GL 1/2010 - der Lorber-Gesellschaft eV
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Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum<br />
Frieden in Gott<br />
Das Große Evangelium Johannes<br />
Menschliches und göttliches Verlangen<br />
Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />
Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />
Angst o<strong>der</strong> Freude vor Gott
INHALT<br />
Ruth Heil Die Königswürde S. 2<br />
Klaus W. Kardelke Editorial S. 3<br />
Gottfried Mayerhofer Die Darstellung Jesu im Tempel S. 5<br />
Erhard Gaiduk Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum S. 8<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Frieden in Gott S. 25<br />
Thomas Noack Das Große Evangelium Johannes S. 29<br />
Madame Guyon Menschliches und göttliches Verlangen S. 34<br />
Lorenz Marti Ein Wächter am Fluss / Türhüter des Herzens S. 37<br />
Anselm Grün Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück S. 40<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit S. 42<br />
Frank Laubach Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart S. 44<br />
Weisheitsgeschichten Die Geschichte vom Steinmetz S. 50<br />
Die Geschichte vom Echo S. 51<br />
Die netten Zettel S. 52<br />
Verschiedenes S. 56<br />
Mit Namen des Verfassers versehene Beiträge müssen nicht mit <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong><br />
Schriftleitung übereinstimmen.<br />
Die Zeitschrift erscheint viermal jährlich auf freiwilliger Spendenbasis.<br />
Beiträge richten Sie bitte an die Schriftleitung.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />
Verwaltungsanschrift: Postfach 114<br />
83731 Hausham / Deutschland<br />
Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294<br />
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Schriftleitung:<br />
Klaus W. Kardelke<br />
Redaktion:<br />
Angelika Penkin<br />
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- Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -<br />
Jahrgang 30 <strong>2010</strong> Heft 1<br />
„Selig ist <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> die Anfechtung erduldet;<br />
denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des<br />
Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen,<br />
die ihn lieb haben.“<br />
(Jakobus 1,12)<br />
„Selig und wahrhaft glücklich ist <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die<br />
Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt<br />
worden ist, wird er erst das wahre Ziel des Lebens<br />
empfangen, welches uns allen <strong>der</strong> heilige, liebevollste<br />
Vater verheißen hat, so wir Ihn wahrhaft von ganzem<br />
Herzen lieb haben.“<br />
(HGt.02_275,20)
2 Die Königswürde<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Hiermit verleihe Ich dir die Königswürde.<br />
Ich habe dich erwählt,<br />
Weil du unendlich kostbar bist in Meinen Augen.<br />
Du bist unvergleichlich und einmalig.<br />
Ich setze Mein Leben für dich ein,<br />
so wichtig bist du Mir.<br />
Nimm deinen Platz ein, da,<br />
wo Ich dich eingesetzt habe.<br />
Lass dich nicht durch<br />
deine Aufgaben dazu verleiten,<br />
dich min<strong>der</strong>wertig zu fühlen.<br />
Keine Arbeit braucht dir zu gering zu sein.<br />
Deine Treue ist wichtig, auch im Kleinen.<br />
Sei dir deiner Erwählung täglich gewiss.<br />
Wenn dir Fehler unterlaufen,<br />
komm zu Mir und erzähle es Mir.<br />
Dann werde Ich da sein und für dich einstehen,<br />
wie<strong>der</strong>gutmachen und die Schuld bezahlen.<br />
Geh fröhlich deinen Weg.<br />
Ich werde dich keinen Moment im Stich lassen.<br />
Diene an deinem Platz<br />
in <strong>der</strong> Gewissheit deiner Königswürde.<br />
Ich selbst stehe zu dir<br />
und habe dir die Krone aufgesetzt<br />
Und ich habe dich unendlich lieb.<br />
Der König aller Könige<br />
(Quelle: Ruth Heil, Kawohl Verlag, Karte 29889)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Editorial<br />
3<br />
Editorial<br />
Als Christ bin ich bestrebt, das Licht Christi in <strong>der</strong><br />
Finsternis meiner inneren und äußeren Welt leuchten zu<br />
lassen, denn so spricht Er zu mir: „Lass dein Licht leuchten<br />
vor den Leuten, dass sie deine guten Werke sehen und<br />
deinen Vater im Himmel preisen.“ (Mt. 5,16)<br />
Doch wie oft ertappe ich mich dabei, dass ich selbst vor<br />
den Menschen mit meiner Weisheit, meinem Wissen und<br />
meinen Taten glänzen möchte und nach Anerkennung und<br />
Lob trachte und dem Herrn so die Ehre vorenthalte.<br />
Klaus W. Kardelke<br />
Geschäftsführen<strong>der</strong><br />
Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />
Wenn ich mich nicht ständig selbst am göttlichen Wort prüfe und<br />
innerlich beschaue, werde ich nicht erkennen, dass mein eigenes „Licht in<br />
mir Finsternis ist“ (Lk.11,35). Ich muss mich also immer wie<strong>der</strong> selbst<br />
beschauen und prüfen, wie es mit mir steht und wie meine Worte und<br />
Werke beschaffen sind, und ob sie im Lichte Gottes bestehen können.<br />
„Je<strong>der</strong> aber prüfe die Neigungen seines Herzens, und er wird leicht<br />
erfahren, wessen Geistes sein Herz voll ist.“ (GEJ.02_8,8)<br />
Mein Herz gilt es zu beschauen und allen Unrat und alles Weltliche<br />
darin zu erkennen, es ans Licht <strong>der</strong> göttlichen Sonne zu bringen und es so<br />
zu reinigen, damit <strong>der</strong> Herr Einzug halten kann.<br />
So ist dem ganzen Menschen nichts „heilsamer als eine zeitweilige<br />
innere Sichselbstbeschauung! Wer sich und seine Kräfte erforschen will,<br />
<strong>der</strong> muss sich zu öfteren Malen selbst erforschen und innerlich<br />
beschauen.“ (GEJ.01_224,8)<br />
Die Prüfung meiner Gedanken und Worte und <strong>der</strong> daraus hervorgehenden<br />
Werke ist somit unerlässlich, um Gottes Kind zu werden und<br />
Sein Licht in mir aufleuchten zu lassen.<br />
Denn „so du niemand bei dir beschweren wirst noch mit dem Fingern<br />
zeigen noch übel reden, so wird dein Licht in <strong>der</strong> Finsternis aufgehen, und<br />
dein Dunkel wird sein wie <strong>der</strong> Mittag.“ (Jes. 58,9)<br />
Aber wenn ich mich ehrlich selbst prüfe, stelle ich fest, dass ich mich<br />
immer noch beschwere und beklage, murre, jammere, ärgere und an<strong>der</strong>e<br />
kritisiere. So ist es kein Wun<strong>der</strong>, dass das göttliche Licht in mir nicht<br />
erstrahlen mag, wenn die Finsternis noch immer in meinem Herzen regiert.<br />
Jesus riet mir, auf meine Worte und Gedanken zu achten, da sie Sein<br />
Licht in mir verfinstern, denn „das verunreinigt den Menschen, was vom<br />
Herzen durch den Mund zum Schaden des Nebenmenschen<br />
herauskommt!“ (GEJ.05_131,08) wie „Verleumdung, Ehrabschneidung,<br />
unflätige Worte und Reden, böser Leumund, Fluch, falsches Zeugnis und
4 Editorial<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
allerlei Lüge und Gotteslästerung.“ (GEJ.07_085,12)<br />
Also will ich prüfen, was aus meinem Munde und Herzen kommt,<br />
damit ich mich nicht an meinen eigenen finsteren Worten verunreinige und<br />
das göttliche Licht in meinem Leben nicht leuchten kann.<br />
„Bedenket das Wort, bevor es ausgesprochen wird; denn seine Folgen<br />
sind für euch unberechenbar!“ (Lg.17,42), „Worte <strong>der</strong> Liebe verbreiten<br />
überall Liebe, Freude, Seligkeit; Worte <strong>der</strong> Trauer, des Hasses o<strong>der</strong> Neides<br />
das Entgegengesetzte; sie müssen so wirken, weil in ihnen <strong>der</strong> Keim dazu<br />
schon beim Ausspruch liegt. Daher befleißigt euch nur Worte<br />
auszusprechen, die Göttliches enthalten und nur Gutes bewirken sollen, so<br />
werdet ihr Ruhe und Frieden in euch und um euch erzielen!“ (Lg.17,25)<br />
Schon <strong>der</strong> Psalmist betete: „Lass die Reden meines Mundes und das<br />
Sinnen meines Herzens wohlgefällig sein vor dir, Herr, mein Hort und<br />
mein Erlöser!“ (Ps. 19,14)<br />
Den Herrn lobpreisen und allezeit zu danken für die Wohltaten und<br />
Segnungen in meinem Leben, die ich täglich erfahren darf, wird mich mit<br />
mehr Freude und Frieden erfüllen, als über meine kleinen Sorgen und Nöte<br />
zu jammern und zu klagen.<br />
So rät mir Paulus dankbar in allen Dingen zu sein, denn das ist Gottes<br />
Wille an mich. (1. Thess. 5,18), denn „wer Dank opfert, <strong>der</strong> preiset Mich, und<br />
das ist <strong>der</strong> Weg, dass Ich ihm zeige das Heil Gottes.“ (Ps. 50,23) Ein<br />
dankbares Herz gebiert liebe- und lichtvolle Worte, weil es voller Licht<br />
und Leben ist. So kann die Dankbarkeit für alles in meinem Leben, mich<br />
aus <strong>der</strong> Fessel des Jammerns und Klagens befreien und mich wie<strong>der</strong> in den<br />
Frieden Gottes zurückbringen.<br />
Doch ist die Dankbarkeit mir nicht in die Wiege gelegt, son<strong>der</strong>n<br />
erfor<strong>der</strong>t ständige Achtsamkeit auf die unscheinbarsten Dinge in meinem<br />
Leben, die ich sonst allzu gerne übersehe und als selbstverständlich<br />
betrachte. Denn wer für das Kleine und Unscheinbare in seinem Leben<br />
dankbar sein kann, dem wird auch Größeres anvertraut werden, weil er<br />
auch einst über die großen Segnungen des Himmels nicht undankbar sein<br />
wird.<br />
„Was können wir Dir an<strong>der</strong>es, o Du heiliger Vater, wohl tun, als Dir<br />
ewig danken, Dich lieben, Dir dienen und Dich lobpreisen über alles! Und<br />
so sei denn unser nun so überseliges Leben ganz Dir geweiht und Dir, o<br />
lieber, heiliger Vater, ein ewiger Lobgesang. Wir aber wollen Dich preisen<br />
über alles in <strong>der</strong> stillen Glut unseres Herzens und im nimmermüden,<br />
allumfassenden Tun unserer Liebe.“ (RBl. II 243)<br />
Euer Klaus Kardelke
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
5<br />
Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
Gottfried Mayerhofer (1807-1877)<br />
„Und sein Vater und seine Mutter wun<strong>der</strong>ten sich dessen, was<br />
von ihm geredet ward. Und Simeon segnete sie und sprach zu<br />
Maria, seiner Mutter: "Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall<br />
und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem<br />
wi<strong>der</strong>sprochen wird (und es wird ein Schwert durch deine Seele<br />
dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden!"<br />
Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels vom<br />
Geschlecht Asser; die war wohl betagt und hatte sieben Jahre mit<br />
ihrem Manne gelebt nach ihrer Jungfrauschaft und war nun eine<br />
Gottfried Mayerhofer<br />
(1807-1877)<br />
Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel und diente Gott<br />
mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Diese trat auch hinzu zu <strong>der</strong>selben Stunde<br />
und pries den Herrn und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung zu<br />
Jerusalem warteten. Und da sie es alles vollendet hatten nach dem Gesetz des<br />
Herrn, kehrten sie wie<strong>der</strong> nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth. Aber das Kind<br />
wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei<br />
ihm.“ (Luk.2,33-40)<br />
Dieses Kapitel handelt im Anfang von Meiner Geburt, später von<br />
Meiner Beschneidung und dann von den drei Tagen, welche Ich im<br />
zwölften Jahr im Tempel zu Jerusalem zubrachte. Es sind in diesem<br />
Kapitel die Ankunft <strong>der</strong> drei Weisen aus dem Morgenland, <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>mord und noch weiteres - wie die Flucht nach Ägypten und die<br />
Rückkehr nach dem Tod des Herodes - verschwiegen. Auch Ich will das<br />
meiste davon übergehen, da ihr es aus dem Evangelium Jakobs, Meiner<br />
Jugendgeschichte, und an<strong>der</strong>en Aufzeichnungen Meiner Apostel wisst.<br />
Wir wollen also bei dem oben angeführten Text stehen bleiben, wo es<br />
heißt: „Joseph und Maria wun<strong>der</strong>ten sich.“<br />
Worüber wun<strong>der</strong>ten sie sich?<br />
Sie wun<strong>der</strong>ten sich über die prophetischen Worte Simeons und die<br />
Aussagen Hannas, die beide mit geistigem Auge in dem zur Beschneidung<br />
nach Jerusalem gebrachten Kind den Erlöser nicht nur <strong>der</strong> Juden, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> ganzen Menschheit erkannten, welcher gekommen war, den Geist von<br />
dem Zwang <strong>der</strong> Materie zu befreien.<br />
Dass Joseph und Maria es nicht verstanden, was ihnen jene beiden<br />
prophezeiten, ist leicht einzusehen; denn wer von <strong>der</strong> Empfängnis Marias<br />
angefangen bis zur Geburt und Tempeltragung, all das rätselhaft Mystische<br />
in Betracht zieht, wird leicht bemerken können, dass we<strong>der</strong> Maria noch<br />
Joseph wussten, wie sie sich dazu zu verhalten hatten.
6 Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Obgleich die Juden gewohnt waren, durch Propheten direkte<br />
Mitteilungen von Mir zu erhalten, so war es bei ihnen doch auch, wie es<br />
stets ist: sie glaubten ihnen wenig, solange diese lebten, und ihre Aussagen<br />
gewannen erst Wert, wenn sie anfingen in Erfüllung zu gehen.<br />
Sie hofften auf einen Messias, - nur war ihre Hoffnung auf weltliche<br />
Wünsche gegründet; sie hofften auf einen Messias, <strong>der</strong>, vielleicht in einem<br />
Palast geboren, als ein großer Held sie einst vom verhassten Joch <strong>der</strong><br />
Römer befreien sollte. Dass aber ein Kind eines Zimmermanns, als den sie<br />
Meinen Nährvater kannten, ihr Erlöser werden sollte, das lag außer dem<br />
Bereich ihrer gehegten Hoffnung, außer ihrer Fassungskraft.<br />
Deshalb staunten auch Joseph und Maria ob <strong>der</strong> Worte Simeons und<br />
Hannas. Maria hatte ja in kurzer Zeit so Wun<strong>der</strong>bares an sich erlebt, dass<br />
sie nicht wusste, was mit ihr geschehen war und was sich noch ereignen<br />
würde. Sie gebar einen Sohn, ohne die Hinneigung zu einem Mann<br />
gekannt zu haben. Sie war Mutter, ohne eigentlich das Muttergefühl in<br />
seiner ganzen Fülle zu kennen; denn im allgemeinen ist ein Kind erst das<br />
Glied, das die Lebenswege des Mannes und des Weibes verbindet und sie<br />
zu einem Ganzen, zu einer Familie zusammenfügt.<br />
So war Maria Mutter und fühlte wohl die Freude, eine Frucht ihres<br />
Leibes vor sich zu sehen; allein es war mehr Mitleidsgefühl für den<br />
unmündigen Säugling als das Wonnegefühl einer Mutter, ein Pfand <strong>der</strong><br />
Liebe ihres Gatten an die Brust zu drücken. So begriff sie nicht und konnte<br />
es nicht begreifen, was bei ihrer Empfängnis, was bei <strong>der</strong> Geburt und<br />
ferner geschah; denn sie handelte nur nach Weisung höheren Einflusses<br />
und verhielt sich dabei mehr passiv als aktiv, als Weib und Mutter nur<br />
ihren Gefühlen folgend, welche sie an ihren Säugling banden.<br />
Dieses unbewusste Gefühl wurde natürlich gesteigert, als sie zu den<br />
Zweifeln und bangen Ahnungen, welche nur sie allein im Busen zu tragen<br />
glaubte, das gleiche und noch Größeres von an<strong>der</strong>en erfuhr, als sie das<br />
Jesuskind in den Tempel trug. Durch die gesetzmäßige Beschneidung und<br />
Opferung sollte Ich als Kind in die israelitische Religion aufgenommen<br />
und in ihr erzogen werden.<br />
Was Simeon sagte, war ihr ein noch größeres Rätsel, umso mehr, als er<br />
das Kind als Das erkannte, wovon sie noch keine Ahnung hatte und haben<br />
konnte. Was sie aber noch weniger begriff, waren Simeons letzte Worte,<br />
welche so lauteten:<br />
"Siehe, Dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen des Volkes<br />
Israel und zu einem Zeichen, dem wi<strong>der</strong>sprochen wird (und es wird ein<br />
Schwert durch deine Seele dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken<br />
offenbar werden!"
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
7<br />
Dass aus ihrem Sohn etwas Außerordentliches werden könnte, war für<br />
sie denkbar - waren ja die Empfängnis, die Geburt usw. mit so<br />
außerordentlichen Erscheinungen begleitet -; doch einen Gott als Mensch<br />
unter dem Herzen getragen zu haben und den zu erwartenden Messias den<br />
geistigen Wie<strong>der</strong>hersteller nicht allein ihres Volkes, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ganzen<br />
Menschheit, das waren Begriffe, die in ihrem Kopf keinen Platz fanden.<br />
Sie hat Mich noch bei Meinem Kreuzestod nicht als Gott, son<strong>der</strong>n nur als<br />
Menschen, als ihren Sohn beweint; erst durch die Auferstehung wurde sie,<br />
wie auch Meine Apostel, in dem bekräftigt, was Ich ihnen oft gesagt hatte.<br />
Das Schwert, welches in Zukunft durch ihre Brust gestoßen wurde, war<br />
<strong>der</strong> mütterliche Schmerz; denn hätte sie gewusst und erkannt, wer Ich<br />
eigentlich war, so hätte sie nicht trauern, son<strong>der</strong>n bei Meinem Hingang<br />
frohlocken sollen.<br />
Ich selbst habe es ihr und Meinen Aposteln oft vorausgesagt, was Mir<br />
bevorstehen und wie Ich den Tod und die Hölle überwinden werde; allein,<br />
wo ist die Überzeugung - beson<strong>der</strong>s in jenen Zeiten <strong>der</strong> Propheten und<br />
wun<strong>der</strong>wirkenden Essäer -, dass Ich, ein Mensch mit Fleisch und Knochen<br />
wie sie, <strong>der</strong> isst und trinkt, ein Gott, und zwar <strong>der</strong> Herr aller Heerscharen<br />
sei, <strong>der</strong> in menschlicher Form, beim unmündigen Kind angefangen, am<br />
Kreuz - in jener Zeit das Zeichen <strong>der</strong> Schande und Entehrung - enden<br />
sollte!<br />
Deswegen waren Joseph und Maria erstaunt. Sie begriffen nicht, wer<br />
Der sei, welcher gekommen ist zum Fall und Auferstehen <strong>der</strong> Juden, -<br />
zum ,Fall‘: die Zerstörung des Judenreiches fünfzig Jahre nach Meinem<br />
Heimgang, und zum ,Auferstehen‘ vieler Juden zu Christen, sowie die<br />
Verän<strong>der</strong>ung des Kreuzzeichens, - früher Zeichen <strong>der</strong> Schande, später<br />
Zeichen <strong>der</strong> höchsten Verklärung.<br />
Und wenn Ich wie<strong>der</strong>komme, glaubt ihr, es werde dann mehr<br />
Verständnis unter den Menschen sein? Mitnichten! Es wird auch dann eine<br />
Masse Bewun<strong>der</strong>er geben, die Mich, für nichts an<strong>der</strong>es ansehen werden als<br />
einen von Gott begeisterten Menschen. Bei Meiner künftigen<br />
Darnie<strong>der</strong>kunft, welche natürlich nicht wie einst als Kind, son<strong>der</strong>n im<br />
Mannesalter anfangen wird, wird es auch viele Zweifler geben, und Ich<br />
werde vielen Mein Gottsein durch Wun<strong>der</strong> beweisen müssen, weil die<br />
Kraft des Wortes allein bei ihnen nichts ausrichten würde.<br />
So wird sich Meine Jugendgeschichte zumindest stets in ihren<br />
Hauptzügen und Ereignissen wie<strong>der</strong>holen, nur nicht in materieller, son<strong>der</strong>n<br />
in geistiger Hinsicht, weil dann das geistige Verständnis bei weitem<br />
ausgebildeter sein wird und die Gläubigen in <strong>der</strong> Mehrzahl, die<br />
Ungläubigen und Zweifler in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>zahl sein werden.
