuche es weiter, denn es wird ständig<br />

leichter und nach einer Weile geschieht es fast automatisch. Wenn du mit<br />

diesem Versuch beginnst, wirst du feststellen, dass du geistlich noch ein<br />

sehr schwaches Kleinkind bist. Ein Kleinkind im Gitterbett greift nach<br />

allem, was in seiner Reichweite liegt, um sich auf die Füße zu hieven; dann<br />

wankt es ein paar Sekunden und fällt erschöpft hin. Dann macht es einen


46 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

neuen Versuch und bleibt jedes Mal ein wenig länger stehen als zuvor.<br />

Angenommen, du hast eine gute Zeit in <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn<br />

verbracht und führst anschließend ein gewöhnliches Gespräch mit einer<br />

Gruppe von Freunden. Gelingt es dir wenigstens einmal in je<strong>der</strong> Minute an<br />

den Herrn zu denken? Das ist schwierig, aber hier sind einige Hilfen.<br />

Summe in Gedanken (für an<strong>der</strong>e unhörbar) ein Lieblingslied - zum<br />

Beispiel „Jesus, du allein bist genug.“ Flüstere im Stillen: „Herr, du bist<br />

mein Leben“ o<strong>der</strong>: „Du füllst meinen Sinn.“<br />

Hier sind noch einige an<strong>der</strong>e Mittel, die sich als hilfreich erwiesen<br />

haben:<br />

Bei Tisch erinnere dich an die Worte Jesu: „Tut dies zu meinem<br />

Gedächtnis.“ Dies lässt sich auf gewöhnliche Mahlzeiten anwenden,<br />

sodass je<strong>der</strong> Mundvoll sein „Leib für dich gebrochen“ ist.<br />

Beim Lesen bleibe mit ihm im Gespräch über die Seiten, die du gerade<br />

liest.<br />

Wenn du dir Zeit nimmst, um irgendein Problem zu erwägen, wie<br />

kannst du an den Herrn denken? Indem du eine neue Gewohnheit<br />

entwickelst! Alles Denken verwendet unausgesprochene Worte und ist<br />

eigentlich ein inneres Selbstgespräch. Doch statt zu dir selbst zu sprechen,<br />

gewöhne dir an, mit Christus zu sprechen. Einige von uns, die das getan<br />

haben, fanden es so viel besser, dass wir nie wie<strong>der</strong> zu <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Art<br />

zurückkehren wollen. Keine Übung, die wir je ausprobierten, hat unser<br />

Denken so getragen wie dies: alle Gedanken zu einem Gespräch mit dem<br />

Herrn zu machen. Wenn irgendwelche bösen Gedanken kommen, sage:<br />

„Herr, diese Gedanken sind nicht geeignet, mit dir besprochen zu werden.<br />

Herr, übernimm du das Denken. Erneuere meinen Sinn durch deine<br />

Gegenwart.“<br />

Wenn du allein draußen spazieren gehst, kannst du mühelos mindestens<br />

einmal in <strong>der</strong> Minute an den Herrn denken. Wenn du an einem Ort<br />

wan<strong>der</strong>st, wo du ungehört laut reden kannst, magst du mit dem<br />

unsichtbaren Begleiter in dir reden. Frage ihn, was ihm beson<strong>der</strong>s am<br />

Herzen liegt, und sprich dann laut aus, was du als Gottes Antwort gehört<br />

zu haben glaubst. Natürlich sind wir nicht immer sicher, ob wir seine<br />

Antwort richtig aufgefasst haben, aber es ist überraschend, wie häufig wir<br />

diese Gewissheit haben. Es ist wirklich nicht notwendig, sicher zu sein,<br />

dass unsere Antwort richtig ist, denn nicht die Antwort ist entscheidend -<br />

er ist es! Gott ist unendlich viel wichtiger als sein Rat o<strong>der</strong> seine Gaben;<br />

in Wirklichkeit ist er selbst das große Geschenk. Das kostbarste Vorrecht<br />

beim Gespräch mit Christus ist diese innige Vertrautheit, die wir mit ihm<br />

haben können. Vielleicht erleben wir eine herrliche Abfolge himmlischer


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />

47<br />

Minuten. Wie töricht wir doch sind, diese ergreifende Freude des Lebens<br />

zu versäumen, obgleich wir sehen, dass man sie bereits allein bei einem<br />

Spaziergang erfahren kann! Aber die wun<strong>der</strong>barste aller Entdeckungen ist,<br />

um es mit Paulus' Worten zu sagen, dass „Christus in mir lebt“. Er wohnt<br />

in uns, spricht in unsere Gedanken, berührt durch unsere Hände, redet mit<br />

unserer Stimme, wenn wir auf jedes Flüstern von ihm eingehen.<br />

Sorge dafür, dass deine letzten Gedanken vor dem Einschlafen<br />

Christus gelten. Flüstere fortwährend Worte <strong>der</strong> Zuneigung, die dein Herz<br />

dir eingibt. Wenn du den ganzen Tag lang mit ihm gegangen bist, wirst du<br />

feststellen, dass er auch <strong>der</strong> vertraute Begleiter deiner Träume sein wird.<br />

