Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
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1<br />
CHRISTOPH ZIMMER<br />
<strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
„Diffinitiones esse principia disputandi“. 1<br />
„<strong>Definition</strong>en sind viel weniger ein Ende als ein Anfang.“ 2<br />
1. Einleitung<br />
1.1. Was bisher von seiten der Theologie über <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Definition</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> gesagt wurde – zusammengefaßt in dem so gut wie kanonischen<br />
Diktum „deus definiri nequit“ –, ist praktisch durchgehend falsch. Das hat u.a. folgende<br />
Gründe:<br />
1.1.1. Der erste (<strong>und</strong> vielleicht hauptsächliche) Gr<strong>und</strong> scheint darin zu bestehen,<br />
daß dort, wo das Problem der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
ernsthaft behandelt worden ist, wie z.B. bei Thomas von Aquin (siehe 6.3.), leider<br />
nur auf einen unzureichenden Stand der <strong>Definition</strong>slehre Bezug genommen werden<br />
konnte. Denn während die traditionelle <strong>Definition</strong>slehre 3 seit Aristoteles kaum einen<br />
nennenswerten Fortschritt zu verzeichnen hatte, sind erst in der modernen <strong>Definition</strong>stheorie<br />
zahlreiche Entdeckungen gemacht worden, die das Wissen von der<br />
Struktur sowie von der Funktion <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit der <strong>Definition</strong> innerhalb<br />
von wissenschaftlichen Theorien erheblich erweitert haben. 4<br />
Für die Theologie ist <strong>des</strong>halb Anlaß gegeben, die Erkenntnisse der modernen Logik<br />
im allgemeinen <strong>und</strong> in Hinsicht auf <strong>Definition</strong>en im besonderen unbeirrt in Anwendung<br />
zu bringen, statt, wie in fast allen Dogmatiken, den oben erwähnten Locus nur<br />
unkritisch zu repristinieren. Sonst könnte sie in der erforderlichen Weise weder sagen,<br />
daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> definierbar noch daß er nicht definierbar sei.<br />
1.1.2. Der zweite Gr<strong>und</strong> besteht darin, daß die spezielle Eigenart <strong>des</strong> Problems teilweise<br />
verkannt wird. Denn bei der Frage der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
handelt es sich nicht in dem Maße um ein theologisches Problem, wie es die bisherige<br />
Behandlung vermuten läßt, sondern um ein sprachlogisches <strong>und</strong> wissenschafts-<br />
1 Boethius, A.M.S.: Liber de diffinitione. Migne PL 64, 895 B.<br />
2 Rahner, Karl: Über den Versuch eines Aufrisses einer Dogmatik. In: Schriften zur Theologie. I. 1954, 19.<br />
3 Vgl. Robinson, Richard: <strong>Definition</strong>. 1950; von Kutschera, Franz: Elementare Logik. 1967, 356-362; Stegmüller,<br />
Wolfgang: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einführung. I. Stuttgart 6 1978 (KTA 308),<br />
368-380; Essler, Wilhelm K.: Wissenschaftstheorie. I. 2 1982, 49-75.<br />
4 Vgl. Kleinknecht, Reinhard: Gr<strong>und</strong>lagen der modernen <strong>Definition</strong>stheorie. Königstein/Ts. 1979 (Monogr. Wissenschaftstheorie<br />
u. Gr<strong>und</strong>lagenforschung; 14), 4.
2<br />
theoretisches Problem viel allgemeinerer Art; <strong>und</strong> zwar unbeschadet <strong>des</strong>sen, daß dieses<br />
Problem unzweifelhaft aus theologischem Interesse aufgeworfen wurde.<br />
Es muß hier unterschieden werden, daß sich zwar die Aufstellung einer bestimmten<br />
<strong>Definition</strong> in erster Linie von fachspezifischen <strong>und</strong> zweckgerichteten Interessen – in<br />
diesem Fall von theologischen – herleitet, aber sowohl die nachträgliche Frage, ob<br />
eine einmal vorgeschlagene <strong>Definition</strong> formal korrekt ist, als auch die vorgängige<br />
Frage, ob ein zu definierender Ausdruck bezüglich eines Vokabulars definierbar ist,<br />
gehen über den Bereich der fachspezifischen Belange hinaus. Für diese beiden Fragen<br />
sind theologische Gesichtspunkte sogar ziemlich irrelevant.<br />
Das ist <strong>des</strong>wegen leicht einzusehen, weil die Kriterien für korrekte <strong>Definition</strong>en von<br />
der Logik aufgestellt werden (siehe 4.). Und diese Kriterien gelten unabhängig davon,<br />
was definiert wird. Ebenso berührt die Frage der <strong>Definierbarkeit</strong> nur die Relation<br />
eines <strong>Ausdrucks</strong> zu einer gewissen Menge anderer Ausdrücke, nicht aber zu<br />
außersprachlichen Gegenständen (siehe 3.3.).<br />
Den logischen Bezug der Frage nach der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> hat<br />
insbesondere Thomas von Aquin deutlich gesehen <strong>und</strong> seine Antwort – die sich jedoch<br />
als falsch erweisen wird (siehe 7. <strong>und</strong> 8.) – dementsprechend logisch begründet.<br />
Dieses richtige Element muß daher die wesentliche Orientierung in der rationalen<br />
Behandlung dieses wichtigen Gr<strong>und</strong>lagenproblems darstellen.<br />
1.1.3. Der dritte Gr<strong>und</strong> besteht in der Annahme einer prinzipiellen Nichtdefinierbarkeit<br />
<strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong>. Wenn ein Ausdruck für nicht definierbar ausgegeben<br />
wird, so kann das dreierlei heißen:<br />
Erstens, daß dieser Ausdruck aufgr<strong>und</strong> entwicklungsbedingter Umstände nur zufällig<br />
noch nicht definiert werden konnte, vielleicht weil man noch zu viel mit anderen<br />
<strong>Definition</strong>en beschäftigt war, oder weil die betreffende wissenschaftliche Theorie<br />
noch zu fragmentarisch war, als daß sie schon zu einer hinreichenden Menge an <strong>Definition</strong>en<br />
fortgeschritten wäre. Und so verhält es sich auch.<br />
Zweitens könnte sich die Nichtdefinierbarkeit auf eine bestimmte Theorie beziehen<br />
(siehe 3.3.), so daß innerhalb dieser Theorie der fragliche Ausdruck zwar nicht definierbar<br />
wäre, dafür aber in einer anderen, umfassenderen Theorie.<br />
Dieser Fall scheidet für die Theologie aus, weil sie noch nicht aus Theorien besteht<br />
bzw. keine Theorien enthält, zu denen die <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> in<br />
Beziehung gesetzt werden könnte. Bis solche Theorien entwickelt worden sein werden,<br />
muß die <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> vorläufig noch in Relation zum<br />
allgemeinen Vokabular der Umgangssprache gesehen werden. In bezug darauf ist<br />
aber jeder Ausdruck definierbar.<br />
Neben der temporären <strong>und</strong> relativen Nichtdefinierbarkeit kommt drittens die prinzipielle<br />
Nichtdefinierbarkeit vor. Und es hat den Anschein, daß dies in der Theologie
die Meinung der meisten ist, die sich betreffs Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong><br />
<strong>„Gott“</strong> geäußert haben.<br />
Es ist <strong>des</strong>halb gleich jetzt klar zu sagen, daß es eine prinzipielle Nichtdefinierbarkeit<br />
nicht gibt, auch dann nicht, wenn sie mit Hilfe theologischer Hypothesen hinsichtlich<br />
<strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> vertreten werden sollte.<br />
Prinzipielle Nichtdefinierbarkeit (bezüglich eines beliebigen Vokabulars) würde besagen,<br />
daß der betreffende Ausdruck in keinerlei intensionaler Beziehung zu anderen<br />
Ausdrücken stände <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb inkommunikabel wäre.<br />
Ferner kann eine <strong>Definierbarkeit</strong>sfrage am einfachsten durch Vorweisen einer <strong>Definition</strong><br />
erledigt werden, denn wofür eine <strong>Definition</strong> existiert, das ist auch definierbar.<br />
Da sogar mehrere <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong>, die bemerkenswerterweise in<br />
der Logik aufgestellt wurden, existieren (siehe 10.), steht jetzt schon fest, daß der<br />
Ausdruck <strong>„Gott“</strong> auf jeden Fall definierbar ist.<br />
1.1.4. Der vierte Gr<strong>und</strong> für das in 1.1. Gesagte besteht darin, daß das Problem gewöhnlich<br />
in einer vollkommen irreführenden (bzw. sinnlosen) Weise formuliert zu<br />
werden pflegt, nämlich als das Problem der sogenannten „<strong>Definierbarkeit</strong> Gottes“,<br />
anstatt, wie es allein sinnvoll heißen kann, der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong>.<br />
Denn <strong>Definition</strong>en beziehen sich auf sprachliche Ausdrücke <strong>und</strong> nicht auf außersprachliche<br />
Objekte.<br />
<strong>Definition</strong>en sind auch keine empirischen oder quasi-empirischen Beschreibungen<br />
(Deskriptionen) von Gegenständen, sondern Festlegungen oder Vereinbarungen über<br />
die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke. Und die Bedeutungen sprachlicher Ausdrükke<br />
sind nichts anderes als ebenfalls sprachliche Ausdrücke. 5 Insbesondere sind es<br />
weder außersprachliche Objekte 6 noch intelligible Entitäten 7 .<br />
Wegen der semantischen Relationalität sprachlicher Ausdrücke kann man für jeden<br />
beliebigen Ausdruck immer einen andern als <strong>des</strong>sen Bedeutung auszeichnen, so daß<br />
auch eine <strong>Definition</strong> im Prinzip immer möglich ist.<br />
1.1.5. Als fünfter Gr<strong>und</strong> fällt die Verquickung der <strong>Definierbarkeit</strong>sfrage mit der<br />
Frage nach der Erkennbarkeit Gottes auf, was jedoch ganz disparate Fragen sind.<br />
Denn die <strong>Definierbarkeit</strong> eines sprachlichen <strong>Ausdrucks</strong> hat nichts mit der empirischen<br />
Erkennbarkeit eines Objekts zu tun, auf welches sich der Ausdruck möglicherweise<br />
bezieht. Es sind durchaus auch Ausdrücke definierbar, die sich auf nicht erkennbare<br />
Objekte beziehen, z.B. auf fiktive, die gar nicht existieren:<br />
3<br />
5 Vgl. Eco, Umberto: Zeichen. Einführung in einen Begriff <strong>und</strong> seine Geschichte. Übers. v. Günter Memmert. Frankfurt/M.<br />
1977 (es 895), 171f.<br />
6 Vgl. ebd, 172-174; Quine, Willard Van Orman: Word and Object. Cambridge, Mass. 1979, 201.<br />
7 Vgl. Eco, aaO, 178; anders Güttgemanns, Erhardt: fragmenta semiotico-hermeneutica. Bonn 1983 (FThL 9), 41f,<br />
314, 316.
4<br />
„Einhorn“ = Df „pferdeähnliche Kreatur mit einem Horn auf der Stirn“<br />
Für diese <strong>Definition</strong> braucht die empirische Frage nicht berührt zu werden, ob es<br />
Einhörner überhaupt gibt. Die <strong>Definierbarkeit</strong> von „Einhorn“ ist ganz unabhängig<br />
von der Tatsache, daß Einhörner nicht existieren. Und was es nicht gibt, ist auch<br />
nicht erkennbar. Folglich ist es falsch zu behaupten, etwas sei nicht definierbar, weil<br />
es nicht erkennbar sei.<br />
So auch in bezug auf <strong>„Gott“</strong>. Die Frage nach der Erkennbarkeit Gottes spielt für die<br />
Frage nach der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> keine Rolle, da die <strong>Definierbarkeit</strong>sfrage<br />
ohne Rekurs auf jene Erkennbarkeitsfrage erledigt werden kann.<br />
Doch ist es überdies schon formal falsch, von Nichterkennbarkeit auf Nichtdefinierbarkeit<br />
zu schließen, weil eine Negation nichts zu erschließen erlaubt (de nihilo nihil<br />
fit).<br />
Als Ursache für die sachfremde Vermengung von <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> Erkennbarkeit<br />
ist anzusehen, daß zeitweilig ungerechtfertigte Forderungen an <strong>Definition</strong>en gestellt<br />
worden sind (siehe 5.), darunter die, daß <strong>Definition</strong>en „das Wesen“ von etwas ausdrücken<br />
müßten oder einen Gegenstand „objektiv widerspiegeln“. Bei der <strong>Definition</strong><br />
ist jedoch nicht auf derartige Annahmen der Metaphysik Rücksicht zu nehmen, sondern<br />
nur auf das, was logisch wirklich von Belang ist.<br />
1.1.6. Als (vorläufig) letzter Gr<strong>und</strong>, warum es mit „deus definiri nequit“ keinesfalls<br />
sein Bewenden haben kann, sind die tiefgreifenden Voreingenommenheiten zu nennen,<br />
die der Anwendung von <strong>Definition</strong>en in der Theologie überhaupt im Wege stehen.<br />
Von ihnen ist eine verhältnismäßig häufig auftauchende Variante die Fehleinschätzung,<br />
„daß Gott nicht in den Käfig einer <strong>Definition</strong> eingesperrt werden dürfe“. Entsprechend<br />
erscheint die <strong>Definition</strong> primär als „Gefahr“:<br />
„Alle <strong>Definition</strong>en stehen in der Gefahr, Gott zu begrenzen, denn 'definieren' heißt ja<br />
wörtlich übersetzt 'umgrenzen'.“ 8 „Wer Gott definiert, der stellt ihn fest, der macht<br />
ihn zu einem umgrenzten Gegenstand, zu einem Objekt.“ 9<br />
Eine angebliche Gefahr dieser Art zu wittern, kann nur dort möglich sein, wo das<br />
Ziel jeder <strong>Definition</strong>, „durch Näherbestimmung von Zeichen Verständigung zu erreichen<br />
oder zu verbessern“ 10 nicht bekannt ist oder unbegründet in Abrede gestellt<br />
wird.<br />
8 Zahrnt, Heinz: Wie können wir heute Gott erfahren? In: Blank, Josef u.a.: Gott-Frage <strong>und</strong> moderner Atheismus. Regensburg<br />
1972, 39.<br />
9 Ebd.<br />
10 Härle, Winfried: Systematische Philosophie. Eine Einführung für Theologiestudenten. München, Mainz 1982 (studium<br />
theologie; 6), 22.
Zwar heißt „definire“ auf Deutsch u.a. „abgrenzen“, aber einen Eindruck vom Funktionieren<br />
der <strong>Definition</strong> gewinnt man nicht dadurch, daß man das Wort „<strong>Definition</strong>“<br />
einfach übersetzt. Das wäre das gleiche Vorgehen, wie wenn man sich ein Verständnis<br />
der Mathematik durch bloßes Übersetzen <strong>des</strong> Wortes „Mathematik“ zu verschaffen<br />
hoffte.<br />
Eine <strong>Definition</strong> kann nur den Bedeutungsbereich sprachlicher Ausdrücke abgrenzen,<br />
d.h. bestimmte, zweckmäßig erscheinende Ausdrücke, die Elemente dieses Bereichs<br />
sind, auszeichnen, sie kann jedoch keine außersprachlichen Objekte „begrenzen“,<br />
„feststellen“ oder „zu umgrenzten Gegenständen machen“. Und eine <strong>Definition</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> könnte schon von vornherein gar nicht Gott begrenzen, sondern<br />
nur die opake Menge der vagen Bedeutungen <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong>.<br />
So ist die in den Zitaten beschworene Gefahr eine sowohl gänzlich unberechtigte wie<br />
völlig fehlgeleitete Befürchtung; abgesehen davon, daß es auch theologisch außerordentlich<br />
befremdet, wenn eine rein sprachliche Operation wie die <strong>Definition</strong> in der<br />
Weise ins Abträgliche gebracht werden soll, daß ihr unterschoben wird, an Gott<br />
selbst beeinträchtigende Handlungen vollziehen zu können.<br />
Eine noch schwerwiegendere Fehlorientierung ist demgegenüber die, daß nicht nur<br />
die <strong>Definition</strong> als spezielle Form sprachlichen Operierens für theologisch „inadäquat“<br />
hingestellt, sondern die Sprache generell, was Gott anbelangt, als leistungsuntauglich<br />
abgewertet wird. Zwei entsprechende Äußerungen lauten z.B.:<br />
„Das Reden über Gott scheint die Möglichkeiten der Sprache zu überfordern.“ 11<br />
„Man mag sich das zunächst daran verdeutlichen, daß die Sprachstruktur nicht den<br />
Anforderungen entspricht, die vom Gottesgedanken her für Aussagen über Gott erhoben<br />
werden.“ 12<br />
Daß ausgerechnet vom Gottesgedanken her, der doch gemäß „deus definiri nequit“<br />
die dafür notwendige definitorische Klarheit quasi programmatisch vermissen läßt,<br />
über die Möglichkeiten der Sprache <strong>und</strong> über Anforderungen an Aussagen über Gott<br />
geurteilt wird, ist eine ganz absurde Vorstellung. Man kann nicht die Sprachmöglichkeiten<br />
vom Gottesgedanken her für beschränkt erklären, wenn man denselben Gedanken<br />
sprachlich in eine intersubjektiv-mitteilbare, eindeutige, überzeugende <strong>und</strong><br />
glaubwürdige Gestalt bringen will.<br />
Der Gottesgedanke, wie jeder beliebige andere Gedanke, existiert nur sprachlich ausgedrückt.<br />
Indem er aber sprachlich ausgedrückt ist, unterliegt er seinerseits den Anforderungen<br />
der Sprachstruktur. Nur dadurch erhält er erst kommunikativen Wert,<br />
wird diskutabel <strong>und</strong> präzisierbar.<br />
5<br />
11 Ebeling, Gerhard: Dogmatik <strong>des</strong> christlichen Glaubens. I: Prolegomena. Erster Teil: Der Glaube an Gott den Schöpfer<br />