8 Die Darstellung Jesu im Tempel<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Seht, Meine Kin<strong>der</strong>, wie Ich Mich einst nach jüdischem Brauch <strong>der</strong><br />
Beschneidung unterzogen habe, so lasst auch ihr euch mit <strong>der</strong> geistigen<br />
Taufe - gleich <strong>der</strong> Beschneidung als erster Schritt und Eintritt in eine<br />
Kirchengemeinde -, mit dem Geiste Meiner Liebe taufen! Entfernt aus<br />
eurem Herzen, was nicht dorthin gehört, fangt an, Mich und Meine Welt<br />
tagtäglich immer mehr zu begreifen, damit nicht auch euch ein Schwert<br />
durch die Brust gestoßen werde und ihr, dem Weltlichen zu viel Wert<br />
gebend, beweint, was <strong>der</strong> Trauer nicht wert ist!<br />
Befleißigt euch, die Dinge zu nehmen, wie sie sind, und erfüllt so jeden<br />
Tag eure Aufgabe auf diesem Erdball, solange euer Wandel hier noch<br />
bestimmt ist, damit ihr nichts zu bereuen und nichts zu beweinen braucht,<br />
wenn die ernste Stunde des Scheidens schlägt.<br />
So mögt ihr, wie Maria, als Ich zum Vater heimging, Mich erkennen, -<br />
erkennen, dass Der, den ihr als Christus wohl kennt, bei weitem größer und<br />
liebreicher ist, als ihr Ihn euch vorgestellt habt, dass aber auch Meine<br />
For<strong>der</strong>ungen an euch strenger sind, als ihr dachtet.<br />
Viele leben jetzt, glauben und lieben Mich wie Maria Mich zu<br />
Lebzeiten geliebt hatte. Allein das genügt nicht. Maria erkannte erst am<br />
Kreuz und bei Meiner Auferstehung, dass Der, den sie geboren, kein<br />
Mensch, son<strong>der</strong>n Gottes Sohn, das heißt die von <strong>der</strong> Liebe getrennte<br />
Weisheit war, <strong>der</strong> nach dreitägigem Im-Grabe-liegen wie<strong>der</strong> in Sein<br />
Himmelreich zurückkehrte und später nicht mehr körperlich, son<strong>der</strong>n nur<br />
vergeistigt Seinen harrenden Aposteln und Seiner Leibesmutter erschien.<br />
Macht, dass auch in euch Christus auferstehe, wie Er ist und war, damit<br />
ihr euch einst nicht zu verwun<strong>der</strong>n braucht, wenn ihr Ihn an<strong>der</strong>s als<br />
gedacht findet.<br />
Dies zur Mahnung und Darnachachtung! Amen.<br />
(Quelle: Predigten des Herrn, Predigt 6)<br />
„All das überaus viele nützt dir nichts, sei es Geistiges o<strong>der</strong> Materielles,<br />
denn ob einer viel weiß o<strong>der</strong> viel hat, ist eines; wenn er davon nicht den<br />
vollkommen rechten Gebrauch macht, so bleibt die Seele dennoch<br />
gleichfort arm. Es genügt, dass Mich jemand über alles liebt und seinen<br />
Nächsten wie sich selbst, denn zu dem werde Ich kommen und werde<br />
Mich ihm Selbst offenbaren. Dann wird er durch das große Licht Meines<br />
Geistes, <strong>der</strong> da eins mit seiner Seele geworden ist, in alle Weisheit<br />
geleitet werden und wird dann Dinge erschauen und erkennen, von<br />
denen bis jetzt in keines Weltweisen Sinn je etwas gekommen ist.“<br />
(Himmelsgaben Bd. 3, S. 308,1-2)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
9<br />
Das Reich Gottes ist in euch und um euch herum!<br />
Erhard Gaiduk<br />
Das „Reich Gottes“ wird im Neuen Testament<br />
namentlich 122 Mal erwähnt o<strong>der</strong> in seinem Wesen<br />
dargelegt. Jesus stand in Seinen Lehr- und Wan<strong>der</strong>jahren<br />
vor <strong>der</strong> nicht einfachen Aufgabe, den Menschen die innere<br />
Sphäre für einen Lebensbereich zu öffnen, <strong>der</strong> ihnen noch<br />
weitgehend fremd war. Es war die geistig ständig präsente<br />
Gegenwart des Reiches Gottes. Die meisten Israeliten<br />
erwarteten das Reich Gottes in erster Linie in Form einer<br />
Erhard Gaiduk<br />
ist Sozialtherapeut und<br />
lebt mit seiner Familie<br />
in Spanien.<br />
weltpolitischen Herrschaft Israels über die an<strong>der</strong>en Völker <strong>der</strong> Erde. Der<br />
„Messias/Erlöser“ wurde darum auch in einer entsprechenden Form als<br />
machtvoller Befreier vom Joch <strong>der</strong> römischen Besatzungsmacht und<br />
Fremdherrschaft erwartet. Wie wenig aber entsprach dann dieser einfache<br />
und demütige Wan<strong>der</strong>prediger – Jesus - diesen Erwartungen. Seine<br />
Mission und Sein Wirken spielte sich auf einer ganz an<strong>der</strong>en Ebene ab. Er<br />
war nicht gekommen, ein äußeres, weltliches Reich zu gründen (Mein<br />
Reich ist nicht von dieser Welt) – dies wäre für Ihn die leichtere Übung<br />
gewesen im Vergleich zu Seinem wirklichen Anliegen und Auftrag. Er<br />
hatte mit ganz an<strong>der</strong>en Feinden und Besatzungsmächten zu kämpfen und<br />
war gekommen, nicht nur ein Volk zu befreien, son<strong>der</strong>n eine ganze,<br />
gefallene Schöpfung! Er hatte nicht einen irdischen Machthaber zu<br />
entthronen, son<strong>der</strong>n den Beherrscher <strong>der</strong> gesamten Fallwelten – Satan, den<br />
Fürst <strong>der</strong> Finsternis! Diesen Kampf führte Er zuerst einmal 30 Jahre lang<br />
in Seiner eigenen Seele, bevor Er in die Öffentlichkeit trat, um letztlich<br />
alles was gebunden und geknechtet war in dieser Welt, aus den Banden <strong>der</strong><br />
Unwissenheit, Lieblosigkeit, des Hochmutes und <strong>der</strong> Verblendung zu<br />
befreien. Und dieser langwierige Kampf um jede einzelne Seele dauert bis<br />
heute an.<br />
„Aber obschon ihr besser seid im Glauben als die Juden, so habt ihr<br />
aber dennoch mit den Juden gleich einen völlig falschen Begriff vom<br />
Messias und seinem Reiche.<br />
Wohl wird <strong>der</strong> Messias ein neues Reich gründen auf dieser Erde, aber<br />
merke es wohl! - kein materielles unter Krone und Zepter, son<strong>der</strong>n ein<br />
Reich des Geistes, <strong>der</strong> Wahrheit, <strong>der</strong> rechten Freiheit aus <strong>der</strong> Wahrheit,<br />
unter <strong>der</strong> alleinigen Herrschaft <strong>der</strong> Liebe!“ (GEJ.1_62,4-5)<br />
Sein Kampf um unsere Seelen ist letztlich ein Kampf um den inneren<br />
Standpunkt eines jeden von uns. Wo sind wir im täglichen Leben mit<br />
unseren Gedanken, Worten und Taten verhaftet? An welche Realität, an
10 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
welche Wirklichkeit binden wir unsere Sinne? An die <strong>der</strong> äußeren,<br />
materiellen Welt mit ihrer ununterbrochenen Geschäftigkeit und<br />
Ablenkung, o<strong>der</strong> machen wir wenigstens den Versuch, auch die an<strong>der</strong>e, die<br />
innere Welt des Geistes von Zeit zu Zeit aufzusuchen? Wer sucht heute<br />
noch das Reich Gottes, und wissen wir überhaupt noch, dass es dieses<br />
Reich gibt und wo es zu finden ist? O<strong>der</strong> sind wir schon längst eingelullt<br />
vom Genuss- und Konsumleben dieser äußeren Welt, die unsere Seelen<br />
über tausend Sachzwänge und unaufschiebbare Notwendigkeiten im<br />
Würgegriff hält? Der Kampf um unsere Seelen spielt sich im Wesentlichen<br />
in diesem Spannungsfeld von Außen und Innen ab.<br />
„Denn ihr wisset, dass Mein Reich nicht von dieser Welt ist, son<strong>der</strong>n<br />
geschaffen werden muss durch die Erkenntnis und durch die Beachtung<br />
Meines Wortes im Innern des Menschen. Aber es ist die Erschaffung dieser<br />
inneren, geistigen Lebens- und Himmelswelt so lange hin stets eine<br />
schwierige Sache, solange an einem Menschen noch irgend etwas<br />
Weltsinnliches haftet.“ (GEJ.6_59,8)<br />
Für Jesus war die ständige Verbundenheit mit dem Urgrund des Lebens<br />
nach dreißig Jahren zur Selbstverständlichkeit geworden. Er war nahezu<br />
vollkommen Eins geworden mit dem Vater in sich (die vollkommene<br />
Verschmelzung fand erst nach <strong>der</strong> Auferstehung statt). Nun hatte Er sich<br />
also aufgemacht, auch den an<strong>der</strong>en Menschen von dieser inneren<br />
Verbundenheit, von diesem inneren geistigen Leben mit Gott und in Gott<br />
zu erzählen. Er versuchte mit viel Geduld geistigen Analphabeten das<br />
Lesen und Schreiben beizubringen. Er musste den Menschen vermitteln,<br />
dass sie nicht nur Sinne für das äußere, materielle Leben haben, son<strong>der</strong>n<br />
auch Aufnahmeorgane für ein inneres Leben, das von Gott ausgeht. Und<br />
dass diese innere Welt viel älter und realer war, als jedes materielle<br />
Universum. Und Er musste sie schließlich dahin führen, ihr geistiges Auge<br />
für dieses Reich zu öffnen, wo Gott alleine herrscht in Seiner vollkommenen<br />
Ordnung.<br />
In <strong>der</strong> Bibel lesen wir in stenografischer Kurzform von diesem<br />
Bemühen Jesu, das Reich Gottes unter den Menschen sichtbar werden zu<br />
lassen. In <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch J. <strong>Lorber</strong> haben wir dagegen eine sehr<br />
umfangreiche Darstellung dieser drei Jahre des Offenbarwerdens des<br />
Reiches Gottes unter den Menschen. Und doch scheint es oft so, als wäre<br />
den wenigsten Lesern diese Erkenntnis bisher gekommen, dass die<br />
Verkündung des Reiches Gottes unmittelbar mit dem Missionsauftrag, den<br />
Jesus Seinen Nachfolger erteilt hat, zusammenhängt.<br />
Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes<br />
komme, antwortete Er: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
11<br />
äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier<br />
ist es!, o<strong>der</strong>: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist schon mitten unter<br />
euch.“ bzw. in an<strong>der</strong>er Übersetzung: Denn das Reich Gottes ist inwendig<br />
in euch.“ (Lukas 17,20-21) Beide Übersetzungen sind richtig, wie wir noch<br />
sehen werden.<br />
„Wenn Ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe,<br />
dann ist doch das Reich Gottes schon zu euch gekommen.“ (Lukas 11,20)<br />
Das heißt, dass sich das Reich Gottes auch überall dort offenbart, wo<br />
ein Mensch nach den Verheißungen Jesu in <strong>der</strong> Vollmacht des Heiligen<br />
Geistes den Mächten <strong>der</strong> Finsternis entgegentritt. Dort, wo ein Mensch in<br />
<strong>der</strong> Kraft des Geistes die nie<strong>der</strong>en Gesetzmäßigkeiten unserer Materiewelt,<br />
durch die höheren Gesetzmäßigkeiten des Geistes Gottes ersetzt, offenbart<br />
sich eine an<strong>der</strong>e Welt, eben jene Welt in welcher dieser Geist regiert – das<br />
Reich Gottes. Wir sprechen dann staunend von Wun<strong>der</strong>n, weil wir das<br />
Wissen um dieses Reich und seine Macht IN UNS verloren haben.<br />
Jesus hat uns verheißen, dass wir im Glauben und durch die Macht des<br />
Heiligen Geistes die gleichen „Wun<strong>der</strong>“ vollbringen können wie Er. Ja, Er<br />
hat uns sogar ausdrücklich dazu autorisiert. Nun fragen Gläubige wie<br />
Ungläubige zu Recht: „Wo werden diese Verheißungen Wirklichkeit? Wo<br />
ist diese Autorität? Wo die Vollmacht des Geistes und wo sind die<br />
Resultate des Glaubens, wenn das alles stimmt?“ Ja, und hier müssen wir<br />
Gläubigen uns selbst fragen, warum unser Glaube in <strong>der</strong> Regel so schwach<br />
und kraftlos ist? Wo sind hier diese großen und wun<strong>der</strong>baren Dinge, die<br />
uns verheißen sind? So können auch wir fragen und an Gott zweifeln.<br />
Doch wir sollten vielmehr unser bisheriges Glaubensleben anzweifeln und<br />
fragen, inwieweit wir uns und unser Leben wirklich Gott ausgeliefert<br />
haben und alleine auf Seine Führung und Weisheit bauen.<br />
Haben wir Ihm wirklich alles übergeben o<strong>der</strong> halten wir Bereiche<br />
unseres Lebens zurück? Vertrauen wir unsere Zukunft den Systemen<br />
dieser Welt an und unsere Gesundheit den meist blinden Blindenführern?<br />
Erwarten wir Sicherheit von <strong>der</strong> Rentenversicherung, <strong>der</strong> Arbeitsstelle,<br />
unserem Bankguthaben, unsern Aktien, unserer Lebensversicherung usw.?<br />
Und wissen wir nicht all die Dinge in unserer „mo<strong>der</strong>nen Zeit“ besser –<br />
eben zeitgemäßer - zu beurteilen, als <strong>der</strong> sich immer wie<strong>der</strong> offenbarende,<br />
ewig existente Geist Gottes? Haben wir eine weltliche o<strong>der</strong> himmlische<br />
Lebensversicherung? O<strong>der</strong> glauben wir auf Nummer sicher zu gehen und<br />
beides zu besitzen? Aber lei<strong>der</strong> funktioniert das nach den Worten Jesu<br />
nicht, denn man kann nicht zwei verschiedenen Herren gleichzeitig<br />
dienen! Man kann nicht Freund Gottes sein und mit <strong>der</strong> Welt liebäugeln<br />
o<strong>der</strong> fremdgehen. Man kann auf seinem ängstlichen Egotrip nicht das
12 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Vorteilhafteste aus allen Breichen und Welten für sich abschöpfen.<br />
Haben wir überhaupt erkannt, dass es für die Erfüllung <strong>der</strong> geistigen<br />
Verheißungen auch geistige Vertragsbedingungen gibt? In <strong>der</strong> Bergpredigt<br />
sind uns diese Vertragsbedingungen genannt. Das Reich Gottes ist für uns<br />
so lange nicht ersichtlich, wie es uns an wirklichem Gottvertrauen,<br />
aktivem Glauben und an selbstloser Liebe fehlt. Und es bleibt auch so<br />
lange für uns verschlossen, solange wir unser Leben noch nach <strong>der</strong><br />
Meinung unserer Mitmenschen und <strong>der</strong> Welt ausrichten und solange wir<br />
nicht alleine vor Gott die Ehre und Anerkennung suchen, son<strong>der</strong>n bei den<br />
Menschen.<br />
Haschen wir nicht trotz unseres Glaubens ständig nach den weltlichen<br />
Vorteilen und nach Gewinnoptimierung in unserem zeitlichen Dasein?<br />
Hand aufs Herz, wer stellt sich schon demütig und ruhigen Herzens - im<br />
Wissen um seine Gotteskindschaft - ganz hinten in <strong>der</strong> Reihe an, wenn<br />
vorne die letzten Kartoffeln verkauft werden o<strong>der</strong> ein Schnäppchen winkt?<br />
Benehmen wir uns im Grunde nicht wie Bettler auf dem glitzernden<br />
Jahrmarkt <strong>der</strong> Welt, obwohl wir Königssöhne und Königstöchter sind?<br />
Warum sind wir trotz unseres Glaubens oft so kraft- und mutlos? Es ist,<br />
weil unser Glaube im Grunde nur eine Glaubensbereitschaft ist! Wir haben<br />
diesen Glauben meist unbewusst von den weltlichen Vorteilen und Dingen<br />
abhängig gemacht.<br />
Erst wenn <strong>der</strong> göttliche Geist durch die selbstlose Liebe und das<br />
Gottvertrauen in <strong>der</strong> Seele frei wird, eröffnet sich dem Menschen schon<br />
auf <strong>der</strong> Erde das Reich Gottes in seiner Macht und Herrlichkeit. Dann sind<br />
alle Ängste und die Knechtschaft an die materielle Welt durchbrochen, die<br />
Bande des geistigen Todes durchtrennt. Dann bewahrheitet sich das Wort<br />
Jesu, dass <strong>der</strong>jenige das Reich Gottes sehen kann, <strong>der</strong> im Geist<br />
wie<strong>der</strong>geboren ist. Jesus meinte hier nicht das Sehen des geistigen Reiches<br />
wenn wir einmal gestorben sind, son<strong>der</strong>n dass sich dieses Reich Gottes<br />
dem geistdurchdrungenen Menschen ganz konkret schon hier auf <strong>der</strong> Erde<br />
offenbart.<br />
Dieses Reich ist also nicht irgendwo in einer zukünftigen Welt zu<br />
suchen, son<strong>der</strong>n das Reich Gottes ist in uns und unsichtbar um uns herum.<br />
Doch es kommt nicht durch äußeres Schaugepränge in unser Gesichtsfeld<br />
wie Jesus sagte, son<strong>der</strong>n es offenbart sich nur dem Auge eines<br />
durchgeistigten Herzens. Erst wenn unser Inneres durch die Liebe zum<br />
Vater-Gott und zu allen Menschen und allem Leben unser Herz in die<br />
gleiche Liebesschwingungsfrequenz erhoben hat, in welcher auch Sein<br />
Reich <strong>der</strong> Liebe besteht, wird es uns wie Schuppen von den Augen fallen.<br />
Wir werden am gleichen Ort, wo wir bisher nur blind mit unseren äußeren
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
13<br />
Leibesaugen geschaut haben, plötzlich eine neue Welt entdecken, welche<br />
diese grobstoffliche Schöpfung schon immer durchdrungen hat. Dann<br />
atmet und tönt es ganz an<strong>der</strong>s in unserem Leben und wir sehen das Leben<br />
zum ersten Mal so, wie es wirklich ist. Jetzt sehen wir nur den Schatten <strong>der</strong><br />
Wirklichkeit. So öffnet sich das Reich Gottes aus dem Herzen eines<br />
Menschen und wird dem geistigen Auge des in und durch die Liebe<br />
Wie<strong>der</strong>geborenen schon auf <strong>der</strong> Erde in Macht und Herrlichkeit sichtbar.<br />
(Raphael): „Wenn du vollkommen in des Herrn Willen wirst eingegangen<br />
sein und wirst ganz durchdrungen sein von Seinem Geiste, so wirst<br />
du das wie am hellsten Tage auch schauen im Reiche Gottes in dir, was du<br />
nun gleichwohl noch ganz trübe schaust mit den Augen deines Leibes.<br />
Siehe und begreife: Alles, was du nun schaust in aller Welt, stellt ja das<br />
Wesenhafte des Reiches Gottes dar! Du musst dir nicht denken, dass das<br />
Reich Gottes irgendwo beson<strong>der</strong>s sei. Das Reich Gottes ist überall in <strong>der</strong><br />
ganzen ewigen Unendlichkeit, und <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> dessen inne wird aus<br />
dem Geiste des Herrn, <strong>der</strong> hat das Reich Gottes auch in sich und befindet<br />
sich, wo er auch immer sein und weilen und handeln mag - ob noch in<br />
seinem Leibe o<strong>der</strong> als Geistmensch in seiner puren Seele -, überall im<br />
Reiche Gottes und dessen vollster Wesenhaftigkeit.<br />
Du bist nun noch in deinem Leibe und ich in meiner lautern<br />
Geistmenschwesenheit, und wir beide befinden uns völlig in ein und<br />
demselben wesenhaften Reiche Gottes. Der ganz kleine Unterschied<br />
besteht darin, dass ich dessen vollkommen für ewig in mir klarst inne bin,<br />
du aber noch unvollkommen, darum du denn alle die lange schon seligen<br />
reinen Geistbrü<strong>der</strong> und -schwestern nicht sehen kannst außer in einem<br />
hellen Traum; wenn du aber noch vollkommener wirst denn nun, dann<br />
werden sie nicht verdeckt sein vor deinen Augen.<br />
Dass du nun mich sehen kannst, rührt ja schon auch daher, weil dein<br />
Geist schon insoweit in dir erwacht ist, dass er aus einer Ferne in dem<br />
Gottmenschen Jesus aus Nazareth den allein wahren, ewigen Geist Gottes<br />
erkannt hat; ohnedem könntest du mich eben nicht so leicht sehen und<br />
sprechen! Verstehst du nun das Wesenhafte des Reiches Gottes?<br />
Sagte, ganz erstaunt über die klare Weisheit Raphaels, <strong>der</strong> Arzt: „O du<br />
herrlicher, unsterblicher Freund und Bru<strong>der</strong>! Du hast mir nun eine<br />
gewaltige Binde von meinen Augen hinweggetan! Das sieht <strong>der</strong> Mensch<br />
denn doch allzeit am schlechtesten, was ihm ganz knapp vor die Augen<br />
gestellt wird. Ich suchte wahrlich das, was ich in <strong>der</strong> Hand<br />
hielt.“ (GEJ.9_173-7-11)<br />
Genau das erlebt ein je<strong>der</strong> Mensch, dem sich plötzlich das Reich Gottes<br />
auftut. Er ist erstaunt, dass es die ganze Zeit schon da war, wonach er
14 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
gesucht hat. Das Gewahrwerden des Reiches Gottes erlebte auch <strong>der</strong> erste<br />
Märtyrer Stephanus, als er im Sterben mit hell erleuchtetem Antlitz<br />
ausrief: „Ich sehe den Himmel offen!“ Ihm hatte sich durch seine Liebe zu<br />
Jesus und den Menschen das innere, geistige Auge in einem Augenblick<br />
geöffnet und das Reich Gottes wurde so für ihn sichtbar.<br />
„Selig werden nur diejenigen werden, die sich an Mir nicht ärgern und<br />
glauben, dass Ich <strong>der</strong> verheißene Messias bin! Ich aber bin nicht<br />
gekommen, um den Juden abermals ein irdisches und vergängliches Reich<br />
zu gründen, son<strong>der</strong>n ein geistiges in <strong>der</strong> Liebe zu Gott und zum Nächsten<br />
und somit ein Reich des Lichtes und aller Wahrheit aus Gott, ohne Lüge<br />
und ohne Trug.“ (GEJ.8_85-25)<br />
Jesus kam, um die Herzen <strong>der</strong> Menschen wie<strong>der</strong> für die Liebe zu Gott<br />
und Seine Lebensordnung zu entzünden und ihnen so das Reich Gottes zu<br />
offenbaren. Halten wir einmal einen Moment inne und werden uns<br />
bewusst: das Reich Gottes ist in mir und um mich herum, in diesem<br />
Augenblick. Es ist immer gegenwärtig und wartet nur darauf, dass wir<br />
ganz eintreten in dieses Reich <strong>der</strong> Liebe und Wahrheit. Wir sollen uns in<br />
die Mitte, ins Zentrum dieses alles segnenden Kraftstromes stellen und<br />
nicht ungläubig und zaghaft an <strong>der</strong> Peripherie des Glaubens stehen bleiben<br />
und hoffen, dass uns einige Krümel vom Tische <strong>der</strong> Gnade Gottes zufallen<br />
mögen. Nein, wir sind keine Knechte mehr, son<strong>der</strong>n Erben Seines Reiches!<br />
Dafür war <strong>der</strong> Christus unermüdlich durch ganz Israel gezogen, um die<br />
Knechte <strong>der</strong> Sünde und Materiegebundenheit wie<strong>der</strong> zu freien Kin<strong>der</strong>n des<br />
Geistes Gottes zu machen. Diese hohe Berufung unvertilgbar in unsere<br />
Herzen zu pflanzen und uns voranzugehen, dieses Erbe anzutreten, dazu<br />
war Er auf unsere Erde gekommen. Er hatte den physischen, so wie auch<br />
den seelisch-geistigen Tod vollkommen besiegt!<br />
Diese Verkündung des Auferstandenen und das Bewusstmachen des<br />
gegenwärtigen Reiches Gottes war darum untrennbarer Inhalt <strong>der</strong> ersten<br />
Verkündung von <strong>der</strong> „Frohen Botschaft“! Die Knechtschaft und<br />
Gebundenheit an die Fallwelten hatte nun ein Ende. Der auferstandene<br />
Christus belehrte Seine Jünger noch vierzig Tage lang und führte sie in die<br />
Geheimnisse des durch Ihn sichtbar gewordenen Reiches Gottes ein. So<br />
erschien Er vielen hun<strong>der</strong>ten von Menschen nach Seiner Auferstehung und<br />
bezeugte ihnen den Beginn und die Geburtsstunde einer neuen Zeit und<br />
geistigen Epoche. Darum ist es auch ganz richtig, dass wir mit <strong>der</strong> Geburt<br />
Jesu eine neue Zeitberechnung beginnen.<br />
„Ihnen hat Er nach Seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass<br />
Er lebt; vierzig Tage hindurch ist Er ihnen erschienen und hat vom<br />