Manchmal sind wir nach einem solchen Tag auf einem vor Freudentränen<br />

nassen Kissen eingeschlafen und spürten seine zärtliche Berührung auf<br />

unserer Stirn. Normalerweise jedoch wirst du keine tiefen Emotionen empfinden,<br />

son<strong>der</strong>n zu je<strong>der</strong> Zeit einen „Frieden, <strong>der</strong> allen Verstand<br />

übersteigt“ haben. So endet ein vollkommener Tag.<br />

Beim Aufwachen am Morgen kannst du fragen: „Nun, Herr, wollen wir<br />

aufstehen?“ Einige von uns flüstern ihm sogar jeden Gedanken über das<br />

morgendliche Waschen und Ankleiden zu.<br />

Männer haben festgestellt, dass sie den Herrn im Sinn behalten können,<br />

während sie allen möglichen Arbeiten nachgehen, ganz gleich ob geistiger<br />

o<strong>der</strong> handwerklicher Art, und sie stellen fest, dass sie glücklicher sind und<br />

bessere Resultate erzielen. Menschen, die unerträgliche Belastungsproben<br />

durchmachen, gewinnen neue Kraft, wenn sie erkennen, dass ihr<br />

unsichtbarer Freund ihnen zur Seite steht. (Natürlich kann kein Mensch,<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en schaden will o<strong>der</strong> unehrliche Methoden anwendet, Gottes<br />

Partnerschaft erwarten.) Der Zimmermann kann bessere Arbeit leisten,<br />

wenn er still mit Gott über jede Aufgabe spricht, wie Jesus es ganz gewiss<br />

tat, als er ein Zimmermann war.<br />

Es gibt Frauen, die beim Kochen, Geschirrspülen, Fegen, Nähen und<br />

Versorgen ihrer Kin<strong>der</strong> die Gemeinschaft mit Christus pflegen. Sie haben<br />

es als hilfreich empfunden, in je<strong>der</strong> kleinen Angelegenheit mit dem Herrn<br />

zu flüstern, weil sie wissen, dass er so gerne hilft. An<strong>der</strong>e summen o<strong>der</strong><br />

singen ihr Lieblingslied.<br />

Studenten können sich an <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn selbst während<br />

eines Examens erfreuen. Sie können sagen: „Vater, halte meine Gedanken<br />

klar und hilf mir, mich an alles zu erinnern, was ich gelernt habe. Wie<br />

sollen wir diese nächste Frage beantworten?“ Er wird ihnen nicht sagen,<br />

was sie nie studiert haben, aber er schärft tatsächlich ihr Gedächtnis und<br />

nimmt ihnen das Lampenfieber, wenn sie ihn bitten.<br />

Sorgen und Nöte kommen auch über Menschen, die Gottes Gegenwart


48 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

praktizieren, genauso wie sie über Jesus kamen, aber sie scheinen ihnen<br />

nicht mehr so wichtig im Vergleich zu ihrer neuen, freudigen Erfahrung.<br />

Wenn wir unsere Tage mit ihm verbracht haben, stellen wir fest, dass<br />

drohende Erdbeben, Feuer, Hungersnöte o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Katastrophen uns<br />

genauso wenig in Schrecken versetzen wie Paulus im Augenblick des<br />

Schiffbruchs. „Die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht.“<br />

Einige Preise, die wir zahlen müssen<br />

Der erste Preis ist <strong>der</strong> sanfte, aber beständige Druck, den wir auf<br />

unseren Willen ausüben müssen. Aber welcher Sieg wurde je ohne Mühe<br />

errungen?<br />

Der zweite Preis ist Ausdauer. Spärliche Ergebnisse zu Beginn geben<br />

nicht den geringsten Anlass für Entmutigung; je<strong>der</strong> hat über einen längeren<br />

Zeitraum diese Erfahrung gemacht. Doch jede Woche wird besser und<br />

verlangt weniger Anstrengung.<br />

Der dritte Preis ist vollkommene Hingabe. Wir verlieren die Gegenwart<br />

Christi in dem Augenblick, in dem unser Wille rebelliert. Wenn wir<br />

versuchen, auch nur einen entlegenen Winkel des Lebens für uns selbst<br />

o<strong>der</strong> für Böses zu behalten, und es ablehnen, uns ganz vom Herrn regieren<br />

zu lassen, wird dieser kleine Wurm die ganze Frucht ver<strong>der</strong>ben. Wir<br />

müssen absolut aufrichtig sein.<br />

Der vierte Preis ist, häufig mit an<strong>der</strong>en zusammen zu sein. Wir<br />

brauchen den Ansporn durch an<strong>der</strong>e Christen, die wie wir nach <strong>der</strong><br />