der Welt. 1979, 160.<br />
12 Ebd.
6<br />
„Alles was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles was<br />
sich aussprechen läßt, läßt sich klar aussprechen.“ 13<br />
Die erste Anforderung, die für Aussagen über Gott erhoben werden muß, ist Klarheit<br />
über das Wort <strong>„Gott“</strong>, d.h. über die logische Syntax <strong>und</strong> Semantik dieses <strong>Ausdrucks</strong>.<br />
Während die erste Aufgabe als gelöst betrachtet werden kann, 14 ist die zweite noch<br />
weit von einer befriedigenden Lösung entfernt. Dies ist umso nachteiliger, als alles<br />
Reden über Gott höchstens so klar ist, wie der theologische Zentralterminus selbst.<br />
Von einer effektiven Lösung <strong>des</strong> Problems der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Definition</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> kann <strong>des</strong>halb nicht mehr, wie bisher ignorierend, abgesehen werden.<br />
Nicht die Möglichkeiten der Sprache sind es, die theologisch unzureichend wären,<br />
vielmehr ist die theologische Anwendung der vorhandenen, vor allem präzisierenden<br />
Möglichkeiten der Sprache, darunter der <strong>Definition</strong>, unzulänglich, besonders hinsichtlich<br />
der Genauigkeit, Widerspruchsfreiheit <strong>und</strong> Kohärenz. Und die Möglichkeiten<br />
der Sprache können nicht vom Gottesgedanken her bestimmt werden, sondern<br />
nur von Sprachlogik, Linguistik <strong>und</strong> Semiotik.<br />
1.2. Die Behauptung der Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> verweist,<br />
außer daß sie an den vorgenannten zersetzenden Gr<strong>und</strong>schwächen leidet, auch auf<br />
eine Art Theologieverfall. Sie beinhaltet nämlich, in ihrer herkömmlichen Form mit<br />
der traditionellen thomasischen Begründung (deus non habet genus, neque differentias<br />
15 ) (siehe 6.3. <strong>und</strong> 7.) versehen, wie in 8. bewiesen werden wird, das atheistische<br />
Votum.<br />
Darüber hinaus erweist sich die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung, einschließlich jener<br />
Begründung, als unverträglich sowohl mit Aussagen wie z.B.: „Es gibt genau einen<br />
Gott.“, als auch mit Aussagen der Form „Gott ist ...“, wo irgendetwas von Gott<br />
prädiziert wird. Diese Unverträglichkeit bezieht sich aber nicht nur auf Widersprüche,<br />
die, von der Nichtdefinierbarkeitsbehauptung verursacht, zwischen ihr <strong>und</strong> den<br />
anderen, soeben angedeuteten Aussagen bestehen, sondern besagt, daß Aussagen<br />
über Gott nicht einmal formulierbar sind, wenn die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung<br />
gleichzeitig beibehalten wird. Hieraus ist die Alternative ableitbar: Entweder die<br />
Nichtdefinierbarkeitsbehauptung oder die Aussagen über Gott, aber nicht bei<strong>des</strong> zugleich.<br />
Es werden hier also zwei wesentliche Vorwürfe vorgetragen; daß die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung<br />
eine atheistische Behauptung darstellt, <strong>und</strong> daß sie <strong>des</strong> weiteren<br />
(nicht <strong>des</strong>wegen) die meisten der gewöhnlich für theologisch geltenden Aussagen<br />
nicht zu formulieren gestattet.<br />
13 Wittgenstein, TLP 4.116.<br />
14 <strong>Zimmer</strong>, C.: „Deus“. Logische Syntax <strong>und</strong> Semantik. Bonn 1991 (FThL 20).<br />
15 Thomas von Aquin, ST 1 qu 3 ar 5 co.
Diese beiden Sachverhalte verdienen großes systematisches Interesse (abgesehen<br />
vom historischen) angesichts <strong>des</strong>sen, daß an der Nichtdefinierbarkeitsbehauptung<br />
jahrh<strong>und</strong>ertelang bis heute offenbar gleichbleibend festgehalten wurde, ungeachtet<br />
ihrer Falschheit, <strong>und</strong> unabhängig davon, welche spezielle Metaphysik in der Theologie<br />
gerade Mode war. Es will daher scheinen, daß die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung<br />
ein theologischer F<strong>und</strong>amentalfehler ist.<br />
1.3. Obgleich die Eliminierung <strong>des</strong> Unrichtigen, wie es sich bei „deus definiri nequit“<br />
als unumgänglich herausstellt, an sich schon positiv einschlägt, wird hier, um<br />
überdies dem konstruktiven Prinzip zu genügen, die Untersuchung mit der Darlegung<br />
weitergeführt, was unternommen werden muß, damit der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> seiner<br />
tatsächlichen Rolle in der Theologie entsprechend so verwendet werden kann,<br />
daß er auch wirklich für den Aufbau von Theorien geeignet ist (siehe 9.).<br />
Bei der hinlänglichen Begründung <strong>des</strong> in 1.1. Gesagten wird somit nicht stehengeblieben,<br />
sondern ein Ausweg gezeigt, dank welchem die Alternative aus 1.2., die<br />
vielleicht als fatal empf<strong>und</strong>en werden mag, nicht als die letzte Möglichkeit übrig<br />
bleibt.<br />
Auf diesen Ausweg Hindeuten<strong>des</strong> enthält die überaus wichtige Tatsache, daß der<br />
Ausdruck <strong>„Gott“</strong> logisch als normales Prädikat fungiert 16 . Es ist klar, daß dies auch in<br />
den vorgestellten <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> gebührend Berücksichtigung<br />
gef<strong>und</strong>en hat (siehe 10.).<br />
7<br />
2. Die theologische Relevanz der <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
2.1. Die theologische Relevanz der <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> läßt sich an<br />
zwei kaum zu überschätzenden Vorteilen wahrnehmen, die mit einer <strong>Definition</strong> immer<br />
gegeben sind: Überwindung intensionaler Vagheit <strong>und</strong> Theorienbezug. Diese<br />
beiden Vorteile, um derentwillen jede <strong>Definition</strong> aufgestellt wird, erfordern, besonders<br />
wegen ihrer Unverzichtbarkeit, in ihrer ganzen Wertigkeit <strong>und</strong> Tragweite deutlich<br />
gemacht zu werden; <strong>und</strong> dies umso mehr, als das Bewußtsein von diesen Vorteilen<br />
aufgr<strong>und</strong> nachteiliger, alogischer Einflüsse in der Theologie nicht in wünschenswertem<br />
Maße entwickelt ist.<br />
2.1.1. Unter intensionaler Vagheit eines <strong>Ausdrucks</strong> ist zu verstehen, daß eine <strong>Definition</strong><br />
dieses <strong>Ausdrucks</strong> fehlt <strong>und</strong> sich statt ihrer eine Menge heterogener Bedeutungselemente,<br />
die promiscue verwendet werden, in Umlauf befindet.<br />
Das wird z.B. durch die folgende rhapsodische Liste der sogenannten „Intentionen“<br />
<strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> illustriert, vor allem da mit Hilfe dieser Liste die intensionale<br />
Vagheit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> schon als dogmatische Lehre vorgetragen worden ist:<br />
16 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, aaO, 79-87.
8<br />
(1) Causa sui;<br />
(2) Quo maius cogitari nequit;<br />
(3) Wozu man sich versehen soll alles Guten <strong>und</strong> Zuflucht haben in allen Nöten;<br />
(4) Schlechthinniges Abhängigkeitsgefühl – schlechthinnige Ursächlichkeit;<br />
(5) Was den Menschen letztlich angeht;<br />
(6) Die alles bestimmende Wirklichkeit – das ganz Andere;<br />
(7) Das Geheimnis der Wirklichkeit. 17<br />
Diese „Intentionen“ mögen vielleicht so verstanden werden, daß es sich mehr um Intentionen<br />
eines Menschen handelt, die er beim Aussprechen <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> eventuell<br />
hat, etwa derart, daß er von (1) bis (7) eigentlich auszusprechen intendiert, in<br />
Wirklichkeit jedoch <strong>„Gott“</strong> sagt.<br />
Vielleicht sind aber gar nicht Intentionen beabsichtigt, sondern Intensionen. Doch<br />
auch das will nicht ohne weiteres passen, denn die Intension <strong>des</strong> Prädikats <strong>„Gott“</strong> ist<br />
ja die Eigenschaft, Gott zu sein.<br />
Immerhin kann man es sich aber auch so denken, daß (1) bis (7) gewisse Näherbestimmungen<br />
(oder möglicherweise sogar Synonyme oder Äquivalente) der Intension<br />
von <strong>„Gott“</strong> sein sollen. Unter diesem Aspekt stellen sie eine ziemlich willkürliche<br />
Auswahl dar, die sich, ohne daß man in derselben Tradition lange suchen muß, sehr<br />
leicht vervielfachen läßt.<br />
Was dabei den augenfälligen Mangel ausmacht, ist jedoch weniger dies, sondern der<br />
Sachverhalt, daß (1) bis (7) untereinander unvereinbar sind. Daher bereits können sie<br />
nicht alle Bestimmungen <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> sein. Denn diese Angaben lassen sich<br />
beim besten Willen nicht zugleich als Erklärung ein <strong>und</strong> derselben Intension interpretieren.<br />
Der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> ist also <strong>des</strong>wegen intensional vage, weil seine Intension nicht<br />
eindeutig bestimmt ist, <strong>und</strong> weil eine konventionell festgelegte Bedeutung dieses<br />
<strong>Ausdrucks</strong> nicht vereinbart wurde.<br />
Hingegen werden min<strong>des</strong>tens sieben verschiedene, teils inkompatible, teils unvereinbare,<br />
teils kontradiktorische <strong>und</strong> einander ausschließende Angaben, die entweder<br />
konkurrieren oder gar für komplementär gehalten werden, dem Interessenten dargeboten,<br />
der sich sowohl das seinem Geschmack nach Bevorzugte wahlweise aussuchen<br />
kann, um je nach Opportunität bald das eine, bald das andere als angebliche Bedeutung<br />
<strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> in Anspruch zu nehmen, als auch das ganze, aus den widerstreitendsten<br />
Elementen Konglutinierte insgesamt beizuziehen, je nachdem, wie<br />
es gerade passend scheint.<br />
Daß diese Situation nicht hingenommen werden kann, sondern einer gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Neuorientierung bedarf, ist eine intuitive Rechtfertigung, die <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> Aus-<br />
17 Vgl. Ebeling, aaO, 184-187.
9<br />
drucks <strong>„Gott“</strong> konsequent in Angriff zu nehmen.<br />
Zuerst muß aber noch gezeigt werden, wie es sich mit der Unvereinbarkeit von (1)<br />
bis (7) untereinander <strong>und</strong> in bezug auf <strong>„Gott“</strong> im einzelnen verhält.<br />
2.1.1.1. Für eine Klärung <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> scheidet (7), offenbar zur Okkulttheologie<br />
gehörig, von vornherein aus.<br />
Für alle weiteren Bestimmungen gilt, daß sie mit dem Prädikat <strong>„Gott“</strong> min<strong>des</strong>tens<br />
extensionsgleich sein müssen, d.h. <strong>„Gott“</strong> <strong>und</strong> die anderen prädikativen Angaben<br />
müssen auf dasselbe zutreffen, wenn sie bezüglich ein <strong>und</strong> <strong>des</strong>selben Gegenstan<strong>des</strong><br />
intensional verglichen werden sollen. Andernfalls wären es verschiedene Prädikate,<br />
die auf Verschiedenes zutreffen, <strong>und</strong> daher keine Möglichkeit ergeben, eine wie auch<br />
immer geartete intensionale Beziehung zwischen verschiedenen Prädikaten mit derselben<br />
Extension herzustellen.<br />
Das sieht man sofort bei (4), da das Prädikat „schlechthinniges Abhängigkeitsgefühl“<br />
nicht auf dasselbe zutrifft wie das Prädikat <strong>„Gott“</strong>; denn jenes soll ja auf einige<br />
Menschen zutreffen, dieses aber auf Gott. Folglich ist (4) extensionsverschieden, <strong>und</strong><br />
was extensionsverschieden ist, das ist auch intensionsverschieden, <strong>und</strong> damit bezüglich<br />
<strong>„Gott“</strong> unvereinbar.<br />
Genauso verhält es sich mit (5) <strong>und</strong> (3), wobei man sich bei (3) fragt, ob es sich nicht<br />
um eine Konjunktion zweier extensionsverschiedener Prädikate handelt. Das erste<br />
Konjunktionsglied von (3) ist auf jeden Fall analog zu (4) zu verstehen, das zweite<br />
notfalls als mit <strong>„Gott“</strong> extensionsgleich. Damit aber ist die Konjunktion insgesamt<br />
falsch <strong>und</strong> unvereinbar.<br />
„Die alles bestimmende Wirklichkeit“ sei, wie behauptet wird, als „unvollständige<br />
Nominaldefinition“ aufzufassen. 18 Das kann jedoch keineswegs der Fall sein, weil<br />
„die alles bestimmende Wirklichkeit“ widersprüchlich ist. Der Gesichtspunkt der<br />
„unvollständigen Nominaldefinition“, so unklar er in diesem Zusammenhang auch<br />
ist, kann <strong>des</strong>halb hier zunächst beiseite gelassen werden.<br />
Die Widersprüchlichkeit, rein quantorenlogisch gezeigt (daneben wäre es auch mengentheoretisch<br />
möglich, nach Analogie der Paradoxie von B. Russell), erkennt man<br />
leicht wie folgt:<br />
(6.1.) Die alles bestimmende Wirklichkeit soll so verstanden werden, daß alles von<br />
dieser Wirklichkeit bestimmt ist, <strong>und</strong> diese Wirklichkeit von nichts anderem bestimmt<br />
wird, außer von sich selbst. 19<br />
Es seien x <strong>und</strong> y Wirklichkeiten bezüglich <strong>des</strong> universalen Bereichs (für alles).<br />
Daß x alles andere bestimmt, würde mit dem betreffenden zweistelligen Prädikat D<br />
18 Pannenberg, Wolfhart: Wissenschaftstheorie <strong>und</strong> Theologie. Frankfurt/M. 1973, 304f.<br />
19 Vgl. ebd.
10<br />
lauten:<br />
(6.2.) Λx Λy Dxy<br />
Den Annahmen in (6.1.) gemäß soll zwar x y bestimmen, nicht aber y x; die Konverse<br />
soll also falsch sein:<br />
(6.3.) Λx Λy (Dxy → ¬ Dyx)<br />
Ferner wird verlangt, daß x nur durch sich selbst bestimmt wird:<br />
(6.4.) Λx Dxx<br />
Es ist mühelos zu sehen, daß es sich bei (6.3.) um eine asymmetrische Relation handelt,<br />
bei (6.4.) dagegen um eine reflexive. Eine asymmetrische Relation impliziert<br />
aber nicht eine reflexive, sondern eine irreflexive; d.h. aus (6.3.) folgt nicht (6.4.),<br />
sondern die Negation von (6.4.):<br />
(6.5.) Λx Λy (Dxy → ¬ Dyx) ⇒ Λx Λy (Dyx → ¬ Dxx ∧ ¬ Dyy)<br />
wegen der Äquivalenz<br />
(6.6.) Λx Dxx ≡ Λx Λy (Dxy → ¬ Dxx ∧ ¬ Dyy).<br />
Wenn man (6.3.) festhalten will, kann man nicht gleichzeitig (6.4.) behaupten, denn<br />
aufgr<strong>und</strong> von (6.3.) ist (6.4.) stets falsch. Von den Annahmen in (6.1.) muß folglich<br />
(6.4.) fallen gelassen werden, da die Vorstellung, daß die alles bestimmende Wirklichkeit<br />
auch sich selbst bestimme, die (1) ähnelt, mit (6.3.) nicht verträglich ist.<br />
Dieser Vorschlag wird gemacht, um von (6) wenigstens teilweise etwas zu retten.<br />
Man kommt damit in die Nähe der causa prima, die nicht mit den Widersprüchen von<br />
(6) <strong>und</strong> (1) behaftet ist, <strong>und</strong> so formuliert werden kann, daß sie sich als <strong>Definition</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> einführen läßt, wie in 10.2. explizit gezeigt werden wird.<br />
Aber (6) <strong>und</strong> (1) – für (1) ist der Nachweis ganz entsprechend – sind in dieser Form<br />
unhaltbar, weil jeweils Wahres <strong>und</strong> gleichzeitig Falsches behauptet wird. Und da<br />
„der Gottesgedanke an seinen eigenen Implikationen gemessen <strong>und</strong> geprüft“ werden<br />
soll, 20 ergibt sich, daß Gottesgedanken wie (6) <strong>und</strong> (1) jedenfalls inakzeptabel sind.<br />
Bleibt noch (2). Dies scheint von dem Vorgegebenen am ehesten einer <strong>Definition</strong><br />
<strong>des</strong> Prädikats <strong>„Gott“</strong> zugänglich zu sein, 21 vor allem <strong>des</strong>halb, weil diese Bestimmung<br />
einen quantitativ-metrischen Relationsbegriff (maius) enthält, 22 der mathematisch be-<br />
20 Vgl. ebd, 302, 335.<br />
21 Vgl. Henry, D. P.: Medieval Logic and Metaphysics. A Modern Introduction. London 1972, 113-117.<br />
22 Das Gegenteil behauptet Härle, aaO, 230.
11<br />
reits definiert ist (≻). Doch erfordert das eine eigene thematische Untersuchung. 23<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieses Überblicks genügt es noch nicht einmal, betreffs <strong>„Gott“</strong> nur von intensionaler<br />
Vagheit zu sprechen, denn es wird sogar Absur<strong>des</strong> mit dem Ausdruck<br />
<strong>„Gott“</strong> in Verbindung gebracht. Das entwertet die Liste als ganze, wofür folgende<br />
zwei Gründe ausschlaggebend sind:<br />
Erstens enthält sie Widersprüche wie (1) <strong>und</strong> (6). Dabei tritt verschärfend hinzu, daß<br />
diese Widersprüche in ihrem gemeinsamen Kern schon von Thomas von Aquin erkannt<br />
<strong>und</strong> ausgeschlossen worden sind (in seiner sec<strong>und</strong>a via). 24 Bereits im Mittelalter<br />
korrigierte Fehler werden hier also wieder neu aufgetischt.<br />
Zweitens geht es nicht an, sowohl extensionsverschiedene wie intensionsverschiedene<br />
Prädikate als „Intentionen“ <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> anzuführen. Das heißt einfach,<br />
Verschiedenes miteinander zu verwechseln.<br />
Wenn aber der Gebrauch <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong> so diffus ist, wie durch die Liste (1) bis<br />
(7) dokumentiert, <strong>und</strong> der Klarheit schon in einem ganz elementaren Sinn ermangelt,<br />
wie will man dann glaubhaft machen, was inhaltlich unter Verwendung dieses <strong>Ausdrucks</strong><br />
zu sagen ist? Dies zeigt auch, daß die Forderung nach Klarheit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong><br />
<strong>„Gott“</strong> <strong>und</strong> seiner <strong>Definition</strong> durchaus nicht erst dem speziell theoretischen Bedürfnis<br />
entspringt, sondern ebenso der religiösen Motivation <strong>und</strong> deren kommunikativen<br />
Erfordernissen.<br />
2.1.1.2. Um jene Liste trotzdem nicht voreilig aufzugeben, wird noch probiert, ob<br />
sich einige Angaben nicht vielleicht als Bedeutungspostulate konstruieren lassen.<br />
Bedeutungspostulate 25 bieten nämlich die Möglichkeit, intendierte Bedeutungen, die<br />
ein Ausdruck haben soll, in der Form einer generalisierten Implikation so festzulegen,<br />
daß immer dann, wenn ein elementares Prädikat auf einen Gegenstand zutrifft,<br />
auch ein anderes Prädikat als postulierte Bedeutung <strong>des</strong> ersten zutrifft.<br />
Das Bedeutungspostulat<br />
(8) Λx (Gx → Hx)<br />
besagt somit, daß, wenn G (<strong>„Gott“</strong>) auf x zutrifft, auch H auf x zutrifft, wobei für H<br />
eins von (1) bis (7) oder die Konjunktion aller sieben substituierbar sein müßte.<br />
Für den Fall, daß die Konjunktion aller sieben eingesetzt wird, ergibt sich, daß (8)<br />
falsch wird, da die Konjunktion falsch ist aufgr<strong>und</strong> von (6), (1) <strong>und</strong> (3) (siehe<br />
23 <strong>Zimmer</strong>, C.: Logik der Ratio Anselmi.<br />
24 Vgl. Essler, Wilhelm K.: Einführung in die Logik. Stuttgart 2 1969 (KTA 381), 222f.<br />
25 Vgl. Carnap, Rudolf: Meaning Postulates. In: Philosophical Studies. 3. 1952, 65-73; deutsch in: Bedeutung <strong>und</strong> Notwendigkeit.<br />
Eine Studie zur Semantik <strong>und</strong> modalen Logik. Wien, New York 1972 (LEP 6), 278-288; Stegmüller,<br />
Wolfgang: Das Wahrheitsproblem <strong>und</strong> die Idee der Semantik. Eine Einführung in die Theorien von A. Tarski <strong>und</strong> R.<br />
Carnap. Wien, New York 2 1977, 304f; Kalish, Donald: Semantics. In: EncPh 7, 353.