Reich Gottes gesprochen.“ (Apg 1,3)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
15<br />
Was Er ihnen hier alles offenbart hat vom Reich Gottes, ist uns lei<strong>der</strong><br />
nicht übermittelt worden. Es wäre sicher eine <strong>der</strong> kostbarsten Perlen<br />
göttlicher Offenbarungen für das Verständnis des geistigen Lebens<br />
überhaupt. Wir erfahren aus <strong>der</strong> Apostelgeschichte und den Apostelbriefen<br />
jedoch das weitere Geschehen im Leben und Vorgehen <strong>der</strong> Jünger Jesu,<br />
bei <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong> „Frohen Botschaft“.<br />
„Als sie jedoch dem Philippus Glauben schenkten, <strong>der</strong> das Evangelium<br />
vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, ließen sie<br />
sich taufen, Männer und Frauen.“ (Apg 8,12)<br />
Zwei Dinge wurden von den ersten Christen den Menschen verkündet:<br />
Das Reich Gottes und <strong>der</strong> auferstandene Messias Jesus Christus! Das<br />
Reich Gottes in seiner Natur und Beschaffenheit war also ein wesentlicher<br />
Bestandteil <strong>der</strong> Erweckungspredigten <strong>der</strong> ersten Jünger. Über das Wirken<br />
des Paulus in Ephesus lesen wir in <strong>der</strong> Apostelgeschichte 19,8. „Er ging in<br />
die Synagoge und lehrte drei Monate lang freimütig und suchte sie vom<br />
Reich Gottes zu überzeugen.“<br />
Er versuchte sie von etwas zu überzeugen, das um sie herum und in<br />
ihnen veranlagt war und das sie durch die Augen des Glaubens erblicken<br />
konnten, wenn sie nur wollten. Ein Reich, das je<strong>der</strong>zeit jedem bis in den<br />
höchsten Himmel offen steht, <strong>der</strong> den Weg beschreitet, welchen Jesus<br />
durch Sein Leben, Seine Lehre, durch Seinen Tod und durch Seine<br />
Auferstehung vorgezeichnet und besiegelt hat! Der Erlöser hatte die Tore<br />
zum Reich Gottes weit aufgestoßen und war als erster in eine ganz neue<br />
geistige Dimension des Lebens zwischen Gott und Mensch eingetreten. In<br />
eine intimste und liebevollste Vater-Sohnbeziehung. Ein neuer Himmel<br />
war entstanden, in welchem <strong>der</strong> unschaubare, unbegreifliche und ferne<br />
Gott, Seinen Kin<strong>der</strong>n sichtbar als ein Vater gegenübertrat. In welcher<br />
Gestalt? In Gestalt des auferstandenen Christus, <strong>der</strong> in einer<br />
vollkommenen Verschmelzung mit Seinem inneren Vatergeist, jegliches<br />
son<strong>der</strong>heitliche Dasein neben Gott aufgegeben und vollkommen Eins mit<br />
Ihm geworden war. Dies bezeichnete Er vor in den Worten: „Wer Mich<br />
sieht, <strong>der</strong> sieht den Vater“ und „Ich und <strong>der</strong> Vater sind Eins!“<br />
Betrachten wir nun zwei Bibelstellen mit Fragezeichen.<br />
Und Jesus sagte zu ihnen: „Amen, ich sage euch: Von denen, die hier<br />
stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie gesehen haben, dass<br />
das Reich Gottes in Macht gekommen ist.“ (Markus 9,1)<br />
„Wahrhaftig, das sage ich euch: Von denen, die hier stehen, werden<br />
einige den Tod nicht erleiden, bis sie das Reich Gottes gesehen<br />
haben.“ (Lukas 9,27)<br />
Diese Stellen wurden oft für die Unglaubwürdigkeit <strong>der</strong> Bibel
16 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
herangezogen, da das Reich Gottes nach menschlichem Verständnis ja<br />
nicht in Erscheinung getreten war. Jesus war gekreuzigt worden und Seine<br />
Anhänger wurden verfolgt und verachtet. Einer nach dem an<strong>der</strong>en starb<br />
dahin und von einem Reich Gottes in Macht war auch bei bestem<br />
Augenlicht am fernen Horizont nichts zu sehen. Doch mit <strong>der</strong> rechten<br />
Erkenntnis über das wirkliche Wesen des Reiches Gottes lassen sich diese<br />
Aussagen nun spielend einordnen. Jesus sprach hier von <strong>der</strong> geistigen<br />
Reife, welche einige <strong>der</strong> um Ihn stehenden Menschen noch vor ihrem<br />
irdischen Tod erlangen würden. Er sprach von einem Bewusstseinzustand<br />
und einer Lebensvollendung, welche sie zur geistigen Schauung des immer<br />
gegenwärtigen Reiches Gottes befähigen würde.<br />
Die Bergpredigt im Matthäusevangelium ist in vielen Teilen eine<br />
wun<strong>der</strong>bare Darstellung des aktiven Lebens im Reich Gottes. Es wird uns<br />
hier <strong>der</strong> vollkommene Glaube und das vollkommene Vertrauen auf die<br />
Umsorgung eines liebevollen Vatergottes ans Herz gelegt. Jesus sagt uns<br />
in dieser Seiner Predigt an das gesamte Volk sinngemäß: „Schaut auf<br />
Mich! Auch ihr seid berufen, Söhne und Töchter des Allerhöchsten zu sein<br />
und ihr könnt die gleichen Werke und Wun<strong>der</strong> tun, die Ich vor euren<br />
Augen vollbracht habe. Glaubt es doch, ihr seid schon Söhne und Töchter<br />
des Höchsten allzumal! Ergreift diesen Glauben mit aktiver Gewissheit<br />
und zweifelt nicht an eurer Bestimmung und Berufung und an Meinem<br />
Wort! Was euch daran hin<strong>der</strong>t euer Erbe anzutreten und die Verheißungen<br />
offenbar werden zu lassen, ist euer Zweifel, eure Ängste, eure<br />
Kleingläubigkeit. Ich kann euch nicht in das Reich Gottes hineinzwingen<br />
und Ich kann euch das Reich Gottes nicht überstülpen, ihr müsst es selbst<br />
ergreifen! Den Weg nur kann ich euch weisen und als ein lebendiges<br />
Beispiel vorangehen.“<br />
Anstatt aber Jesus auf diesem Weg tatkräftig und lebendig<br />
nachzufolgen, erschöpfen wir uns heute in Seiner Anbetung und nehmen<br />
schon wie<strong>der</strong> eine alttestamentliche Haltung <strong>der</strong> Knechtschaft Gott<br />
gegenüber ein.<br />
„Du hast ganz recht, so du nun sagst, dass das Reich Gottes in Mir zu<br />
euch gekommen ist und sich bei euch und in eurer Mitte befindet; aber das<br />
genügt noch nicht zur Erreichung und vollen Erhaltung des ewigen Lebens<br />
<strong>der</strong> Seele, weil das Reich Gottes in Mir wohl zu euch gekommen, aber<br />
darum noch nicht in euer Inneres gedrungen ist, was erst dann geschehen<br />
kann und wird, wenn ihr ohne alle Rücksicht auf die Welt Meine Lehre<br />
ganz in euren Willen und somit auch in die volle Tätigkeit aufgenommen<br />
habt. Wenn das einmal <strong>der</strong> Fall sein wird, dann werdet ihr nicht mehr<br />
sagen: „Christus, und mit Ihm das Reich Gottes, ist zu uns gekommen und
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
17<br />
wohnt bei und unter uns!“, son<strong>der</strong>n ihr werdet sagen: „Nun lebe nicht<br />
mehr ich, son<strong>der</strong>n Christus lebt in mir!“ Wenn das bei euch <strong>der</strong> Fall sein<br />
wird, dann auch werdet ihr das in <strong>der</strong> Fülle lebendig begreifen, wie das<br />
Reich Gottes nicht mit äußerem Schaugepränge zu und in den Menschen<br />
kommt, son<strong>der</strong>n sich nur inwendig im Menschen entfaltet und die Seele in<br />
sein ewiges Leben zieht, festigt und erhält.<br />
Es muss zwar dem Menschen zuvor von außen her <strong>der</strong> Weg gezeigt<br />
werden durch das Gotteswort, das da kommt aus den Himmeln zum<br />
Menschen, und wo man sagen kann: „Der Friede sei mit dir; denn das<br />
Reich Gottes ist nahe zu dir gekommen!“ Aber darum ist <strong>der</strong> Mensch noch<br />
nicht im Gottesreiche, und das Reich Gottes ist nicht in ihm.<br />
Aber so <strong>der</strong> Mensch ungezweifelt zu glauben anfängt und durch sein<br />
Tun nach <strong>der</strong> Lehre den Glauben lebendig macht, dann erst entfaltet<br />
sich das Reich Gottes also im Menschen, wie sich im Frühjahre das<br />
Leben in <strong>der</strong> Pflanze sichtlich von innen aus zu entfalten anfängt, wenn die<br />
Pflanze von dem Lichte <strong>der</strong> Sonne beschienen und erwärmt und dadurch<br />
zur inneren Tätigkeit genötigt wird.<br />
Alles Leben wird wohl wie von außen her angeregt und geweckt, aber<br />
die Entstehung, Entwicklung, Entfaltung, Formung und Festigung geht<br />
dann immer von innen aus.<br />
Also müssen auch Tiere und Menschen die Nahrung zuerst von außen<br />
her in sich aufnehmen; aber dieses Aufnehmen <strong>der</strong> Speise und des Trankes<br />
ist noch lange nicht die wahre Ernährung des Leibes, son<strong>der</strong>n diese geht<br />
erst dann vom Magen in alle Teile des Leibes aus. Wie aber gewisserart<br />
<strong>der</strong> Magen das Lebensnährherz des Leibes ist, also ist auch das Herz im<br />
Menschen <strong>der</strong> Nährmagen <strong>der</strong> Seele zur Erweckung des Geistes aus Gott<br />
in ihr, und Meine Lehre ist die wahre Lebensspeise und <strong>der</strong> wahre<br />
Lebenstrank für den Magen <strong>der</strong> Seele.<br />
Und so bin Ich denn in Meiner Lehre an die Menschen ein wahres<br />
Lebensnährbrot aus den Himmeln, und das Tun nach ihr ist ein wahrer<br />
Lebenstrank, ein bester und kräftigster Wein, <strong>der</strong> durch seinen Geist den<br />
ganzen Menschen belebt und durch die hellst auflo<strong>der</strong>nde<br />
Liebesfeuerflamme durch und durch erleuchtet. Wer dieses Brot isst und<br />
diesen Wein trinkt, <strong>der</strong> wird keinen Tod mehr sehen, fühlen und schmecken<br />
in Ewigkeit.“ (GEJ.9_72,9-14)<br />
Nur wenn wir den Mut haben, uns voller Gottvertauen in dieses in <strong>der</strong><br />
Bergpredigt beschriebene Zentrum des Glaubens, und somit in den<br />
Lebensstrom des Lichtes und <strong>der</strong> Liebe zu stellen, und unser an<br />
Scheinsicherheiten gewöhntes Leben von seinen Angstfesseln befreien,<br />
können sich die Verheißungen Gottes an uns erfüllen. Jesus ruft uns in <strong>der</strong>
18 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Bergpredigt immer wie<strong>der</strong> auf, uns aus <strong>der</strong> Peripherie unseres zaghaften<br />
Glaubenslebens in das Zentrum dieses göttlichen Kraft- und<br />
Lebensstromes zu begeben, um alle Segnungen des Reiches Gottes aus<br />
Seinen Vaterhänden zu empfangen. Der Segen Gottes ist ja ständig da, wir<br />
müssen nur mutig durch den Glauben unsere Kindschaft und das Erbe<br />
annehmen, um Seine Segnungen auch empfangen zu können. Es liegt nicht<br />
an Gott, dass sich Seine Verheißungen und Segnungen so wenig in<br />
unserem Leben offenbaren, son<strong>der</strong>n an unserer Zaghaftigkeit. Ja, oft ist<br />
sogar das zu viele Wissen Schuld an unserer Misere. Wir bewegen uns<br />
verkopft im Wissen und haben doch kein wirkliches Leben in uns. Darum<br />
ist es besser wenig zu wissen, aber dieses Wenige zu tun und zu<br />
verwirklichen, als vor lauter Vielwisserei handlungsunfähig zu werden<br />
o<strong>der</strong> seine Energie in sinnlosen Wortgefechten, Diskussionen und<br />
Streitigkeiten über die Wahrheit zu vergeuden. Jesus sagt uns sogar, dass<br />
wir selbst mit Seinem neuen Wort unserem Geist noch ein Grab schaufeln<br />
und ihn zu Tode lesen können.<br />
„Darum seid nicht eitle Hörer/Leser, son<strong>der</strong>n Täter des Wortes; denn<br />
nur als Täter löscht ihr Meinen Durst mit dem lebendigen Liebewasser,<br />
sonst aber reicht ihr Mir allzeit Essig und Galle!“ (Schrifttexterklärung 5,26)<br />
(Jesus:) Wenn nun ein Mensch (durch die Liebe) in alle diese Weisheit<br />
gelangt, wie Ich euch nun mehrere Tage hindurch in einem fort gepredigt<br />
und tatsächlich gezeigt habe, saget Mir, ob wohl etwa das die Schuld war,<br />
weil <strong>der</strong> Mensch etwa jegliches Meiner an euch ergangenen Worte von<br />
Häkchen zu Häkchen genau und unverän<strong>der</strong>t überkommen hatte! O nein!<br />
Ihm kam nichts zu Ohren als bloß die beiden Gesetze <strong>der</strong> Liebe; die<br />
genaue, gewissenhafte und tatsächliche Beachtung <strong>der</strong>selben nur hat ihm<br />
alles an<strong>der</strong>e erworben!<br />
Da sind nun welche unter euch, die da bei sich, trotzdem Ich euch die<br />
Sache doch gewiß sehr handgreiflich klar dargestellt habe, fragen und<br />
sagen: „Ja, wie möglich kann denn die tatsächliche Beachtung <strong>der</strong> beiden<br />
Gebote die Seele zu einer solchen Weisheitshöhe erheben?“ Und Ich sage<br />
es euch: Darum, weil die Seele schon von Anbeginn an also eingerichtet<br />
ist! (GEJ.5_123,3-4)<br />
Gott hat uns also so eingerichtet, dass wir auf dem Weg <strong>der</strong><br />
Liebetätigkeit am schnellsten und sichersten zum Ziel gelangen. Alle<br />
an<strong>der</strong>en Wege sind darum Wege des Eigendünkels und oft auch des<br />
Hochmutes!!! Auf denen wir glauben, es besser zu wissen, was für uns<br />
richtig ist, als Gott.<br />
Das, was die meisten durch das viele Lesen und Wissen zu erreichen<br />
suchen, bleibt ihnen gerade darum verwehrt, weil sie dadurch nur zu oft
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
19<br />
den Kontakt zum Boden verlieren. Aus diesem Grund ist die<br />
Missionstätigkeit für das Reich Gottes auch so wichtig, sie ist ein<br />
Regulator, damit wir nicht durch das bloße Lesen abheben und meinen,<br />
dass sich hierdurch schon wirklich etwas in <strong>der</strong> Seele verän<strong>der</strong>n würde.<br />
Solange wir nur Lesen, ist alles was wir da aufnehmen noch fremdes Gut,<br />
das uns zwar geistig zu erheben vermag, jedoch unseren alten Menschen<br />
nicht wirklich erneuert. Hören wir dann für eine Zeit auf zu lesen, finden<br />
wir uns relativ schnell als Verlorene in den Nie<strong>der</strong>ungen des Lebens<br />
wie<strong>der</strong>. So greifen wir wie<strong>der</strong> zu den Büchern, um irgendwie Geistigkeit<br />
zu atmen und erneut das Leben zu spüren. Sicher, das Lesen im Wort<br />
Gottes ist Nahrung für die Seele, doch wenn wir es nur dazu benutzen, um<br />
uns wohl zu fühlen, dann haben wir den Sinn des Wortes Gottes und <strong>der</strong><br />
Lehre Jesu nicht verstanden. Es will uns zur Tätigkeit anleiten! Das<br />
Problem, das sich mit <strong>der</strong> Zeit beim „Nur-Lesen“ ergibt ist, dass wir<br />
immer weniger bereit und fähig sind, uns auch in den Nie<strong>der</strong>ungen des<br />
alltäglichen Lebens mit seinen vielfältigen Aufgaben zu bewegen. Doch<br />
gerade <strong>der</strong> sogenannte Alltag ist ja gerade das Feld, auf welchem wir die<br />
Lehre Jesu auch in die Tätigkeit umsetzen können. Hier findet <strong>der</strong><br />
göttliche Unterricht statt! Doch es ist uns dann oft so ungemein<br />
schwerfällig hier unten, gerade mit unseren „lieben Mitmenschen“. Wie<br />
klar und einfach war es da doch mit dem Buch in <strong>der</strong> Hand. All die<br />
lichtvollen Wahrheiten und Offenbarungen <strong>der</strong> Liebe Gottes zu uns, das ist<br />
Labsal für die Seele. Ja, hier ist gut sein, so denken und fühlen wir! Aber<br />
lei<strong>der</strong> ist es nur geliehenes Glück, ein fremdes geistiges Leben und lei<strong>der</strong><br />
noch nicht unser eigenes Leben, unsere eigene Liebe die sich hier<br />
offenbart! Es ist alles nur angelesen und „für einen Moment mitgefühlt“.<br />
Gesellt sich dann über das viele Lesen auch noch <strong>der</strong> Hochmut dazu, denn<br />
man hat ja nun einiges verstanden, dann reift hier mehr und mehr <strong>der</strong><br />
unerträgliche Prototyp des fanatischen Besserwissers o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kalte<br />
Verstandesakrobat heran, <strong>der</strong> seinen Mitmenschen eher eine Last, als ein<br />
Gewinn ist. Er lässt selten etwas an<strong>der</strong>es gelten, als seine Wahrheit und ist<br />
unfähig einmal einen an<strong>der</strong>en Standpunkt zu betrachten o<strong>der</strong> in sich<br />
aufzunehmen.<br />
Doch wie kann ich diesen vielen Fallen und gelegten Schlingen<br />
entgehen, die sich auf meinem Pilgerweg befinden? Es gibt nur einen<br />
wirklich fruchtbaren Ansatz mit dem Problem umzugehen! Weg von <strong>der</strong><br />
Selbstumkreisung und geistigen Selbstbefriedigung, hin zur Tätigkeit im<br />
Weinberg Gottes. Alleine das praktizierte, lebendige Glaubensleben aus<br />
Liebe zu Gott und zum Menschen, kann uns überhaupt ein Gefühl dafür<br />
vermitteln, was Jesus mit Seiner Lehre eigentlich meinte und was Er
20 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
tagtäglich Selbst praktiziert und gelebt hat. Erst dann wird alles das, was<br />
wir theoretisch über das geschriebene Wort in uns aufgenommen haben,<br />
langsam lebendig werden und zu unserem Eigentum, zu unserem eigenen<br />
Leben aus dem Herzen <strong>der</strong> Liebe. Wir langjährigen Leser haben wahrlich<br />
genug gelesen und sollten uns nun einmal auf das Tun konzentrieren. Dem<br />
lebendigen, gegenwärtigen Christus werden wir nur dann begegnen, wenn<br />
wir jene aufsuchen, bei denen Er sich am liebsten aufgehalten hat und noch<br />
immer aufhält, bei den Hilfebedürftigen, den Schwachen im Geiste und bei<br />
den Verlorenen und Sün<strong>der</strong>n. Hier wird sich erst zeigen, was unser<br />
Leseglaube wert ist, denn hier können wir mit all unseren Erkenntnissen<br />
und Weisheiten oft nicht viel anfangen und weiterkommen, umso mehr<br />
jedoch mit unserer Liebe.<br />
Der christliche Glaube und die christliche Glaubensgemeinschaft o<strong>der</strong><br />
auch eine Kirche wird in dem Moment sterben und vertrocknen, wo er/sie<br />
sich nur noch selbst umkreist und den Sinn ihres Daseins aus den Augen<br />
verloren hat, nämlich die Pflege und das Wachstum als eine<br />
„Gemeinschaft von Liebenden“, welche mit einem Missionsauftrag<br />
bedacht sind. Die Nachfolge Jesu ohne ein Hinaustreten in die Welt (das<br />
können schon die nächsten Nachbarn sein), ist nicht lebensfähig, da diese<br />
aus <strong>der</strong> Liebe angetriebene Bewegung – die Seelenarbeit am Nächsten -,<br />
die unermüdliche Antriebskraft des Lebens Jesu war.<br />
Doch Vorsicht, auch hier kann man den gleichen Fehler machen wie<br />
beim „Nur-Einatmen“, beim nur nach innen gehen. Auch das „Nur-<br />
Ausatmen“ führt zur geistigen Atemnot! Es ist lebensnotwendig für unsere<br />
Seele ein- und auszuatmen. Das Einatmen entspricht dem kontemplativen<br />
Weg nach Innen, das Ausatmen dem Tun, <strong>der</strong> Tätigkeit. O<strong>der</strong>, das<br />
Einatmen entspricht dem Aufnehmen des Wortes Gottes und <strong>der</strong> inneren<br />
Verwandlung durch praktiziertes Gebet und Meditation und das Ausatmen<br />
entspricht <strong>der</strong> äußeren Verwandlung im Liebehandeln nach <strong>der</strong> Lehre Jesu<br />
und <strong>der</strong> Verkündung des Reiches Gottes und des Erlösungsangebotes in<br />
Jesus Christus.<br />
Wirkliches beständiges geistiges Leben gebiert sich immer aus diesen<br />
zwei Antriebskräften <strong>der</strong> Nachfolge Jesu, wobei wir als Leser eher dazu<br />
neigen, alles bis auf das Kleinste zu durchleuchten, um dann abzuwägen,<br />
ob es in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Situation sinnvoll und gottgewollt ist, mal<br />
über den eigenen Tellerrand hinauszugehen. Aber auch hier hat Jesus einen<br />
Rat für uns.<br />
„In <strong>der</strong> großen Ordnung Gottes sind auch solche Wesen nötig, die<br />
ohne viel Nachdenken sich gleich über eine Sache hermachen, ob sie<br />
<strong>der</strong>selben gewachsen sind o<strong>der</strong> nicht. Das bewirkt, dass dann auch an<strong>der</strong>e
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
21<br />
angeeifert werden, auch etwas zu tun, und oft viel klüger als <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />
ohne viel Überlegung den Anfang machte!<br />
Die gar zu Weisen sind nicht selten zu mückenfängerisch. Sie getrauen<br />
sich oft aus lauter Tiefsinn nicht, eine Sache anzugreifen, solange nicht<br />
alle ihre Weisheitsgründe für eine Sache ganz auf ein Haar passen.<br />
Und so müssen auch Martins sein, die weniger Weisheit, aber dafür<br />
einen großen Tateifer in sich tragen, <strong>der</strong> oft besser ist als zu viel<br />
Weisheit.“ (Bischof Martin 114,4)<br />
„Merket ihr nun, was Ich euch mit dieser Meiner Lehre für einen ganz<br />
an<strong>der</strong>n Weg zeigen will, auf dem man in <strong>der</strong> kürzesten Zeit, so man es nur<br />
recht will, sich in alle Weisheit <strong>der</strong> Himmel versetzen kann?!<br />
Dieser Weg (und diese Lehre) bin Ich, und die Wahrheit und das Leben.<br />
Wer Mich wahrhaft liebend in seine Seele aufgenommen hat, aber nicht<br />
nur gläubig bloß dem vernommenen Worte nach, son<strong>der</strong>n vollkommen<br />
<strong>der</strong> Tat nach, zu dem werde Ich allzeit im Geiste kommen und werde Mich<br />
ihm offenbaren und werde ihn erleuchten wie eine hell aufgehende Sonne<br />
die früher finsteren Gefilde <strong>der</strong> Erde.<br />
Mit einem innern geistigen Blicke wird er mehr vom tiefsten Grunde<br />
aus kennen lernen denn durchs Lesen in zehnmal hun<strong>der</strong>ttausend<br />
Jahren, so es einem Menschen gegeben wäre, so lange zu leben.<br />
Ihr selbst habt nun seit mehreren Tagen, die Ich stets lehrend und<br />
handelnd unter euch zugebracht habe, doch so manches vernommen und<br />
gesehen, und es sind eure Seelen dadurch sehr geweckt worden, und in<br />
eure Herzen ist Liebe, Glaube und volles Vertrauen eingezogen; aber so<br />
ihr es bei dem allein bewenden ließet, da hättet ihr fürwahr noch wenig<br />
Nutzen für eure Seelen, und euer Erkennen und Wissen würde bei dem,<br />
was ihr nun habt, verbleiben.<br />
Ihr müsset von nun an erst selbsttätig werden nach Meiner Lehre,<br />
dann wird eure Seele lebendiger und lichtvoller werden und dann erst wird<br />
Mein Geist in euren Seelen Wohnung nehmen und wird euch leiten in<br />
alle Weisheit.<br />
Darin also bestehet die neue Schule des wahren Lebens und die allein<br />
wahren Erkenntnisse Gottes und seiner selbst, und darum heißt Meine<br />
Lehre ein wahres Evangelium, weil sie die Menschen lehret gehen auf<br />
dem allein rechten und wahren Wege zur Erreichung des wahren,<br />
ewigen Lebens und zur Erreichung <strong>der</strong> einzigen, wahren Liebe und<br />
Weisheit aus Gott. (GEJ.5_124,6-15)<br />
Ein je<strong>der</strong> Weg bietet sich unseren Füßen an, dass wir auf ihm gehen<br />
sollen. Erst wenn wir unsere Füße in Bewegung setzen, kommen wir auch<br />
auf dem geistigen Weg zur Wahrheit und zum Leben.