Gegenwart Christi streben.<br />

Was wir gewinnen<br />

Vielleicht gewinnst du nicht alle deine Minuten für Christus o<strong>der</strong> nicht<br />

einmal die Hälfte, aber du gewinnst ein reicheres Leben. Es gibt hierbei<br />

keine Verlierer außer denen, die aufgeben.<br />

Wir entwickeln, was Thomas von Kempen als „vertraute Freundschaft<br />

mit Jesus“ bezeichnet. Unser unsichtbarer Freund wird uns von Tag zu Tag<br />

lieber, inniger vertraut und wun<strong>der</strong>barer, bis wir ihn schließlich als „Jesus,<br />

Liebe meines Lebens“ kennen, nicht nur als Lied, son<strong>der</strong>n als beglückende<br />

Erfahrung. Zweifel verschwinden; wir sind uns sicher, dass er uns näher<br />

ist, als irgend ein Mensch es je sein kann. Diese herzliche, glühende<br />

Freundschaft reift rasch und wird mit jedem Monat reicher und<br />

strahlen<strong>der</strong>.<br />

Wir gewinnen Reinheit des Denkens, weil unser Verstand durch die<br />

Gegenwart Christi in jedem Augenblick so klar ist wie ein Gebirgsbach.<br />

Den ganzen Tag über sind wir zufrieden, was immer auch geschieht,<br />

weil er bei uns ist. „Wenn Jesus mit mir geht, werde ich überall hingehen.“


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />

49<br />

Es wird leicht, an<strong>der</strong>en von Christus zu erzählen, wenn unsere<br />

Gedanken von ihm getränkt sind. „Wovon das Herz voll ist, davon redet<br />

<strong>der</strong> Mund.“<br />

Es gilt jedem<br />

Die Auffassung, Religion sei düster, dumm und langweilig, ist Gott ein<br />

Gräuel, denn er hat unendliche Vielfalt erschaffen und liebt es, uns zu<br />

überraschen. Wenn du irgendeiner einschläfernden Form <strong>der</strong> Andacht<br />

überdrüssig bist, hat Gott sie wahrscheinlich genauso satt wie du. Schüttle<br />

sie ab und nähere dich ihm aus einer <strong>der</strong> zahllosen an<strong>der</strong>en Richtungen.<br />

Einfache Leute meinen oft, ein Wandel mit Gott sei ihnen zu hoch o<strong>der</strong><br />

sie könnten „den Spaß verlieren“, wenn sie alle ihre Freuden mit Christus<br />

teilen würden. Was für ein tragisches Missverständnis, ihn als<br />

Spaßver<strong>der</strong>ber zu betrachten! Ein ganzer Chor freudiger Stimmen rund um<br />

die Welt singt begeistert, dass die Stunden, die sie mit dem Herrn<br />

verbringen, die aufregendste Freude ist, die sie je erlebt haben, und dass<br />

ein Ballspiel o<strong>der</strong> ein Pfer<strong>der</strong>ennen daneben nur noch fade ist. Zeit mit<br />

dem Herrn zu verbringen ist keine düstere Pflicht. Und solltest du ihn für<br />

mehrere Minuten o<strong>der</strong> sogar Tage vergessen, dann stöhne und gräme dich<br />

nicht darüber, son<strong>der</strong>n fange einfach mit einem Lächeln wie<strong>der</strong> an. Jede<br />

Minute kann ein neuer Anfang sein.<br />

(Quelle: Frank Laubach - Leben in Gottes Gegenwart, Leuchter Edition)<br />

<br />

Wie verbringen Sie ihre Zeit<br />

Eine Untersuchung zeigte, dass ein durchschnittlicher Christ, <strong>der</strong> 75 Jahre<br />

alt ist, seine Jahre folgen<strong>der</strong>maßen verbrachte:<br />

23 Jahre mit Schlafen = 31% <strong>der</strong> Zeit<br />

19 Jahre mit Arbeiten = 25%<br />

9 Jahre mit Fernsehen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Zerstreuungen = 12%<br />

7 Jahre mit Ankleiden und Körperpflege = 10%<br />

6 Jahre mit Essen = 8%<br />

6 Jahre auf Reisen = 8%<br />

½ Jahr im Gottesdienst und im Gebet = 0,7%<br />

„So sehet nun zu, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht als die Unweisen,<br />

son<strong>der</strong>n als die Weisen, und kaufet die Zeit aus; denn es ist böse Zeit.“<br />

Epheser 5,16


50 Die Geschichte vom Steinmetz<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Die Geschichte vom Steinmetz<br />

Eines Tages überlegte ich mir wie<strong>der</strong> einmal, was es wohl sei, das mir<br />

fehle, um endlich glücklich zu sein. Geld, Erfolg, ein an<strong>der</strong>er Wohnort, ein<br />

Prinz,…?? Da stand plötzlich ein alter Chinese neben mir und sagte<br />

beiläufig: „Sie erinnern mich an den Steinmetz!“ Ich starrte ihn überrascht<br />

an und fragte: „Welchen Steinmetz?“ Daraufhin sagte <strong>der</strong> alte Chinese:<br />