12<br />
2.1.1.1.). Denn eine Konjunktion ist nur dann wahr, wenn alle Konjunktionsglieder<br />
wahr sind.<br />
Streicht man (6), (1) <strong>und</strong> (3) weg, die aus denselben Gründen auch einzeln für sich<br />
anstelle von H eingesetzt (8) falsch machen, so gilt für (4) <strong>und</strong> (5) (<strong>und</strong> ebenfalls für<br />
(3)), daß jeweils ihre Extensionsverschiedenheit bezüglich G nicht der Form <strong>des</strong> Bedeutungspostulats<br />
genügt. Nur wenn G <strong>und</strong> H <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Substitute auf dasselbe<br />
Objekt x zutreffen, kann eine Beziehung der intendierten Art vorliegen. Doch das ist<br />
nicht der Fall, da (3), (4) <strong>und</strong> (5) eventuell auf Menschen zutreffen, aber nicht auf<br />
dasselbe wie G.<br />
Für (2) scheint es sich bewerkstelligen zu lassen, daß es möglicherweise über den<br />
Umweg als Kennzeichnungsprädikat auf die Form von (8) gebracht werden kann.<br />
(7) entfällt, weil es rational nicht rekonstruierbar ist.<br />
Da mit Ausnahme von (2) die Angaben jener Liste nicht einmal als Bedeutungspostulate<br />
eingerichtet werden können, was in semantischer Hinsicht schon ein Entgegenkommen<br />
ist, kann von einem semantischem Verhältnis zu dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong><br />
nicht im Ernst die Rede sein. Daß diese Angaben etwas mit der Bedeutung <strong>des</strong> Wortes<br />
<strong>„Gott“</strong> zu tun hätten, stimmt damit eindeutig nicht. Eine theologische Verwendung<br />
kann ihnen damit auch nicht zugebilligt werden.<br />
2.1.2. Die intensionale Vagheit, verstanden als Unbestimmtheit der Intension, ist<br />
anhand der zitierten Liste (siehe 2.1.1.), die das Wort <strong>„Gott“</strong> betreffen sollte, nur illustriert<br />
worden, so daß der täuschende Eindruck entstehen könnte, als würde sich<br />
das semantische Problem der Vagheit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> bloß aufgr<strong>und</strong> jener Liste<br />
ergeben, <strong>und</strong> daß man, wenn man die Liste korrigiert, auch das Problem gelöst<br />
hätte. Doch das ist bei weitem nicht so. Vielmehr deutet die Aufstellung einer solchen<br />
Liste auf einen ungleich umfangreicheren Vagheitskomplex hin, von dem sie<br />
nur einen quantitativ geringfügigen Ausschnitt darstellt.<br />
Um dies etwas deutlicher zu erklären, sei eine historische Bedeutungsanalyse gegeben,<br />
die etymologisch, lexikalisch, begriffsgeschichtlich erfaßt, wie der Ausdruck<br />
<strong>„Gott“</strong> jeweils aufgefaßt <strong>und</strong> verwendet worden ist, die den Sprachgebrauch in theologischen<br />
Kontexten berücksichtigt <strong>und</strong> wiedergibt. Im Unterschied zu den Beschreibungen<br />
<strong>des</strong> Sprachgebrauchs, die ausführlich in einschlägigen Monographien, Lexika<br />
<strong>und</strong> Wörterbüchern vorliegen, soll es hier so gedacht sein, daß listenartig alle Lexeme<br />
aufgereiht werden, die man als Bedeutungen <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> angegeben<br />
hat. Es interessiert dabei nicht, aus welchen Gründen ein Autor an einer bestimmten<br />
Stelle einen Ausdruck intensional zugeordnet hat. Ebensowenig interessiert im Moment,<br />
welche Lexeme oder Fügungen als Bedeutungen im einzelnen aufzuzählen wären.<br />
Nur das ist jetzt von Belang, daß es so<strong>und</strong>so viele verschiedene Ausdrücke sind,<br />
wobei deren Anzahl k sei. Man erhält auf diese Weise ein Bild der folgenden Art:
13<br />
I 1<br />
I 2<br />
G I 3<br />
.<br />
.<br />
.<br />
I k<br />
Die G bedeutungsmäßig zugeordneten Ausdrücke, die sich im betrachteten Spektrum<br />
finden (unter denen dann auch (1) bis (7) an gewissen Stellen wieder auftauchen<br />
müssen), sind unter Weglassung von Mehrfachvorkommen durchnumeriert. Welche<br />
Beträge k annehmen kann, je nach Abgrenzung <strong>des</strong> zugr<strong>und</strong>eliegenden Materials, ist<br />
nicht so wichtig. Wegen der Progressivität der Semiose 26 nimmt k aber weiter zu.<br />
Da I 1 , I 2 , I 3 ... I k die Intension von G betreffen, könnte man sie in gewissem Sinne zur<br />
Intensionsklasse <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> zusammenfassen, wenn klar ist, daß diese<br />
Klasse als Elemente Ausdrücke enthält, von denen es heißt, es seien Bedeutungen<br />
von <strong>„Gott“</strong>. Mit dieser Klasse gewinnt man ein Abbild intensionaler Vagheit.<br />
Die Lage spitzt sich jetzt noch einmal zu, da es sich bei dieser Intensionsklasse um<br />
eine Fuzzy-Menge handelt, d.h. um eine Klasse, deren Elemente der Anzahl nach unbestimmt<br />
bzw. unscharf sind, also nicht vollständig <strong>und</strong> abschließend angeführt werden<br />
können. Die Unschärfe läßt sich zum einen daran erkennen, daß über die Zugehörigkeit<br />
nicht weniger intensionaler Ausdrücke zu dieser Klasse keine Einhelligkeit<br />
besteht. Z.B. ist offenk<strong>und</strong>ig, daß die Zugehörigkeit von „das Woher meines Umgetriebenseins“<br />
teils bejaht, teils verneint wird, oder daß über die Elementschaft von<br />
„die Tiefe <strong>des</strong> Seins“ <strong>und</strong> weiterer Phrasen kontrovers geurteilt wird. Selbst über die<br />
sieben Angaben der oben erwähnten Liste besteht diesbezüglich durchaus keine<br />
Übereinstimmung.<br />
Einerseits kann die Unschärfe durch den Konsensmangel hinsichtlich der Elementschaft<br />
gewisser Ausdrücke interpretiert werden, andererseits aber kommt sie in viel<br />
gr<strong>und</strong>legenderer Weise durch die prinzipielle Unabgeschlossenheit <strong>des</strong> intensionalen<br />
Zuordnungsprozesses zustande. Indem immer neue Ausdrücke als Bedeutungen etabliert<br />
werden, vollzieht sich ein Prozeß fortlaufender bedeutungsmäßiger Zuordnungen,<br />
der ein Teilprozeß der unbegrenzten Semiose 27 ist. Diesem semiotischen Tatbestand<br />
entspricht die Relativität jeder Bedeutung, eine Relativität, die der historischen<br />
Relativität zugr<strong>und</strong>eliegt <strong>und</strong> diese erst ermöglicht.<br />
26 Vgl. Eco, aaO, 168, 173.<br />
27 Vgl. ebd, 73.
14<br />
2.2. Unbegrenzte Semiose gehört zur Natur der Sprache. Eine Entwicklung wäre<br />
sonst ausgeschlossen. Das Entstehen intensionaler Vagheit ist <strong>des</strong>wegen auf den Prozeß<br />
der Semiose oder allgemein auf die semiotische Praxis 28 zurückzuführen. Und insofern<br />
ist intensionale Vagheit Ausdruck sprachlicher Entwicklung.<br />
Innerhalb dieser gesamtsemiotischen Entwicklung haben aber die partiellen Kommunikationseinheiten,<br />
die sich u.a. temporär abgrenzen lassen, einen relativen Bestand,<br />
d.h. sie verändern sich nicht permanent oder kontinuierlich, sondern stellen diskrete<br />
Zustände dar, deren relativer Bestand durch Konvention in Form von semiotischen<br />
Co<strong>des</strong> gewährleistet wird.<br />
Ein Ausdruck hat nur aufgr<strong>und</strong> der Konvention eines Co<strong>des</strong> überhaupt Bedeutung. 29<br />
Denn die Zuordnung verschiedener Ausdrücke, von denen üblicherweise gesagt<br />
wird, der eine sei die Bedeutung <strong>des</strong> andern, erfolgt durch eine konventionelle Entscheidung,<br />
die den Code repräsentiert. Innerhalb eines Co<strong>des</strong>ystems, dem konventionalisierten<br />
System metasprachlicher Regeln, 30 <strong>und</strong> damit innerhalb der Sprache, ist<br />
die Konvention gr<strong>und</strong>legend.<br />
Die gr<strong>und</strong>legende Rolle der Konvention für den Kommunikationsprozeß kann man<br />
am besten so erklären, daß ohne Konvention, ohne welche es weder Zeichen noch<br />
Sprache gibt, auch keinerlei Kommunikation vorsichgeht.<br />
Die Zuordnung zwischen Signifikant <strong>und</strong> Signifikat als syntaktische oder semantische<br />
Funktion, die aufgr<strong>und</strong> konventioneller Festlegung geschieht, charakterisiert<br />
sowohl den Code als auch die <strong>Definition</strong>, so daß die <strong>Definition</strong> als logische Formulierung<br />
semiotischer Co<strong>des</strong> aufgefaßt werden kann.<br />
Im Prozeß der Semiose sind Co<strong>des</strong> <strong>und</strong> <strong>Definition</strong>en diejenigen Elemente, welche<br />
die relative Beständigkeit abgrenzbarer Kommunikationseinheiten nach Umfang <strong>und</strong><br />
Zeitraum bewirken <strong>und</strong> garantieren. Sie ermöglichen <strong>des</strong>halb diskrete Zustände im<br />
Fluß der Semiose, weil Konventionen solange unverändert gelten, wie sie eingehalten<br />
werden. Eine einmal getroffene konventionelle Vereinbarung selbst ändert sich<br />
nicht, sie kann nur durch eine neue Konvention abgelöst werden, die wiederum einen<br />
Zustand von relativer Dauer schafft.<br />
2.2.1. Für das Funktionieren von Kommunikation ist es nicht immer nötig, daß jede<br />
Einzelkonvention vollständig <strong>und</strong> explizit formuliert erscheint. Häufig genügt schon,<br />
daß die Konvention nur teilweise expliziert wird, um diejenigen Zeichen zu kodifizieren,<br />
mit deren Hilfe die Verständigung stattfinden soll.<br />
Die Wahrscheinlichkeit von Mißverständnissen sinkt aber in dem Maße, in dem jede<br />
Konvention eine vollständig-explizite Form erhält. Diese vollständig-explizite Form<br />
28 Vgl. ebd, 189.<br />
29 Vgl. ebd, 167, 170f; von Savigny, Eike: Zum Begriff der Sprache. Konvention, Bedeutung, Zeichen. 1983 (UTB<br />
7997 [4]), 17-33, 197-244.<br />
30 Vgl. Eco, aaO, 184.
15<br />
der Konvention läßt sich in vielen Fällen als <strong>Definition</strong> formulieren.<br />
In der Sprache kommen <strong>Definition</strong>en weitaus häufiger vor als vielleicht vermutet<br />
wird, obgleich dies nur <strong>des</strong>wegen nicht immer wahrgenommen wird, weil viele <strong>Definition</strong>en<br />
aus Abkürzungsgründen nicht vollständig ausgeschrieben bzw. artikuliert<br />
werden, ohne daß dies jedoch den Konventionscharakter oder den <strong>Definition</strong>sgesichtspunkt<br />
beeinträchtigen müßte.<br />
So stellt z.B. das Vokabular der deutschen Sprache, wie es im Duden steht, unter<br />
syntaktischem Aspekt die Menge der definierten Buchstabenkombinationen dar.<br />
Denn das Vokabular umfaßt nicht jede beliebige Buchstabenkombination, sondern<br />
nur diejenigen, die als „Wörter“ definiert sind. Die Dudeneintragungen sind <strong>des</strong>halb<br />
als <strong>Definition</strong>en zu verstehen. Sie legen aufgr<strong>und</strong> der Konvention <strong>des</strong> Deutschen<br />
fest, welche Reihenfolgen von Buchstaben als Wörter gelten. Dabei ist aber nur die<br />
Hälfte der <strong>Definition</strong> jeweils ausgedruckt, das Definiens, während das Definiendum<br />
aus Gründen der Kürze <strong>und</strong> Übersichtlichkeit weggelassen ist. Vollständig sähe der<br />
Eintrag „laufen“ beispielsweise so aus:<br />
„L“, „a“, „u“, „f“, „e“, „n“ = Df „laufen“<br />
Dieses syntaktische Beispiel, das die elementare Rolle der <strong>Definition</strong> für die Sprache<br />
augenscheinlich macht, indem es darauf verweist, daß aus einem Alphabet erst durch<br />
konventionelle Kodifizierung von Art <strong>und</strong> Reihenfolge der Zeichen ein Vokabular<br />
entsteht, besagt bezüglich der <strong>Definition</strong> nichts anderes als die öfter beigezogenen<br />
semantischen Beispiele, wie etwa das häufig benutzte folgende verdeutlicht:<br />
„Unverheirateter Mann“ = Df „Junggeselle“<br />
Die Form der <strong>Definition</strong> ... = Df --- (siehe 4.1.) ist in beiden Fällen dieselbe, unabhängig<br />
davon, ob der Sachverhalt syntaktischer oder semantischer Natur ist. Die <strong>Definition</strong><br />
ist daher nicht auf ein ausschließlich semantisches Verhältnis einzuschränken, 31<br />
wenn auch die semantischen Beziehungen den Hauptbereich ihrer Anwendungen bilden.<br />
2.2.2. Vom semiotischen Gesichtspunkt aus fungiert die <strong>Definition</strong> als Kommunikationskonstituens.<br />
Zwar muß diese Funktion hinsichtlich der Alltagssprache meist<br />
erst durch linguistische <strong>und</strong> logische Analyse expliziert werden, doch ändert dies<br />
nichts daran, daß diese Funktion vorliegt. Die <strong>Definition</strong> ist demnach eine allgemeinsprachliche<br />
Elementarrelation, auch der nonverbalen Kommunikation, weil sie syntaktisch<br />
Zeichen konstituiert 32 <strong>und</strong> semantisch Bedeutung.<br />
Vom kommunikativen Gesichtspunkt aus gewährleistet die <strong>Definition</strong> methodisch<br />
Klarheit <strong>und</strong> Präzision, indem sie Eindeutigkeit <strong>des</strong> sprachlichen Materials herstellt.<br />
31 Vgl. ebd, 183.<br />
32 Vgl. Härle, aaO, 24.
16<br />
Klarheit <strong>und</strong> Präzision, obwohl sie selbst einen hohen ästhetischen Wert haben, sind<br />
aber auch keine letzten Zwecke. Sie dienen einfach der Verständigung <strong>und</strong> sind <strong>des</strong>halb<br />
im eigentlichen Sinne kommunikationsfördernd, in der Situation intensionaler<br />
Vagheit aber kommunikationskonstituierend. Denn in diffuser sprachlicher Unklarheit<br />
ist keinerlei Verständigung möglich.<br />
Hieraus läßt sich bereits folgern, daß die Ablehnung der <strong>Definition</strong>, wie sie sich in<br />
der Nichtdefinierbarkeitstheologie bemerkbar macht, einer kommunikationsstörenden<br />
Haltung gleichkommt.<br />
2.3. Die theologische Relevanz der <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> deutet sich<br />
inzwischen an durch den Hinweis auf die Relevanz, die die <strong>Definition</strong> für die Sprache<br />
im allgemeinen hat (siehe 2.2., 2.2.1. <strong>und</strong> 2.2.2.). Denn was in dieser Hinsicht<br />
gilt, kann theologisch nicht irrelevant sein.<br />
Die intensionale Vagheit (siehe 2.1.1. <strong>und</strong> 2.1.2.) bildet jetzt den speziellen Ansatzpunkt,<br />
da die Feststellung intensionaler Vagheit zur Forderung ihrer Überwindung<br />
führen muß. Dieser Forderung entspricht das <strong>Definition</strong>spostulat. Es besagt, daß ein<br />
Ausdruck definiert werden muß, weil er, bedeutungsmäßig verschwommen <strong>und</strong> in<br />
intensionaler Wucherung begriffen, die Verständigung behindert <strong>und</strong> sich zu theoretischen<br />
Zwecken nicht eignet.<br />
Nur die <strong>Definition</strong> ist eine wirkungsvolle Möglichkeit, der intensionalen Ausuferung<br />
zu begegnen <strong>und</strong> der so durch Bestimmungslosigkeit ermöglichten hermeneutischen<br />
Praxis assoziativen Bedeutungsverleihs ein Ende zu bereiten. Durch die <strong>Definition</strong><br />
wird ein der Kontrolle entschwinden<strong>des</strong>, dafür aber der Manipulation <strong>des</strong>to offenstehenderes<br />
Intensionsspektrum eines <strong>Ausdrucks</strong> zugunsten einer konventionell vereinbarten<br />
Bedeutung festgelegt. Der Zweck <strong>des</strong>sen besteht darin, die Verwendung eines<br />
<strong>Ausdrucks</strong> mit ein <strong>und</strong> derselben Bedeutung zu sichern. Damit wird nichts anderes<br />
verlangt, als daß der Ausdruck innerhalb eines Aussagenzusammenhangs intensional<br />
derselbe bleibt <strong>und</strong> Bedeutungsänderungen, die unter der Hand sehr leicht vonstatten<br />
gehen könnten <strong>und</strong> die Argumentation notwendig verfälschen, ausgeschlossen werden.<br />
Es ist auch unrichtig anzunehmen, daß „eine völlig einheitliche <strong>und</strong> umfassend gültige<br />
<strong>Definition</strong> <strong>des</strong> Gottesbegriffes <strong>des</strong>halb nicht möglich (ist), weil über ihn in der<br />
Vorstellungswelt der einzelnen Religionen unterschiedliche Anschauungen bestehen“<br />
33 . Für eine <strong>Definition</strong> einheitliche oder übereinstimmende Anschauungen über<br />
Gott vorauszusetzen, ist in keiner Weise berechtigt. Denn eine <strong>Definition</strong> wird nicht<br />
aufgr<strong>und</strong> gemeinsamer Anschauungen über einen Gegenstand aufgestellt – in diesem<br />
Fall wäre sie gar nicht nötig –, sondern wegen unterschiedlicher Anschauungen, um<br />
rational <strong>und</strong> überprüfbar über dasselbe sprechen zu können. Bleibt <strong>„Gott“</strong> <strong>und</strong>efiniert,<br />
dann kann mit Sicherheit gesagt werden, daß diese verschiedenen Anschauungen<br />
nicht dasselbe betreffen, sondern Verschiedenes. Um über x verschiedene An-<br />