22 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Die Geschichte von den zwei Spuren im Sand, wo <strong>der</strong> Mensch dann<br />
von Jesus getragen wird, wenn es ihm zu schwer wird auf dem Pilgerweg,<br />
entspricht nicht <strong>der</strong> Wirklichkeit des menschlichen Lebens, son<strong>der</strong>n ist das<br />
romantische Wunschdenken des natürlichen Menschen. Jesus trägt uns<br />
nicht über Hin<strong>der</strong>nisse o<strong>der</strong> schwere Zeiten hinweg.<br />
„Ich aber bin ein rechter Lehrer und Führer und trage Meine Jünger<br />
nicht über alle noch so schroffen, und holperichten Wege und Fußsteige<br />
auf den Händen, son<strong>der</strong>n lasse sie selbst gehen, auf dass sie stark werden,<br />
ohne Anstoß für<strong>der</strong>hin zu wandeln auf allen noch so knorrigen Wegen.<br />
Stellt sich aber jemandem auf irgendeinem Wege ein gar zu großes<br />
Hin<strong>der</strong>nis entgegen, da werde dann schon Ich ihm ein Licht und eine Kraft<br />
geben zur sicheren Besiegung auch solch eines großen Hin<strong>der</strong>nisses. Aber<br />
vor allem muss ein je<strong>der</strong> Mensch selbst so viel tun, als in seinen Kräften<br />
liegt; was darüber not tut, wird ihm gegeben werden zur rechten<br />
Zeit.“ (GEJ.6_52,12-13)<br />
Selbsttätig werden ist <strong>der</strong> Rat Jesu!!! Warten wir auf keine persönliche<br />
Einladung, sie wird nicht kommen. Warten wir auf keine beson<strong>der</strong>e<br />
Berufung, denn wir sind schon alle berufen den ersten Schritt zu tun und<br />
unsere Talente einzusetzen, seit dem Augenblick, als wir Jesus unser<br />
Leben übergeben haben. Es wird zuerst einmal keine an<strong>der</strong>e Berufung an<br />
uns ergehen als jene, die uns in Seiner Lehre offenbart wird. Wenn wir<br />
dann jedoch eintreten in den Weinberg Gottes, dann wird er uns nach<br />
unseren Talenten auch an den richtigen Platz zum Wohl des Ganzen<br />
stellen.<br />
Viele zum Wirken berufene Menschen ziehen sich angesichts des<br />
geistig-religiösen Chaos in unserer Zeit lei<strong>der</strong> vom Feld <strong>der</strong> offenen<br />
Verkündung und Weinbergarbeit zurück. Angesichts <strong>der</strong> ständigen<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen Gläubigen und Geistesgeschwistern sind<br />
sie resigniert und leben ihren Glauben im Stillen und sprechen vom<br />
Vorleben als Form <strong>der</strong> Verkündung. Ich kann das sehr gut verstehen, doch<br />
das Christentum wäre nicht über Israel hinausgedrungen, hätten die ersten<br />
Jünger sich alleine aufs Vorleben beschränkt. Und auch sie hatten wahrlich<br />
keine beson<strong>der</strong>s günstigen Voraussetzungen für ihren Glauben und ihre<br />
Arbeit im Weinberg Gottes.<br />
Die gute Kenntnis <strong>der</strong> Lehre und das Leben danach ist natürlich die<br />
Voraussetzung o<strong>der</strong> Vorbedingung für die Verkündung des Heilangebotes<br />
an die Menschen. Das Vorleben ist das Fundament, aber wir sollen das<br />
Erlösungsangebot Gottes – die Frohe Botschaft – auch mit unseren Füssen<br />
zu den Menschen tragen und es mit unserem Mund bekennen und<br />
verkünden. Für solch eine Verkündungs- o<strong>der</strong> Missionsarbeit ist eine
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das Reich Gottes<br />
23<br />
Gemeinschaft von Gläubigen eine große Stütze, Hilfe und Erleichterung,<br />
nicht zuletzt durch eine sinnvolle Aufgabenverteilung. Denn es heißt ein<br />
Geist, doch viele Gaben. Die Neuoffenbarungs-Leser sind lei<strong>der</strong> nur ein<br />
loser, weit verteilter Verband von Menschen, welche zwar die gleichen<br />
Bücher lesen, ansonsten aber wenig Glaubensgemeinsamkeiten pflegen,<br />
o<strong>der</strong> sich zu gemeinsamer Missionsarbeit zusammenfinden. Ich glaube<br />
auch, dass hierin ein Manko <strong>der</strong> schwachen Verbreitung <strong>der</strong><br />
Neuoffenbarung zu finden ist. Es beteiligen sich zwar schon eine ganze<br />
Reihe lieber Geschwister auf diesem Feld, indem sie Schriften in ihrem<br />
persönlichen Umfeld o<strong>der</strong> in regelrechter Missionsarbeit verteilen, jedoch<br />
meist nur als Einzelkämpfer. Doch ist die Notwendigkeit offenbar – gerade<br />
in Bezug auf die vor uns liegenden Ereignisse -, dass wir alle näher<br />
zusammenrücken und unser Einzelkämpferdasein sich mehr und mehr in<br />
einer tragenden Gemeinschaft auflöst. Wenn Jesus durch J. <strong>Lorber</strong> davon<br />
sprach, dass man keine neue Kirche mit <strong>der</strong> Neuoffenbarung gründen soll,<br />
so ist damit nicht ausgedrückt, dass wir keine Gemeinschaft pflegen o<strong>der</strong><br />
gar Lebensgemeinschaften gründen sollen, dies wi<strong>der</strong>spreche dem<br />
grundlegenden Geist und Lebensimpuls des Christentums. Denn Satan<br />
isoliert, Christus aber verbindet und führt die Menschen zusammen. Das<br />
Urchristentum lehrt uns hier ein klares Bild, was aus dem Liebegeist<br />
anzustreben ist. In <strong>der</strong> Gemeinschaft lässt sich mit vereinten Kräften vieles<br />
bewegen, womit <strong>der</strong> Einzelne hoffnungslos überfor<strong>der</strong>t ist.<br />
Es gibt keinen Auftrag Jesu, sich hinzusetzen und abzuwarten. Es gibt<br />
aber einen klaren Auftrag <strong>der</strong> Verkündung. Christen sind keine passiven<br />
Beobachter, son<strong>der</strong>n Handelnde. Ihr seid das Salz <strong>der</strong> Erde und ein Licht,<br />
das nicht im Verborgenen brennen soll. Jesus hat einen neuen Bund mit<br />
uns geschlossen. Ein Bund ist ein Vertrag, bei dem beide Seiten ihren Teil<br />
erfüllen müssen, um eine Einheit zu bilden. Je<strong>der</strong> Dämon zittert vor Furcht<br />
o<strong>der</strong> tobt vor Wut, wenn er den Namen des Messias „Jesus“ hört. Das ist<br />
<strong>der</strong> Grund, warum <strong>der</strong> Name des Erlöser-Jesus heute überall in <strong>der</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> verschwindet. Er wird aus den Schulen entfernt, aus den<br />
Medien, aus <strong>der</strong> Europäischen-Verfassung. Wir erleben heute diesen<br />
Großangriff gegen den Messias, weil unsere Welt vom antichristlichen<br />
Geist beherrscht wird. Es geht Satan nur darum, diesen Namen aus dem<br />
Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen zu tilgen o<strong>der</strong> den wahren Christus durch einen<br />
falschen Pseudo-Christus zu ersetzen. Der Name Allah, Buddha o<strong>der</strong><br />
Mohammed kann problemlos überall verbreitet werden, dagegen regt sich<br />
kein nennenswerter Wi<strong>der</strong>stand. Aber für die Mächte <strong>der</strong> Finsternis ist <strong>der</strong><br />
Name JESUS wie ein brennendes Feuer <strong>der</strong> Qual in ihren Seelen, deshalb<br />
tun sie alles, damit er auf unserer Erde nicht mehr öffentlich genannt wird.
24 Das Reich Gottes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Wir erleben eine <strong>der</strong>zeitige Demontage von Jesus als dem Erlöser und<br />
Messias mit dem Ziel, eine universale Religion und Welteinheitskirche zu<br />
etablieren, in welcher Jesus einer unter vielen Heilsbringern sein wird.<br />
Dieser interreligiöse Pseudo-Jesus o<strong>der</strong> kosmische Christus ist kompatibel<br />
mit allen Religionen, er hat aber keinen Erlösungsauftrag mehr und darum<br />
keine Erlöserkraft. Bekennt mutig Jesus als den „von Gott bestimmten<br />
Erlöser <strong>der</strong> Fallwelten“. Jesus kam, um alles das zu erlösen, was im Tod<br />
gefangen war. Erlösung führt zur Umwandlung und vollkommenen<br />
Erneuerung <strong>der</strong> menschlichen Natur. Dagegen arbeitet <strong>der</strong> Feind wo er nur<br />
kann und versklavt die Kin<strong>der</strong> Gottes als Verbraucher in seiner Konsumund<br />
Genusswelt! Das Gebot <strong>der</strong> Stunde heißt: Einheit, <strong>der</strong> „noch“ an den<br />
Erlöser-Christus glaubenden Menschen.<br />
„Du aber, <strong>der</strong> du nun das weißt, sei guten Mutes, und denke dir, dass<br />
man mit einem Hiebe keinen voll ausgewachsenen Baum umhaut, und<br />
du wirst Ruhe finden in deinem Gemüte! Du brauchst von nun an bloß<br />
nach Meinem Worte zu handeln, und dir wird das an<strong>der</strong>e, was du suchest,<br />
schon zur rechten Zeit hinzugegeben werden. Amen.“ (GEJ.6_69,6)<br />
„Darum seid denn auch ihr nicht nur pur eitle Hörer, son<strong>der</strong>n sofortige<br />
Täter Meines Wortes, so werdet ihr in euch auch das wahre Reich Gottes<br />
überkommen! Erwartet aber niemals, als werde das Reich Gottes, als das<br />
Reich des inneren Lebens, jemals mit irgend äußeren Zeichen und<br />
äußerem Glanzgepränge zu den Menschen kommen, son<strong>der</strong>n es ist<br />
inwendig in euch! Wer es auf die von Mir euch gezeigte Art und Weise<br />
sucht in sich und es nicht also findet, <strong>der</strong> sucht es in aller Welt und in allen<br />
Gestirnen vergeblich.<br />
Der Pfad zum wahren und lebendigen Reiche Gottes ist somit ein sehr<br />
schmaler und oft mit allerlei Dornengestrüpp überwachsener. Demut und<br />
vollste Selbstverleugnung ist sein Name. Für den Weltmenschen ist er<br />
völlig ungangbar.<br />
Wer aber an Mich glaubt und Meine Gebote hält, dem werden die<br />
Dornen auf dem Pfade zum Reiche Gottes nicht die Füße verwunden. Nur<br />
ein ernster Anfang ist schwer; wenn <strong>der</strong> Ernst aber bleibt und nicht durch<br />
allerlei Weltrücksichten geschwächt wird, so ist die volle Erreichung des<br />
Reiches Gottes in sich etwas ganz Leichtes. Denn solch einem stets<br />
vollernstlichen Bestreber nach dem Gottesreiche in sich ist Mein Joch<br />
sanft und leicht die ihm zu tragen von Mir aufgelegte Bürde, und Ich<br />
werde den ernsten Suchern des wahren Reiches Gottes stets laut in ihren<br />
Herzen zurufen: ,Kommet alle zu Mir, die ihr mühselig und belastet seid!<br />
Ich Selbst komme euch schon mehr denn auf dem halben Wege entgegen<br />
und will euch vollauf kräftigen und erquicken!“‘<br />
(GEJ.9_57,6-8)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Frieden in Gott<br />
25<br />
Frieden in Gott<br />
„Solches habe Ich zu euch geredet, auf dass ihr Frieden habet in Mir.<br />
In <strong>der</strong> Welt werdet ihr Bedrängnis haben; aber vertrauet, Ich habe die<br />
Welt überwunden!“ (Joh 16,33)<br />
Dieser Text gehört wie<strong>der</strong> zu denjenigen, die sehr durchsichtig sind und<br />
je<strong>der</strong>mann den geistigen Sinn schon in dem Buchstaben auf den ersten<br />
Griff ertappen kann. Ich will euch daher den Sinn dieses Textes alsogleich<br />
mit wenigen Worten dartun, und ihr werdet in diesen wenigen Worten<br />
erkennen den vollkommen richtigen geistigen Sinn dieses Textes; und so<br />
höret!<br />
Alles das, was Ich eben jetzt zu euch rede, ist auch von dieser Art, dass<br />
es euch in je<strong>der</strong> Lage eures Lebens den wahren, inneren Herzensfrieden in<br />
<strong>der</strong> Liebe zu Mir geben muss, wenn ihr eben dieses Gesagte nur<br />
einigermaßen werktätig beachtet.<br />
Die Welt möchte euch auch bedrängen von allen Seiten; aber sie kann<br />
es nicht, weil sie von Mir überwunden ist. So ihr aber durch eure Liebe<br />
Mich in euch habet, so habet ihr ja auch den ewigen Überwin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt<br />
in euch. Die Welt aber hat Meine Macht erfahren; daher darf und kann sie<br />
dem kein Haar krümmen, <strong>der</strong> wahrhaftig Meinen Frieden in seinem<br />
Herzen birgt.<br />
Sobald aber jemand sich aus diesem Frieden erheben will und wirft<br />
selbst <strong>der</strong> Welt den Handschuh zum Kampfe hin, <strong>der</strong> hat sich's dann nur<br />
selbst zuzuschreiben, wenn er von <strong>der</strong> Welt gefangengenommen und<br />
misshandelt wird. Wer aber wahrhaftig bleibet in Meinem Frieden, <strong>der</strong> ist<br />
geborgen für die Ewigkeit, und kein weltlicher Hauch wird ihm je ein Haar<br />
krümmen.<br />
Es wird hier freilich mancher sagen: „O Herr! Siehe, die Apostel und<br />
Deine Jünger und so viele <strong>der</strong> ersten Christen und auch in <strong>der</strong> späteren Zeit<br />
eifrige Streiter um das reine Evangelium sind zu Märtyrern geworden, und<br />
die Welt hat sich schändlichst grauenhaft an diesen von Deinem Frieden<br />
Erfüllten gerächt. Warum, o Herr, hat sie Dein Friede nicht geschützt vor<br />
den Krallen <strong>der</strong> Welt? Denn Du hast doch Selbst geredet vor Deinem<br />
Leiden, dass <strong>der</strong> Fürst <strong>der</strong> Welt gerichtet ist. Wie mochte dann <strong>der</strong><br />
Gerichtete wohl Gewalt haben, die Welt gegen Deine Friedensträger also<br />
grauenhaft zu entrüsten?“<br />
Diese Frage ist eitel genug, und wer nur einigermaßen in <strong>der</strong><br />
Geschichte bewan<strong>der</strong>t ist, <strong>der</strong> wird es klar finden, dass alle die Märtyrer<br />
von den Aposteln angefangen bis in die späteren Zeiten abwärts nicht<br />
durch irgendeinen Zwang o<strong>der</strong> durch irgendeine zulässige Bestimmung
26 Frieden in Gott<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
von Mir, son<strong>der</strong>n freiwillig aus einem Liebeheroismus in den Martertod<br />
darum gegangen sind, weil Ich, ihr Meister, Selbst gekreuzigt ward.<br />
Ich sage euch: Ein je<strong>der</strong> Märtyrer hätte auch, ohne ein Märtyrer zu<br />
werden, Mein Evangelium ausbreiten können. Aber die Ausbreiter kannten<br />
Mich, hatten das ewige Leben vor Augen, und so hatten sie denn auch<br />
keine große Lust, lange in <strong>der</strong> Welt umherzugehen, son<strong>der</strong>n konnten den<br />
Zeitpunkt kaum erwarten, in dem ihnen ihr Fleisch abgenommen würde,<br />
auf dass sie dahin gelangen möchten, wohin Ich vorangegangen bin.<br />
Johannes aber hatte die größte Liebe zu Mir; darum scheute er die<br />
Verfolgungen <strong>der</strong> Welt nicht und wollte sie lieber bis auf den letzten<br />
Tropfen verzehren, als dass er Mir von seiner bestimmten irdischen<br />
Lebenszeit etwas gewisserart abgebettelt hätte. Er war somit mit Meiner<br />
Ordnung vollkommen zufrieden, während viele an<strong>der</strong>e Bettler waren und<br />
sich lieber die schmählichsten Leibesmartern wollten gefallen lassen, als<br />
noch einige Jahre länger zu wirken für Mein Reich.<br />
Da aber bei Mir ein je<strong>der</strong> das haben kann, um was er ernstlich und<br />
vollgläubig bittet, so konnte Ich ja doch auch nicht bei diesen ersten<br />
Zeugen Mein Wort zurücknehmen, das da spricht: „Um was immer ihr<br />
Mich bitten werdet, das werde Ich euch geben!“<br />
Aus dieser Beleuchtung geht nun klar hervor, dass Mein Wort <strong>der</strong><br />
Blutzeugen nicht bedurfte; denn Ich habe ja den Einen ewig gültigen<br />
Zeugen, Meinen Heiligen Geist Selbst allen denen verheißen, die Meine<br />
Lehre annehmen und nach <strong>der</strong>selben leben werden. Und dieser Zeuge ist<br />
<strong>der</strong> bleibende, während das Blut <strong>der</strong> ersten Märtyrer schon lange für alle<br />
späteren Zeiten sogar geschichtlich spurlos geworden ist.<br />
Wenn aber dieser Geist ein ewiger Zeuge ist, wozu sollte Ich die<br />
Blutzeugenschaft Meiner Nachfolger verlangen? Wer selbst ein Blutzeuge<br />
werden will, <strong>der</strong> soll es auch werden; aber es glaube ja niemand, dass er<br />
Mir dadurch einen Dienst erweist, son<strong>der</strong>n ein je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> das tut, <strong>der</strong> tut es<br />
zum eigenen, aber nicht zu Meinem Vorteile!<br />
Es ist, als so ein Vater zu seinen Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Klei<strong>der</strong> noch gut sind,<br />
sagete: „Ich werde euch gar herrliche neue Klei<strong>der</strong> geben, so ihr diese<br />
zuvor abgetragen habt!“ Einige Kin<strong>der</strong> aber lassen sich von <strong>der</strong> Hoffnung<br />
und Vorliebe zu den neuen Klei<strong>der</strong>n verleiten und schonen die alten<br />
Klei<strong>der</strong> nicht im geringsten mehr. Wenn die Klei<strong>der</strong> bald schleußig sind,<br />
da schafft ihnen <strong>der</strong> Vater freilich die verheißenen; aber einige dieser<br />
Kin<strong>der</strong>, die den Vater mehr lieben als die Klei<strong>der</strong>, schonen weise die alten,<br />
um den Vater nicht vor <strong>der</strong> Zeit in die Unkosten zu sprengen.<br />
Obschon aber bei Mir von gewissen Unkosten keine Rede sein kann, so<br />
sind aber dabei an<strong>der</strong>e Unkosten, nämlich die einer kleinen
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Frieden in Gott<br />
27<br />
Bewerkstelligung einer Unordnung zu berücksichtigen. Denn Ich habe<br />
jedem Menschen aus Meiner Ordnung ein bestimmtes Lebensziel gesetzt,<br />
und dieses besteht nicht im Schwerte, noch im Feuer; denn <strong>der</strong> Tod durch<br />
Schwert und Feuer ist ein Gericht. Wer aber sonach in was immer Meiner<br />
Ordnung eigenwillig und eigenmächtig vorgreift, <strong>der</strong> muss sich dann<br />
freilich insoweit ein kleines Gericht gefallen lassen, insoweit er Meiner<br />
gesetzten Ordnung vorgegriffen hat.<br />
Daniel wollte nicht sterben; darum ward er erhalten in <strong>der</strong> Löwengrube<br />
und desgleichen die Jünglinge im Feuerofen, und mehrere ähnliche<br />
Beispiele. Und sehet, ihnen allen ward kein Haar gekrümmt, und gar<br />
vielen Tausenden Meiner Liebhaber ward ebenfalls kein Haar gekrümmt,<br />
weil sie die Kraft Meines Friedens in ihrem Herzen ungestört erhielten.<br />
Aber ein je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich über diesen Frieden hinausschwingen wollte, <strong>der</strong><br />
musste dafür aber auch den Unfrieden <strong>der</strong> Welt verkosten.<br />
Man wird freilich auch hier sagen: „Wenn also, da ist es ja am besten,<br />
die Welt Welt sein zu lassen in all ihrem schändlichen Getriebe, und ein<br />
je<strong>der</strong> Bessere lebe ganz unbekümmert um die Welt in seinem Frieden fort;<br />
und wenn es alle also machen, wird da die Welt nicht bald bis zu den<br />
Sternen mit Greueln angefüllt sein?“<br />
Gut, sage Ich, berechnet das zurück! Seit den Zeiten <strong>der</strong> Apostel hat es<br />
doch sicher eine Unzahl Eiferer gegeben, die gewisserart mit glühendem<br />
Schwerte in <strong>der</strong> Hand die Welt bessern wollten. Ströme von Blut wurden<br />
vergossen. Fraget euch selbst, mit welchem Erfolg? Blicket dann in die<br />
Welt hinaus, und sie wird euch von allen Seiten her die sonnenklare<br />
Antwort geben.<br />
Bis auf eure Zeit sollte die große Zahl <strong>der</strong> Eiferer doch einen solchen<br />
Nachruf hinterlassen haben, dass ihm zufolge die ganze Welt offenbar ein<br />
Paradies sein müsste, und dennoch ist die Welt eben in dieser eurer Zeit<br />
zehnmal schlechter, als sie zu den Zeiten Noahs war!<br />
Warum sagte denn David: „O Herr, wie gar nichts sind alle Menschen<br />
gegen Dich, und alle Menschenhilfe ist kein nütze!“? - David sagte das,<br />
weil er Mich kannte; ihr aber redet an<strong>der</strong>s, weil ihr Mich nicht also kennet,<br />
wie Mich David gekannt hat!<br />
Meinet ihr denn, Ich weiß nicht, was die Welt tut, und sei etwa zu lau,<br />
um die Welt für ihre Untaten zu züchtigen? Ich sage euch: Glaubet etwas<br />
an<strong>der</strong>es, und überlasset die Leitung <strong>der</strong> Welt Mir!<br />
Wer das Schwert zieht, <strong>der</strong> kommt auch durch das Schwert um. Mit<br />
offener Gewalt wird nie jemand etwas ausrichten gegen die Welt; denn wo<br />
die Welt Gewalt sieht, da begegnet sie <strong>der</strong>selben wie<strong>der</strong> mit Gewalt, und<br />
auf diese Weise würgt fortwährend ein Volk das an<strong>der</strong>e.