„In meinem Land gibt es eine Geschichte, die von einem unglücklichen<br />

Steinmetz handelt, <strong>der</strong> wünschte, ein an<strong>der</strong>er zu sein, mit einer an<strong>der</strong>en<br />

Position im Leben. Eines Tages kam er am Haus eines reichen<br />

Kaufmannes vorbei, sah dessen großen Besitz und bemerkte, wie sehr <strong>der</strong><br />

Kaufmann geachtet wurde. Der Steinmetz beneidete den reichen<br />

Kaufmann und wünschte sich, so zu leben wie dieser. Dann müsste er<br />

nicht länger ein einfacher Steinmetz sein. Zu seiner Verwun<strong>der</strong>ung wurde<br />

ihm sein Wunsch gewährt. Plötzlich war er <strong>der</strong> Kaufmann und besaß mehr<br />

Macht und Luxus, als er jemals zu träumen gewagt hätte. Aber er wurde<br />

auch von den Armen beneidet und verachtet und hatte mehr Feinde, als er<br />

jemals für möglich gehalten hatte.<br />

Dann sah er einen hohen Beamten, <strong>der</strong> von Dienern getragen und von<br />

Soldaten eskortiert wurde und vor dem sich alle verneigten. Er war <strong>der</strong><br />

mächtigste und geachtetste Mann im ganzen Reich. Und <strong>der</strong> ehemalige<br />

Steinmetz und jetzige Kaufmann wünschte sich, wie jener hohe Beamte zu<br />

sein, Diener zu haben und Soldaten, die ihn bewachten, und mächtiger zu<br />

sein als alle an<strong>der</strong>en. Auch dieser Wunsch wurde ihm gewährt. Er<br />

verwandelte sich in den hohen Beamten, den mächtigsten Mann im ganzen<br />

Reich, vor dem alle sich verneigten. Aber <strong>der</strong> Beamte war auch <strong>der</strong> am<br />

meisten gefürchtete und gehasste Mann des Reiches, nur deshalb brauchte<br />

er so viele Soldaten. Die Sonne sandte stechende Strahlen zur Erde. Die<br />

Hitze war dem hohen Beamten sehr unangenehm, machte ihn mürrisch und<br />

verdrießlich. Er schaute zur Sonne empor und sagte bei sich: „Wie mächtig<br />

sie ist. Ich wünschte, ich könnte die Sonne sein.“<br />

Es dauerte nicht lange, da war er die Sonne, die auf die Erde schien.<br />

Doch dann schob sich eine große, dunkle Wolke vor ihn und versperrte<br />

seinen Strahlen den Weg. „Wie mächtig die Wolke ist“, dachte er „Ich<br />

wünschte, ich wäre so mächtig wie die Wolke.“ Und so wurde er zur<br />

Wolke, die den Sonnenstrahlen den Weg versperrte und auf die Dörfer<br />

regnete. Doch ein starker Wind kam auf und blies die Wolke fort. „Ich<br />

wünschte, ich wäre so mächtig wie <strong>der</strong> Wind“, dachte er, und als er es<br />

aussprach, verwandelte er sich in den Wind. Doch <strong>der</strong> Wind konnte zwar<br />

Bäume entwurzeln und ganze Dörfer verheeren, aber er konnte nichts


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Geschichte vom Echo<br />

51<br />

gegen einen Stein ausrichten. Der große Stein rührte sich nicht von <strong>der</strong><br />

Stelle, er wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> geballten Macht des Windes. „Wie mächtig<br />

dieser Stein ist“, dachte <strong>der</strong> Wind. „Oh, wie gern wäre ich so mächtig wie<br />

er.“<br />

Und er verwandelte sich in den großen Stein, <strong>der</strong> <strong>der</strong> geballten Kraft<br />

des Windes wi<strong>der</strong>standen hatte. Jetzt war er endlich glücklich, die große<br />

Macht auf Erden. Aber plötzlich hörte er ein Geräusch: klick, klick, klick.<br />

Ein Hammer trieb einen Meißel in den Stein und brach ihn Stück für<br />

Stück entzwei. „Was könnte mächtiger sein als ich?“ fragte sich <strong>der</strong> Stein.<br />

Und da, am Fuße des großen Steines, stand…ein Steinmetz.“<br />

Der alte Chinese schloss mit den Worten: „Viele Menschen suchen ihr<br />

Leben lang nach Glück und finden es nicht, weil sie an <strong>der</strong> falschen Stelle<br />

suchen. Man sieht keinen Sonnenuntergang, wenn man nach Osten schaut,<br />

und man findet das Glück nicht, wenn man es in seiner Umgebung sucht.<br />

Die Geschichte des Steinmetzes lehrt uns, dass man das Glück nur findet,<br />

wenn man nicht sein Leben, son<strong>der</strong>n sich selbst än<strong>der</strong>t.“<br />