33 Lanczkowski, Günter: Gott. I. In: TRE 13, 601.
schauungen haben zu können, muß min<strong>des</strong>tens klar sein, was unter x genau zu verstehen<br />
ist. Und daß über Gott anscheinend verschiedene Anschauungen bestehen,<br />
verlangt gerade umgekehrt eine <strong>Definition</strong> von <strong>„Gott“</strong>, sonst sind es nicht verschiedene<br />
Anschauungen über Gott, sondern verschiedene Anschauungen über offenbar<br />
verschiedene Gegenstände. Denn komparabel werden verschiedene Auffassungen<br />
erst durch einen gemeinsamen, klar bestimmten, definierten Bezugspunkt.<br />
Da verschiedene Anschauungen über etwas voraussetzen, dass dieses sprachlich als<br />
dasselbe repräsentiert ist, kann man wegen der intensionalen Vagheit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong><br />
<strong>„Gott“</strong> ziemlich leicht bestreiten, daß es über Gott verschiedene Auffassungen gibt.<br />
Es gibt zwar verschiedene Auffassungen, ob es aber verschiedene Auffassungen über<br />
Gott sind, müßte noch bewiesen werden. Dafür jedoch braucht man eine <strong>Definition</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong>.<br />
2.4. Aus dem Charakter der <strong>Definition</strong> als Festsetzung <strong>und</strong> Vereinbarung über<br />
sprachliche Ausdrücke erhellt ganz unmittelbar ihre Relevanz für Konsensbildungen,<br />
zumal eine <strong>Definition</strong> selbst schon einen Elementarkonsens darstellt. Ohne Klarheit<br />
über das sprachliche Material gibt es keinen Konsens, <strong>und</strong> da <strong>Definition</strong>en diese<br />
Klarheit herstellen, gibt es einen Konsens auch nicht ohne <strong>Definition</strong>en.<br />
Der Bezug zu ökumenischen Konsensbestrebungen ist damit offensichtlich. Zwar<br />
machen <strong>Definition</strong>en allein noch keinen ökumenischen Konsens aus, aber ein solcher<br />
Konsens ohne <strong>Definition</strong>en ist unerreichbar, weil <strong>Definition</strong>en notwendige Elemente<br />
von Konsens sind.<br />
Es ist <strong>des</strong>halb nicht übertrieben zu sagen, daß der Fortschritt der ökumenischen Konsensbestrebungen<br />
wesentlich davon abhängt, ob die <strong>Definition</strong> als Strukturelement<br />
von Konsens erkannt wird <strong>und</strong> in Anwendung gelangt. Umgekehrt leuchtet ohne<br />
weiteres ein, daß dort, wo <strong>Definition</strong>en abgelehnt werden, erst recht kein Konsens, ja<br />
nicht einmal kommunikative Verständigung zustande kommen kann.<br />
Ebensowenig jedoch wie ein Konsens über das Verabredete sagt eine <strong>Definition</strong> über<br />
das Definierte aus, daß es wahr ist. Vielmehr wird in beiden Fällen nur konventionell<br />
vereinbart. Man kann aber nicht vereinbaren, daß etwas wahr sei, weil über Wahrheit<br />
oder Falschheit nicht ein Konsens bestimmt, sondern logischer <strong>und</strong> empirischer Beweis.<br />
Dem steht der Irrtum entgegen, die Wahrheit liege im Konsens, oder ein Konsens besage,<br />
daß das, worüber die Übereinkunft erzielt wurde, automatisch wahr sei. 34 Statt<br />
<strong>des</strong>sen kann weder aus einem Konsens auf die Wahrheit der betreffenden Aussage<br />
geschlossen werden, noch vermag eine konsensmäßige Übereinkunft irgendetwas<br />
wahr zu machen. Es kann nämlich durchaus auch über Falsches ein Konsens erzielt<br />
werden, wie die Geschichte lehrt.<br />
17<br />
34 Vgl. Ritschl, Dietrich: Zur Logik der Theologie. 1984, 149f, 269; anders: Sauter, Gerhard: Consensus. In: TRE 8,<br />
183, 187.
18<br />
Auch eine <strong>Definition</strong> ist nicht wahr oder falsch. 35 Sie kann korrekt aufgestellt sein<br />
oder nicht, aber Wahrheit oder Falschheit drückt sie nicht aus. Das ergibt sich aus ihrem<br />
konventionellen Charakter als Vereinbarung. Was manchmal als „wahre“ <strong>Definition</strong><br />
erscheinen mag, ist nur die Selbstverständlichkeit, mit der eine <strong>Definition</strong> konventionell<br />
akzeptiert wird.<br />
Der Nutzen einer <strong>Definition</strong> besteht wesentlich in ihrer Zweckmäßigkeit. Wenn sich<br />
eine <strong>Definition</strong> wegen ihres Zusammenhangs innerhalb einer Theorie als unzweckmäßig<br />
erweisen sollte, so kann sie um neuer Gesichtspunkte willen geändert werden,<br />
z.B. um das System einfacher formulieren zu können, d.h. es wird eine neue <strong>Definition</strong><br />
vereinbart anstelle der alten, die dann in zweckmäßigerer <strong>und</strong> brauchbarerer<br />
Weise den Bedürfnissen der Theorie Rechnung trägt, unter der Voraussetzung, daß<br />
in jedem Falle klar ist, welche <strong>Definition</strong>en für welchen Zusammenhang gelten.<br />
Keineswegs ist es jedoch zutreffend, daß durch eine <strong>Definition</strong> das Definitum als<br />
wahr festgelegt <strong>und</strong> quasi dogmatisiert werden würde, sondern es ist einfach ein Gebot<br />
der Effektivität für den Zweck einer Theorie, die begrifflichen Elemente bedeutungsmäßig<br />
eindeutig <strong>und</strong> übereinstimmend zu gebrauchen, wenn man über den lähmenden<br />
Zustand, daß der eine dies <strong>und</strong> der andere das mit einem Ausdruck „meint“,<br />
hinauskommen will.<br />
Die <strong>Definition</strong> steht also nicht etwa am Ende eines Erkenntnisweges, <strong>des</strong>sen Resultat<br />
sie wäre, sondern am Anfang, da sie die sprachlichen Mittel, mit deren Hilfe eine Erkenntnis<br />
theoretische Gestalt gewinnt, in Eigenart, Charakter <strong>und</strong> Bedeutung festlegt.<br />
Ob dann die Theorie wahr oder falsch ist, liegt nicht an den dafür verwendeten<br />
<strong>Definition</strong>en, sondern hängt von ihrer logischen Form <strong>und</strong> ihrer empirischen Bestätigung<br />
ab. Wie man die <strong>Definition</strong>en auch wählen mag, die Wahrheit der Theorie wird<br />
durch sie nicht berührt, da sie nicht den logischen Aussagenzusammenhang innerhalb<br />
der Theorie betreffen.<br />
2.5. Obgleich das <strong>Definition</strong>spostulat (siehe 2.3.) von allgemein-kommunikativem<br />
Wert ist, kommt sein spezieller Effekt erst in seinem Theorienbezug zur Geltung.<br />
Das <strong>Definition</strong>spostulat besagt nicht, daß für jeden beliebigen Ausdruck innerhalb<br />
von beliebigen Kontexten formgerechte <strong>Definition</strong>en aufzustellen wären. Es bezieht<br />
sich in erster Linie auf solche Kontexte, die von systematisch-theoretischer<br />
Struktur sind, in denen logisch gefolgert <strong>und</strong> argumentiert wird, um wahrheitsfähige<br />
Resultate zu erzielen.<br />
Theorien sind die Form, in der wissenschaftliche Erkenntnisse ausgedrückt werden.<br />
Sie stellen ein System von Begriffen <strong>und</strong> Aussagen dar, deren Zusammenhang durch<br />
die logische Folgebeziehung gekennzeichnet ist. Innerhalb einer Theorie hat die De-<br />
35 Whitehead, Alfred North / Russell, Bertrand: Principia Mathematica. I. Cambridge 1910, 11, 94; andere Auffassungen<br />
bei Sinowjew, A. / Wessel, Horst.: Logische Sprachregeln. Eine Einführung in die Logik. München, Salzburg<br />
1975, 399; Dölling, Johannes: <strong>Definition</strong>en in empirischen Wissenschaften. In: Wessel, Horst (Hg.): Logik <strong>und</strong> empirische<br />
Wissenschaften. 1977, 53; Lejewski, Czesław: On implicational definitions. In: Strudia Logica, 8, 1958,<br />
190f.
finition eine elementare Position inne, die darin besteht, daß sie die Eindeutigkeit der<br />
die Theorie durchlaufenden Ausdrücke gewährleistet (siehe 3.1., 3.2. <strong>und</strong> 3.3.).<br />
Der Theorienbezug betrifft aber nicht nur das Verhältnis der <strong>Definition</strong> zur Theorie,<br />
sondern auch umgekehrt das der Theorie zur <strong>Definition</strong>, weil ein definierter Ausdruck<br />
intensional abhängt von der Theorie, für die er definiert worden ist. Die Intensionen<br />
der Begriffe werden somit auch durch die ihnen zugr<strong>und</strong>eliegenden Theorien<br />
bestimmt. 36<br />
„Die abgeleiteten Begriffe einer Theorie erhalten ihre Intensionen durch die <strong>Definition</strong>en<br />
<strong>und</strong> <strong>Definition</strong>sketten aus den Gr<strong>und</strong>begriffen. Ändert man die Intensionen<br />
der Gr<strong>und</strong>begriffe, so ändern sich, wenn man die <strong>Definition</strong>en beibehält, damit automatisch<br />
auch die Intensionen der meisten abgeleiteten Begriffe. 37 Unter Beibehaltung<br />
der <strong>Definition</strong>en führt eine Änderung der Intensionen der Gr<strong>und</strong>begriffe zu einer<br />
Änderung <strong>des</strong> Axiomensystems. Dies zeigt auch, daß die <strong>Definition</strong> bezüglich der<br />
Theorie eine wahrheitsinvariante Funktion hat.<br />
Für die Wahl einer bestimmten <strong>Definition</strong> unter verschiedenen <strong>Definition</strong>smöglichkeiten<br />
sind die Bedürfnisse der Theorie ausschlaggebend. Von der Theorie her bestimmt<br />
sich die Zweckmäßigkeit einer <strong>Definition</strong>, während man unabhängig von der<br />
Theorie nichts über die Zweckmäßigkeit einer <strong>Definition</strong> sagen könnte, da dann die<br />
verschiedenen <strong>Definition</strong>smöglichkeiten alle gleichberechtigt wären.<br />
2.6. Die theologische Relevanz der <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> wird hergeleitet<br />
aus der Tatsache, daß dieser Ausdruck für die Theologie zentral ist, nicht nur<br />
weil er zufällig namengebend war, sondern wegen seiner f<strong>und</strong>amentalen Rolle im<br />
Begriffsgefüge der Theologie. Einem Zentralbegriff aber kommt höhere Relevanz zu<br />
als peripheren Begriffen. Andererseits kann die intensionale Vagheit, die eine kommunikationsbeeinträchtigende<br />
Defizienz darstellt, nicht mit einer zentralen Rolle in<br />
Einklang gebracht werden, die der Ausdruck in bezug auf andere Ausdrücke einnehmen<br />
soll. Folglich wird der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> nur dann als Zentralbegriff gelten können,<br />
wenn seine intensionale Vagheit durch <strong>Definition</strong> überw<strong>und</strong>en wird. Demgegenüber<br />
muß ein Sichbegnügen mit intensionaler Vagheit so bewertet werden, daß<br />
der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> anscheinend so peripher ist, daß von einer <strong>Definition</strong> abgesehen<br />
werden könnte, da es offensichtlich nicht darauf ankommt, wie er zu verstehen<br />
ist.<br />
Es wäre auch verfehlt, wenn der Einwand vorgebracht würde, daß eine <strong>Definition</strong><br />
„die Fülle <strong>des</strong> Gottesbegriffs“ nicht auszuloten vermöchte. Denn „Fülle“ <strong>und</strong> „Tiefe“<br />
eines Begriffs sind bloß Unbestimmtheit <strong>und</strong> Verschwommenheit. Dahinter verbirgt<br />
sich ein Übermaß an intensionaler Vagheit. Und mit Ausdrücken wie „Fülle“ <strong>und</strong><br />
„Tiefe“, die auf einen Begriff hermeneutisch bezogen werden, wird lediglich ein<br />
conceptual slough of meaning bemäntelt.<br />
19<br />
36 Vgl. Essler, Wissenschaftstheorie, I, 98.<br />
37 Ebd. 119; Hervorhebungen getilgt. Vgl. ebd. 116-123.
20<br />
Es geht nicht an, mit einem Gottesbegriff operieren zu wollen, der alles umfaßt, was<br />
je als Bedeutung dieses <strong>Ausdrucks</strong> angenommen worden ist. Nicht jedoch, weil dies<br />
geringzuschätzen wäre, sondern weil nur intensionale Eindeutigkeit die theoretische<br />
Brauchbarkeit eines <strong>Ausdrucks</strong> ausmacht. Ein Ausdruck mit der intensionalen Masse<br />
<strong>des</strong>sen, was man ihm im Laufe der Zeit an Bedeutungen angehängt hat, ist letztlich<br />
nichtssagend <strong>und</strong> theoretisch wertlos. Denn man kann nicht mit einem Wort alles sagen.<br />
Zwar sind in den Religionen „bestimmte Anschauungen von Gott <strong>und</strong> Göttern lebendig<br />
<strong>und</strong> mächtig auch ohne streng formulierte <strong>und</strong> definierte Begriffe“ 38 , doch diese<br />
Begriffe sind <strong>des</strong>halb primitiv. Zu den Gr<strong>und</strong>lagen der Wissenschaft hingegen gehört<br />
die Präzisierung ihrer Termini mit Hilfe von <strong>Definition</strong>en. Dafür gibt es immer mehrere<br />
Möglichkeiten, unter denen die Zweckmäßigkeit hinsichtlich der Theorie entscheidet.<br />
Im gegenwärtigen Stadium kann diese Zweckmäßigkeitsfrage noch nicht ausreichend<br />
beantwortet werden, da erst Theorien <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen in der Theologie geschaffen<br />
werden müssen, um unter verschiedenen <strong>Definition</strong>smöglichkeiten für den<br />
Ausdruck <strong>„Gott“</strong> eine begründete Wahl treffen zu können. Das macht die Erarbeitung<br />
<strong>und</strong> Diskussion von <strong>Definition</strong>en <strong>und</strong> deren Theorienbezug zu einer weiterbestehenden<br />
Aufgabe.<br />
Von einer <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> kann sich die Theologie nicht einfach<br />
dispensieren, <strong>und</strong> das Angebot von Undefinierbarem stellt eine Fehlleistung dar. Abgesehen<br />
von den systematischen Belangen wird eine <strong>Definition</strong> auch unter praktischtheologischem<br />
Aspekt erfordert. Denn die Verkündigung von Gott ist wahrscheinlich<br />
erfolgreicher, wenn das Wort <strong>„Gott“</strong> nicht im Unklaren belassen wird, wie es nach<br />
ihren geringwertigen Resultaten die Nichtdefinierbarkeitstheologie belassen zu können<br />
glaubt. Schließlich sollte auch aus seelsorgerlichen Gründen der Wert einer <strong>Definition</strong><br />
eingesehen werden, da eine klare Antwort immer hilfreicher ist als das Ausweichen<br />
in Undefinierbares.<br />
3. <strong>Definition</strong>en als Strukturelement wissenschaftlicher Theorien<br />
3.1. „Nach traditioneller Auffassung ist eine wissenschaftliche Theorie eine Klasse<br />
von Sätzen, die nach bestimmten Formregeln aus einer vorgegebenen Kollektion<br />
von Gr<strong>und</strong>zeichen gebildet sind. Die Theorie hat ferner axiomatischen Charakter,<br />
d.h. jeder Satz der Theorie ist entweder ein Gr<strong>und</strong>satz ('Axiom') oder ein aus den<br />
Axiomen gemäß gewissen Regeln abgeleiteter Satz ('Theorem'). 39<br />
„Ein Axiom unterscheidet sich von den anderen Aussagen <strong>des</strong> Systems [der Theo-<br />