28 Frieden in Gott<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Wer aber die Welt bekämpfen will, <strong>der</strong> muss sie mit heimlichen Waffen<br />
bekämpfen, und diese Waffen sind Meine Liebe und Mein Friede in euch!<br />
Je<strong>der</strong> aber muss zuerst mit diesen Waffen die eigene Welt in sich besiegen,<br />
dann erst wird er eben diese Waffen allzeit siegreich gegen die Außenwelt<br />
gebrauchen können.<br />
Wahrlich, wer nicht innerlich ein Meister <strong>der</strong> Welt ist, <strong>der</strong> wird es<br />
äußerlich um so weniger werden! Je<strong>der</strong> aber, <strong>der</strong> in sich noch einen<br />
fluchähnlichen Feuereifer verspürt, <strong>der</strong> ist noch nicht fertig mit seiner<br />
eigenen Welt; denn dieser Eifer rührt noch von dem geheimen Zweikampf<br />
zwischen Meinem Frieden und <strong>der</strong> Welt im Menschen her.<br />
Denn die Welt ist's, die da eifert und richtet und Feuer vom Himmel<br />
ruft, um sich dadurch listigerweise für Meine Sache zu maskieren; Mein<br />
Geist aber und Mein Friede eifert nicht, son<strong>der</strong>n wirkt mächtig im stillen<br />
nur und gänzlich unbemerkt von aller Welt und hat kein an<strong>der</strong>es<br />
Außenschild als die Werke <strong>der</strong> Liebe und in <strong>der</strong> Erscheinlichkeit die<br />
Demut. Wegen <strong>der</strong> wahren Liebe und Demut aber ist Meines Wissens seit<br />
Meinem Johannes noch nie jemand von <strong>der</strong> Welt gerichtet worden.<br />
Sehet, darin also besteht <strong>der</strong> wahre innere Friede und darin auch<br />
<strong>der</strong>jenige mächtige Sieg über die Welt, den Ich Selbst erfochten habe!<br />
Beachtet demnach diese Erklärung, so werdet ihr die Welt in euch und jede<br />
an<strong>der</strong>e allzeit und ewig besiegen durch Meinen Namen und durch Meinen<br />
Frieden! Amen. (Schrifttexterklärungen Kap. 35)<br />
„Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich<br />
euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz<br />
erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“<br />
(Joh. 14,27)<br />
„Der Friede sei denn mit euch, –<br />
doch kein Friede, wie ihn die Welt hat und gibt,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> innere Friede des Herzens,<br />
<strong>der</strong> Seele in Meiner Liebe,<br />
die da ist das ewige Leben! Amen.“<br />
(GEJ.09_149,22)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />
29<br />
Das Große Evangelium Johannes<br />
Ein Juwel <strong>der</strong> Neuoffenbarung<br />
Thomas Noack<br />
Das Große Evangelium Johannes wurde von 1851 bis<br />
1864 von Jakob <strong>Lorber</strong> nie<strong>der</strong>geschrieben, in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />
Leben Jesu Forschung. Mit <strong>der</strong> Aufklärung erwachte das<br />
Bedürfnis, den in den Evangelien verkündigten Christus<br />
kritisch zu hinterfragen und den wahren, den irdischen Jesus<br />
zu suchen. Und so wurden im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zahlreiche<br />
Versuche unternommen, ein authentisches Leben Jesu zu<br />
Thomas Noack<br />
Pfarrer <strong>der</strong> Neuen<br />
Kirche in Zürich<br />
schreiben. Als jedoch Albert Schweitzer 1906, rückblickend auf diese<br />
Bemühungen, seine „Geschichte <strong>der</strong> Leben Jesu Forschung“<br />
veröffentlichte, konnte je<strong>der</strong> entdecken, dass es so viele verschiedene<br />
Leben Jesu wie Gelehrte gab. Die Leben Jesu Forschung war also<br />
gescheitert.<br />
Von <strong>der</strong> gelehrten Welt völlig unbeachtet war unterdessen in Graz ein<br />
Leben Jesu erstanden, und zwar aus dem Leben Jesu, aus dem inneren<br />
Worte des in die Zeitläufe <strong>der</strong> Zeitläufe Lebendigen (Offb. 1,18). Diese<br />
Antwort des Himmels auf die quälendste Frage des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach<br />
dem wahren Jesus ging vom Vorrang und einmaligen Wert des<br />
Johannesevangeliums aus. Die Köpfe jener Zeit hingegen waren schon<br />
längst davon überzeugt, dass <strong>der</strong> johanneische Jesus historisch nicht ernst<br />
zu nehmen und das stolze Gebäude <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>entdeckung Jesu auf dem<br />
Boden <strong>der</strong> synoptischen Evangelien aufzubauen sei. Doch die lebendige<br />
Stimme des Geistes sah gerade im vierten „das einzige und bleibend wahre<br />
Evangelium“ (Hg III S.396): „Was Johannes spricht, ist allein vollkommen<br />
richtig.“ (Hg III S.356). „Haltet euch daher nur an den Evangelisten<br />
Johannes; denn dieses Evangelium, sowie seine Offenbarung, sind von<br />
seiner Hand geschrieben.“ (Hg III S.337f). Die beiden Evangelien des<br />
Johannes und des Matthäus 1 „sind unter Meiner persönlichen Leitung<br />
geschrieben worden“ (GEJ 1,91,8; 5,121,1). Doch nur Johannes enthält „die<br />
wichtigsten und tiefsten Dinge“ (GEJ 1,100,6). „Denn in allem, was du<br />
(Johannes) schreibst, liegt das rein göttliche Walten von Ewigkeit zu<br />
Ewigkeit durch alle schon bestehenden Schöpfungen und durch jene auch,<br />
die in künftigen Ewigkeiten an die Stelle <strong>der</strong> nun bestehenden treten<br />
werden!“ (GEJ 1,113,10). Dieser Johannes, Sohn des Zebedäus, war <strong>der</strong><br />
Schüler <strong>der</strong> Herzensweisheit, <strong>der</strong> Schüler, den Jesus liebte, <strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />
Brust Jesu lag 2 (Joh 13,23), wie Jesus, <strong>der</strong> sichtbare Gott, an <strong>der</strong> Brust des<br />
unsichtbaren Gottes (Joh 1,18) 3 . Dieser Johannes hat uns Spätgeborenen den
30 Das große Evangelium Johannes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
edlen Stein neutestamentlicher Liebesweisheit hinterlassen, <strong>der</strong>en Wert die<br />
Weltweisheit nicht ermessen konnte. „Johannes ist ein reiner Diamant in<br />
<strong>der</strong> Liebe, und darum sieht er auch tiefer denn jemand an<strong>der</strong>s von<br />
euch.“ (GEJ 4,88,11). „Johannes … stellt den Geist des Menschen dar, <strong>der</strong><br />
da völlig eins ist mit Mir, also Meine Liebe“ (Hg III S.269). Diese im<br />
Großen Evangelium geoffenbarte Schau des Johannesevangeliums<br />
erschließt uns den Weg ins Allerheiligste des göttlichen Herzens und<br />
kräftigt das johanneische Christentum für den neuen, ewigen Frühling des<br />
Geistes.<br />
Die Kirche war spätestens seit Irenäus von Lyon 4 , um 180 n. Chr.,<br />
davon überzeugt, dass Johannes, <strong>der</strong> Jünger und somit Augenzeuge, <strong>der</strong><br />
Verfasser des vierten Evangeliums war. Erst wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Zeit Jakob<br />
<strong>Lorber</strong>s wurde diese Überzeugung nachhaltig erschüttert. 1820 eröffnete<br />
Karl G. Bretschnei<strong>der</strong>, Generalsuperintendent in Gotha, den Angriff,<br />
indem er Gründe gegen den apostolischen Ursprung des Johannesevangeliums<br />
anführte, beispielsweise die Abweichungen <strong>der</strong> ersten drei<br />
Evangelien vom vierten. Vor die Alternative Johannes o<strong>der</strong> die Synoptiker<br />
gestellt, bevorzugte Bretschnei<strong>der</strong>, dem Zeitgeist des Rationalismus<br />
folgend, die synoptische Jesusüberlieferung. Dieser erste Vorstoß konnte<br />
zwar noch abgewehrt werden, zumal sich <strong>der</strong> einflussreiche Friedrich<br />
Schleiermacher für einen Augenzeugen als Verfasser des Johannesevangeliums<br />
aussprach, aber schon 1835 gab David Friedrich Strauß „Das<br />
Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ heraus, das ein Erdbeben auslöste, dessen<br />
Erschütterungen sogar bis in <strong>Lorber</strong>s Schreibstube zu spüren waren, denn<br />
1843 empfing er ein lesenswertes Wort über „Dr. David Friedrich<br />
Strauß“ (Hg III S.186ff). Und noch 1865 wurde aus dem Nachlass des<br />
Swedenborgianers Immanuel Tafel ein Büchlein „gegen die Angriffe des<br />
Dr. Strauß“ 5 herausgegeben. Doch das Erdbeben war da, und we<strong>der</strong><br />
<strong>Lorber</strong>s Griffel noch Tafels Kampfgeist fanden Gehör. Für Strauß waren<br />
die Evangelien, bar jedes historischen Wertes, Mythen, sagenhafte<br />
Verherrlichungen <strong>der</strong> ersten Christen über ihren entrissenen Meister, und<br />
das Johannesevangelium war das am wenigsten glaubwürdigste, weil<br />
dessen Jesus am meisten göttlich war. Die mit Strauß massiv einsetzende<br />
Kritik erreichte über Gelehrte wie Ferdinand Christian Baur (1792-1860)<br />
und Julius Wellhausen (1844-1918), schließlich 1941 in Rudolf Bultmanns<br />
Johanneskommentar ihren Höhepunkt. In dieser Jahrhun<strong>der</strong>tleistung liefen<br />
die Fäden <strong>der</strong> Forschung zusammen. Doch in <strong>der</strong> Folgezeit wurde die<br />
Haltlosigkeit dieser Gesamtlösung immer offensichtlicher, so dass heute<br />
die Grundlagenkrise in <strong>der</strong> Johannesforschung freimütig zugegeben wird.
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />
31<br />
So schreibt Philipp Vielhauer: „das Johannesevangelium hat sich je länger<br />
desto mehr als das Rätsel des Urchristentums erwiesen.“ 6 Und Martin<br />
Hengel: „Wir wissen nach fast 200 Jahren kritischer Johannesforschung<br />
viel weniger als vor dieser Zeit, vermuten aber um so mehr.“ 7<br />
In dieser Situation ist das Große Evangelium ein bislang weithin<br />
unentdeckter Beitrag zur Exegese (=Erklärung) 8 des Johannesevangeliums,<br />
wie überhaupt <strong>der</strong> neutestamentlichen Jesusüberlieferungen und <strong>der</strong><br />
geschichtlichen Vorgänge, die zu ihnen führten. Für die apostolische<br />
Verfasserschaft des vierten Evangeliums argumentieren vor allem<br />
englischsprachige o<strong>der</strong> katholische Forscher, beispielsweise Leon Morris<br />
in seinem Johanneskommentar („The Gospel according to John“, 1995, 4-<br />
25) o<strong>der</strong> John A. T. Robinson in seinem 1985 erschienenen Buch „The<br />
Priority of John“ 9 . Nach Robinson sind die Synoptiker in den<br />
johanneischen Rahmen einer mehrjährigen Wirksamkeit Jesu einzufügen<br />
und werden erst so einsichtig. Von dieser Annahme ging das Große<br />
Evangelium bekanntlich schon in <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aus. Die<br />
hochentwickelte, pneumatische Theologie des geliebten Jüngers spricht<br />
ganz und gar nicht gegen die geschichtliche Verlässlichkeit seiner<br />
Berichte. Johannes entfaltet sein Christusverständnis nicht auf Kosten,<br />
son<strong>der</strong>n vollkommen in <strong>der</strong> Geschichte, o<strong>der</strong> mit Robinson gesprochen,<br />
johanneische Theologie „führt uns nicht weiter von <strong>der</strong> Geschichte weg,<br />
son<strong>der</strong>n tiefer in sie hinein.“ 10 Katholischerseits sei auf Hans-Joachim<br />
Schulz, Professor für Ostkirchenkunde, und dessen Buch „Die apostolische<br />
Herkunft <strong>der</strong> Evangelien“ (1997) hingewiesen. Der Ostkirche galt<br />
Johannes seit jeher als <strong>der</strong> Theologe schlechthin und sein Meisterwerk als<br />
„geistiges Evangelium“. Clemens von Alexandrien, gestorben vor 215,<br />
schrieb auf, was er von den alten Presbytern erfahren hatte: „Johannes<br />
habe zuletzt in <strong>der</strong> Erkenntnis, dass das Äußerliche (gr. ta somatika)<br />
bereits in den (synoptischen) Evangelien behandelt sei, auf Veranlassung<br />
seiner Schüler und vom Geiste inspiriert ein geistiges (gr. pneumatikon)<br />
Evangelium geschaffen.“ 11<br />
Unter lutherischen Theologen bricht <strong>der</strong>zeit Klaus Berger<br />
Verkrustungen auf. Mit beachtlichen Argumenten schlägt er „eine<br />
Frühdatierung des JohEv auf die Zeit gegen Ende <strong>der</strong> sechziger Jahre des<br />
1. Jh.“ 12 vor, was exakt den Angaben bei <strong>Lorber</strong> entspricht, wonach<br />
Johannes sein Evangelium „nahe gerade um die Zeit, als Jerusalem von<br />
den Römern zerstört wurde“ schloss (Hg III S.358). Die meisten<br />
Neutestamentler hingegen datieren dieses Evangelium immer noch in das<br />
letzte Jahrzehnt des 1. Jahrhun<strong>der</strong>ts o<strong>der</strong> noch später (vgl. W. Schmithals
32 Das große Evangelium Johannes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Spätdatierung um 140 n. Chr.). Doch gerade weil das Johannesevangelium<br />
die Gottesanwesenheit in Jesus „so unvergleichlich intensiv schil<strong>der</strong>t, steht<br />
es sachlich und zeitlich am Anfang.“ 13 Für Martin Hengel erklingt im<br />
vierten Evangelium vor allem „die Stimme eines überragenden<br />
Theologen“ 14 , während bei seinen neutestamentlichen Kollegen sonst eher<br />
die Meinung beliebt ist, dass dieses Werk in seiner Endgestalt das<br />
Erzeugnis mehrerer Personen sei.<br />
Das Große Evangelium erhellt den Weg vom irdischen Jesus, seinen<br />
Worten und Taten, zu den kanonischen Evangelien; bisher war nur <strong>der</strong><br />
umgekehrte Weg gangbar, vom Neuen Testament zu mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
sicher erschlossenen Vorstufen. Nun aber ergeben sich völlig neue<br />
Möglichkeiten, die christliche Glaubensurkunde zu verstehen. Im Großen<br />
Evangelium werden uns die ursprüngliche Gestalt und <strong>der</strong> ursprüngliche<br />
Zusammenhang <strong>der</strong> johanneischen Perikopen zugänglich. In ihrer<br />
Jetztform veröffentlicht wurden sie erst ungefähr vierzig Jahre nach den<br />
denkwürdigen Ereignissen <strong>der</strong> öffentlichen Wirksamkeit Jesu. In <strong>der</strong> Zeit<br />
zwischen <strong>der</strong> Auferstehung Jesu und <strong>der</strong> Publikation des schriftlichen<br />
Evangeliums hatte <strong>der</strong> einstige Jünger, <strong>der</strong> nun ein Gesandter des<br />
Gesandten war, ein Apostel, die Frohbotschaft vom ewigen Leben<br />
mündlich verkündigt und Gemeinden gegründet (GEJ 8,79,12-14); die<br />
Forschung spricht von johanneischen Gemeinden bzw. <strong>der</strong> johanneischen<br />
Schule (nota bene: des lebendigen Wortes). Dass es ein solches<br />
johanneisch geprägtes Christentum gab, bezeugen die Johannesbriefe, aber<br />
auch Joh. 21,24, wo uns eine Gruppe versichert, dass <strong>der</strong> Lieblingsjünger<br />
<strong>der</strong> Zeuge und Verfasser des nunmehr verschriftlichten Evangeliums sei.<br />
Wahrscheinlich hat diese Gruppe auch die Überschrift „Evangelium nach<br />
Johannes“ hinzugefügt (GEJ 1,134,9), denn <strong>der</strong> einstige Jesusjünger nannte<br />
sich selbst im Evangelium nie mit seinem Namen, son<strong>der</strong>n dort nur<br />
schlicht „<strong>der</strong> Jünger, den Jesus liebte“ (Joh 13,23 u.ö.), auf diese Weise ist er<br />
im hochsymbolischen Johannesevangelium selbst zum Symbol geworden.<br />
Das Große Evangelium belegt, dass nur „Bruchstücke“ (GEJ 1,216,11;<br />
6,148,20; Joh 20,30; 21,25) den Weg ins Johannesevangelium gefunden haben;<br />
Bruchstücke freilich, die dennoch ein Ganzes darstellen, weil ihnen ein<br />
göttlicher Plan und Gestaltungswille zugrunde liegt. In den vierzig Jahren<br />
bis zur Veröffentlichung des Evangeliums haben die Aufzeichnungen und<br />
Erinnerungen des Zebedaiden eine Vertiefung in <strong>der</strong> Erfassung des<br />
Jesusgeschehens erfahren. Joh 2,22; 12,16 und 20,9 beispielsweise geben<br />
sich eindeutig als nachösterliche Sinnaufschließungen zu erkennen. Aber<br />
auch <strong>der</strong> Prolog (Joh 1,1-18) ist wohl ein ebenso großartiger, wie
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Das große Evangelium Johannes<br />
33<br />
geistgewaltiger nachösterlicher Reflexionstext. Durch den Parakleten, den<br />
„Geist <strong>der</strong> Wahrheit“ (Joh 14,17), ist es nach dem Verlust <strong>der</strong> sichtbaren<br />
Gegenwart Jesu zu jener vollständigen Einweihung in das<br />
Christusmysterium gekommen, die dazu geführt hat, dass uns das<br />
Geschichtliche im Johannesevangelium in einer so eindrücklichen<br />
Sinndichte und -tiefe vorliegt. Zwar zeichnete <strong>der</strong> Jünger schon vor Ostern<br />
„die Hauptmomente (historisch) richtig (und zudem) in rechter<br />
Entsprechung“ auf (GEJ 1,34,2), aber erst nach Ostern reifte <strong>der</strong> Wein<br />
vollends zu göttlicher Klarheit. Nachdem bereits Swedenborg im 18.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t die Wissenschaft <strong>der</strong> Entsprechungen wie<strong>der</strong>entdeckt hatte,<br />
wurde <strong>der</strong> Christenheit im Großen Evangelium <strong>der</strong> bis heute wertvollste<br />
Beitrag zum Studium des göttlichen Entsprechungs- und Lebenssinn des<br />
Johannesevangeliums (GEJ 1,9,14) gegeben. Hier findet <strong>der</strong> gottbegeisterte<br />
Schüler reichlich Speise zur vollkräftigen Entwicklung des göttlichen<br />
Geistes.<br />
Anmerkungen:<br />
1. Das heutige Matthäusevangelium stammt freilich von einem gewissen l'Rabbas, ist also<br />
eine pseudo-epigraphische Schrift (Hg III S.331).<br />
2. „Liegen“ ist hier nicht im Buchstabensinn zu verstehen, son<strong>der</strong>n meint im Geistsinn die<br />
Ruhe im ewigen Worte Gottes (im Logos). Zum materiellen Missverständnis von<br />
„liegen“ siehe Leopold Engel, GEJ 11,71,14.<br />
3. Joh 1,18 und 13,23 sind die einzigen beiden Stellen im Johannesevangelium, in denen<br />
das griechische Wort Kolpos (= Brust) vorkommt. Wie also Jesus <strong>der</strong> intime Interpret<br />
Gottes ist, so ist <strong>der</strong> Lieblingsjünger <strong>der</strong> intime Interpret des gottgesandten Jesus.<br />
4. Siehe Irenäus, Gegen die Häresien 3,1,1 (= Eusebius, Kirchengeschichte 5,8,4).<br />
5. Fr. Immanuel Tafel, Das Leben Jesu, nach den Berichten <strong>der</strong> Evangelisten<br />
gerechtfertigt und vertheidigt gegen die Angriffe des Dr. Strauß und des Unglaubens<br />
überhaupt, 1865.<br />
6. Philipp Vielhauer, Geschichte <strong>der</strong> urchristlichen Literatur, 1981, 411.<br />
7. Martin Hengel, Die johanneische Frage: Ein Lösungsversuch, 1993, 9.<br />
8. Die ersten 17 Hefte, in die Jakob <strong>Lorber</strong> geschrieben hat, sind mit den Kürzeln „E: J:“<br />
o<strong>der</strong> „Exegesis Evang. Joannis: D: n: J: Ch:“ beschriftet.<br />
9. Die deutsche Übersetzung erschien 1999 unter dem Titel Johannes - Das Evangelium<br />
<strong>der</strong> Ursprünge.<br />
10. John A. T. Robinson, Johannes - Das Evangelium <strong>der</strong> Ursprünge, 1999, 34.<br />
11. Nach Eusebius, Kirchengeschichte 6,14,7.<br />
12. Klaus Berger, Im Anfang war Johannes: Datierung und Theologie des vierten<br />
Evangeliums, 1997, 11.<br />
13 a.a.O., 302.<br />
14. Martin Hengel, a.a.O., 2. Hengel identifiziert diesen Theologen allerdings mit dem<br />
durch Papias von Hierapolis bekannten Presbyter Johannes. Zu diesem zweiten<br />
Johannes siehe jedoch Hg III S.358.
34 Menschliches und göttliches Verlangen<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Menschliches und göttliches Verlangen<br />
Madam Guyon (1648-1717)<br />
Lasst uns nun das Leben eines Menschen betrachten,<br />
<strong>der</strong> sich ganz dem Herrn ausgeliefert hat. Ich finde es<br />
schwer zu glauben, dass jemand, <strong>der</strong> seine ganze<br />
Glückseligkeit, sein ganzes Sein in die Hände Gottes gelegt<br />
hat, weiterhin eine Fülle selbstsüchtiger Wunschträume<br />
hegen kann, die er nun ununterbrochen vor Gott ausbreitet.<br />
Nur wer durch die Liebe in Gott lebt, vermag seine ganze<br />
Glückseligkeit auch allein in Gott zu finden. Es ist dagegen<br />
Jeanne Marie Bouvier<br />
de la Mothe Guyon<br />
Franz. Mystikerin<br />
ein entsetzlicher Zustand und armseliger Beweggrund, in Gott seine<br />
Freude durch die Kraft des eigenen Willens zu suchen, o<strong>der</strong> auch aus<br />
Furcht, o<strong>der</strong> um Gott zu gefallen.<br />
Schon die Liebe allein sollte für jeden Grund genug sein, seinen Willen<br />
dem Herrn zu übergeben. Entspringt eine solche Unterwerfung nicht allein<br />
aus <strong>der</strong> Liebe, so entwickelt sie sich zur Unvernunft und Rohheit. Wenn<br />
<strong>der</strong> Gläubige seine Seele, seinen Willen und sich selbst ganz dem Herrn<br />
übereignet, und nichts von sich selber erwartet, und nur Gott um Gottes<br />
willen verlangt, in einem Zustand leidenschaftlicher Liebe, dann können<br />
wir wissen, dass er einen guten Anfang gemacht hat. Warum? weil eine<br />
solche Gesinnung nicht auf selbstbezogene Vergnüglichkeiten abzielt! Die<br />
Herrlichkeit des Himmels soll nicht dein Beweggrund sein. Auch nicht das<br />
liebliche Empfinden <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn. Also darf we<strong>der</strong> ein<br />
irdischer noch himmlischer Beweggrund das Ziel eures Verlangens sein.<br />
Es ist genug, wenn ihr Ihn geliebt habt, euch in seine Liebe verliebt habt,<br />
und im Stande göttlicher Liebe verbleibt.<br />
Jemand hat die weise Erkenntnis geäußert: „Der Beweggrund ist immer<br />
nur das Kind <strong>der</strong> Liebe.“ Wenn ich Gott allein liebe, werde ich auch nur<br />
nach Gott allein verlangen. Wenn ich Gott allein um seiner selbst willen<br />
liebe, ohne eigenliebige Gedanken, so wird mein Sehnen allein nach Ihm<br />
sein. Was auch immer in diesem Stande dem inneren Leben entspringt,<br />
wird gewiss lauter und ohne selbstherrliche Motive sein.<br />
Dieses Liebesverlangen wird nicht von „Lebhaftigkeit“ beherrscht. Es<br />
birgt immer Stille und Ruhe in sich. Reine Beweggründe, geheiligtes<br />
Sehnen, sind ruhig und still, erfüllt und gesättigt. Wenn eine Seele dem<br />
unendlich reichen Gott ihre Liebe erweist, und diese Liebe ihren Ursprung<br />
in Ihm nimmt, und wenn sie kein an<strong>der</strong>es Ziel hat als die Glückseligkeit<br />
Gottes, können sich ihre Herzenswünsche nicht in Nebendingen, wie<br />
rastlosem und umtriebigem Verlangen, erschöpfen. Ein Empfinden <strong>der</strong>
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Menschliches und göttliches Verlangen<br />
35<br />
Ruhe hat keinen unbefriedigten Wunsch und kein unerfülltes, persönliches<br />
Verlangen. Und das ist die rechte Grundhaltung, welche allein das wahre<br />
Fundament - das einzig unerschütterliche Fundament - für den Fortgang<br />
des geistlichen Lebens einer Seele sein soll. Seid dessen eingedenk, dass<br />
<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Gläubigen die Liebe zu Gott nur in einer Mischung<br />
verschiedenster Beweggründe und innerer Zustände auslebt. Ihre Liebe zu<br />
Gott ist durchtränkt mit übertriebener Rücksichtnahme auf das Selbstleben<br />
und ihre Bedürfnisse.<br />
Noch weitaus schrecklicher und noch mehr anzutreffen sind Gläubige,<br />
<strong>der</strong>en Gottesliebe nur darin besteht, eine Liebe und Verlangen zu haben<br />
nach <strong>der</strong> eigenen Glückseligkeit. Sie suchen Gott um <strong>der</strong> Gefühle willen,<br />
die sie immer dann empfinden, wenn sie den Herrn lieben. Erstirbt diese<br />
Liebe (d.h. wenn die Gefühlsempfindungen ersterben, welche sie durch<br />
ihre Liebe zu Gott empfangen), so verlieren solche Gläubige weitgehend<br />
ihr Interesse an Gott.<br />
Diese Stände des Eigengesuchs müssen losgelassen werden, wenn<br />
unser Fortgang wahrhaft geistlich sein soll. Wir müssen Ihn lieben ohne<br />
Weise, ohne Absicht, und sogar ohne merkliche Regungen <strong>der</strong> Gefühle,<br />
auf denen wir uns abzustützen suchen. Wir müssen Ihn lieben, ohne den<br />
Zeiten <strong>der</strong> Trockenheit und des geistlichen Überflusses irgendwelche<br />
Aufmerksamkeit zu widmen. Unsere Liebe zu Gott muss himmelweit<br />
hinausreichen über den empfindsamen Genuss, sonst besteht unser<br />
Fundament nur aus verwehtem Sand.<br />
Es ist wahr, dass Gott viele bestimmte Neigungen in unsere Herzen<br />
hineinlegen kann. Er pflanzt Wünsche in die Herzen <strong>der</strong> Seelen ein. Paulus<br />
konnte daher laut ausrufen: „Ich weiß nicht was ich erwählen soll. Beides<br />
liegt mir hart an: Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein, was<br />
auch viel besser wäre; aber es ist nötiger im Fleisch zu bleiben um<br />
euretwillen.“ (Phil. 1,23)<br />
Aber bedenkt, dass <strong>der</strong>selbe Paulus, bewegt von glühen<strong>der</strong><br />
Christusliebe, für seine hebräischen Brü<strong>der</strong> ausrufen konnte: „Ich selber<br />
möchte verflucht und von Christus geschieden sein, meinen Brü<strong>der</strong>n<br />
zugute.“ (Röm. 9,3). Diese Worte rief er mit einer Liebe aus, die von Gott in<br />
ihn eingegossen war. Als er diesen Aufschrei seines Herzens hören ließ,<br />
war er gänzlich frei von persönlichen Erwägungen, ohne Beteiligung<br />
seines Eigenlebens. Seine Äußerungen scheinen sich zu wi<strong>der</strong>sprechen,<br />
aber in den Tiefen des menschlichen Geistes bilden sie einen wun<strong>der</strong>vollen<br />
Einklang. Es sind verborgene Vorgänge in den Tiefen des Geistes, die sich<br />
niemals verän<strong>der</strong>n.