<br />

Die Geschichte vom Echo<br />

Vater und Sohn sind in den Bergen unterwegs. Plötzlich fällt <strong>der</strong> Sohn<br />

hin, schlägt sich das Knie auf und schreit: „Aaahhh!!“<br />

Zu seiner Überraschung hört er eine Stimme irgendwo in den Bergen,<br />

die schreit auch: ‚Aaahhh!!’ Neugierig ruft er: ‚Wer bist du?’, und erhält<br />

zur Antwort: ‚Wer bist du?’ Dann schreit er in die Berge: ‚Ich bewun<strong>der</strong>e<br />

dich!’ Die Stimme antwortet: ‚Ich bewun<strong>der</strong>e dich!’ Verärgert schreit <strong>der</strong><br />

Junge: ‚Du Depp!’, und erhält zur Antwort: ‚Du Depp!’<br />

Er sieht zum Vater hinüber und fragt: ‚Was ist das?’ Der Vater lächelt:<br />

‚Geduld, mein Junge.’ Und nun ruft <strong>der</strong> Mann: ‚Du bist <strong>der</strong> Größte!’ Die<br />

Stimme antwortet: ‚Du bist <strong>der</strong> Größte!’ Der Junge ist überrascht, versteht<br />

aber immer noch nicht. Da erklärt <strong>der</strong> Vater:<br />

‚Die Menschen nennen es Echo, aber in Wirklichkeit ist es das Leben.<br />

Es gibt dir alles zurück, was du sagst o<strong>der</strong> tust. Unser Leben ist <strong>der</strong><br />

Spiegel unseres Handelns. Wenn du dir mehr Liebe in <strong>der</strong> Welt wünschst,<br />

dann sorge für mehr Liebe in deinem Herzen. Wenn du mehr Kompetenz<br />

in deinem Team willst, dann lerne selbst weiter. Das gilt für alles, für<br />

jeden Bereich des Lebens. Das Leben gibt dir alles zurück, was du ihm<br />

gegeben hast. Dein Leben ist kein Zufall. Es ist ein Spiegelbild.“


52 Die netten Zettel<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Die netten Zettel - Du bist mir wichtig!<br />

Eines Tages bat eine Lehrerin ihre Schüler, die Namen aller an<strong>der</strong>en<br />

Schüler in <strong>der</strong> Klasse auf ein Blatt Papier zu schreiben und ein wenig Platz<br />

neben den Namen zu lassen. Dann sagte sie zu den Schülern, Sie sollten<br />

überlegen, was das Netteste ist, das sie über jeden ihrer Klassenkameraden<br />

sagen können und das sollten sie neben die Namen schreiben.<br />

Es dauerte die ganze Stunde, bis je<strong>der</strong> fertig war und bevor sie den<br />

Klassenraum verließen, gaben sie ihre Blätter <strong>der</strong> Lehrerin. Am<br />

Wochenende schrieb die Lehrerin jeden Schülernamen auf ein Blatt Papier<br />

und daneben die Liste <strong>der</strong> netten Bemerkungen, die ihre Mitschüler über<br />

den Einzelnen aufgeschrieben hatten. Am Montag gab sie jedem Schüler<br />

seine o<strong>der</strong> ihre Liste.<br />

Schon nach kurzer Zeit lächelten alle. „Wirklich?“, hörte man flüstern ..<br />

„Ich wusste gar nicht, dass ich irgendjemandem was bedeute!“ und „Ich<br />

wusste nicht, dass mich an<strong>der</strong>e so mögen“, waren die Kommentare.<br />

Niemand erwähnte danach die Listen wie<strong>der</strong>. Die Lehrerin wusste nicht,<br />

ob die Schüler sie untereinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> mit ihren Eltern diskutiert hatten,<br />

aber das machte nichts aus. Die Übung hatte ihren Zweck erfüllt. Die<br />

Schüler waren glücklich mit sich und mit den an<strong>der</strong>en.<br />

Einige Jahre später war einer <strong>der</strong> Schüler verunglückt und die Lehrerin<br />

ging zum Begräbnis dieses Schülers. Die Kirche war überfüllt mit vielen<br />

Freunden. Einer nach dem an<strong>der</strong>en, <strong>der</strong> den jungen Mann geliebt o<strong>der</strong><br />

gekannt hatte, ging am Sarg vorbei und erwies ihm die letzte Ehre. Die<br />

Lehrerin ging als letzte und betete vor dem Sarg. Als sie dort stand, sagte<br />

einer <strong>der</strong> Männer, die den Sarg trugen, zu ihr: „Waren Sie Marks Mathe<br />

Lehrerin?“ Sie nickte: „Ja“. Dann sagte er: „Mark hat sehr oft von Ihnen<br />

gesprochen.“<br />

Nach dem Begräbnis waren die meisten von Marks früheren<br />

Schulfreunden versammelt. Marks Eltern waren auch da und sie warteten<br />

offenbar sehnsüchtig darauf, mit <strong>der</strong> Lehrerin zu sprechen. „Wir wollen<br />