38 Köstlin, J.: Gott. In: RE 3 6, 779.<br />
39 Kleinknecht, aaO, 1.
ie]nur dadurch, daß es im System [in der Theorie] nicht abgeleitet ist.“ 40 „Falls die<br />
Wahrheit der Gr<strong>und</strong>sätze bereits anderweitig gesichert ist, sichert die Logik die<br />
Wahrheit der Lehrsätze [Theoreme] somit durch Deduktion aus den Gr<strong>und</strong>sätzen.“ 41<br />
Der Zusammenhang von Axiomen <strong>und</strong> Theoremen ist die Konditionalbeziehung<br />
oder Implikation.<br />
Eine Implikation kann inkonsistent (kontradiktorisch), konsistent (erfüllbar) oder allgemeingültig<br />
(tautologisch) sein. Im ersten Fall ist sie logisch falsch, im letzten logisch<br />
wahr. Konsistenz liegt dagegen vor, wenn die Implikation nur für einige Wahrheitswertverteilungen<br />
wahr ist <strong>und</strong> für die restlichen falsch.<br />
Um nun sagen zu können, daß eine Aussage aus anderen logisch folgt, wird Allgemeingültigkeit<br />
der betreffenden Implikation verlangt. Andernfalls folgt die Aussage<br />
nicht.<br />
Hieraus ergibt sich für die Kohärenz einer Theorie, daß diese nicht darin besteht, daß<br />
sich die Aussagen in irgendwelchen Beziehungen befinden – etwa nur in thematischinhaltlichen<br />
oder sonstigen assoziativen Zusammenhängen –, sondern Kohärenz ist<br />
erst dann gegeben, wenn es innerhalb der Theorie nur logisch wahre Implikationen<br />
gibt, wie es das „Hempel-Oppenheim-Schema“ 42 besagt.<br />
3.1.1. Der hier benutzte Begriff von Kohärenz differiert etwas von dem, den H.<br />
Scholz verwendet hat. 43 Insbesondere stellt hier die Kohärenz keinen Gegenstandsbezug<br />
her. Sie betrifft vielmehr die logische Form der Theorie.<br />
Was in 3.1. als Kohärenz bezeichnet wird, scheint aber bei H. Scholz in der sogenannten<br />
Höchstforderung der Axiomatisierbarkeit enthalten zu sein. Es wird jedoch<br />
dafür gehalten, daß in bezug auf Wissenschaftlichkeit nicht nach Min<strong>des</strong>t- <strong>und</strong><br />
Höchstforderungen zu differenzieren ist. Es entscheidet allein die Theoriefähigkeit,<br />
die der Höchstforderung von H. Scholz entspricht. Vor allem aber bestimmt sich die<br />
Wissenschaftlichkeit der Theologie nicht nach einem wie immer auch gearteten Gegenstandsbezug,<br />
sondern danach, ob sie sich bemüht, Theorien aufzustellen. Demgegenüber<br />
ist der Gegenstandsbezug ganz sek<strong>und</strong>är.<br />
3.2. Innerhalb von Theorien sind <strong>Definition</strong>en eliminierbare, nichtkreative Axiome<br />
(siehe das Schema von R. Kleinknecht über den Status von <strong>Definition</strong>en in wissenschaftlichen<br />
Theorien auf der folgenden Seite).<br />
21<br />
40 Bochenski, J. M.: Die zeitgenössischen Denkmethoden. 5 1971 (UTB 6), 79; vgl. 73-99 (Kap. IV: Die axiomatische<br />
Methode).<br />
41 Essler, Wilhelm K. / Martinez Cruzado, Rosa F.: Gr<strong>und</strong>züge der Logik. I. 1983, 4.<br />
42 Vgl. Hempel, C. C. / Oppenheim, P.: Studies in the Logic of Explanation. In: Philosophy of Science, 15, 1948, 135-<br />
175; Hauffe, Heinz: Der Informationsgehalt von Theorien. 1981 (LEP 13), 30; Stegmüller, Wolfgang: Probleme <strong>und</strong><br />
Resultate der Wissenschaftstheorie <strong>und</strong> Analytischen Philosophie. I. Wissenschaftliche Erklärung <strong>und</strong> Begründung.<br />
Berlin, Heidelberg, New York. 2 1983, 72ff.<br />
43 Vgl. Scholz, Heinrich: Wie ist eine evangelische Theologie als Wissenschaft möglich? In: ZZ 9, 1931, 20; Nachdruck<br />
in: Sauter, Gerhard (Hg.): Theologie als Wissenschaft. 1971. 221-264.
22<br />
Die per conventionem akzeptierten Axiome zerfallen in kreative <strong>und</strong> nichtkreative,<br />
je nachdem, ob sie neue deduktive Zusammenhänge stiften oder nicht. Die nichtkreativen<br />
Axiome gestatten also nicht die Ableitung von Theoremen, da aus einer Theorie<br />
mit Hilfe nichtkreativer Axiome keine Aussage logisch folgt, die nicht bereits<br />
ohne solche Axiome folgt. 44<br />
„Daß die <strong>Definition</strong> keine neuen Zusammenhänge schafft, besagt dann, daß von diesen<br />
Sätzen (die den definierten Ausdruck nicht enthalten) keiner aus der Theorie unter<br />
Zuhilfenahme der <strong>Definition</strong> logisch folgt, der nicht schon aus der Theorie allein<br />
folgt, so daß die <strong>Definition</strong> zur Ableitung von Tatsachenwissen überflüssig ist.<br />
Wenn ein solcher Satz aus der Theorie allein nicht ableitbar ist, kann er demnach<br />
auch nicht unter Zuhilfenahme der <strong>Definition</strong> aus ihr deduziert werden.“ 45<br />
Im Gegensatz dazu heißt eine Aussage kreativ, wenn nur mit ihrer Hilfe Aussagen<br />
deduzierbar sind, die ohne sie nicht deduzierbar wären.<br />
Ferner sind <strong>Definition</strong>en insbesondere eliminierbar, „d.h. die definierten Begriffe<br />
müssen in allen Sätzen der Theorie salva veritate durch die Gr<strong>und</strong>begriffe ersetzbar<br />
sein“ 46 . „Die definierten Begriffe sind also, wenn auch nicht praktisch, so doch theoretisch<br />
überflüssig.“ 47<br />
Durch <strong>Definition</strong>en erhält man aus den Gr<strong>und</strong>begriffen „abgeleitete“ (definierte) Begriffe.<br />
Die <strong>Definition</strong>en der abgeleiteten Begriffe werden als konventionelle Axiome<br />
verstanden, die wegen der Kohärenz der Theorie (siehe 3.1.) automatisch der Bedingung<br />
der Widerspruchsfreiheit unterliegen. „Keine <strong>Definition</strong> darf zusammen mit<br />
den übrigen Sätzen der Theorie zu einem Widerspruch führen.“ 48<br />
3.3. Wegen der Relativität einer <strong>Definition</strong> bezüglich eines Systems ist ein Ausdruck,<br />
der weder als Gr<strong>und</strong>begriff noch als abgeleiteter Begriff in einem System vorkommt,<br />
innerhalb dieses Systems nicht definierbar. Diese Nichtdefinierbarkeit besagt<br />
folglich, daß ein innerhalb einer Theorie nicht definierbarer Ausdruck von dieser<br />
Theorie unabhängig ist, was mithilfe <strong>des</strong> Padoa-Kriteriums bewiesen werden<br />
kann. 49 Man sieht jedoch leicht, daß durch geeignete Erweiterung der Theorie ein<br />
vorher innerhalb dieser Theorie nicht definierbarer Ausdruck in die Theorie integrierbar<br />
ist, wodurch der betreffende Ausdruck dann innerhalb der erweiterten Theorie<br />
definierbar wird. „Ob ein Begriff definierbar ist, kann also nur im Hinblick auf eine<br />
vorgegebene Theorie entschieden werden.“ 50<br />
44 Vgl. Kleinknecht, aaO, 2; anders Borkowski, Ludwik: Formale Logik. Berlin 1976, 488f, 490, 500.<br />
45 Essler, Wissenschaftstheorie, I, 83; Hervorhebung hinzugefügt.<br />
46 Kleinknecht, aaO, 3.<br />
47 Ebd. Hervorhebung hinzugefügt.<br />
48 Ebd. 2.<br />
49 Vgl. ebd. 216, 219-223; Marek, Victor: Definability. In: Marciszewski, Witold (Ed.): Dictionary of Logic as Applied<br />
in the Study of Language. Concepts, Methods, Theories. The Hague, Boston, London 1981 (Nijhoff International<br />
Philosophy Series, 9), 85; Essler, aaO, 123-133.<br />
50 Essler, aaO, 122.
..........................................................................................................................................<br />
Schema von Kleinknecht (aaO, 3) über der Status von <strong>Definition</strong>en in wissenschaftlichen<br />
Theorien<br />
kreativ<br />
23<br />
Gr<strong>und</strong>sätze<br />
(„Axiome“)<br />
nichtkreativ<br />
eliminierbar<br />
(„<strong>Definition</strong>en“)<br />
nichteliminierbar<br />
Sätze<br />
Theorie<br />
abgeleitete Sätze<br />
(„Theoreme“)<br />
Begriffe<br />
Gr<strong>und</strong>begriffe<br />
abgeleitete („definierte“) Begriffe<br />
..........................................................................................................................................<br />
Eine prinzipielle Nichtdefinierbarkeit existiert aufgr<strong>und</strong> dieser Relativität nicht (siehe<br />
1.1.3.). „Es gibt keine schlechthin <strong>und</strong>efinierbaren Begriffe, die sozusagen von<br />
Natur aus Gr<strong>und</strong>begriffe sind; zu jeder Theorie mit einem gewissen Vorrat an definierten<br />
<strong>und</strong> <strong>und</strong>efinierten Begriffen gibt es eine andere, die mit ihr logisch gleichwertig<br />
ist, die andere Begriffe als Gr<strong>und</strong>begriffe <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>begriffe der einen als<br />
definierte Begriffe enthält.“ 51 Die relative Nichtdefinierbarkeit eines <strong>Ausdrucks</strong> kann<br />
51 Ebd. 121.
24<br />
man daher sowohl durch Erweiterung der Theorie als auch durch geeignete Änderung<br />
der Gr<strong>und</strong>begriffe beseitigen.<br />
Allgemein wird gesagt, daß sich die <strong>Definierbarkeit</strong> eines <strong>Ausdrucks</strong> in bezug auf<br />
ein Vokabular bestimmt. Je umfangreicher ein Vokabular ist, <strong>des</strong>to geringer fällt der<br />
Grad an Nichtdefinierbarkeit aus. Das umfassendste Vokabular ist aber die Umgangssprache,<br />
von welcher alle Theorien Teilvokabulare sind. In Relation zur Umgangssprache<br />
verschwindet somit die Nichtdefinierbarkeit eines beliebigen <strong>Ausdrucks</strong>,<br />
denn es gibt kein umfangreicheres Vokabular, bezüglich <strong>des</strong>sen die Nichtdefinierbarkeit<br />
eines <strong>Ausdrucks</strong> der Umgangssprache nachgewiesen werden könnte.<br />
Folglich ist in bezug auf die Umgangssprache jeder Ausdruck definierbar.<br />
3.4. <strong>Definition</strong>en als eliminierbare, nichtkreative Axiome sind selbst keine Bestandteile<br />
<strong>des</strong> deduktiven Zusammenhangs einer Theorie, sondern gehören zur Metatheorie.<br />
52 Sie stellen keine objektsprachlichen Aussagen dar, wie es die kreativen<br />
Axiome <strong>und</strong> Theoreme der Theorie sind. Deshalb können <strong>Definition</strong>en weder innerhalb<br />
einer Theorie abgeleitet, noch können aus ihnen Aussagen abgeleitet werden.<br />
Die Unterscheidung von kreativen <strong>und</strong> nichtkreativen Axiomen fällt hier zusammen<br />
mit der Unterscheidung von objektsprachlichen Aussagen der Theorie <strong>und</strong> metasprachlichen<br />
Regeln (transformation rules). Während die kreativen Axiome objektsprachliche<br />
Aussagen der Theorie sind, aus denen deduktive Zusammenhänge gefolgert<br />
werden können, sind die metasprachlichen <strong>Definition</strong>en „Regeln der Übersetzung<br />
von einer Sprache in die andere“ 53 , indem sie sagen, wie ein Ausdruck der Metasprache<br />
– ein Gr<strong>und</strong>begriff – in einen Ausdruck der Objektsprache der Theorie – in<br />
einen definierten Ausdruck – <strong>und</strong> umgekehrt zu transformieren ist.<br />
Aus dem metasprachlichen Charakter der <strong>Definition</strong> erhellt jetzt auch, warum von<br />
<strong>Definition</strong>en nicht in gleicher Weise wie von Aussagen Wahrheit oder Falschheit<br />
prädiziert werden kann (siehe 2.4.). Denn <strong>Definition</strong>en sind keine Aussagen der<br />
Theorie, sondern Vereinbarungen über bestimmte Ausdrücke. Nur Aussagen aber<br />
können wahr oder falsch sein, Vereinbarungen dagegen nur zweckmäßig oder nicht.<br />
4. Form <strong>und</strong> Kriterien der <strong>Definition</strong><br />
4.1. Die Form von <strong>Definition</strong>en angeben heißt sagen, wie der Ausdruck „<strong>Definition</strong>“<br />
syntaktisch zu definieren ist. Dazu muß metasprachlich beschrieben werden,<br />
welche Form eine <strong>Definition</strong> in der Objektsprache hat.<br />
Doch dabei ist zu beachten, daß die so gewonnene objektsprachliche <strong>Definition</strong> in<br />
bezug auf die Theorie, für die sie vielleicht verwendet werden soll, wiederum metasprachlich<br />
ist <strong>und</strong> nicht etwa zur Objektsprache der Theorie gehört (siehe 3.4.).<br />
52 Vgl. ebd. 87; Kleinknecht, aaO, 4; Eco, aaO, 183.<br />
53 Wittgenstein, TLP 3.343; vgl. Hughes, G. H., NEBrit 23, 1985, 254a; Essler, aaO, 79.
Des näheren handelt es sich um eine dreistellige Relation zwischen dem Vokabular,<br />
bezüglich <strong>des</strong>sen die <strong>Definition</strong> aufgestellt wird, der <strong>Definition</strong> selbst <strong>und</strong> dem definierten<br />
Ausdruck, dem Definiendum.<br />
Es sei M ein Vokabular (eine Klasse von Ausdrücken), S n ein n-stelliges Prädikat,<br />
das Definiendum, <strong>und</strong> A eine <strong>Definition</strong>, die S n enthält.<br />
Dann definiert A den Ausdruck S n in M genau dann, wenn A logisch äquivalent ist<br />
mit der folgenden universellen Äquivalenz:<br />
Λx 1 ,..., Λx n [ ε S n ↔ D],<br />
wobei das Definiens D ein Ausdruck sein muß, der S n nicht enthalten darf, damit Zirkularität<br />
der <strong>Definition</strong> ausgeschlossen wird, <strong>und</strong> in dem nur Ausdrücke aus M vorkommen<br />
dürfen, abgesehen von Variablen, logischen Konstanten <strong>und</strong> Hilfszeichen<br />
(Klammern). Die Individuenvariablen x 1 ,..., x n müssen paarweise verschieden sein,<br />
<strong>und</strong> diese müssen im Definiens frei vorkommen, d.h. nicht durch Quantoren geb<strong>und</strong>en.<br />
54<br />
Eine mit A äquivalente <strong>Definition</strong> für einstellige Prädikate hat dann die Form:<br />
Λx (Ax ↔ Bx),<br />
wofür abgekürzt auch manchmal<br />
Ax = Df Bx<br />
geschrieben wird (siehe 1.1.5. <strong>und</strong> 2.2.1.).<br />
4.2. Es kann nun gezeigt werden, wie sich Bedeutungspostulate (siehe 2.1.1.2.)<br />
als <strong>Definition</strong>en einrichten lassen.<br />
Für ein <strong>Definition</strong>spostulat der Form<br />
Λx (Ax → Bx)<br />
ist es gemäß der semantischen Relationalität der Bedeutung (siehe 1.1.4. <strong>und</strong> 2.1.2.)<br />
intuitiv naheliegend, zusätzlich zu Ax → Bx auch Bx → Ax zu verlangen, so daß<br />
Λx [(Ax → Bx) ∧ (Bx → Ax)]<br />
ein semantisch erweitertes Bedeutungspostulat darstellen würde.<br />
Da jedoch die Konjunktion der beiden Konditionale junktorenlogisch äquivalent ist<br />
mit Ax ↔ Bx, so ergibt sich<br />
25<br />
54 Vgl. Essler, aaO, 87.
26<br />
Λx (Ax ↔ Bx),<br />
was der allgemeinen <strong>Definition</strong>sform (siehe 4.1.) entspricht.<br />
Die Möglichkeit, aus Bedeutungspostulaten in der angegebenen Weise <strong>Definition</strong>en<br />
zu machen, trägt dem Bedürfnis Rechnung, eine intendierte Bedeutung semantisch in<br />
eine definitorisch befriedigende Form zu bringen. Das Verfahren kann <strong>des</strong>halb auch<br />
allgemein zur Bildung von <strong>Definition</strong>en benutzt werden.<br />
4.3. Zwei Kriterien für <strong>Definition</strong>en sind bereits nebenbei erwähnt worden: Das<br />
Kriterium der Widerspruchsfreiheit (siehe 3.2.) <strong>und</strong> das Kriterium der Nichtzirkularität<br />
(siehe 4.1.). Sie sollten sich von selbst verstehen. Aber sie sind noch nicht hinreichend.<br />
Hinreichend <strong>und</strong> notwendig ist das Kriterium der Eliminierbarkeit. 55<br />
Dieses Adäquatheitsprinzip für <strong>Definition</strong>en besagt, daß das Definiendum in allen<br />
Kontexten salva veritate durch das Definiens austauschbar sein muß. Jede Aussage,<br />
in der der definierte Ausdruck vorkommt, muß aufgr<strong>und</strong> der <strong>Definition</strong> immer in eine<br />
logisch äquivalente Aussage übersetzbar sein, in der der definierte Ausdruck nicht<br />
mehr vorkommt.<br />
Ausdrücke, die als <strong>Definition</strong>en angeboten werden, aber nicht dem Kriterium der<br />
Eliminierbarkeit genügen, sind folglich keine <strong>Definition</strong>en, sondern wahre oder falsche<br />
Aussagen. Denn das Kriterium der Eliminierbarkeit gewährleistet, daß Wahrheit<br />
oder Falschheit von Aussagen nicht durch <strong>Definition</strong>en der in den Aussagen vorkommenden<br />
Termini (Prädikate <strong>und</strong> Individuenausdrücke) verändert wird (siehe<br />
2.4., 2.5. <strong>und</strong> 3.4.).<br />
Um Eliminierbarkeit nachzuweisen, ist zu zeigen, daß aus einer Äquivalenz, gebildet<br />
aus einer Aussage B, die S n enthält, <strong>und</strong> einer Aussage C, die aus B aufgr<strong>und</strong> von<br />
S n = λx 1 ,..., x n D<br />
durch Substitution von S n durch λx 1 ,..., x n D entsteht, die universelle Äquivalenz<br />
(siehe 4.1.) folgt. 56<br />
Das Eliminierbarkeitskriterium, das auf Blaise Pascal (1623-1662) zurückgeht, 57 ent-<br />
55 Vgl. Kleinknecht, aaO, 206f, 165, 3; Stegmüller, Wolfgang: Probleme <strong>und</strong> Resultate der Wissenschaftstheorie <strong>und</strong><br />
Analytischen Philosophie. II/1, Berlin, Heidelberg, New York 1974, 227; Carnap, Rudolf: Einführung in die Logik<br />
mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendungen. Wien, New York 3 1968, Nachdruck 1973, 56; Dubislav, Walter:<br />
Über die <strong>Definition</strong>. Mit einer Einführung v. W. K. Essler. 4 1981, 38; von Kutschera, aaO, 42; Essler, aaO, 76-<br />
82.<br />
56 Vgl. Essler, aaO, 103f.<br />
57 Vgl. Pascal, Blaise: De l´esprit gèomètrique. In: Œvres IX, 1914, 277; Risse, Wilhelm: Die Logik der Neuzeit. II,<br />
1970, 136, Anm. 555.