36 Menschliches und göttliches Verlangen<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Die einzige Freude, das alleinige Streben <strong>der</strong> Seele ruht in <strong>der</strong><br />
Glückseligkeit Gottes, für Gott und in Gott. Alle unterscheidbaren<br />
Wünsche <strong>der</strong> Seele sind verschmolzen, aufgegangen im Sehnen nach Gott.<br />
Tief in ihrem Inneren eingebettet lebt ein gottursprüngliches Verlangen;<br />
ein Verlangen, das Beste für Gott und für sein Königreich herbeizusehnen.<br />
In diesem Stand ist sie nun weit entfernt von je<strong>der</strong> Art von Selbstsucht,<br />
denn selbstsüchtiges Verlangen und selbstbezogene Eigenheiten sind<br />
Früchte eines noch ungereinigten Willens. Euer Herr sehnt sich danach,<br />
euren Eigenwillen vernichten zu dürfen, und das so weit, bis euer Wille<br />
vollends in den Willen Gottes verloren ist. Daher wird Er von Zeit zu Zeit<br />
eure eigenliebigen Wünsche abschöpfen - ja, zerschlagen.<br />
Woran kann man erkennen, ob man sich im Stande eigenliebiger<br />
Wünsche befindet o<strong>der</strong> im Willen Gottes? Oh, die Antwort ist ganz<br />
einfach, und ist ganz leicht zu erkennen. Eine Seele befindet sich dann<br />
nicht im Stande eines gottförmigen Willens, wenn sie z.B. durch schwere<br />
Leiden verbittert wird, o<strong>der</strong> durch an<strong>der</strong>e Menschen enttäuscht wird. Vor<br />
allem aber dann, wenn sie sich von Gott enttäuscht fühlt, von seinem<br />
Handeln, dass sie unzufrieden ist mit einem so ungerechten Gott. Wer so<br />
denkt und empfindet, dessen Herz wird noch von <strong>der</strong> Selbstsucht<br />
beherrscht.<br />
Wir können den Willen Gottes nicht immer begreifen und verstehen,<br />
aber wir können seiner Allmacht immer vertrauen. Darum soll sich eine<br />
Seele nicht ein Wunschbild von Gott formen, o<strong>der</strong> sich Vorstellungen über<br />
sein Handeln machen, denn sonst wird sie unweigerlich enttäuscht werden.<br />
Eine solche Seele kann ihr Herz nicht <strong>der</strong> Vorsehung Gottes anvertrauen,<br />
weil sie nicht allein das Glück und Wohl Gottes im Auge hatte. Ihre<br />
Beweggründe sind vermischt, so dass ihr inwendiger Wandel mit dem<br />
Herrn zerstört wird.<br />
Wenn sich aber die Seele hingibt, um in Christus verloren zu werden,<br />
so wird sie die äußeren Verhältnisse nicht mehr empfinden, und sich nicht<br />
mehr gegen sie auflehnen, es seien nun Verfolgungen o<strong>der</strong> erlittenes<br />
Unrecht. Und auch das wird sie nicht mehr berühren können, was als<br />
Ungerechtigkeit und Missfallen Gottes angesehen werden könnte.<br />
„Die Seligkeit des Lebens aber besteht hauptsächlich<br />
ja nur in <strong>der</strong> Tätigkeit, und so ist es <strong>der</strong> Seele nützlicher,<br />
dass sie sich in aller Tätigkeit übe, als dass sie sich gleichfort<br />
in aller Klarheit des inneren Wahrnehmens<br />
nach allen Richtungen des Lebens hin befände.“<br />
(GEJ.09_141,10)
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Ein Wächter am Fluss<br />
37<br />
Ein Wächter am Fluss<br />
Lorenz Marti<br />
Wie erkennt man sich selbst? Augustinus meint schlicht<br />
und einfach: „Betrachte dich.“ Dazu braucht man etwas<br />
Distanz sich selber gegenüber. Mittelalterliche Mönche<br />
und Nonnen praktizierten dies, indem sie gelegentlich in<br />
<strong>der</strong> dritten Person von sich sprachen und Worte wie<br />
„mein“ und „mir“ mieden. Sie sprachen von sich, als<br />
hätten sie es mit einer fremden Person zu tun.<br />
So trete ich also einen Schritt zurück und schaue mir<br />
Lorenz Marti<br />
Mitarbeiter des<br />
Schweizer Radio und<br />
wohnhaft in Bern<br />
zu: Was geht vor in dem Menschen, <strong>der</strong> ich bin? Was denkt und fühlt er,<br />
wie handelt und reagiert er? Ich schaue zu, ohne zu kommentieren, so, als<br />
ob mich das alles gar nichts anginge. Ich bin ein möglichst neutraler Zeuge<br />
meiner selbst.<br />
Die erste Entdeckung dabei: Es gibt nicht nur dieses Ich, das in einer<br />
beinahe permanenten Unruhe immer etwas will o<strong>der</strong> nicht will, das sich<br />
freut und sich ängstigt, das beurteilt und verurteilt. Es gibt auch den<br />
Zeugen, <strong>der</strong> beobachtet, was geschieht. Es gibt einen ruhenden Punkt, <strong>der</strong><br />
vom ganzen hektischen Hin und Her nicht berührt wird.<br />
So kann es geschehen, dass ich mich verspäte und auf den Bahnhof<br />
hetze, weil ich unbedingt einen bestimmten Zug erreichen will - und mir<br />
gleichzeitig zuschaue, wie ich renne, mich aufrege und ängstige. Als<br />
Zeuge aber kenne ich keine Hetze und keine Angst. Da stelle ich nur fest,<br />
was ist: Ein Mann rennt auf den Zug, getrieben von <strong>der</strong> Angst, ihn zu<br />
verpassen. Dieser Mann bin ich. Aber auch <strong>der</strong> Zeuge, <strong>der</strong> ruhig<br />
beobachtet, bin ich.<br />
Oft ist es wie in einem Theater: Da streite ich auf <strong>der</strong> Bühne mit<br />
jemandem, sitze aber gleichzeitig als Zuschauer ganz entspannt in meinem<br />
Sitz und schaue dem Streit zu. Auf die Dauer kann ich allerdings nicht<br />
Schauspieler und Zuschauer zugleich sein. Dann stellt sich die Frage, mit<br />
wem ich mich identifiziere. Schaue ich lange genug zu, werde ich immer<br />
mehr zum Zuschauer, <strong>der</strong> Schauspieler verliert an Kraft, und die<br />
Vorstellung geht zu Ende.<br />
O<strong>der</strong> die Ängste, meine ungeliebten Begleiterinnen: Statt mich an<br />
ihnen festzubeißen, kann ich zuschauen, wie sie kommen - und wie<strong>der</strong><br />
gehen. Und tatsächlich: Sie verschwinden, wenn ich sie nur ziehen lasse.<br />
Dass viele von ihnen ein, zwei, zehn o<strong>der</strong> hun<strong>der</strong>t Mal wie<strong>der</strong>kommen,<br />
braucht den Zeugen nicht zu beunruhigen. Er schaut dem zu, was ist.<br />
Ba'al Shem Tov, <strong>der</strong> große chassidische Meister, setzte sich oft spät
38 Türhüter des Herzens<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
abends an einen Fluss, um zu meditieren. Nach einer Weile stand er dann<br />
wie<strong>der</strong> auf und kehrte nach Hause zurück. Sein Weg führte an einem<br />
mächtigen Herrschaftshaus vorbei, vor dem ein Wachposten stand. Der<br />
Wächter wun<strong>der</strong>te sich, was dieser seltsame Mann trieb. Einige Male<br />
folgte er ihm bis zum Fluss, doch er konnte nichts Beson<strong>der</strong>es feststellen.<br />
Schließlich wagte er es, ihn direkt zu fragen: „Ich sehe Sie oft zum<br />
Fluss gehen, und, entschuldigen Sie meine Neugier, ich bin Ihnen auch<br />
schon gefolgt. Aber ich verstehe nicht, was Sie dort suchen. Sie tun ja gar<br />
nichts! Sie sitzen nur am Wasser und kehren wie<strong>der</strong> zurück?“<br />
„Ich weiß, dass Sie mir schon oft gefolgt sind“, antwortete <strong>der</strong> Ba'al<br />
Shem, „denn die Nacht ist still, und ich konnte Ihre Schritte hören. Auch<br />
habe ich Sie schon oft vor dem Tor dieses großen Hauses gesehen. Was<br />
machen Sie denn eigentlich?“<br />
„Oh, ganz einfach: Ich bin ein Wächter.“<br />
„Welch ein Zufall“, rief <strong>der</strong> Ba'al Shem, „auch ich bin einer!“<br />
„Aber wenn Sie ein Wächter sind, dann müssen Sie doch etwas haben,<br />
das Sie bewachen, ein Haus, einen Palast o<strong>der</strong> einen Park. Aber ich sehe<br />
Sie nur am Fluss sitzen ...“<br />
„Der Unterschied zwischen uns ist klein: Sie bewachen ein Haus, ich<br />
bewache mich selber. Sie beobachten, was sich rund um dieses Haus tut,<br />
ich beobachte, was in mir vorgeht.“<br />
„Seltsam“, brummte <strong>der</strong> Wächter, „und wer bezahlt Sie dafür?“<br />
„Mein Lohn ist eine Ruhe, die durch kein Geld dieser Welt aufgewogen<br />
werden kann.“<br />
Türhüter des Herzens<br />
Der sorgfältige Umgang mit den eigenen Gedanken gehört zum ABC je<strong>der</strong><br />
spirituellen Praxis. Gedanken haben Kraft, sie schaffen Wirklichkeiten.<br />
„Der Mensch wird, was er denkt“, erklärt <strong>der</strong> Mönchsvater Cassian.<br />
Nun kommen die meisten Gedanken einfach so, tauchen scheinbar aus<br />
dem Nichts auf, hüpfen durch meinen Kopf, verursachen einige kleinere<br />
o<strong>der</strong> größere Turbulenzen und verschwinden wie<strong>der</strong>. Einige lassen sich<br />
allerdings auch nie<strong>der</strong> - wenn ich es zulasse. Es ist meine Aufgabe, zu<br />
entscheiden, welchen ich Gastrecht gewähren will. Eine wichtige<br />
Entscheidung, denn Gedanken schaffen Wirklichkeiten.<br />
Der Talmud, das große jüdische Lehrbuch, zieht eine direkte Linie von<br />
den Gedanken zum Schicksal:<br />
„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine<br />
Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Türhüter des Herzens<br />
39<br />
sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie<br />
werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein<br />
Schicksal.“<br />
Natürlich wäre es zu einfach, jedes Schicksal linear aus den Gedanken<br />
abzuleiten. Manch ein Schicksal bleibt letztlich ein Geheimnis. Aber es<br />
wäre auch zu einfach, eine Situation allein mit dem Hinweis auf ein nicht<br />
näher fassbares Schicksal zu „erklären“ und sich damit aus <strong>der</strong><br />
Verantwortung zu stehlen.<br />
Wenn ich entlang <strong>der</strong> Linie, wie sie <strong>der</strong> Talmud beschreibt,<br />
zurückgehe, dann verstehe ich, dass das Schicksal nicht einfach von außen<br />
über mich hereinbricht, son<strong>der</strong>n in einem immer neu zu bestimmenden<br />
Maß auch etwas mit mir und meinem Denken zu tun hat. Deshalb ist <strong>der</strong><br />
Anfang dieser Kette so wichtig. Hier habe ich die Möglichkeit, die<br />
Weichen zu stellen, die Richtung zu bestimmen.<br />
Es ist lei<strong>der</strong> nicht so, dass ich automatisch nur die guten Gedanken<br />
wähle. Im Gegenteil: Negative Gedanken scheinen eine beinahe magische<br />
Anziehungskraft auszuüben. Wenn ich mich beobachte, stelle ich fest,<br />
dass ich oft bei Gedanken verweile, die mir keineswegs gut tun -<br />
geschweige denn jemand an<strong>der</strong>em. Und die kaue ich manchmal so lang<br />
und breit, bis sie völlig ungenießbar werden - und ich selber<br />
wahrscheinlich auch.<br />
„Sei ein Türhüter deines Herzens und lass keinen Gedanken ohne<br />
Befragung herein“, mahnt <strong>der</strong> Mönchsschriftsteller Evagrius Ponticus. Als<br />
Türhüter schaue ich genau hin. Ich prüfe den Gedanken, <strong>der</strong> Einlass<br />
begehrt: Was bringt er mit sich? Welche Gefühle hinterlässt er? Ruhe o<strong>der</strong><br />
Unruhe? Frieden o<strong>der</strong> Unfrieden? Gelassenheit o<strong>der</strong> Angst? Und: Will ich<br />
mich auf diesen Gedanken einlassen? Will ich es wirklich? Nach dieser<br />
Befragung kann ich entscheiden, ob ich ihm die Tür öffnen will o<strong>der</strong> nicht.<br />
Manchmal schläft aber <strong>der</strong> Türhüter, und ein ungebetener Gast<br />
schleicht sich ein. Dann wäre Evagrius vielleicht so zu ergänzen: „Sei ein<br />
Rausschmeißer deines Herzens und wirf jeden Gedanken hinaus, <strong>der</strong> dir<br />
nicht gut tut!“ Als Rausschmeißer packe ich den unangenehmen Gesellen,<br />
<strong>der</strong> sich in meinem Herzen herumtreibt, und stelle ihn vor die Tür. Er<br />
bekommt Hausverbot. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben.<br />
Sollte er trotzdem wie<strong>der</strong>kommen und versuchen, sich einzuschleichen,<br />
dann gibt es einen weiteren Trick, um ihn loszuwerden: Die Konzentration<br />
auf einen an<strong>der</strong>en Gedanken. Es ist unmöglich, zwei Gedanken<br />
gleichzeitig zu denken. Die alten Mönche übten sich darin, destruktive<br />
Gedanken gezielt durch konstruktive zu ersetzen. Oft wählten sie dafür ein<br />
Wort aus <strong>der</strong> Bibel. So wird von einem Eremiten berichtet, <strong>der</strong> sich vor
40 Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
<strong>der</strong> Einsamkeit in <strong>der</strong> Wüste fürchtete. Als Therapie soll er in seiner Zelle<br />
nächtelang den immer gleichen Vers aus dem Buch Genesis rezitiert<br />
haben: „Fürchte dich nicht, Jakob, nach Ägypten hinabzuziehen.“ Damit<br />
soll es ihm gelungen sein, die verlorene Ruhe zurückzugewinnen. Bewusst<br />
wird hier dem ungeordneten Denken (in dem allein überzogene Ängste<br />
sich entfalten können) ein klarer, richtungsweisen<strong>der</strong> Gedanke gegenübergestellt.<br />
„Metanoia“ heißt dies in <strong>der</strong> alten Kirchensprache: Umkehr des<br />
Herzens, Sinnesän<strong>der</strong>ung, neues Denken.<br />
(Quelle: „Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe?“, Her<strong>der</strong> Verlag)<br />
Anselm Grün<br />
Benediktinerpater und<br />
spiritueller Autor<br />
Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />
Anselm Grün<br />
„Sie schauen dem lieben Gott ins Fenster“, sagt ein altes<br />
Sprichwort von Menschen, die zufrieden sind, ihre Zeit<br />
genießen und die Muße auskosten. Für mich ist das eine<br />
<strong>der</strong> schönsten Beschreibungen des Glücks. Langsamkeit<br />
und intensive Erfahrung des Augenblicks, Herzensruhe und<br />
höchste Seligkeit, das geht zusammen. Erlebnishunger,<br />
innere Unrast und pausenlose Jagd nach Erfüllung eigener<br />
Wünsche freilich auch; oft gerade bei Menschen, die nichts<br />
heftiger wollen als ihr Glück.<br />
Denn nach Glück sehnen sich alle. Das Leben soll gelingen, es soll<br />
glücken.<br />
Heute gibt es viele Gurus und selbsternannte Glückspropheten, die eine<br />
heile Welt vorgaukeln und das schnelle und leichte Glück verheißen.<br />
Doch <strong>der</strong> Weg zum Glück ist keine Schnellstraße, er führt nicht an <strong>der</strong><br />
Realität unseres Alltags vorbei. Im Gegenteil. Er führt mitten durch unser<br />
alltägliches, gewöhnliches Leben.<br />
Und es braucht auch keinen großen Aufwand, um dem Ziel unserer<br />
Sehnsucht nahe zu kommen. Wir brauchen nur in diesem Moment - hier<br />
und heute - die Augen zu öffnen für die kleinen Dinge um uns herum, für<br />
den Baum, in dessen Zweigen sich die Vögel nie<strong>der</strong>lassen, für die Weite<br />
des Meeres und die Kraft des Sturmes. Glücklich ist, wer die Schönheit <strong>der</strong><br />
Schöpfung wahrnimmt und seine Sinne öffnet für den Reichtum <strong>der</strong> Welt,<br />
in <strong>der</strong> er lebt. Glück ist nicht das Ergebnis von Anstrengung und Leistung.<br />
Es ist nicht machbar, es ist ein Geschenk.<br />
Wenn wir die Augen aufmachen, dann werden wir jeden Tag Gottes<br />
Geschenke wahrnehmen. Wenn wir einem freundlichen Menschen begegnen,<br />
wenn wir die Schönheit einer Blume bewusst sehen o<strong>der</strong> spüren, wie
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Je<strong>der</strong> Tag ein Weg zum Glück<br />
41<br />
die Sonne uns wärmt, in <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> Liebe, die unser Herz erfüllt.<br />
Der Weg zu diesem Glück ist nicht anstrengend und weit. Wir brauchen<br />
nur bewusst wahrzunehmen, was Gott uns jeden Tag an Gaben auf den<br />
Weg legt. Je<strong>der</strong> Tag ist ein Weg zum Glück. Das Glück liegt vor unseren<br />
Füßen. Es wächst am Rand des Wegs, den wir jeden Tag gehen. Wir<br />
müssen es nur pflücken. Wer achtlos seine Wege geht, <strong>der</strong> wird es<br />
nirgends finden. Auch nicht an den Orten, an die ihn die Glückspropheten<br />
einladen möchten.<br />
Glück ist Ausdruck erfüllten und sinnvollen Lebens. Wenn ich mit allen<br />
Sinnen lebe, wenn ich ganz im Augenblick bin, im Einklang mit mir selbst,<br />
dankbar für das Leben, das mir geschenkt ist, dann bin ich glücklich.<br />
Dieses tägliche Glück braucht freilich eine ganz bestimmte Sichtweise.<br />
Ich muss mich selbst mit einem liebenden und milden Blick anschauen und<br />
ja sagen zu dem, <strong>der</strong> ich bin - auch mit meinen Grenzen und Schwächen.<br />
Dann bin ich im Einklang mit mir selbst. Dann bin ich glücklich.<br />
Doch Glück kann ich nicht festhalten. Eben so wenig wie das Leben.<br />
Mein Weg wird täglich auch durchkreuzt durch das, was mir wi<strong>der</strong>fährt,<br />
durch Kränkungen, Missverständnisse, Konflikte. Glück heißt nicht, dass<br />
ich in einer heilen Welt lebe. Es bedeutet nicht, über alles Dunkle<br />
hinwegzusehen. Freude und Schmerz - beides gehört zum Leben. Und<br />
beides kann eine Spur zum Glück sein.<br />
Glück entsteht also, wenn ich mitten in dieser unvollkommenen Welt ja<br />
sage zu meiner Menschlichkeit, aber auch zu allem, was mir wi<strong>der</strong>fährt.<br />
Glücklich ist, wer sich in allem, auch in Wi<strong>der</strong>wärtigkeiten und Leid, von<br />
Gottes guter Hand getragen weiß. Und glücklich ist <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> sich<br />
von allem, was ihm wi<strong>der</strong>fährt, auf Gott und auf seinen innersten<br />
Seelengrund verweisen lässt. Dort auf dem Grund seiner Seele wohnt das<br />
Glück. Denn da, wo Gott in ihm wohnt, ist er mit sich im Einklang. Da ist<br />
er wirklich glücklich.<br />
„Also aber lautet <strong>der</strong> göttliche Wille an mich, an euch und an jeglichen<br />
Menschen: Erkennet und liebet Gott über alles, alle eure Brü<strong>der</strong> und<br />
Schwestern aber so, wie je<strong>der</strong> sein eigenes Leben; meidet überflüssige<br />
Genüsse des Fleisches und denket, dass es nur einen Herrn gibt, wir<br />
Menschen aber sind lauter Brü<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong>, – so werdet ihr<br />
gerecht sein und rein vor Gott und aller Welt, wo ihr auch immer sein<br />
werdet, und <strong>der</strong> Herr wird euch segnen und führen überall eurem<br />
ewigen Glücke entgegen!“<br />
(HGt.3_174,8)
42 Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />
„Und wenn <strong>der</strong>selbige kommt, wird er die Welt strafen um die Sünde<br />
und um die Gerechtigkeit und um das Gericht. Um die Sünde, dass sie<br />
nicht glauben an Mich; um die Gerechtigkeit aber, dass Ich zum Vater<br />
gehe und ihr Mich hinfort nicht sehet; um das Gericht, dass <strong>der</strong> Fürst<br />
dieser Welt gerichtet ist. - Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr<br />
könnet es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit,<br />
kommen wird, <strong>der</strong> wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn Er wird nicht<br />
von Sich Selbst reden, son<strong>der</strong>n was Er hören wird von Mir, das wird Er<br />
reden, und was zukünftig ist, wird Er euch verkündigen. - Derselbe wird<br />
Mich verklären; denn von dem Meinen wird Er es nehmen und euch<br />
verkündigen. Alles, was <strong>der</strong> Vater hat, ist Mein. Darum habe Ich zu euch<br />
gesagt: Von dem Meinen wird Er es nehmen und euch verkündigen.“ (Joh.<br />
16,8-15)<br />
Wenn <strong>der</strong> geeinte Geist <strong>der</strong> Liebe und aller Weisheit und Wahrheit aus<br />
ihr kommen wird aus <strong>der</strong> Höhe in <strong>der</strong> Menschen Herzen, so wird dadurch<br />
zugrunde gehen die Sünde - da die Welt wird überführt werden, dass <strong>der</strong><br />
Sohn und <strong>der</strong> Vater vollkommen eins sind, also nur ein wesenhafter Gott<br />
aller unendlichen Macht und Kraft und aller Heiligkeit, Liebe und Gewalt<br />
vorhanden ist und somit auch ein einiger Herr einer unwandelbaren<br />
Ordnung, in <strong>der</strong> da alle Welt bestehet und auch schon gerichtet ist in aller<br />
ihrer Herrschaft. Denn nur das wahrhaft Freie ist auch in und bei Mir frei,<br />
alles an<strong>der</strong>e aber ist gerichtet und könnte nicht bestehen ohne das Gericht.<br />
Denn unter dem „Fürsten <strong>der</strong> Welt“ wird ja verstanden alle wie frei<br />
wirkende Macht <strong>der</strong> Welt. Dessen ungeachtet aber befindet sie sich<br />
dennoch in Meiner alleinigen Macht, und es kann ohne Meine Zulassung<br />
kein Sonnenstäubchen von <strong>der</strong> Stelle bewegt werden.<br />
Da aber „strafen“ soviel heißt, als jemanden werktätig überzeugen, was<br />
da ist <strong>der</strong> Ordnung und was wi<strong>der</strong> dieselbe, so werden ja die Ungläubigen<br />
dadurch werktätig ihrer Nacht überführt werden, wenn sie aus den Werken<br />
<strong>der</strong>jenigen, die in Meiner Gerechtigkeit und Ordnung sind, ersehen<br />
werden, dass <strong>der</strong> Sohn und <strong>der</strong> Vater eins sind und <strong>der</strong> Sohn aus dem Vater<br />
hervorgegangen ist, wie da hervorgeht ein Licht aus hello<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Flamme.<br />
Wie aber da Flamme, Licht und Wärme eines sind, also ist auch Vater,<br />
Sohn und Geist eines!<br />
Die Wärme aber, welche hervorgeht aus dem Lichte, wie dieses aus <strong>der</strong><br />
Flamme, ist <strong>der</strong> Geist, <strong>der</strong> da an und für sich nichts ist, son<strong>der</strong>n nur die<br />
Einung des Vaters mit dem Sohne und somit alles belebt.