Ihnen etwas zeigen“, sagte <strong>der</strong> Vater und zog eine Geldbörse aus seiner<br />

Tasche. „Das wurde gefunden, als Mark verunglückt ist. Wir dachten, Sie<br />

würden es erkennen.“ Aus <strong>der</strong> Geldbörse zog er ein stark abgenutztes<br />

Blatt, das offensichtlich zusammengeklebt, viele Male gefaltet und<br />

auseinan<strong>der</strong>gefaltet worden war. Die Lehrerin wusste ohne hinzusehen,<br />

dass dies eines <strong>der</strong> Blätter war, auf denen die netten Dinge standen, die<br />

seine Klassenkameraden über Mark geschrieben hatten. „Wir möchten<br />

Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben“ ,sagte Marks<br />

Mutter. „Wie Sie sehen können, hat Mark das sehr geschätzt.“


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die netten Zettel<br />

53<br />

Alle früheren Schüler versammelten sich um die Lehrerin. Charlie<br />

lächelte ein bisschen und sagte: „Ich habe meine Liste auch noch. Sie ist in<br />

<strong>der</strong> obersten Lade in meinem Schreibtisch“. Chucks Frau sagte: „Chuck<br />

bat mich, die Liste in unser Hochzeitsalbum zu kleben.“ „Ich habe meine<br />

auch noch“, sagte Marilyn. „Sie ist in meinem Tagebuch.“ Dann griff<br />

Vicki, eine an<strong>der</strong>e Mitschülerin, in ihren Taschenkalen<strong>der</strong> und zeigte ihre<br />

abgegriffene und ausgefranste Liste den an<strong>der</strong>en. „Ich trage sie immer bei<br />

mir“, sagte Vicki und meinte dann: „Ich glaube, wir haben alle die Listen<br />

aufbewahrt.“ Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und<br />

weinte. Sie weinte um Mark und für alle seine Freunde, die ihn nie mehr<br />

sehen würden.<br />

Im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen vergessen wir oft, dass<br />

jedes Leben eines Tages endet und dass wir nicht wissen, wann dieser Tag<br />

sein wird. Deshalb sollten wir den Menschen, die wir lieben und um die<br />

wir uns sorgen, sagen, dass sie etwas Beson<strong>der</strong>es und Wichtiges sind. Sag<br />

es ihnen, bevor es zu spät ist. Denk daran, Du erntest, was Du säst. Was<br />

man in das Leben <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en einbringt, kommt auch ins eigene Leben<br />

zurück.<br />

<br />

Maitagung in Hamburg<br />

vom 29.4. - 2.5. <strong>2010</strong><br />

im Elsa-Brändström-Haus, Kösterbergstr. 62<br />

Hamburg-Blankenese, Tel.: 040-863943<br />

Vorträge:<br />

Dr. Wolfram Göhler – Der Baum <strong>der</strong> Erkenntnis<br />

Peter Keune – Von <strong>der</strong> himmlischen Logistik<br />

Dr. Gerhard Jaritz – Die wahre Buße<br />

Arnulf Kreuch – Über die Geistastrologie durch Jakob <strong>Lorber</strong><br />

Wilfried Schlätz – Das Wesen Jesu<br />

Dr. Klemens Bartscht – Jesu sterben ein Sühnetod?<br />

Komplettes Programm auf: www.lorber-<strong>Gesellschaft</strong>.de/Tagungen<br />

Auskunft:<br />

Edith Heinmüller, Tel.: 040-601 11 61<br />

Bernd-J.Paul Tel. ab 20 Uhr : 040-601 80 95<br />

Fax.: 040-600 96 765 mail: berndpaul@gmx.de


54 Verschiedenes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

Treffen junger <strong>Lorber</strong>freunde<br />

am Pfingsmontag, den 24. Mai <strong>2010</strong><br />

im Hohenwart-Forum<br />

von ca. 10.30 bis 18.00 Uhr<br />

Während <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>tagung in Hohenwart wird ein Kennenlerntreffen<br />

junger Freunde <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch Jakob <strong>Lorber</strong> stattfinden.<br />

Je<strong>der</strong> junge Erwachsene bzw. jede junge Familie bis ca. 30 Jahren<br />

ist herzlichst dazu eingeladen.<br />

Geplant sind Vorstellungs– und themenbezogene Gesprächsrunden,<br />

Singen und Beten, sowie Teilnahme an <strong>der</strong> Hauptveranstaltung.<br />

Ferner wird die Möglichkeit bestehen an,den gemeinsamen Mahlzeiten<br />

gegen einen Kostenbeitrag von 7,- €/Person teilzunehmen..<br />

Treffpunkt ist um ca. 10.30 im Foyer des Hohenwart-Forums,<br />

Schönbornstraße 25, 75181 Pforzheim-Hohenwart<br />

Eine Anmeldung zur Planung des Treffens unter <strong>der</strong> Email<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de wäre wünschenswert.<br />