hält das Kriterium der Nichtkreativität, 58 das zuerst von Stanisław Leśniewski (1886-<br />
1939) formuliert wurde 59 <strong>und</strong> welches besagt, daß aus einer <strong>Definition</strong> keine neuen<br />
Aussagen deduktiv abgeleitet werden können, die nicht bereits ohne die <strong>Definition</strong><br />
ableitbar sind (siehe 3.2. <strong>und</strong> 3.4.).<br />
Wenn unter Zuhilfenahme einer <strong>Definition</strong> mehr gefolgert werden könnte als ohne<br />
die <strong>Definition</strong>, dann wäre die vermeintliche <strong>Definition</strong> für der deduktiven Zusammenhang<br />
notwendig <strong>und</strong> könnte demzufolge keine Eliminierbarkeit gewährleisten,<br />
so daß es keine <strong>Definition</strong> wäre. Der Zusammenhang zwischen Eliminierbarkeit <strong>und</strong><br />
Nichtkreativität ist daher so, daß alle <strong>Definition</strong>en, die Eliminierbarkeit gewährleisten,<br />
stets auch nichtkreativ sind. 60<br />
27<br />
5. Ungerechtfertigte Forderungen an <strong>Definition</strong>en<br />
5.1. Da unter <strong>Definition</strong>en manchmal andere Typen sprachlicher Ausdrücke verstanden<br />
werden als hier gezeigt, 61 treten Fälle auf, wo aufgr<strong>und</strong> außerlogischer Voraussetzungen<br />
philosophischer oder metaphysischer Art Forderungen erhoben werden,<br />
die von <strong>Definition</strong>en angeblich zu erfüllen seien. Derartige ungerechtfertigte<br />
Forderungen sind meistens auf die Verwechslung von <strong>Definition</strong>en mit Gegenstandsbeschreibungen<br />
zurückzuführen (siehe 1.1.4. <strong>und</strong> 1.1.5.) oder haben ihre Ursache in<br />
unrichtigen Auffassungen über die sprachliche Funktion von <strong>Definition</strong>en (siehe<br />
1.1.6. <strong>und</strong> 2.3.).<br />
Eine solche ungerechtfertigte Forderung ist z.B. das folgende Objektivitätspostulat:<br />
„Eine korrekte <strong>Definition</strong> muß vor allem objektiv sein, d.h. sie muß die Merkmale<br />
<strong>des</strong> außerhalb von uns existierenden Gegenstan<strong>des</strong> widerspiegeln.“ 62<br />
Hieran ist falsch, daß <strong>Definition</strong>en für Beziehungen zwischen sprachlichen Zeichen<br />
<strong>und</strong> außersprachlichen Gegenständen gehalten werden, <strong>und</strong> außerdem, daß sie etwas<br />
„widerspiegeln“ würden. Bei<strong>des</strong> ist <strong>des</strong>wegen nicht der Fall, weil es sich bei <strong>Definition</strong>en<br />
um innersprachliche Relationen handelt.<br />
<strong>Definition</strong>en sind daher auch keineswegs demonstrativen oder <strong>des</strong>kriptiven Charakters,<br />
wie z.T. angenommen wird, 63 weil <strong>Definition</strong>en weder auf Gegenstände „zeigen“<br />
noch Gegenstände beschreiben oder deren Eigenschaften aufzählen.<br />
Diese Verwechslung von <strong>Definition</strong>en mit empirischen Beschreibungen von Objek-<br />
58 Vgl. Kleinknecht, aaO, 206f; Essler, aaO, 82-86; Marciszewski, Witold: <strong>Definition</strong>. In: W. Marciszewski (Ed.): Dictionary<br />
of Logic. Concepts, Methods, Theories. The Hague, Boston, London 1981 (Nijhoff International Philosophy<br />
Series; 9) 87.<br />
59 Vgl. Leśniewski, Stanisław: Über <strong>Definition</strong>en in der sogenannten Theorie der Deduktion. In: Comptes Rendus <strong>des</strong><br />
Sèances de la Sociètè <strong>des</strong> Sciences et <strong>des</strong> Lettres de Varsovie. CP III, 24, 1931, 289-309.<br />
60 Vgl. Kleinknecht, aaO, 206f.<br />
61 Vgl. Robinson, Richard: <strong>Definition</strong>. 1950, 1-11 (Disagreements about definitions), 189; Abelson, Raziel: <strong>Definition</strong>.<br />
In: EncPh 2, 314-324.<br />
62 Kondakow, N. I.: Wörterbuch der Logik (Hg. der deutschen Ausgabe Erhardt Albrecht u. Günther Asser). Leipzig<br />
2<br />
1983, 79a.<br />
63 Vgl. Pupier, Paul: Lexikon. In: Martinet, Andrè (Hg.): Linguistik. Ein Handbuch. 1973, 140.
28<br />
ten hat dazu geführt, die „Nichtdefinierbarkeit Gottes“ mit der Nichterkennbarkeit<br />
Gottes in Zusammenhang zu bringen, derart, daß von einem nicht erkennbaren Objekt<br />
auch keine Eigenschaften angegeben werden können, was fälschlich als Nichtdefinierbarkeit<br />
erscheint.<br />
Gleichzeitig wird gesagt, daß wegen der Nichterkennbarkeit keine „adäquate“ <strong>Definition</strong><br />
möglich sei, als ob die Adäquatheit von <strong>Definition</strong>en von der vollständigen<br />
Erkenntnis empirischer Objekte abhängen würde. Adäquat ist eine <strong>Definition</strong> nur<br />
dann, wenn sie Eliminierbarkeit gewährleistet (siehe 3.2. <strong>und</strong> 4.3.).<br />
5.2. Gelegentlich wird behauptet, daß eine <strong>Definition</strong> das „Wesen“ <strong>des</strong> Definierten<br />
zum Ausdruck bringen müßte. Obwohl diese Ansicht bis auf Aristoteles zurückzugehen<br />
scheint, 64 kann sie nicht als akzeptabel gelten. 65<br />
Erstens ist „Wesen“ kein logischer Begriff, sondern ein metaphysischer, der hier<br />
nichts beitragen kann. Zweitens ist dieser Begriff vage <strong>und</strong> unbestimmt. Drittens<br />
weiß man nicht, ob das Wesen „in den Dingen“ liegt oder ob man es als etwas<br />
Sprachliches auffassen soll.<br />
Und wenn man probeweise annimmt, eine <strong>Definition</strong> würde das Wesen von etwas<br />
ausdrücken, dann müßte zusätzlich herausgef<strong>und</strong>en werden, ob tatsächlich dieses<br />
Wesen <strong>und</strong> kein anderes ausgedrückt ist, <strong>und</strong> ob es wirklich das Wesen ist <strong>und</strong> nicht<br />
etwas Nebensächliches. Man müßte also das Wesen vor <strong>und</strong> unabhängig von der <strong>Definition</strong><br />
klar vorliegen haben, um zweifelsfrei überprüfen zu können, ob es durch die<br />
<strong>Definition</strong> zum Ausdruck gebracht ist. Folglich wird die <strong>Definition</strong> sinnlos <strong>und</strong> unnütz,<br />
da sie ja nur etwas zum Ausdruck bringen könnte, was schon anderweitig ausgedrückt<br />
worden ist.<br />
Es ist <strong>des</strong>halb klar, daß <strong>Definition</strong>en nichts mit einem wie immer auch gearteten Wesen<br />
zu tun haben.<br />
In bezug auf den Ausdruck <strong>„Gott“</strong> ergibt sich daraus unmittelbar, daß weder <strong>Definierbarkeit</strong><br />
noch Nichtdefinierbarkeit mit Wesensspekulationen darüber, was von<br />
Gottes Wesen ganz oder teilweise zugänglich ist, auch nur im entferntesten in Zusammenhang<br />
stehen.<br />
5.3. Irreführend ist ferner die Unterscheidung zwischen Realdefinitionen <strong>und</strong> Nominaldefinitionen.<br />
Sie erweckt den Eindruck, daß es verschiedene Sorten von <strong>Definition</strong>en<br />
gäbe, solche, die reale Dinge definieren, <strong>und</strong> solche, die sprachliche Ausdrükke<br />
definieren.<br />
Die „Realdefinitionen“ sind aber in Wahrheit keine <strong>Definition</strong>en, sondern empirische<br />
Beschreibungen, da sich <strong>Definition</strong>en überhaupt nicht auf außersprachliche Dinge<br />
64 Vgl. Aristoteles, Top. I, 5, 101b; Dimitriu, Anton: History of Logic. I. 1977, 159.<br />
65 Vgl. von Kutschera, aaO, 357; Dubislav, aaO, 2-7.
29<br />
beziehen können.<br />
Nur die Nominaldefinitionen entsprechen weitgehend der modernen Auffassung,<br />
weil sie den innersprachlichen Charakter der <strong>Definition</strong>en betreffen (siehe 1.1.4.,<br />
2.2., 2.2.1. <strong>und</strong> 2.2.2.).<br />
Daß nur Nominaldefinitionen als <strong>Definition</strong>en gelten können, geht auf Thomas Hobbes<br />
(1588-1679) zurück. 66<br />
5.4. Ungerechtfertigt ist auch die Unterscheidung von synthetischen <strong>und</strong> analytischen<br />
<strong>Definition</strong>en.<br />
Eine synthetische <strong>Definition</strong> soll eine Festsetzung sein, 67 „in der eine Zeichenmenge<br />
zusammengefaßt <strong>und</strong> durch ein neues Zeichen ersetzbar gemacht wird,“ 68 während<br />
eine analytische <strong>Definition</strong> keine Festsetzung, sondern eine Feststellung sein soll, die<br />
wahr oder falsch ist. 69<br />
Demnach ist die analytische <strong>Definition</strong>, unabhängig davon, was sie feststellt, empirisch<br />
<strong>und</strong> folglich keine <strong>Definition</strong>, sondern eine Aussage oder Beschreibung. Diese<br />
Auffassung von „analytisch“ entspricht außerdem nicht der in der Logik üblichen. 70<br />
Doch auch die synthetischen <strong>Definition</strong>en sind nicht einwandfrei, wenn sie einerseits<br />
Äquivalenzen 71 , andererseits aber als rein intensional 72 vorgestellt werden. Denn<br />
Äquivalenz heißt Wahrheitswertverlaufsgleichheit, <strong>und</strong> der Wahrheitswert ist gerade<br />
die Extension einer Aussage.<br />
Der <strong>Definition</strong> liegt zwar primär das Interesse an der Intension zugr<strong>und</strong>e, aber eine<br />
Intension existiert nicht losgelöst vom Bezug zur Extension. Deshalb erfaßt jede <strong>Definition</strong><br />
stets die betreffenden Extensionen. Überdies haben zu definierende Prädikate<br />
immer Extensionsgleichheit zur Voraussetzung (siehe 2.1.1.1., 2.1.1.2., 4.1. <strong>und</strong><br />
4.2.).<br />
6. Die „Nichtdefinierbarkeit Gottes“<br />
6.1. Die Antwort auf die Frage nach der <strong>Definierbarkeit</strong> Gottes, bzw. wie es richtig<br />
heißen muß, <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> (siehe 1.1.4.), lautet in der theologischen Tradition<br />
hauptsächlich verneinend. 73 Unter den Gründen, die dafür geltend gemacht<br />
66 Vgl. Hobbes, Thomas: De corpore. 2, 10; 5, 7; Dubislav, aaO, 21.<br />
67 Vgl. Härle, aaO, 29f.<br />
68 Ebd. 25.<br />
69 Vgl. ebd. 30.<br />
70 Vgl. Carnap, Rudolf: Einführung in die Philosophie der Naturwissenschaft. München 1969, 255-270.<br />
71 Vgl. Härle, aaO, 27; Gabriel, Gottfried: <strong>Definition</strong>en <strong>und</strong> Interessen. (problemata 13) 1972, 27.<br />
72 Vgl. Härle, aaO, 28; Gabriel, aaO, 28.<br />
73 Vgl. Luthardt, Chr. Ernst: Kompendium der Dogmatik. Völlig umgearb. u. erg. v. Robert Jelke. Leipzig 14 1937, 139;<br />
Ratschow, Carl Heinz: Lutherische Dogmatik zwischen Reformation <strong>und</strong> Aufklärung. II. Gütersloh 1964, 59-75;
30<br />
werden, finden sich logische <strong>und</strong> außerlogische.<br />
Zu den außerlogischen Gründen zählt z.B. die Behauptung, daß „wir Gott nie völlig<br />
begreifen, nie im strengen Sinne wissen, was Gott ist“ 74 . Diese Behauptung hat, unabhängig<br />
davon, ob sie sachlich zu bejahen ist oder nicht, mit der <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> nichts zu tun, da sie auf einer Verwechslung von <strong>Definition</strong> <strong>und</strong><br />
empirischer Beschreibung beruht (siehe 1.1.5.). Sie ist <strong>des</strong>halb als Begründung für<br />
die Nichtdefinierbarkeit wegen Sachfremdheit zurückzuweisen.<br />
Die fehlerhafte Verbindung von Nichtdefinierbarkeit <strong>und</strong> Nichterkennbarkeit kommt<br />
auch noch in einer um einige Punkte vermehrten Fassung vor. Sie lautet als Erklärung<br />
für „deus definiri nequit“: „Was sich aber nicht definieren, d.h. in der logischen<br />
Form <strong>des</strong> Urteils nicht darstellen läßt, das kann nicht in der Weise vorliegen, daß es<br />
als ein eindeutig bestimmter Sachverhalt aufweisbar ist. Es kann nicht eigentlich erkannt<br />
werden. Mehr noch: es kann im Sinne der Tradition nicht einmal wahr sein.“ 75<br />
Zu der Abwegigkeit, daß Nichtdefinierbarkeit logisch nicht darstellbar sei (siehe<br />
3.3.), tritt die empirische Vermutung, daß Nichtdefinierbares als Sachverhalt nicht<br />
aufweisbar wäre. Letzteres mag vielleicht möglich sein, ergibt sich aber nicht im geringsten<br />
aus Nichtdefinierbarkeit, ebensowenig wie sich aus Nichtdefinierbarkeit<br />
Nichterkennbarkeit ergibt. Und daß Nichtdefinierbares nicht wahr sein könne, ist<br />
falsch, wenn Aussagen mit nichtdefinierbaren Ausdrücken gemeint sein sollten, <strong>und</strong><br />
ungereimt, wenn an nichtdefinierbare Ausdrücke als Bestandteile von Aussagen gedacht<br />
ist.<br />
6.2. Ein dem Anschein nach sprachlogisch anmutender Versuch, die „Nichtdefinierbarkeit<br />
Gottes“ mit einer Begründung zu versehen, ist die folgende Annahme:<br />
„Der Logiker würde heute die Nichtdefinierbarkeit Gottes damit begründen, daß<br />
<strong>„Gott“</strong> kein Autosemantikon sei, sondern ein Synsemantikon: ein Wort, das seine<br />
Bedeutung erst durch die Redewendung, in der es gebraucht wird, erhält.“ 76<br />
Auch das ist jedoch vollkommen falsch, 77 <strong>und</strong> es ist offenk<strong>und</strong>ig, daß der Logiker so<br />
etwas tatsächlich nicht behaupten würde.<br />
Als erstes kann nicht von der „Nichtdefinierbarkeit Gottes“ gesprochen werden, sondern<br />
nur von der Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong>, doch auch dies gibt es<br />
ja nicht im prinzipiellen Sinn (siehe 1.1.3. <strong>und</strong> 3.3.). Es ist daher schon ganz verkehrt,<br />
dem Logiker zu unterstellen, daß er die sogenannte „Nichtdefinierbarkeit Got-<br />
Sparn, Walter: Wiederkehr der Metaphysik. Stuttgart 1976 (CThM 4), 141; Jüngel, Eberhard: Gott als Geheimnis<br />
der Welt. Tübingen 4 1982, 7; Link, Christian: In welchem Sinn sind theologische Aussagen wahr? EvTh 42, 1982,<br />
523; Härle, aaO, 230, Anm. 38.<br />
74 Ebeling, Gerhard: Existenz zwischen Gott <strong>und</strong> Wort. In: Wort <strong>und</strong> Glaube. II. Beiträge zur F<strong>und</strong>amentaltheologie<br />
<strong>und</strong> zur Lehre von Gott. Tübingen 1969, 269.<br />
75 Link, aaO, 523.<br />
76 Ebeling, Gerhard: Gott <strong>und</strong> Wort. In: Wort <strong>und</strong> Glaube. II, 416, Anm. 12; vgl. Dogmatik, I, 182f.<br />
77 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, „Deus“, 52, 78f.
31<br />
tes“ überhaupt irgendwie begründen würde.<br />
Zweitens muß von einem Bedeutungsbegriff ausgegangen werden, der semantisch<br />
f<strong>und</strong>iert ist, <strong>und</strong> nach dem die Bedeutung eines sprachlichen <strong>Ausdrucks</strong> stets ein anderer<br />
sprachlicher Ausdruck ist (siehe 1.1.4. <strong>und</strong> 2.2.).<br />
Der Unterschied zwischen Autosemantika <strong>und</strong> Synsemantika bezieht sich somit weder<br />
darauf, ob ein Ausdruck selbst Bedeutung hat, noch darauf, ob er vom Kontext<br />
Bedeutung erhält oder nicht.<br />
Ein Autosemantikon zu verstehen als einen Ausdruck, der selbst Bedeutung hat, ist<br />
offensichtlich nichtssagend, da jeder Ausdruck Bedeutung hat, wie z.B. die Wörterbücher<br />
zeigen, abgesehen von speziellen Illustrationskonstruktionen, wie etwa dem<br />
stoischen „βλίτυρι“, die genau zu dem Zweck erf<strong>und</strong>en wurden, um zu zeigen, was<br />
Bedeutungslossein heißt. Ein Ausdruck, der keine Bedeutung hat, ist eine sinnlose<br />
Artikulation.<br />
So muß ein synsemantischer Ausdruck ebenfalls selbst Bedeutung haben, wenn er<br />
keine sinnlose Artikulation sein soll. Das „syn“ in „synsemantisch“ schließt nicht etwa<br />
aus, daß ein Synsemantikon Bedeutung hat, sondern bezieht sich auf die kontextuelle<br />
Einschränkung <strong>des</strong> Bedeutungsbereichs, der für diesen Ausdruck vorliegt, keineswegs<br />
jedoch darauf, daß der Kontext eine zunächst nicht vorhandene Bedeutung<br />
erst herstellen oder verleihen würde.<br />
Z.B. die Präposition „μετά“. Ihr Bedeutungsbereich enthält min<strong>des</strong>tens die Elemente<br />
„mit“ <strong>und</strong> „nach“ (temporal). Der Kontext beschränkt diesen Bedeutungsbereich auf<br />
nur ein Element, je nachdem, ob ein Genitiv oder Akkusativ folgt. Auch ohne Kontext<br />
hat die Präposition sehr wohl Bedeutung, sogar mehrere, unter denen der Kontext<br />
eine Auswahl trifft. Mit (syn) dem Kontext wird eine passende Bedeutung aus<br />
dem Bedeutungsspektrum gewählt, aber nicht eine Bedeutung verliehen.<br />
In semantischer Hinsicht kann zu den Synsemantika im eben erwähnten Sinn im<br />
Prinzip je<strong>des</strong> Wort gehören, wenn auch unter syntaktischem Aspekt kasusabhängige<br />
Ausdrücke wie die Präpositionen, ferner Konjunktionen, Artikel <strong>und</strong> Hilfsverben besonders<br />
deutliche Teilklassen darstellen. 78 Aber die Auffassung, daß ein Synsemantikon<br />
ein Wort sei, „das seine Bedeutung erst durch die Redewendung, in der es gebraucht<br />
wird, erhält“, ist auf jeden Fall unrichtig. Der Unterschied zwischen Synsemantika<br />
<strong>und</strong> Autosemantika ist kein Unterschied <strong>des</strong> Bedeutunghabens, sondern <strong>des</strong><br />
Gra<strong>des</strong> der kontextuellen Bedeutungsbeschränkung.<br />
Drittens ist unzutreffend, daß die Nichtdefinierbarkeit eines sprachlichen <strong>Ausdrucks</strong><br />
mit <strong>des</strong>sen grammatischer Klassifizierung als autosemantisch oder synsemantisch in<br />
Zusammenhang gebracht wird. Dem Zitat nach sieht es so aus, als ob die Autose-<br />
78 Vgl. Gr<strong>und</strong>züge einer deutschen Grammatik. Von einem Autorenkollektiv unter der Leitung v. Karl Erich Heidolph,<br />
Walter Flämig u. Wolfgang Motsch. Berlin 1981, 462, 698f.