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Vom Geist <strong>der</strong> Wahrheit<br />
43<br />
Daher heißt es auch: „Ich hätte euch noch viel zu sagen, allein ihr<br />
würdet es jetzt noch nicht ertragen können. Wenn aber <strong>der</strong> Heilige Geist<br />
kommen wird, <strong>der</strong> wird euch in alle Wahrheit leiten.“ - Wer da solches<br />
noch nicht verstehet, <strong>der</strong> lasse nur z.B. die Sonne im Winter reden, und er<br />
wird in naturmäßiger Hinsicht ganz dasselbe sinnbildlich wahrnehmen.<br />
Denn spricht die Sonne im Winter nicht also zu einem Teile <strong>der</strong> Erde:<br />
„Siehe, mein Licht hat aus deinem Boden noch gar viel zu entwickeln,<br />
allein in diesem deinem <strong>der</strong>maligen Zustande bist du einer solchen<br />
Entwicklung gar nicht fähig. Wenn aber mit dem Lichte auch die Wärme<br />
kommen wird - das ist die tatkräftige Liebe - so wird diese all die zahllosen<br />
Formen aus deinem Boden ziehen (o<strong>der</strong> dich in alle Wahrheit leiten).“<br />
Wird aber die Wärme des Lichtes etwa neue Formen dem Boden<br />
entlocken? O nein, son<strong>der</strong>n die alten Formen <strong>der</strong> ewigen Ordnung wird sie<br />
entfalten! Also wird auch <strong>der</strong> Geist nicht von sich selbst reden, son<strong>der</strong>n<br />
Dessen Worte nur, da er ausgeht.<br />
Wie aber durch die Wärme in den entfalteten Formen das Licht <strong>der</strong><br />
Sonne verklärt und verherrlicht wird, da es in seinen Urformen sich wie<strong>der</strong><br />
wie verjüngt erschaut, also wird auch <strong>der</strong> Geist den Sohn, <strong>der</strong> da eins ist<br />
mit dem Vater, in euch verklären. Denn er wird aus sich nicht sich selbst in<br />
euch hervorrufen, son<strong>der</strong>n Den nur, aus Dem er hervorgehet von Ewigkeit.<br />
- Darum ist auch gesagt: „Vom Meinen wird er's nehmen und euch<br />
verkündigen!“ - d.h.: Meinen Samen wird er in euch zum Wachstume<br />
bringen, und ihr werdet dann in euch Meine Herrlichkeit schauen!<br />
Solches also besagen diese Texte. Beachtet sie sehr wohl! Denn in ihnen<br />
liegt das Wesen <strong>der</strong> vollen Wie<strong>der</strong>geburt. Verstehet sie daher wohl im<br />
Geiste werktätig! - Amen. (HiG.02_S. 132)<br />
„Ich hätte euch noch gar vieles zu sagen und zu<br />
enthüllen, aber ihr alle könntet das noch nicht ertragen;<br />
wenn aber <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit aus Mir über euch<br />
kommen wird, so wird er euch in alle Wahrheit und<br />
Weisheit leiten, und ihr werdet euch dann schon völlig<br />
im Lichte des neuen Jerusalems befinden.“<br />
(GEJ.09_90,06)
44 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />
Frank Laubach<br />
Wir werden Christus nicht ähnlich werden, solange wir<br />
ihm nicht mehr Zeit widmen.<br />
Eine Universität verlangt von angehenden Lehrern, drei<br />
Jahre lang 25 Semesterwochenstunden zu studieren.<br />
Könnte sie kompetente Lehrer ausbilden o<strong>der</strong> eine juristische<br />
Fakultät kompetente Anwälte, wenn diese nur zehn<br />
Minuten pro Woche studieren würden? Auch Christus kann<br />
das nicht, und er hat nie behauptet, es zu können. Zu seinen<br />
Jüngern sagte er: „Kommt zu mir, geht mit mir, esst und<br />
Frank C. Laubach<br />
(1884 - 1970)<br />
Amerik. Missionar<br />
und Lehrer<br />
schlaft mit mir drei Jahre lang vierundzwanzig Stunden am Tag.“ Das war<br />
ihr Studium. „Er wählte sie“, sagt die Bibel, „um bei ihm zu sein“, 168<br />
Stunden jede Woche!<br />
Alle, die einen Monat lang versucht haben, in dieser Weise bei ihm zu<br />
bleiben, wissen, welche Kraft darin liegt. Jede Person, die das tut, wird<br />
völlig verän<strong>der</strong>t. Doch wie kann ein Mann o<strong>der</strong> eine Frau das tun?<br />
Tatsächlich kann es uns nicht gelingen, wenn wir nicht „umkehren und<br />
werden wie die kleinen Kin<strong>der</strong>“.<br />
Versuche, jede Minute mindestens eine Sekunde an Christus zu denken.<br />
Du brauchst darüber nicht an<strong>der</strong>e Dinge zu vergessen o<strong>der</strong> die Arbeit zu<br />
unterbrechen, son<strong>der</strong>n lade ihn ein, an allem teilzuhaben, was Du tust o<strong>der</strong><br />
sagst o<strong>der</strong> denkst. Es gibt tatsächlich Menschen, die so lange probiert<br />
haben, bis sie Wege fanden, wie sie ihn an je<strong>der</strong> wachen Minute<br />
teilnehmen lassen konnten. Eigentlich ist es nicht schwerer, diese neue<br />
Gewohnheit zu erlernen, als das Tastensystem beim Schreibmaschineschreiben<br />
zu erlernen, und mit <strong>der</strong> Zeit wird ein großer Teil <strong>der</strong> Minuten<br />
eines Tages dem Herrn so mühelos gegeben, wie ein geübter Schreiber<br />
sich nicht anstrengen muss, einen Brief zu tippen. Diese Einübung in die<br />
Gegenwart Christi beansprucht unsere ganze Zeit, aber sie nimmt uns<br />
nichts von unserer Arbeit. Sie nimmt Christus in unsere Unternehmungen<br />
hinein und macht diese erfolgreicher.<br />
Die Möglichkeit, sich in die Gegenwart Gottes einzuüben, steht außer<br />
Frage. Sie wurde schon von zahllosen Heiligen unter Beweis gestellt.<br />
Tatsächlich war sie allen geistlichen Größen aller Zeiten vertraut. Die<br />
Ergebnisse dieses Bemühens beginnen sich nach einem Monat klar zu<br />
zeigen. Nach sechs Monaten werden sie reichhaltig und nach zehn Jahren<br />
herrlich. Das ist das Geheimnis <strong>der</strong> großen Heiligen aller Zeitalter. „Betet
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />
45<br />
ohne Unterlass“, sagte Paulus, „Lasst eure Anliegen vor Gott kundwerden.“<br />
„Alle, die durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes.“<br />
Niemand ist je<strong>der</strong>zeit völlig mit sich zufrieden. Unser Leben besteht aus<br />
Licht und Schatten, aus einigen guten und vielen unbefriedigenden Tagen.<br />
Wir haben gelernt, dass die guten Tage und Stunden kommen, wenn wir<br />
Christus sehr nahe sind. Also ist klar, dass <strong>der</strong> Weg zu mehr solchen Tagen<br />
und Stunden darin besteht, ihn in alles hineinzunehmen, was wir tun o<strong>der</strong><br />
sagen o<strong>der</strong> denken.<br />
Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass gute Vorsätze nicht ausreichen. Wir<br />
müssen die Disziplin entwickeln, unser Leben einer geregelten Ordnung zu<br />
unterstellen. Viele von uns fanden die Idee, sich einmal in je<strong>der</strong> Minute<br />
Christus zuzuwenden, außerordentlich hilfreich. Diese Übung ist so alt wie<br />
Henoch, <strong>der</strong> „mit Gott wandelte“. Es ist eine Lebensweise, von <strong>der</strong> fast<br />
je<strong>der</strong> gehört hat und die doch fast je<strong>der</strong> ignoriert. Einige werden darin<br />
sofort einen neuen Ansatz <strong>der</strong> „Einübung in Gottes Gegenwart“ von Bru<strong>der</strong><br />
Lorenz erkennen. Es ist eine beglückende Erfahrung und eine erhebende<br />
geistliche Übung; aber wir werden bald entdecken, dass sie weit mehr ist<br />
als das. Einige Leute haben sie damit verglichen, aus einem dunklen<br />
Gefängnis herauszutreten und zu leben. Wir sehen immer noch dieselbe<br />
Welt, aber sie ist nicht mehr die Gleiche, denn sie hat eine neue, herrliche<br />
Farbe und eine weit tiefere Bedeutung.<br />
Du wirst feststellen, dass diese Übung genauso einfach und genauso<br />
schwierig ist, wie die Entwicklung je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gewohnheit. Bisher hast<br />
du nur wenige Sekunden o<strong>der</strong> Minuten in <strong>der</strong> Woche an den Herrn gedacht,<br />
und in <strong>der</strong> übrigen Zeit kam er dir nicht in den Sinn. Jetzt versuchst du wie<br />
Bru<strong>der</strong> Lorenz, den Herrn in je<strong>der</strong> wachen Minute im Sinn zu haben. Eine<br />
so drastische Än<strong>der</strong>ung einer Gewohnheit verlangt am Anfang eine<br />
wirkliche Anstrengung.<br />
Wie man am besten anfängt<br />
Wähle eine geeignete Stunde, eine einfache, unkomplizierte Stunde.<br />
Schau, wie viele Minuten dieser Stunde kannst du Christus mindestens<br />
einmal pro Minute in Erinnerung rufen o<strong>der</strong> berühren? Das heißt, denke<br />
mindestens alle sechzig Sekunden eine Sekunde lang an Ihn. Zuerst wird<br />
es dir nicht so gut gelingen, aber versuche es weiter, denn es wird ständig<br />
leichter und nach einer Weile geschieht es fast automatisch. Wenn du mit<br />
diesem Versuch beginnst, wirst du feststellen, dass du geistlich noch ein<br />
sehr schwaches Kleinkind bist. Ein Kleinkind im Gitterbett greift nach<br />
allem, was in seiner Reichweite liegt, um sich auf die Füße zu hieven; dann<br />
wankt es ein paar Sekunden und fällt erschöpft hin. Dann macht es einen
46 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
neuen Versuch und bleibt jedes Mal ein wenig länger stehen als zuvor.<br />
Angenommen, du hast eine gute Zeit in <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn<br />
verbracht und führst anschließend ein gewöhnliches Gespräch mit einer<br />
Gruppe von Freunden. Gelingt es dir wenigstens einmal in je<strong>der</strong> Minute an<br />
den Herrn zu denken? Das ist schwierig, aber hier sind einige Hilfen.<br />
Summe in Gedanken (für an<strong>der</strong>e unhörbar) ein Lieblingslied - zum<br />
Beispiel „Jesus, du allein bist genug.“ Flüstere im Stillen: „Herr, du bist<br />
mein Leben“ o<strong>der</strong>: „Du füllst meinen Sinn.“<br />
Hier sind noch einige an<strong>der</strong>e Mittel, die sich als hilfreich erwiesen<br />
haben:<br />
Bei Tisch erinnere dich an die Worte Jesu: „Tut dies zu meinem<br />
Gedächtnis.“ Dies lässt sich auf gewöhnliche Mahlzeiten anwenden,<br />
sodass je<strong>der</strong> Mundvoll sein „Leib für dich gebrochen“ ist.<br />
Beim Lesen bleibe mit ihm im Gespräch über die Seiten, die du gerade<br />
liest.<br />
Wenn du dir Zeit nimmst, um irgendein Problem zu erwägen, wie<br />
kannst du an den Herrn denken? Indem du eine neue Gewohnheit<br />
entwickelst! Alles Denken verwendet unausgesprochene Worte und ist<br />
eigentlich ein inneres Selbstgespräch. Doch statt zu dir selbst zu sprechen,<br />
gewöhne dir an, mit Christus zu sprechen. Einige von uns, die das getan<br />
haben, fanden es so viel besser, dass wir nie wie<strong>der</strong> zu <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Art<br />
zurückkehren wollen. Keine Übung, die wir je ausprobierten, hat unser<br />
Denken so getragen wie dies: alle Gedanken zu einem Gespräch mit dem<br />
Herrn zu machen. Wenn irgendwelche bösen Gedanken kommen, sage:<br />
„Herr, diese Gedanken sind nicht geeignet, mit dir besprochen zu werden.<br />
Herr, übernimm du das Denken. Erneuere meinen Sinn durch deine<br />
Gegenwart.“<br />
Wenn du allein draußen spazieren gehst, kannst du mühelos mindestens<br />
einmal in <strong>der</strong> Minute an den Herrn denken. Wenn du an einem Ort<br />
wan<strong>der</strong>st, wo du ungehört laut reden kannst, magst du mit dem<br />
unsichtbaren Begleiter in dir reden. Frage ihn, was ihm beson<strong>der</strong>s am<br />
Herzen liegt, und sprich dann laut aus, was du als Gottes Antwort gehört<br />
zu haben glaubst. Natürlich sind wir nicht immer sicher, ob wir seine<br />
Antwort richtig aufgefasst haben, aber es ist überraschend, wie häufig wir<br />
diese Gewissheit haben. Es ist wirklich nicht notwendig, sicher zu sein,<br />
dass unsere Antwort richtig ist, denn nicht die Antwort ist entscheidend -<br />
er ist es! Gott ist unendlich viel wichtiger als sein Rat o<strong>der</strong> seine Gaben;<br />
in Wirklichkeit ist er selbst das große Geschenk. Das kostbarste Vorrecht<br />
beim Gespräch mit Christus ist diese innige Vertrautheit, die wir mit ihm<br />
haben können. Vielleicht erleben wir eine herrliche Abfolge himmlischer
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />
47<br />
Minuten. Wie töricht wir doch sind, diese ergreifende Freude des Lebens<br />
zu versäumen, obgleich wir sehen, dass man sie bereits allein bei einem<br />
Spaziergang erfahren kann! Aber die wun<strong>der</strong>barste aller Entdeckungen ist,<br />
um es mit Paulus' Worten zu sagen, dass „Christus in mir lebt“. Er wohnt<br />
in uns, spricht in unsere Gedanken, berührt durch unsere Hände, redet mit<br />
unserer Stimme, wenn wir auf jedes Flüstern von ihm eingehen.<br />
Sorge dafür, dass deine letzten Gedanken vor dem Einschlafen<br />
Christus gelten. Flüstere fortwährend Worte <strong>der</strong> Zuneigung, die dein Herz<br />
dir eingibt. Wenn du den ganzen Tag lang mit ihm gegangen bist, wirst du<br />
feststellen, dass er auch <strong>der</strong> vertraute Begleiter deiner Träume sein wird.<br />
Manchmal sind wir nach einem solchen Tag auf einem vor Freudentränen<br />
nassen Kissen eingeschlafen und spürten seine zärtliche Berührung auf<br />
unserer Stirn. Normalerweise jedoch wirst du keine tiefen Emotionen empfinden,<br />
son<strong>der</strong>n zu je<strong>der</strong> Zeit einen „Frieden, <strong>der</strong> allen Verstand<br />
übersteigt“ haben. So endet ein vollkommener Tag.<br />
Beim Aufwachen am Morgen kannst du fragen: „Nun, Herr, wollen wir<br />
aufstehen?“ Einige von uns flüstern ihm sogar jeden Gedanken über das<br />
morgendliche Waschen und Ankleiden zu.<br />
Männer haben festgestellt, dass sie den Herrn im Sinn behalten können,<br />
während sie allen möglichen Arbeiten nachgehen, ganz gleich ob geistiger<br />
o<strong>der</strong> handwerklicher Art, und sie stellen fest, dass sie glücklicher sind und<br />
bessere Resultate erzielen. Menschen, die unerträgliche Belastungsproben<br />
durchmachen, gewinnen neue Kraft, wenn sie erkennen, dass ihr<br />
unsichtbarer Freund ihnen zur Seite steht. (Natürlich kann kein Mensch,<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en schaden will o<strong>der</strong> unehrliche Methoden anwendet, Gottes<br />
Partnerschaft erwarten.) Der Zimmermann kann bessere Arbeit leisten,<br />
wenn er still mit Gott über jede Aufgabe spricht, wie Jesus es ganz gewiss<br />
tat, als er ein Zimmermann war.<br />
Es gibt Frauen, die beim Kochen, Geschirrspülen, Fegen, Nähen und<br />
Versorgen ihrer Kin<strong>der</strong> die Gemeinschaft mit Christus pflegen. Sie haben<br />
es als hilfreich empfunden, in je<strong>der</strong> kleinen Angelegenheit mit dem Herrn<br />
zu flüstern, weil sie wissen, dass er so gerne hilft. An<strong>der</strong>e summen o<strong>der</strong><br />
singen ihr Lieblingslied.<br />
Studenten können sich an <strong>der</strong> Gegenwart des Herrn selbst während<br />
eines Examens erfreuen. Sie können sagen: „Vater, halte meine Gedanken<br />
klar und hilf mir, mich an alles zu erinnern, was ich gelernt habe. Wie<br />
sollen wir diese nächste Frage beantworten?“ Er wird ihnen nicht sagen,<br />
was sie nie studiert haben, aber er schärft tatsächlich ihr Gedächtnis und<br />
nimmt ihnen das Lampenfieber, wenn sie ihn bitten.<br />
Sorgen und Nöte kommen auch über Menschen, die Gottes Gegenwart
48 Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart <strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
praktizieren, genauso wie sie über Jesus kamen, aber sie scheinen ihnen<br />
nicht mehr so wichtig im Vergleich zu ihrer neuen, freudigen Erfahrung.<br />
Wenn wir unsere Tage mit ihm verbracht haben, stellen wir fest, dass<br />
drohende Erdbeben, Feuer, Hungersnöte o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Katastrophen uns<br />
genauso wenig in Schrecken versetzen wie Paulus im Augenblick des<br />
Schiffbruchs. „Die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht.“<br />
Einige Preise, die wir zahlen müssen<br />
Der erste Preis ist <strong>der</strong> sanfte, aber beständige Druck, den wir auf<br />
unseren Willen ausüben müssen. Aber welcher Sieg wurde je ohne Mühe<br />
errungen?<br />
Der zweite Preis ist Ausdauer. Spärliche Ergebnisse zu Beginn geben<br />
nicht den geringsten Anlass für Entmutigung; je<strong>der</strong> hat über einen längeren<br />
Zeitraum diese Erfahrung gemacht. Doch jede Woche wird besser und<br />
verlangt weniger Anstrengung.<br />
Der dritte Preis ist vollkommene Hingabe. Wir verlieren die Gegenwart<br />
Christi in dem Augenblick, in dem unser Wille rebelliert. Wenn wir<br />
versuchen, auch nur einen entlegenen Winkel des Lebens für uns selbst<br />
o<strong>der</strong> für Böses zu behalten, und es ablehnen, uns ganz vom Herrn regieren<br />
zu lassen, wird dieser kleine Wurm die ganze Frucht ver<strong>der</strong>ben. Wir<br />
müssen absolut aufrichtig sein.<br />
Der vierte Preis ist, häufig mit an<strong>der</strong>en zusammen zu sein. Wir<br />
brauchen den Ansporn durch an<strong>der</strong>e Christen, die wie wir nach <strong>der</strong><br />
Gegenwart Christi streben.<br />
Was wir gewinnen<br />
Vielleicht gewinnst du nicht alle deine Minuten für Christus o<strong>der</strong> nicht<br />
einmal die Hälfte, aber du gewinnst ein reicheres Leben. Es gibt hierbei<br />
keine Verlierer außer denen, die aufgeben.<br />
Wir entwickeln, was Thomas von Kempen als „vertraute Freundschaft<br />
mit Jesus“ bezeichnet. Unser unsichtbarer Freund wird uns von Tag zu Tag<br />
lieber, inniger vertraut und wun<strong>der</strong>barer, bis wir ihn schließlich als „Jesus,<br />
Liebe meines Lebens“ kennen, nicht nur als Lied, son<strong>der</strong>n als beglückende<br />
Erfahrung. Zweifel verschwinden; wir sind uns sicher, dass er uns näher<br />
ist, als irgend ein Mensch es je sein kann. Diese herzliche, glühende<br />
Freundschaft reift rasch und wird mit jedem Monat reicher und<br />
strahlen<strong>der</strong>.<br />
Wir gewinnen Reinheit des Denkens, weil unser Verstand durch die<br />
Gegenwart Christi in jedem Augenblick so klar ist wie ein Gebirgsbach.<br />
Den ganzen Tag über sind wir zufrieden, was immer auch geschieht,<br />
weil er bei uns ist. „Wenn Jesus mit mir geht, werde ich überall hingehen.“
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Praktische Hilfe zum Leben in Gottes Gegenwart<br />
49<br />
Es wird leicht, an<strong>der</strong>en von Christus zu erzählen, wenn unsere<br />
Gedanken von ihm getränkt sind. „Wovon das Herz voll ist, davon redet<br />
<strong>der</strong> Mund.“<br />
Es gilt jedem<br />
Die Auffassung, Religion sei düster, dumm und langweilig, ist Gott ein<br />
Gräuel, denn er hat unendliche Vielfalt erschaffen und liebt es, uns zu<br />
überraschen. Wenn du irgendeiner einschläfernden Form <strong>der</strong> Andacht<br />
überdrüssig bist, hat Gott sie wahrscheinlich genauso satt wie du. Schüttle<br />
sie ab und nähere dich ihm aus einer <strong>der</strong> zahllosen an<strong>der</strong>en Richtungen.<br />
Einfache Leute meinen oft, ein Wandel mit Gott sei ihnen zu hoch o<strong>der</strong><br />
sie könnten „den Spaß verlieren“, wenn sie alle ihre Freuden mit Christus<br />
teilen würden. Was für ein tragisches Missverständnis, ihn als<br />
Spaßver<strong>der</strong>ber zu betrachten! Ein ganzer Chor freudiger Stimmen rund um<br />
die Welt singt begeistert, dass die Stunden, die sie mit dem Herrn<br />
verbringen, die aufregendste Freude ist, die sie je erlebt haben, und dass<br />
ein Ballspiel o<strong>der</strong> ein Pfer<strong>der</strong>ennen daneben nur noch fade ist. Zeit mit<br />
dem Herrn zu verbringen ist keine düstere Pflicht. Und solltest du ihn für<br />
mehrere Minuten o<strong>der</strong> sogar Tage vergessen, dann stöhne und gräme dich<br />
nicht darüber, son<strong>der</strong>n fange einfach mit einem Lächeln wie<strong>der</strong> an. Jede<br />
Minute kann ein neuer Anfang sein.<br />
(Quelle: Frank Laubach - Leben in Gottes Gegenwart, Leuchter Edition)<br />
<br />
Wie verbringen Sie ihre Zeit<br />
Eine Untersuchung zeigte, dass ein durchschnittlicher Christ, <strong>der</strong> 75 Jahre<br />
alt ist, seine Jahre folgen<strong>der</strong>maßen verbrachte:<br />
23 Jahre mit Schlafen = 31% <strong>der</strong> Zeit<br />
19 Jahre mit Arbeiten = 25%<br />
9 Jahre mit Fernsehen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Zerstreuungen = 12%<br />
7 Jahre mit Ankleiden und Körperpflege = 10%<br />
6 Jahre mit Essen = 8%<br />
6 Jahre auf Reisen = 8%<br />
½ Jahr im Gottesdienst und im Gebet = 0,7%<br />
„So sehet nun zu, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht als die Unweisen,<br />
son<strong>der</strong>n als die Weisen, und kaufet die Zeit aus; denn es ist böse Zeit.“<br />
Epheser 5,16
50 Die Geschichte vom Steinmetz<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Die Geschichte vom Steinmetz<br />
Eines Tages überlegte ich mir wie<strong>der</strong> einmal, was es wohl sei, das mir<br />
fehle, um endlich glücklich zu sein. Geld, Erfolg, ein an<strong>der</strong>er Wohnort, ein<br />
Prinz,…?? Da stand plötzlich ein alter Chinese neben mir und sagte<br />
beiläufig: „Sie erinnern mich an den Steinmetz!“ Ich starrte ihn überrascht<br />