Urlaub im Biosphärenreservat Rhön<br />

in Rasdorf (Teil vom "Grünen Band") für 1-4 Personen.<br />

Übernachtung mit Frühstück o<strong>der</strong> Selbstversorgung für 10-15 Euro/Tag.<br />

Nähere Auskunft unter hedwig.cz@gmx.de o<strong>der</strong> sylka.schaefer@gmx.de<br />

Telefon: 06651-919578 (TV und Internet auf Wunsch und auch für<br />

Miniraucher) o<strong>der</strong> 06651-217625 (medien- und rauchfrei).<br />

<strong>Lorber</strong>freund sucht christliche Bekanntschaft<br />

Gemütvoller, sympathischer Bayer, 60, verwitwet, möchte zurück in die<br />

Heimat und sucht als erste Anlausstelle einen Hafen, gerne auch eine<br />

christlich gesinnte Lebensgefährtin.<br />

Kontaktadresse: Reinhard Aumayer, St.-Istvan-U 50, H-8226 Alsoörs,<br />

Ungarn, Tel.: 0036-302169292


<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

55<br />

Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

vom 23. bis 28. Mai <strong>2010</strong><br />

im Hohenwart Forum<br />

Schönbornstraße 25, 75181 Pforzheim-Hohenwart<br />

Telefon: 07234/606-0, Telefax: 07234/606-46<br />

In <strong>der</strong> geografischen Mitte zwischen Stuttgart und Karlsruhe liegt das<br />

Hohenwart Forum, ein mo<strong>der</strong>nes Tagungs- und Bildungszentrum <strong>der</strong><br />

Evangelischen Kirche in Pforzheim.<br />

Mit seiner preisgekrönten Architektur bietet es den Gästen eine Fülle<br />

von Raum in einer offenen und lichten Wiesenlandschaft.<br />

Die Anlage fügt sich aus mehreren achteckigen Häusern zusammen, die<br />

in sich zentriert und miteinan<strong>der</strong> verbunden eine Einheit bilden. Raum<br />

für Bildung und Begegnung, Arbeits- und Gesprächsgruppen.<br />

Das Forum bietet 40 Doppel- und 54 Einzelzimmer mit Dusche/WC und<br />

Telefon.<br />

Die Anmeldung und Abrechnung <strong>der</strong> Tagungsteilnehmer erfolgt direkt<br />

beim ‚Hohenwart Forum‘.<br />

Das nachfolgende Anmeldeformular und Kostenübersicht (auch im<br />

Internet unter www.lorber-gesellschaft.de) bitte ausschneiden o<strong>der</strong><br />

kopieren, ausfüllen und direkt an das Hohenwart-Forum einsenden o<strong>der</strong><br />

faxen.<br />

Eine weitere günstige Unterbringungsmöglichkeit in Ferienhäusern mit<br />

je 3 Doppelzimmern bietet ca. 3 Kilometer vom Forum entfernt <strong>der</strong><br />

Ferienpark Schwarzwald, Birgit u. Gebhard Mühltaler<br />

75242 Neuhausen-Schellbronn, Tel.: 07234/1408<br />

Geschwister, die die Kosten nicht o<strong>der</strong> nur teilweise aufbringen können,<br />

wenden sich bitte vertauensvoll an die <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.


Anmeldebogen zur<br />

Tagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

vom 23.5. - 28.5. <strong>2010</strong> im Hohenwart Forum<br />

Tagungsbeginn:<br />

Tagungsende:<br />

Sonntag, den 23. Mai <strong>2010</strong> (zum Abendessen)<br />

Freitag, den 28. Mai <strong>2010</strong> (nach dem Frühstück)<br />

Hiermit melde(n) ich mich / wir uns verbindlich zur obigen Veranstaltung an.<br />

Anreise am: ….....…... zum Mittagessen bzw. Abendessen<br />

Abreise am: ….....…….nach dem Frühstück Mittagessen Abendessen<br />

1. Vorname, Name: .............................................................................................<br />

Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />

Telefon-Nr. ......................................................................................................<br />

2. Vorname, Name: .............................................................................................<br />

Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />

3. Kin<strong>der</strong>, Name, Alter: ......................................................................<br />

Ich bin bereit, mit einer/m an<strong>der</strong>en Teilnehmer/in ein Zimmer zu teilen.<br />

Ich bin Tagesgast ohne Übernachtung am: So Mo Di Mi Do Fr<br />

und nehme am Mittagessen (14,- €), am Abendessen (11,- €) teil.<br />

Ich / wir wünsche(n): Normalkost vegetarische Kost<br />

310,- € pro Person<br />

für die gesamte Tagung,<br />

inkl. Übernachtung und Vollpension<br />

Kin<strong>der</strong> von 4-14 Jahren erhalten eine Ermäßigung von 50 %.<br />

Zusätzlich wird eine Tagungsgebühr von 25,- € / Pers. erhoben.<br />

Bitte überweisen Sie nur diese vor <strong>der</strong> Tagung mit beiliegenden<br />