32<br />
mantika definierbar wären, weil sie selbst Bedeutung hätten, die Synsemantika aber<br />
wären nicht definierbar, weil sie keine Bedeutung hätten, sondern diese erst durch<br />
Einsetzen in Phrasen erhalten würden. <strong>Definierbarkeit</strong> gerät damit in Abhängigkeit<br />
von Annahmen über das Bedeutunghaben gewisser Ausdrücke.<br />
Doch das ist bereits aus den genannten Gründen falsch, <strong>und</strong> zusätzlich, weil nicht erkannt<br />
ist, daß nur durch <strong>Definition</strong> eine neue Bedeutung vereinbart werden kann.<br />
Selbst wenn es bedeutungslose Ausdrücke im Sinne der Ebelingschen Synsemantika<br />
geben würde, hätte auch dies wiederum nichts mit deren <strong>Definierbarkeit</strong> zu tun, da<br />
man ihnen sehr leicht durch <strong>Definition</strong> eine Bedeutung zuordnen kann. Folglich würden<br />
die ehedem für synsemantisch gehaltenen Ausdrücke dann autosemantisch geworden<br />
sein, <strong>und</strong> die Synsemantika wären verschw<strong>und</strong>en.<br />
6.3. Die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung hat insbesondere Thomas von Aquin<br />
vertreten <strong>und</strong> in charakteristischer Weise logisch begründet. Dieser Begründung<br />
kommt daher besondere Relevanz zu.<br />
Die vier wichtigsten, einschlägigen Stellen lauten wie folgt:<br />
(9) „Ex quo etiam patet quod deus definiri non potest: quia omnis definitio est ex<br />
genere et differentis.“ 79<br />
(10) „<strong>und</strong>e manifestum est quod deus non est in genere sicut species. et ex hoc patet<br />
quod non habet genus, neque differentias; neque est definitio ipsius; neque demonstratio,<br />
nisi per effectum, quia definitio est ex genere et differentia, demonstrationis<br />
autem medium est definitio.“ 80<br />
(11) „Ad quintum dicendum, quod deus definiri non potest. omne enim quod definitur,<br />
in intellectu definientis comprehenditur; deus autem est incomprehensibilis ab<br />
intellectu.“ 81<br />
(12) „ostensum est autem, quod divina essentia non concluditur sub aliquo genere,<br />
nec sub aliqua specie. <strong>und</strong>e non potest eius esse aliqua definitio.“ 82<br />
Nach diesen Zitaten wird die Behauptung der Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong><br />
<strong>„Gott“</strong> nur in (11) außerlogisch, in (9), (10) <strong>und</strong> (12) dagegen rein logisch begründet.<br />
Der Verweis auf die „incomprehensibilitas“ Gottes in (11) kann wegen <strong>des</strong> nicht anzuerkennenden<br />
Zusammenhangs von <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>und</strong> Erkennbarkeit bereits als<br />
erledigt gelten (siehe 1.1.5.). Auch der in (10) erwähnte Zusammenhang zwischen<br />
<strong>Definition</strong> <strong>und</strong> Beweis kann nicht akzeptiert werden, da ein Beweis im Zeigen einer<br />
allgemeingültigen Folgerung besteht, deren Gültigkeit durch <strong>Definition</strong>en nicht be-<br />
79 Summa contra gentiles, lb 1 cp 25 n. 7.<br />
80 ST 1 qu 3 ar 5 co; vgl. Quaest. disp. de potentia, qu 7 ar 3 ra 4; De ente et essentia, cp 6.<br />
81 De potentia, qu 7 ar 3 ra; vgl. qu 7 ar 3 sc 2; Contra errores graecorum, ps 1 cp 1.<br />
82 Compendium theologiae, lb 1 cp 26.
33<br />
rührt wird (siehe 3.1., 3.2., 3.4. <strong>und</strong> 4.3.). 83<br />
Die charakteristisch thomasische Begründung dafür, daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> nicht<br />
definierbar sei, ist wesentlich in der Anführung <strong>des</strong> logischen Lehrsatzes „definitio<br />
est ex genere et differentias“ gegeben, der in der Tradition gewöhnlich die Form „definitio<br />
fit per genus proximum et differentiam specificam“ hat, 84 <strong>und</strong> seiner Anwendung<br />
auf das Prädikat <strong>„Gott“</strong>. Die Begründung besagt, daß <strong>„Gott“</strong> nicht unter eine<br />
Gattung (Klasse) fällt <strong>und</strong> auch keine (spezifischen) Differenzen aufweist. Die<br />
Nichtdefinierbarkeitsbegründung läßt sich jedoch gemäß (10) einstweilen auf „deus<br />
non habet genus“ reduzieren, da dies den (spezifischen) Differenzen gegenüber primär<br />
ist, wie die folgende Aussage <strong>des</strong> Thomas belegt:<br />
„genus enim dividitur in species per oppositas differentias.“ 85<br />
Die Nichtdefinierbarkeitsbegründung „deus non habet genus“ erlaubt eine verhältnismäßig<br />
selbständige Behandlung, wenn in Rechnung gestellt wird, daß die gesamte<br />
thomasische <strong>Definition</strong>slehre die meisten der schon kritisierten Elemente enthält, wie<br />
daß eine <strong>Definition</strong> das Wesen ausdrücken würde 86 (siehe 5.2.), oder daß eine <strong>Definition</strong><br />
wahr oder falsch wäre 87 (siehe 3.4.).<br />
7. „Deus non habet genus“<br />
7.1. Die sich in dem herkömmlichen Lehrsatz „definitio fit per genus proximum<br />
et differentiam specificam“ ausdrückende Auffassung der <strong>Definition</strong> entspricht nicht<br />
der modernen Auffassung als Metatheorie formaler Systeme (siehe 3.4.), sondern gehört<br />
zur Mengenlehre, von der sie als Teil anzusehen ist, bzw. als deren Anwendung<br />
sie gelten kann. Diese mengen- oder klassentheoretische Auffassung geht auf Aristoteles<br />
zurück 88 <strong>und</strong> besagt, daß die <strong>Definition</strong> in der Angabe eines Art-Gattung-Verhältnisses<br />
oder einer Teilklassen-Klassen-Relation besteht.<br />
Um das zu illustrieren, sei z.B. das Prädikat „Mensch“ gegeben. Dessen Extension<br />
(genus) ist die Klasse aller der Objekte, auf die das Prädikat „Mensch“ zutrifft. Um<br />
hierfür ein genus proximum (nächsthöhere Gattung) zu finden, muß eine umfangreichere<br />
Klasse gesucht werden, die zusätzlich zu den Extensionselementen der Gattung<br />
der Menschen noch weitere enthält. Eine solche Klasse ist etwa die der Lebewesen,<br />
denn sie umfaßt sowohl die Extensionselemente <strong>des</strong> Prädikats „Mensch“ als<br />
83 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, C.: Logik der thomasischen Gottesbeweise. Ein Beitrag zur Aussagenlogik bei Thomas von Aquin.<br />
Franziskanische Studien 71, 1989, 212-223; Existenz-Simulation in den Gottesbeweisen. In: Das Phänomen der „Simulation“.<br />
Beiträge zu einem semiotischen Kolloquium. Hg. v. Erhardt Güttgemanns. Bonn 1991 (FThL 17), 86-<br />
106.<br />
84 Vgl. Boethius, De syllogismo categorico, PL 64, 794f; In Topica Ciceronis commentaria, PL 64, 1088-1090; Commentaria<br />
in Porphyrium, PL 64, 125; Liber de divisione, PL 64, 880.<br />
85 In lib. post anal., lb 1 cp 12.<br />
86 Vgl. ST 1 qu 13 ar 1 co; qu 29 ar 2 co; SCG lb 1 cp 21 n. 3; lb 2 cp 93 n. 2; lb 4 cp 40 n. 5; De ente et essentia, cp 1;<br />
De potentia, qu 9 ar 1 ag 7; In librum Boethii de trinitate, lb 3 cp 6 ar 4 sc 3.<br />
87 Vgl. In librum post anal., lb 1 ar 26 n. 3; In lib. met., lb 5 cp 22 n. 13.<br />
88 Vgl. Met. 998 b 16f; Seebohm, Thomas M.: Philosophie der Logik. Freiburg, München 1984, 75.
34<br />
auch die <strong>des</strong> Prädikats „Tier“, bzw. die Klassen der Menschen <strong>und</strong> Tiere sind beide<br />
in der Klasse der Lebewesen enthalten. Folglich sind die Extensionen von „Mensch“<br />
<strong>und</strong> „Tier“ Teilklassen der Extension von „Lebewesen“, was traditionell heißt, daß<br />
Menschen <strong>und</strong> Tiere Arten (species) bezüglich der Gattung der Lebewesen sind.<br />
Nimmt man Rationalität als Unterschied zwischen diesen Arten, so weist die <strong>Definition</strong><br />
„homo est animal rationale“ das Prädikat „rational“ als differentia specifica aus,<br />
welche die Teilklassen unterscheidet.<br />
Es werden jedoch sofort auch die Schwächen dieses Verfahrens deutlich. 89 Was jeweils<br />
genau genus proximum sein soll, hat keinen präzisen Sinn. So ist z.B. die Klasse<br />
der Menschen in bezug auf die Klasse der Lebewesen eine Art, in bezug auf die<br />
Klasse der Deutschen aber eine Gattung, wie auch das genus proximum nicht die<br />
nächsthöhere Gattung ist – als solche dürfte nur eine um genau ein Element umfangreichere<br />
Klasse zugelassen sein –, sondern bloß irgendeine umfangreichere Klasse.<br />
Auch als differentia specifica genügt schon je<strong>des</strong> beliebige klassendistributive Prädikat,<br />
ohne daß deutlich würde, was das Spezifische genau sein soll.<br />
Mit Hilfe von Arten <strong>und</strong> Gattungen lassen sich keine empirischen Beziehungen erkennen,<br />
sondern nur abstrakte Zuordnungen konstruieren. Ob etwas unter eine Art<br />
oder unter eine Gattung fällt, ist <strong>des</strong>halb eine Frage der Betrachtungsweise <strong>und</strong> nicht<br />
eine Frage der Erkenntnis von der Welt zugr<strong>und</strong>eliegenden Ordnungen.<br />
7.2. Für die Aussage „deus non habet genus“ <strong>und</strong> ihre Entsprechungen gibt es<br />
jetzt zwei Interpretationsmöglichkeiten. Die erste besteht darin, die Aussage so zu<br />
verstehen, daß die Extension <strong>des</strong> Prädikats <strong>„Gott“</strong> keine Teilklasse einer andern<br />
Klasse ist, bzw. daß es kein genus proximum gibt, wobei ausdrücklich zu betonen<br />
ist, daß auch Thomas den Ausdruck <strong>„Gott“</strong> als Prädikat ansieht. 90<br />
Es läßt sich jedoch leicht zeigen, daß für je<strong>des</strong> Prädikat, also auch für <strong>„Gott“</strong>, eine<br />
Klasse existiert, die min<strong>des</strong>tens ein Element mehr enthält als die Extension <strong>des</strong> betreffenden<br />
Prädikats, weil jede Klasse Teilklasse der Allklasse ist, d.h. derjenigen<br />
Klasse, die alle Objekte <strong>des</strong> universalen Bereichs enthält.<br />
Nach dem Abstraktionsprinzip 91<br />
Ⅴγ Λx (x ε γ ≡ Gx)<br />
hat je<strong>des</strong> einstellige Prädikat eine Klasse als Extension, so daß in diesem Fall<br />
γ = {x | Gx}<br />
89 Vgl. Stegmüller, Hauptströmungen, I, 369; von Kutschera, aaO, 356-359.<br />
90 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, aaO, 82f; Liske, Michael-Thomas: Die Perspektive <strong>des</strong> Sprechers <strong>und</strong> ihre logische Bedeutung. Ein<br />
Deutungsversuch zu Thomas von Aquin s. th. I, q. 13, a. 10. ThPh 56, 1981, 111; Dalferth, Ingolf U.: Existenz <strong>und</strong><br />
Identifikation. Erwägungen zum Problem der Existenz Gottes im Gespräch mit der Analytischen Philosophie.<br />
NZSTh 25, 1983, 182f.<br />
91 Vgl. Quine, W. V.: Methods of Logic. London, Henley 3 1978, 251; Stoll, Robert R.: Set Theory. NEBrit (1985) 27,<br />
239b.
die Extensionsklasse <strong>des</strong> Prädikats <strong>„Gott“</strong> ist. Da jede Klasse Teilklasse der Allklasse<br />
U ist, gilt<br />
γ ε U,<br />
was äquivalent ist mit<br />
Λx (x ε γ → x ε U).<br />
Damit ist bewiesen, daß die Extension <strong>des</strong> Prädikats <strong>„Gott“</strong> Teilklasse einer „höheren“,<br />
mehr Elemente enthaltenden Klasse ist, daß es folglich auch ein genus proximum<br />
gibt, nämlich U (oder wahlweise Teilklassen von U mit mehr Elementen als γ),<br />
<strong>und</strong> daß aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong>sen die anders lautenden Annahmen nach (10) falsch sein müssen.<br />
Dieser Zusammenhang erlaubt übrigens eine interessante Berechnung der Extension<br />
von <strong>„Gott“</strong>. 92<br />
Des weiteren folgt, daß die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung gemäß (9), (10) <strong>und</strong><br />
(12) falsch ist, da die dort verlangten Erfordernisse für die <strong>Definierbarkeit</strong> von G soeben<br />
erfüllt werden konnten. Die Bestreitung der Nichtdefinierbarkeitsbegründung<br />
ist dabei von den thomasischen Voraussetzungen her erfolgt, <strong>und</strong> nicht einfach durch<br />
die Ablehnung der in (9) bis (12) zugr<strong>und</strong>eliegenden <strong>Definition</strong>slehre bewerkstelligt<br />
worden.<br />
7.3. Die zweite Interpretationsmöglichkeit für „deus non habet genus“ ergibt sich<br />
daraus, daß <strong>„Gott“</strong> nicht wie in Kapitel 7.2. als Prädikat, sondern eventuell als Individuenkonstante<br />
aufgefaßt werden könnte. Obwohl sich für diese Variante in den<br />
Texten von Thomas kein Anhalt findet, wird sie wegen einer gewissen Vollständigkeit<br />
konstruiert, um zu zeigen, daß es in dieser Richtung keinen Ausweg gibt.<br />
Nach dieser Interpretationsmöglichkeit würde die Behauptung „deus non habet genus“<br />
besagen, daß das Objekt Gott nicht Element einer Klasse ist. Während vorhin<br />
eine Teilklassen-Klassen-Relation vorlag, handelt es sich hier um eine Element-<br />
Klassen-Relation, die nicht mehr mit dem Art-Gattung-Verhältnis zusammenfällt.<br />
Es sei g die Individuenkonstante, eine Abkürzung für den Namen <strong>„Gott“</strong>.<br />
Auf das so bezeichnete Objekt trifft auf jeden Fall irgendein Prädikat zu, andernfalls<br />
bestünde keine Möglichkeit, von Gott als von etwas zu sprechen. 93 Dieses sei F.<br />
Wenn F auf g zutrifft, dann muß – wie das Abstraktionsprinzip zeigt (siehe 7.2.) – g<br />
als Element in der Extensionsklasse <strong>des</strong> Prädikats F enthalten sein. Folglich ist g<br />
Element einer Klasse <strong>und</strong> somit die Ausgangsbehauptung falsch.<br />
35<br />
92 <strong>Zimmer</strong>, C.: Negation <strong>und</strong> via negationis. LingBibl 64, 1990, 79f.<br />
93 Ebd, 81-86.
36<br />
Überdies ist darauf hinzuweisen, daß singuläre Termini generell eliminierbar sind<br />
(siehe 9.1.), so daß die Annahme, bei dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong> würde es sich um einen<br />
Namen handeln, gegenüber der Prädikatsdeutung ohnehin keine Alternative darzustellen<br />
vermag (siehe 9.2.).<br />
Die zweite Interpretationsmöglichkeit ist demnach ebenfalls nicht geeignet, die<br />
Nichtdefinierbarkeitsbehauptung zu stützen. Vielmehr führt sie zu dem Resultat, daß<br />
sich „deus non habet genus“ auch in dieser Hinsicht als unrichtig erweist.<br />
7.4. Aufgr<strong>und</strong> der in den beiden letzten Kapiteln angestellten Überlegungen ist<br />
der Versuch, die Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> unter Inanspruchnahme<br />
<strong>des</strong> <strong>Definition</strong>sverfahrens nach genus proximum <strong>und</strong> differentia specifica zu begründen,<br />
als Fehlschlag abzulehnen.<br />
Dieser Versuch führt vor allem <strong>des</strong>wegen nicht zu dem Beabsichtigten, weil die konsequente<br />
Anwendung <strong>des</strong> mengentheoretischen Verfahrens „definitio fit per genus<br />
proximum et differentiam specificam“ auf das Prädikat <strong>„Gott“</strong> gerade das Gegenteil<br />
<strong>des</strong> von Thomas in (9), (10) <strong>und</strong> (12) Behaupteten ergibt, so daß die Nichtdefinierbarkeit<br />
selbst dann nicht auf diese Weise zu begründen ist, wenn man das unzureichende<br />
<strong>Definition</strong>sverfahren probeweise anerkennt.<br />
Gegen dieses Ergebnis könnten jetzt vermutlich Einwände vorgebracht werden, etwa<br />
derart, daß man mit modernen Vorstellungen <strong>und</strong> Begriffen wie „Klasse“, „Extension“<br />
usw. den Gedanken <strong>des</strong> Thomas „nicht gerecht“ werden würde. Solche Einwände<br />
sind jedoch wegen der folgenden Gründe hinfällig:<br />
Die extensionale Betrachtung, worunter zu verstehen ist, daß einem Prädikat eine<br />
Klasse – die Extension – zugeordnet wird, gebildet aus den Elementen, auf welche<br />
das Prädikat zutrifft, geht nach den erhaltenen Zeugnissen min<strong>des</strong>tens bis auf den<br />
Baum <strong>des</strong> Porphyrius von Thyrus (ca. 232 – ca. 304) in der Isagoge zurück, wo die<br />
Begriffe der Extension (<strong>des</strong> Umfangs) <strong>und</strong> der Intension (<strong>des</strong> Inhalts), den heutigen<br />
ziemlich genau entsprechend, vorausgesetzt werden. 94 „Diese Auffassung wird so<br />
weit geführt, daß man hier eigentlich vom Anfang <strong>des</strong> Klassenkalküls sprechen<br />
kann.“ 95 Ihr scholastisches Gegenstück hat sie in der Theorie der einfachen <strong>und</strong> der<br />
personalen Supposition (suppositio simplex, suppositio personalis), an der Thomas<br />
selbstverständlichen Anteil hat, wie den diesbezüglichen Stellen in der Summa theologiae<br />
deutlich entnommen werden kann. 96<br />
Diese engste Verbindung von Theologie <strong>und</strong> Logik, wie sie u.a. bei Thomas wegweisend<br />
auftritt, erfordert auch bei der Interpretation stärkste Berücksichtigung <strong>des</strong><br />
logischen Zusammenhangs, der größeres Gewicht hat als abhängige Einzelbehauptungen.<br />
Es besteht also eher dort eine sachgemäßere Verpflichtung den thomasischen<br />
94 Bochenski, J. M.: Formale Logik. Freiburg, München 3 1970 (Orbis Academicus III/2), 302, 155f.<br />
95 Ebd, 156.<br />
96 Vgl. ST 4 qu 16 ar 7 co; ST 4 qu 16 ar 7 ra 4 sowie die Übersetzung <strong>und</strong> Erläuterung von Bochenski, aaO, 195f<br />
(27.20), 189 (27.08), 209f.