an und fragte: „Welchen Steinmetz?“ Daraufhin sagte <strong>der</strong> alte Chinese:<br />
„In meinem Land gibt es eine Geschichte, die von einem unglücklichen<br />
Steinmetz handelt, <strong>der</strong> wünschte, ein an<strong>der</strong>er zu sein, mit einer an<strong>der</strong>en<br />
Position im Leben. Eines Tages kam er am Haus eines reichen<br />
Kaufmannes vorbei, sah dessen großen Besitz und bemerkte, wie sehr <strong>der</strong><br />
Kaufmann geachtet wurde. Der Steinmetz beneidete den reichen<br />
Kaufmann und wünschte sich, so zu leben wie dieser. Dann müsste er<br />
nicht länger ein einfacher Steinmetz sein. Zu seiner Verwun<strong>der</strong>ung wurde<br />
ihm sein Wunsch gewährt. Plötzlich war er <strong>der</strong> Kaufmann und besaß mehr<br />
Macht und Luxus, als er jemals zu träumen gewagt hätte. Aber er wurde<br />
auch von den Armen beneidet und verachtet und hatte mehr Feinde, als er<br />
jemals für möglich gehalten hatte.<br />
Dann sah er einen hohen Beamten, <strong>der</strong> von Dienern getragen und von<br />
Soldaten eskortiert wurde und vor dem sich alle verneigten. Er war <strong>der</strong><br />
mächtigste und geachtetste Mann im ganzen Reich. Und <strong>der</strong> ehemalige<br />
Steinmetz und jetzige Kaufmann wünschte sich, wie jener hohe Beamte zu<br />
sein, Diener zu haben und Soldaten, die ihn bewachten, und mächtiger zu<br />
sein als alle an<strong>der</strong>en. Auch dieser Wunsch wurde ihm gewährt. Er<br />
verwandelte sich in den hohen Beamten, den mächtigsten Mann im ganzen<br />
Reich, vor dem alle sich verneigten. Aber <strong>der</strong> Beamte war auch <strong>der</strong> am<br />
meisten gefürchtete und gehasste Mann des Reiches, nur deshalb brauchte<br />
er so viele Soldaten. Die Sonne sandte stechende Strahlen zur Erde. Die<br />
Hitze war dem hohen Beamten sehr unangenehm, machte ihn mürrisch und<br />
verdrießlich. Er schaute zur Sonne empor und sagte bei sich: „Wie mächtig<br />
sie ist. Ich wünschte, ich könnte die Sonne sein.“<br />
Es dauerte nicht lange, da war er die Sonne, die auf die Erde schien.<br />
Doch dann schob sich eine große, dunkle Wolke vor ihn und versperrte<br />
seinen Strahlen den Weg. „Wie mächtig die Wolke ist“, dachte er „Ich<br />
wünschte, ich wäre so mächtig wie die Wolke.“ Und so wurde er zur<br />
Wolke, die den Sonnenstrahlen den Weg versperrte und auf die Dörfer<br />
regnete. Doch ein starker Wind kam auf und blies die Wolke fort. „Ich<br />
wünschte, ich wäre so mächtig wie <strong>der</strong> Wind“, dachte er, und als er es<br />
aussprach, verwandelte er sich in den Wind. Doch <strong>der</strong> Wind konnte zwar<br />
Bäume entwurzeln und ganze Dörfer verheeren, aber er konnte nichts
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die Geschichte vom Echo<br />
51<br />
gegen einen Stein ausrichten. Der große Stein rührte sich nicht von <strong>der</strong><br />
Stelle, er wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> geballten Macht des Windes. „Wie mächtig<br />
dieser Stein ist“, dachte <strong>der</strong> Wind. „Oh, wie gern wäre ich so mächtig wie<br />
er.“<br />
Und er verwandelte sich in den großen Stein, <strong>der</strong> <strong>der</strong> geballten Kraft<br />
des Windes wi<strong>der</strong>standen hatte. Jetzt war er endlich glücklich, die große<br />
Macht auf Erden. Aber plötzlich hörte er ein Geräusch: klick, klick, klick.<br />
Ein Hammer trieb einen Meißel in den Stein und brach ihn Stück für<br />
Stück entzwei. „Was könnte mächtiger sein als ich?“ fragte sich <strong>der</strong> Stein.<br />
Und da, am Fuße des großen Steines, stand…ein Steinmetz.“<br />
Der alte Chinese schloss mit den Worten: „Viele Menschen suchen ihr<br />
Leben lang nach Glück und finden es nicht, weil sie an <strong>der</strong> falschen Stelle<br />
suchen. Man sieht keinen Sonnenuntergang, wenn man nach Osten schaut,<br />
und man findet das Glück nicht, wenn man es in seiner Umgebung sucht.<br />
Die Geschichte des Steinmetzes lehrt uns, dass man das Glück nur findet,<br />
wenn man nicht sein Leben, son<strong>der</strong>n sich selbst än<strong>der</strong>t.“<br />
<br />
Die Geschichte vom Echo<br />
Vater und Sohn sind in den Bergen unterwegs. Plötzlich fällt <strong>der</strong> Sohn<br />
hin, schlägt sich das Knie auf und schreit: „Aaahhh!!“<br />
Zu seiner Überraschung hört er eine Stimme irgendwo in den Bergen,<br />
die schreit auch: ‚Aaahhh!!’ Neugierig ruft er: ‚Wer bist du?’, und erhält<br />
zur Antwort: ‚Wer bist du?’ Dann schreit er in die Berge: ‚Ich bewun<strong>der</strong>e<br />
dich!’ Die Stimme antwortet: ‚Ich bewun<strong>der</strong>e dich!’ Verärgert schreit <strong>der</strong><br />
Junge: ‚Du Depp!’, und erhält zur Antwort: ‚Du Depp!’<br />
Er sieht zum Vater hinüber und fragt: ‚Was ist das?’ Der Vater lächelt:<br />
‚Geduld, mein Junge.’ Und nun ruft <strong>der</strong> Mann: ‚Du bist <strong>der</strong> Größte!’ Die<br />
Stimme antwortet: ‚Du bist <strong>der</strong> Größte!’ Der Junge ist überrascht, versteht<br />
aber immer noch nicht. Da erklärt <strong>der</strong> Vater:<br />
‚Die Menschen nennen es Echo, aber in Wirklichkeit ist es das Leben.<br />
Es gibt dir alles zurück, was du sagst o<strong>der</strong> tust. Unser Leben ist <strong>der</strong><br />
Spiegel unseres Handelns. Wenn du dir mehr Liebe in <strong>der</strong> Welt wünschst,<br />
dann sorge für mehr Liebe in deinem Herzen. Wenn du mehr Kompetenz<br />
in deinem Team willst, dann lerne selbst weiter. Das gilt für alles, für<br />
jeden Bereich des Lebens. Das Leben gibt dir alles zurück, was du ihm<br />
gegeben hast. Dein Leben ist kein Zufall. Es ist ein Spiegelbild.“
52 Die netten Zettel<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Die netten Zettel - Du bist mir wichtig!<br />
Eines Tages bat eine Lehrerin ihre Schüler, die Namen aller an<strong>der</strong>en<br />
Schüler in <strong>der</strong> Klasse auf ein Blatt Papier zu schreiben und ein wenig Platz<br />
neben den Namen zu lassen. Dann sagte sie zu den Schülern, Sie sollten<br />
überlegen, was das Netteste ist, das sie über jeden ihrer Klassenkameraden<br />
sagen können und das sollten sie neben die Namen schreiben.<br />
Es dauerte die ganze Stunde, bis je<strong>der</strong> fertig war und bevor sie den<br />
Klassenraum verließen, gaben sie ihre Blätter <strong>der</strong> Lehrerin. Am<br />
Wochenende schrieb die Lehrerin jeden Schülernamen auf ein Blatt Papier<br />
und daneben die Liste <strong>der</strong> netten Bemerkungen, die ihre Mitschüler über<br />
den Einzelnen aufgeschrieben hatten. Am Montag gab sie jedem Schüler<br />
seine o<strong>der</strong> ihre Liste.<br />
Schon nach kurzer Zeit lächelten alle. „Wirklich?“, hörte man flüstern ..<br />
„Ich wusste gar nicht, dass ich irgendjemandem was bedeute!“ und „Ich<br />
wusste nicht, dass mich an<strong>der</strong>e so mögen“, waren die Kommentare.<br />
Niemand erwähnte danach die Listen wie<strong>der</strong>. Die Lehrerin wusste nicht,<br />
ob die Schüler sie untereinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> mit ihren Eltern diskutiert hatten,<br />
aber das machte nichts aus. Die Übung hatte ihren Zweck erfüllt. Die<br />
Schüler waren glücklich mit sich und mit den an<strong>der</strong>en.<br />
Einige Jahre später war einer <strong>der</strong> Schüler verunglückt und die Lehrerin<br />
ging zum Begräbnis dieses Schülers. Die Kirche war überfüllt mit vielen<br />
Freunden. Einer nach dem an<strong>der</strong>en, <strong>der</strong> den jungen Mann geliebt o<strong>der</strong><br />
gekannt hatte, ging am Sarg vorbei und erwies ihm die letzte Ehre. Die<br />
Lehrerin ging als letzte und betete vor dem Sarg. Als sie dort stand, sagte<br />
einer <strong>der</strong> Männer, die den Sarg trugen, zu ihr: „Waren Sie Marks Mathe<br />
Lehrerin?“ Sie nickte: „Ja“. Dann sagte er: „Mark hat sehr oft von Ihnen<br />
gesprochen.“<br />
Nach dem Begräbnis waren die meisten von Marks früheren<br />
Schulfreunden versammelt. Marks Eltern waren auch da und sie warteten<br />
offenbar sehnsüchtig darauf, mit <strong>der</strong> Lehrerin zu sprechen. „Wir wollen<br />
Ihnen etwas zeigen“, sagte <strong>der</strong> Vater und zog eine Geldbörse aus seiner<br />
Tasche. „Das wurde gefunden, als Mark verunglückt ist. Wir dachten, Sie<br />
würden es erkennen.“ Aus <strong>der</strong> Geldbörse zog er ein stark abgenutztes<br />
Blatt, das offensichtlich zusammengeklebt, viele Male gefaltet und<br />
auseinan<strong>der</strong>gefaltet worden war. Die Lehrerin wusste ohne hinzusehen,<br />
dass dies eines <strong>der</strong> Blätter war, auf denen die netten Dinge standen, die<br />
seine Klassenkameraden über Mark geschrieben hatten. „Wir möchten<br />
Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben“ ,sagte Marks<br />
Mutter. „Wie Sie sehen können, hat Mark das sehr geschätzt.“
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Die netten Zettel<br />
53<br />
Alle früheren Schüler versammelten sich um die Lehrerin. Charlie<br />
lächelte ein bisschen und sagte: „Ich habe meine Liste auch noch. Sie ist in<br />
<strong>der</strong> obersten Lade in meinem Schreibtisch“. Chucks Frau sagte: „Chuck<br />
bat mich, die Liste in unser Hochzeitsalbum zu kleben.“ „Ich habe meine<br />
auch noch“, sagte Marilyn. „Sie ist in meinem Tagebuch.“ Dann griff<br />
Vicki, eine an<strong>der</strong>e Mitschülerin, in ihren Taschenkalen<strong>der</strong> und zeigte ihre<br />
abgegriffene und ausgefranste Liste den an<strong>der</strong>en. „Ich trage sie immer bei<br />
mir“, sagte Vicki und meinte dann: „Ich glaube, wir haben alle die Listen<br />
aufbewahrt.“ Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und<br />
weinte. Sie weinte um Mark und für alle seine Freunde, die ihn nie mehr<br />
sehen würden.<br />
Im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen vergessen wir oft, dass<br />
jedes Leben eines Tages endet und dass wir nicht wissen, wann dieser Tag<br />
sein wird. Deshalb sollten wir den Menschen, die wir lieben und um die<br />
wir uns sorgen, sagen, dass sie etwas Beson<strong>der</strong>es und Wichtiges sind. Sag<br />
es ihnen, bevor es zu spät ist. Denk daran, Du erntest, was Du säst. Was<br />
man in das Leben <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en einbringt, kommt auch ins eigene Leben<br />
zurück.<br />
<br />
Maitagung in Hamburg<br />
vom 29.4. - 2.5. <strong>2010</strong><br />
im Elsa-Brändström-Haus, Kösterbergstr. 62<br />
Hamburg-Blankenese, Tel.: 040-863943<br />
Vorträge:<br />
Dr. Wolfram Göhler – Der Baum <strong>der</strong> Erkenntnis<br />
Peter Keune – Von <strong>der</strong> himmlischen Logistik<br />
Dr. Gerhard Jaritz – Die wahre Buße<br />
Arnulf Kreuch – Über die Geistastrologie durch Jakob <strong>Lorber</strong><br />
Wilfried Schlätz – Das Wesen Jesu<br />
Dr. Klemens Bartscht – Jesu sterben ein Sühnetod?<br />
Komplettes Programm auf: www.lorber-<strong>Gesellschaft</strong>.de/Tagungen<br />
Auskunft:<br />
Edith Heinmüller, Tel.: 040-601 11 61<br />
Bernd-J.Paul Tel. ab 20 Uhr : 040-601 80 95<br />
Fax.: 040-600 96 765 mail: berndpaul@gmx.de
54 Verschiedenes<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Treffen junger <strong>Lorber</strong>freunde<br />
am Pfingsmontag, den 24. Mai <strong>2010</strong><br />
im Hohenwart-Forum<br />
von ca. 10.30 bis 18.00 Uhr<br />
Während <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>tagung in Hohenwart wird ein Kennenlerntreffen<br />
junger Freunde <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch Jakob <strong>Lorber</strong> stattfinden.<br />
Je<strong>der</strong> junge Erwachsene bzw. jede junge Familie bis ca. 30 Jahren<br />
ist herzlichst dazu eingeladen.<br />
Geplant sind Vorstellungs– und themenbezogene Gesprächsrunden,<br />
Singen und Beten, sowie Teilnahme an <strong>der</strong> Hauptveranstaltung.<br />
Ferner wird die Möglichkeit bestehen an,den gemeinsamen Mahlzeiten<br />
gegen einen Kostenbeitrag von 7,- €/Person teilzunehmen..<br />
Treffpunkt ist um ca. 10.30 im Foyer des Hohenwart-Forums,<br />
Schönbornstraße 25, 75181 Pforzheim-Hohenwart<br />
Eine Anmeldung zur Planung des Treffens unter <strong>der</strong> Email<br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de wäre wünschenswert.<br />
Urlaub im Biosphärenreservat Rhön<br />
in Rasdorf (Teil vom "Grünen Band") für 1-4 Personen.<br />
Übernachtung mit Frühstück o<strong>der</strong> Selbstversorgung für 10-15 Euro/Tag.<br />
Nähere Auskunft unter hedwig.cz@gmx.de o<strong>der</strong> sylka.schaefer@gmx.de<br />
Telefon: 06651-919578 (TV und Internet auf Wunsch und auch für<br />
Miniraucher) o<strong>der</strong> 06651-217625 (medien- und rauchfrei).<br />
<strong>Lorber</strong>freund sucht christliche Bekanntschaft<br />
Gemütvoller, sympathischer Bayer, 60, verwitwet, möchte zurück in die<br />
Heimat und sucht als erste Anlausstelle einen Hafen, gerne auch eine<br />
christlich gesinnte Lebensgefährtin.<br />
Kontaktadresse: Reinhard Aumayer, St.-Istvan-U 50, H-8226 Alsoörs,<br />
Ungarn, Tel.: 0036-302169292
<strong>GL</strong> 1/<strong>2010</strong> Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />
55<br />
Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />
vom 23. bis 28. Mai <strong>2010</strong><br />
im Hohenwart Forum<br />
Schönbornstraße 25, 75181 Pforzheim-Hohenwart<br />
Telefon: 07234/606-0, Telefax: 07234/606-46<br />
In <strong>der</strong> geografischen Mitte zwischen Stuttgart und Karlsruhe liegt das<br />
Hohenwart Forum, ein mo<strong>der</strong>nes Tagungs- und Bildungszentrum <strong>der</strong><br />
Evangelischen Kirche in Pforzheim.<br />
Mit seiner preisgekrönten Architektur bietet es den Gästen eine Fülle<br />
von Raum in einer offenen und lichten Wiesenlandschaft.<br />
Die Anlage fügt sich aus mehreren achteckigen Häusern zusammen, die<br />
in sich zentriert und miteinan<strong>der</strong> verbunden eine Einheit bilden. Raum<br />
für Bildung und Begegnung, Arbeits- und Gesprächsgruppen.<br />
Das Forum bietet 40 Doppel- und 54 Einzelzimmer mit Dusche/WC und<br />
Telefon.<br />
Die Anmeldung und Abrechnung <strong>der</strong> Tagungsteilnehmer erfolgt direkt<br />
beim ‚Hohenwart Forum‘.<br />
Das nachfolgende Anmeldeformular und Kostenübersicht (auch im<br />
Internet unter www.lorber-gesellschaft.de) bitte ausschneiden o<strong>der</strong><br />
kopieren, ausfüllen und direkt an das Hohenwart-Forum einsenden o<strong>der</strong><br />
faxen.<br />
Eine weitere günstige Unterbringungsmöglichkeit in Ferienhäusern mit<br />
je 3 Doppelzimmern bietet ca. 3 Kilometer vom Forum entfernt <strong>der</strong><br />
Ferienpark Schwarzwald, Birgit u. Gebhard Mühltaler<br />
75242 Neuhausen-Schellbronn, Tel.: 07234/1408<br />
Geschwister, die die Kosten nicht o<strong>der</strong> nur teilweise aufbringen können,<br />
wenden sich bitte vertauensvoll an die <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.
Anmeldebogen zur<br />
Tagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />
vom 23.5. - 28.5. <strong>2010</strong> im Hohenwart Forum<br />
Tagungsbeginn:<br />
Tagungsende:<br />
Sonntag, den 23. Mai <strong>2010</strong> (zum Abendessen)<br />
Freitag, den 28. Mai <strong>2010</strong> (nach dem Frühstück)<br />
Hiermit melde(n) ich mich / wir uns verbindlich zur obigen Veranstaltung an.<br />
Anreise am: ….....…... zum Mittagessen bzw. Abendessen<br />
Abreise am: ….....…….nach dem Frühstück Mittagessen Abendessen<br />
1. Vorname, Name: .............................................................................................<br />
Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />
Telefon-Nr. ......................................................................................................<br />
2. Vorname, Name: .............................................................................................<br />
Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />
3. Kin<strong>der</strong>, Name, Alter: ......................................................................<br />
Ich bin bereit, mit einer/m an<strong>der</strong>en Teilnehmer/in ein Zimmer zu teilen.<br />
Ich bin Tagesgast ohne Übernachtung am: So Mo Di Mi Do Fr<br />
und nehme am Mittagessen (14,- €), am Abendessen (11,- €) teil.<br />
Ich / wir wünsche(n): Normalkost vegetarische Kost<br />
310,- € pro Person<br />
für die gesamte Tagung,<br />
inkl. Übernachtung und Vollpension<br />
Kin<strong>der</strong> von 4-14 Jahren erhalten eine Ermäßigung von 50 %.<br />
Zusätzlich wird eine Tagungsgebühr von 25,- € / Pers. erhoben.<br />
Bitte überweisen Sie nur diese vor <strong>der</strong> Tagung mit beiliegenden<br />
Überweisungsträgern in <strong>der</strong> Heftmitte unter dem Stichwort: „Tagungsgebühr“.<br />
Die Tagungsgebühr für Tagesgäste (5,- €/Tag) erbitten wir vor Ort zu entrichten.<br />
Um möglichst vielen Geistesfreunden die Teilnahme an <strong>der</strong> Tagung zu ermöglichen,<br />
sollen die Doppelzimmer möglichst mit zwei Personen belegt werden. Wir bitten<br />
dies bei <strong>der</strong> Anmeldung zu berücksichtigen und eine zweite Person direkt zu benennen.<br />
Datum / Unterschrift: .....................................................................................................................<br />
Anmeldebogen bitte direkt an das Hohenwart Forum senden bzw. faxen:<br />
Schönbornstraße 25, D-75181 Pforzheim-Hohenwart, Tel.: 07234-606-0, Fax: 07234-606-46
Jakob-<strong>Lorber</strong>-Begegnungsstätte<br />
Ursprungblick 5a, A-8046 Graz-Stattegg<br />
Steiermark / Österreich<br />
Tel./Fax: 0043 / 316 - 691353 (von D)<br />
Tel./Fax: 0316 - 691353 (von A)<br />
Fernab vom Lärm <strong>der</strong> Welt,<br />
liegt <strong>der</strong> besinnliche Quellteich<br />
<strong>der</strong> Andritz, umgeben von Felsen<br />
und alten Bäumen malerisch<br />
versteckt in einer kleinen<br />
Talbucht am Fuße des<br />
Schöckelgebirges. Eine hohe<br />
Mauer, welche im Grün <strong>der</strong><br />
Bäume und Sträucher fast<br />
verschwindet, beschützt diesen ruhigen und beschaulichen Ort vor<br />
fremden Blicken. Hier, in dieser Oase <strong>der</strong> Stille und Ruhe, findet die<br />
nach inneren Frieden suchende Menschenseele einen Ort <strong>der</strong> Kraft zum<br />
Auftanken. Um den Quellteich führt ein Fußweg und Bänke laden zum<br />
Verweilen und Meditieren ein, um das innere Wesen dieses von <strong>der</strong><br />
Natur so reich gesegneten Ortes zu erfahren.<br />
Das Gästehaus <strong>der</strong> Andritz-Quelle wurde 1905 erbaut und 2004<br />
mo<strong>der</strong>nisiert. Es steht als Seminar- und Begegnungsstätte allen nach<br />
Stille und Ruhe suchenden Menschen offen. Es bietet drei<br />
Doppelzimmer mit Dusche/WC, ein Doppelzimmer mit Etagendusche/<br />
WC, zwei Einzelzimmer mit Etagendusche/WC, einen Gästeraum und<br />
eine Gästeküche.<br />
Das Gästehaus ist von April bis Januar geöffnet.<br />
Anmeldungen und Anfragen an die:<br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />
Anita Strattner<br />
Pfarrhofstr. 7<br />
D-83132 Pittenhart<br />
Tel. / Fax : 08624-4114<br />
E-mail: <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de
Besinnliche Texte zur Meditation<br />
„Was aber jedoch die Heilige Schrift betrifft, so soll<br />
darinnen lesen, <strong>der</strong> eines einfältigen Herzens ist und<br />
hat da ein gehorsames und folgsames Gemüt; und soll<br />
es nicht lesen aus Vorwitz o<strong>der</strong> Neugierde, denn da<br />
wird er finden den Tod kleben am Buchstaben,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> es liest, <strong>der</strong> soll es lesen als einen<br />
Wegweiser zum lebendigen Worte und danach handeln – und soll<br />
auch nicht grübeln und forschen darinnen, son<strong>der</strong>n danach<br />
alsogleich leben und in <strong>der</strong> Liebe zu Gott emporwachsen. Alsdann<br />
wird ihm zur rechten Zeit gegeben werden die Erkenntnis und wird<br />
in seinem Herzen enthüllt werden des Geistes und des ewigen<br />
Lebens himmlischer Sinn.“ (Himmelsgaben Bd. 3 S. 54)<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />
<br />
„Der erste Schluck aus dem Becher <strong>der</strong> Natur führt zum<br />
Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet<br />
Gott.“<br />
Werner Heisenberg (1901-1976)<br />
<br />
„Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken!<br />
Alles vergeht. Gott allein bleibt <strong>der</strong>selbe. Geduld<br />
erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem kann nichts<br />
fehlen. Gott allein genügt."<br />
Teresa von Avila (1515-1582)<br />
<br />
„Man kann mit Sicherheit sagen, dass all meine<br />
Patienten über 35 Jahre krank wurden, weil sie das<br />
verloren hatten, was die lebendigen Religionen ihren<br />
Anhängern gegeben haben. Und keiner von ihnen, <strong>der</strong><br />
seine religiöse Lebenshaltung nicht wie<strong>der</strong>erlangte,<br />
wurde wirklich geheilt.“<br />
C.G. Jung (1875-1961)