Überweisungsträgern in <strong>der</strong> Heftmitte unter dem Stichwort: „Tagungsgebühr“.<br />

Die Tagungsgebühr für Tagesgäste (5,- €/Tag) erbitten wir vor Ort zu entrichten.<br />

Um möglichst vielen Geistesfreunden die Teilnahme an <strong>der</strong> Tagung zu ermöglichen,<br />

sollen die Doppelzimmer möglichst mit zwei Personen belegt werden. Wir bitten<br />

dies bei <strong>der</strong> Anmeldung zu berücksichtigen und eine zweite Person direkt zu benennen.<br />

Datum / Unterschrift: .....................................................................................................................<br />

Anmeldebogen bitte direkt an das Hohenwart Forum senden bzw. faxen:<br />

Schönbornstraße 25, D-75181 Pforzheim-Hohenwart, Tel.: 07234-606-0, Fax: 07234-606-46


Jakob-<strong>Lorber</strong>-Begegnungsstätte<br />

Ursprungblick 5a, A-8046 Graz-Stattegg<br />

Steiermark / Österreich<br />

Tel./Fax: 0043 / 316 - 691353 (von D)<br />

Tel./Fax: 0316 - 691353 (von A)<br />

Fernab vom Lärm <strong>der</strong> Welt,<br />

liegt <strong>der</strong> besinnliche Quellteich<br />

<strong>der</strong> Andritz, umgeben von Felsen<br />

und alten Bäumen malerisch<br />

versteckt in einer kleinen<br />

Talbucht am Fuße des<br />

Schöckelgebirges. Eine hohe<br />

Mauer, welche im Grün <strong>der</strong><br />

Bäume und Sträucher fast<br />

verschwindet, beschützt diesen ruhigen und beschaulichen Ort vor<br />

fremden Blicken. Hier, in dieser Oase <strong>der</strong> Stille und Ruhe, findet die<br />

nach inneren Frieden suchende Menschenseele einen Ort <strong>der</strong> Kraft zum<br />

Auftanken. Um den Quellteich führt ein Fußweg und Bänke laden zum<br />

Verweilen und Meditieren ein, um das innere Wesen dieses von <strong>der</strong><br />

Natur so reich gesegneten Ortes zu erfahren.<br />

Das Gästehaus <strong>der</strong> Andritz-Quelle wurde 1905 erbaut und 2004<br />

mo<strong>der</strong>nisiert. Es steht als Seminar- und Begegnungsstätte allen nach<br />

Stille und Ruhe suchenden Menschen offen. Es bietet drei<br />

Doppelzimmer mit Dusche/WC, ein Doppelzimmer mit Etagendusche/<br />

WC, zwei Einzelzimmer mit Etagendusche/WC, einen Gästeraum und<br />

eine Gästeküche.<br />

Das Gästehaus ist von April bis Januar geöffnet.<br />

Anmeldungen und Anfragen an die:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Anita Strattner<br />

Pfarrhofstr. 7<br />

D-83132 Pittenhart<br />

Tel. / Fax : 08624-4114<br />

E-mail: <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de


Besinnliche Texte zur Meditation<br />

„Was aber jedoch die Heilige Schrift betrifft, so soll<br />

darinnen lesen, <strong>der</strong> eines einfältigen Herzens ist und<br />

hat da ein gehorsames und folgsames Gemüt; und soll<br />

es nicht lesen aus Vorwitz o<strong>der</strong> Neugierde, denn da<br />

wird er finden den Tod kleben am Buchstaben,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> es liest, <strong>der</strong> soll es lesen als einen<br />

Wegweiser zum lebendigen Worte und danach handeln – und soll<br />

auch nicht grübeln und forschen darinnen, son<strong>der</strong>n danach<br />

alsogleich leben und in <strong>der</strong> Liebe zu Gott emporwachsen. Alsdann<br />

wird ihm zur rechten Zeit gegeben werden die Erkenntnis und wird<br />

in seinem Herzen enthüllt werden des Geistes und des ewigen<br />

Lebens himmlischer Sinn.“ (Himmelsgaben Bd. 3 S. 54)<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />

<br />

„Der erste Schluck aus dem Becher <strong>der</strong> Natur führt zum<br />

Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet<br />

Gott.“<br />

Werner Heisenberg (1901-1976)<br />

<br />

„Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken!<br />

Alles vergeht. Gott allein bleibt <strong>der</strong>selbe. Geduld<br />

erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts<br />

fehlen. Gott allein genügt."<br />

Teresa von Avila (1515-1582)<br />

<br />

„Man kann mit Sicherheit sagen, dass all meine<br />

Patienten über 35 Jahre krank wurden, weil sie das<br />

verloren hatten, was die lebendigen Religionen ihren<br />

Anhängern gegeben haben. Und keiner von ihnen, <strong>der</strong><br />

seine religiöse Lebenshaltung nicht wie<strong>der</strong>erlangte,<br />

wurde wirklich geheilt.“<br />

C.G. Jung (1875-1961)

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