Erörterungen gegenüber, wo man sich die logische Orientierung <strong>des</strong> Thomas zu eigen<br />
macht, auch dann, wenn einigen unhaltbaren Annahmen nicht gefolgt werden<br />
kann.<br />
37<br />
8. Atheistische Konsequenzen der Nichtdefinierbarkeitsbehauptung<br />
8.1. Nachdem sich die als Begründung gedachte Annahme, es gäbe für <strong>„Gott“</strong><br />
keine Gattung, als unrichtig erwiesen hat, verschärft sich die Lage jetzt noch erheblich<br />
dadurch, daß die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung eine atheistische Konsequenz<br />
zu ziehen zwingt. Das wird wie folgt bewiesen:<br />
Die Extensionsklasse für das Prädikat <strong>„Gott“</strong> ist, wie bereits in Kapitel 7.2. gesagt<br />
γ = {x | Gx}.<br />
Als nächstes sind drei Fälle interessant, welche die Anzahl der Elemente betreffen,<br />
die γ nach der polytheistischen, monotheistischen oder atheistischen Option enthalten<br />
könnte:<br />
n ≻ 1,<br />
n = 1,<br />
n = 0,<br />
d.h. nach den Polytheisten trifft G auf mehr als ein Objekt zu, nach den Monotheisten<br />
auf genau eins, <strong>und</strong> nach den Atheisten trifft es auf kein Objekt zu. Somit sind<br />
nach der Anzahl der Elemente, die angenommen werden, drei mögliche Extensionen<br />
oder extensionale Varianten zu unterscheiden, die G zugeordnet erhält:<br />
γ 1 = {x | x ≠ y},<br />
γ 2 = {x | x = y},<br />
γ 3 = {x | x ≠ x}.<br />
„Deus non habet genus“ heißt jetzt in einem präzisen Sinn, daß G keine Extension<br />
hat. Da aber γ 3 äquivalent ist mit<br />
¬ Ⅴx (x ε γ),<br />
d.h. es gibt kein Objekt x, das Element von γ wäre, bedeutet G keine Extension zuordnen<br />
nichts anderes als G die Nullextension zuordnen.<br />
Eine Nicht-Klasse, die sich selbst als Element enthält, 97 enthält dieselben Elemente<br />
wie die Nullklasse, was genau dem mengentheoretischen Gr<strong>und</strong>satz entspricht:<br />
97 Quine, Methods of Logic, 254.
38<br />
„identity of classes is identity of membership“ 98 .<br />
Es läuft also auf dasselbe hinaus zu sagen, G hat keine Extension (Gattung), wie zu<br />
sagen, G hat die Nullextension. Da eine Klasse nicht unabhängig von den durch sie<br />
sprachlich zusammengefaßten Elementen existiert, ist ein extensionsloses Prädikat<br />
nur eine andere <strong>Ausdrucks</strong>weise dafür, daß diesem Prädikat die Nullklasse zugeordnet<br />
wird. Und die Nullextension ist das, was die Atheisten dem Prädikat <strong>„Gott“</strong> zuordnen.<br />
8.2. Die atheistische Konsequenz der Nichtdefinierbarkeitsbehauptung liegt <strong>des</strong>wegen<br />
vor, weil das Prädikat <strong>„Gott“</strong> gemäß „deus non habet genus“ extensionslos<br />
sein soll. Denn wenn es für G keine Extension gibt, dann gibt es auch kein Objekt,<br />
auf das G zutreffen könnte, da die Extension gerade die Klasse derjenigen Objekte<br />
ist, auf die das Prädikat zutrifft. G wäre somit ein atheistischer Ausdruck.<br />
Völlig sinnlos ist es jedoch, wenn mit Hilfe <strong>des</strong> als extensionslos titulierten Prädikats<br />
behauptet wird, es existiere ein bestimmtes Objekt Gott <strong>und</strong> hätte die <strong>und</strong> die bekenntnismäßigen<br />
Eigenschaften, nachdem gerade die Existenz eines solchen Objektes<br />
kraft „deus non habet genus“ unmöglich gemacht worden ist. Die Behauptung<br />
„deus non habet genus“ schließt die Behauptung, daß Gott existiert, aus, weil die eine<br />
Behauptung der andern logisch widerspricht.<br />
Eine monotheistische Existenzbehauptung – die Aussage, daß es genau ein Objekt<br />
gibt, auf das das Prädikat G zutrifft, – der Form<br />
Ⅴx Λy (Gx ∧ Gy ↔ x = y)<br />
ist bereits analytisch falsch, wenn γ = 0. Demzufolge ist die Behauptung der Existenz<br />
Gottes entweder sinnlos oder falsch, wenn gleichzeitig das Prädikat <strong>„Gott“</strong> keine<br />
Gattung hat.<br />
Das Prädikat <strong>„Gott“</strong> mit Nullextension erlaubt weder die Formulierung sinnvoller<br />
noch wahrer theologischer Aussagen, sofern theologische Aussagen jene sind, die<br />
das Prädikat <strong>„Gott“</strong> enthalten 99 . Geht man ferner davon aus, daß sich die Theologie<br />
sprachlich dem Prädikat <strong>„Gott“</strong> nicht nur verdankt, sondern auch darauf angewiesen<br />
bleibt, so stellt „deus non habet genus“ eine Sinnloserklärung der gesamten Theologie<br />
dar.<br />
8.3. Die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung entpuppt sich als chamouflierter Atheismus,<br />
eine Tatsache, die besonders auch dadurch prekär wirkt, daß die Auseinandersetzung<br />
zwischen Theisten <strong>und</strong> Atheisten plötzlich als eine rein inneratheistische<br />
Angelegenheit erscheint. Während sich die Theologie mit einem von außen an sie<br />
herantretenden Atheismus beschäftigt, trägt sie gleichzeitig dazu bei, wenn auch in<br />
98 Hughes, Set Theory, NEBrit (1985) 23, 270b.<br />
99 <strong>Zimmer</strong>, C.: Was ist unter einer theologischen Aussage zu verstehen? FZPhTh 36, 1989, 311-340.
isher anscheinend nicht erkannter Weise, einen internen Atheismus nicht nur nicht<br />
zu liquidieren, sondern in dem dogmatischen Topos der Nichtdefinierbarkeit sogar<br />
dauerhaft zu konservieren. Bezeichnen<strong>des</strong> Licht fällt dabei auf die Dogmatik, die ihre<br />
eigenen atheistischen Bestandteile nicht einmal erkennt. Dieser historisch aufschlußreiche<br />
Umstand zeigt sehr nachdrücklich, welcher Desorientierung <strong>und</strong> welchen<br />
degenerativen Entwicklungen sich die Theologie aussetzt, wenn sie nicht die<br />
Entschlossenheit aufbringt, ihre Äußerungen vorbehaltlos der Logik zu unterwerfen.<br />
Die durch die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung erfolgte Extensionsbeschneidung <strong>des</strong><br />
Prädikats <strong>„Gott“</strong> heißt semantisch, von Chimären sprechen, <strong>und</strong> religionsphilosophisch,<br />
das atheistische Votum fällen. Da aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong>sen nicht einmal gesagt werden<br />
kann, daß Gott existiert, kann auch nicht geglaubt werden, daß Gott existiert. Denn<br />
um etwas glauben zu können, muß vorher etwas gesagt worden sein. Dieser Zusammenhang<br />
lehrt nebenbei, daß klare Aussagen <strong>und</strong> ihre beweisbaren Folgerungen eine<br />
Voraussetzung für Glauben sind, während „Unsagbares“ von vornherein unglaubwürdig<br />
ist, weil es nicht wahrheitsfähig ist.<br />
8.4. Um Mißverständnisse soweit wie möglich auszuschalten, ist es wahrscheinlich<br />
nötig, noch einmal extra herauszustellen, daß es hier nicht Gegenstand, ja nicht<br />
einmal von Interesse ist, jemandem Atheismus vorzuwerfen, sondern zu zeigen, daß<br />
die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung vi formae die atheistische Annahme beinhaltet.<br />
Das darf aber nicht damit verwechselt werden, daß aus dem bloßen Prädikat <strong>„Gott“</strong><br />
etwas bezüglich der Existenz Gottes oder der Anzahl existierender Götter hergeleitet<br />
werden könnte. Die atheistische Konsequenz besteht aufgr<strong>und</strong> der Formgleichheit<br />
<strong>des</strong> angeblich extensionslosen Prädikats mit G, wenn ihm die Nullextension zugeordnet<br />
wird, <strong>und</strong> nicht etwa aufgr<strong>und</strong> einer Existenzbedeutung, die das Prädikat<br />
selbst hätte.<br />
Es mag sein, daß dies alles von den Vertretern der Nichtdefinierbarkeitstheologie<br />
nicht gesehen worden ist, so daß jetzt etwas anderes herauskommt, als ursprünglich<br />
vielleicht beabsichtigt gewesen war. Aber Konsequenzen bestehen unabhängig davon,<br />
was vielleicht beabsichtigt gewesen war, wie auch die Verantwortung für die<br />
Konsequenzen bei denen liegt, die behaupten, woraus die Konsequenzen folgen.<br />
Will man die Konsequenzen vermeiden, dann darf man dasjenige nicht behaupten,<br />
was zu den Konsequenzen führt.<br />
39<br />
9. Logische Syntax <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
9.1. Bei dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong> handelt es sich um ein einstelliges Prädikat. 100 Wie<br />
viele Elemente seine Extension enthält, kann an dem Prädikat nicht abgelesen werden<br />
– wie an Prädikaten generell nicht –, sondern ist eine außerlogische Frage, für<br />
deren Beantwortung je nach der polytheistischen, monotheistischen <strong>und</strong> atheisti-<br />
100 <strong>Zimmer</strong>, „Deus“, 79-87, 91.
40<br />
schen Option eine Klasse mit min<strong>des</strong>tens zwei Elementen, die Einerklasse oder die<br />
Nullklasse angegeben zu werden pflegt (siehe 8.1.). Diese extensionalen Varianten<br />
stellen willkürliche, außerlogische Annahmen dar hinsichtlich <strong>des</strong> Wertebereichs,<br />
über den das Prädikat G laufen soll.<br />
Um mit dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong> etwas anfangen zu können, muß er als ganz normales<br />
Prädikat eingeführt werden ohne leitende Vorurteile über die Anzahl seiner Extensionselemente.<br />
Denn nur mit einem normal funktionierenden Prädikat besteht überhaupt<br />
die Chance, eine monotheistische Aussage mit Minimalplausibilität aufzubauen,<br />
an der die Theologie eigentlich interessiert sein müßte. Das geht folgendermaßen<br />
vor sich:<br />
Man setzt G in die Kennzeichnungsform 101 ein <strong>und</strong> erhält:<br />
℩ x Gx.<br />
Dieser singuläre Terminus wird unter Verwendung der Einzigkeitsbedingung<br />
Λx (Gx ↔ x = y)<br />
eliminiert <strong>und</strong> auf die folgende Existenzquantifikation gebracht:<br />
Ⅴx Λy (Gx ∧ Gy ↔ x = y).<br />
Damit ist gesagt, daß es genau dann ein Objekt x gibt, wenn G darauf zutrifft. An<br />
dieser monotheistischen Aussage (siehe 8.2.) ist klar zu erkennen, daß die Existenzbedeutung<br />
nicht mit dem Prädikat gegeben ist, sondern allein mit der Form der Existenzquantifikation.<br />
9.2. Einige vertreten demgegenüber die Ansicht, daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> ein Name<br />
wäre. 102 Das ist jedoch allein schon wegen der generellen Eliminierbarkeit von<br />
singulären Termini ausgesprochen schlecht überlegt. Von diesem Eliminationsverfahren<br />
ist soeben Gebrauch gemacht worden (siehe 9.1.), denn der singuläre Term ℩ x<br />
Gx kommt in der monotheistischen Existenzbehauptung nicht mehr vor. Doch auch<br />
unabhängig davon fungiert der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> eindeutig <strong>und</strong> prinzipiell als Prädikat,<br />
ein Sachverhalt, der nicht nur unbestreitbar, sondern auch für die Formulierung<br />
theologischer Aussagen ganz gr<strong>und</strong>legend ist.<br />
Die aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Abstraktionsprinzips (siehe 7.2.) Prädikaten zugeordneten Extensionen<br />
sind Klassen als abstrakte Zusammenfassungen von Gegenständen. 103 Diese<br />
101 Ebd, 45-52.<br />
102 Dalferth, aaO, 184; Existenz Gottes <strong>und</strong> christlicher Glaube. Skizzen zu einer eschatologischen Ontologie. München<br />
1984, 86; Joest, aaO, 52; Mildenberger, Friedrich: Gotteslehre. Eine dogmatische Untersuchung. Tübingen<br />
1975, 48-53; van Peursen, Cornelis A.: Das Wort <strong>„Gott“</strong>. Erwägungen eines Philosophen. Göttingen 1969, 6-8;<br />
vgl. dazu <strong>Zimmer</strong>, aaO, 18-44.<br />
103 Vgl. Stegmüller, Probleme I, 113; Quine, Methods, 80, 235-240; Carnap, Rudolf: Der logische Aufbau der Welt.<br />
Frankfurt, Berlin, Wien 4 1974 (Ullstein-Buch 35007), 44, 49f.
Zusammenfassungen haben, weil sie abstrakt sind, gr<strong>und</strong>sätzlich sprachlichen Charakter,<br />
d.h. sie existieren nur als sprachliche Operationen. Das Operieren mit Klassen<br />
ist eine Form <strong>des</strong> Ökonomieprinzips der Sprache, insofern als das Handhaben von<br />
Klassen eine sprachlich abkürzende Funktion hat, die darin besteht, daß man von allen<br />
Elementen einer Klasse etwas Gemeinsames sagen kann, ohne je<strong>des</strong> Element einzeln<br />
aufzählen zu müssen.<br />
Daß die Zuordnung einer Extension zu einem Prädikat eine sprachlich-abstrakte<br />
Operation darstellt, kann insbesondere nicht heißen, daß es sich um eine Aussage<br />
über die empirische Existenz der Extensionselemente handeln würde. Ob es Objekte<br />
gibt, <strong>und</strong> wie viele es sind, auf die ein Prädikat zutrifft, sind empirische Fragen, die<br />
mit der sprachlichen Konstruktion von Klassen nicht verwechselt werden dürfen.<br />
Hat man z.B. ein einzelnes Prädikat, so sagt dieses nichts darüber aus, ob es Objekte<br />
gibt, auf die es zutrifft, bzw. auf wie viele es zutrifft. Um das herauszubekommen,<br />
braucht man die Objekte, das Prädikat allein genügt nicht.<br />
Deshalb ist auch die Vorstellung zurückzuweisen, daß ein Prädikat automatisch auf<br />
Mehreres (de pluribus) zutreffen würde 104 . Ein Prädikat kann auf Mehreres zutreffen,<br />
muß es aber nicht. Es kann genausogut auf nichts zutreffen oder auf nur ein Element.<br />
Worauf es aber zutrifft, kann nicht am Prädikat abgelesen werden, sondern verlangt<br />
die Berücksichtigung der Objekte, über die mit Hilfe <strong>des</strong> Prädikats gesprochen werden<br />
soll.<br />
Der Irrtum, daß Prädikate angeblich stets auf Mehreres zutreffen würden, war auch<br />
der Gr<strong>und</strong> dafür, daß einige glaubten, der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> als Prädikat bedeute Polytheismus<br />
105 . Da jedoch ein Prädikat allein keine Existenzaussage ist, kann leicht<br />
eingesehen werden, daß dies falsch sein muß.<br />
9.3. Die gelegentlich begegnende Ansicht, der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> sei ein Synkategorema,<br />
die durchweg auf Unklarheit über die mit Priscian beginnende grammatische<br />
<strong>und</strong> in der Scholastik eindeutig logische Terminologie beruht, muß als Absurdität<br />
bewertet werden, 106 weswegen sie hier nicht noch einmal berührt zu werden<br />
braucht, zumal eine teilweise ähnlich irrige Meinung, die von Ebeling (siehe 6.2.),<br />
schon erwähnt worden ist. Demgegenüber stellt die Behauptung, daß <strong>„Gott“</strong> als Interjektion<br />
107 zu bestimmen wäre, einen pseudo-grammatischen Mißgriff dar. Vollständig<br />
irrational <strong>und</strong> ohne jeden theoretischen Erklärungswert ist schließlich die in<br />
41<br />
104 Vgl. Aristoteles, Top. A 5, 102 a 31f; Thomas von Aquin, SCG lb 1 cp 25 n. 4; Brody, Boruch A.: Logical Terms,<br />
Glossary of. EncPh 5, 65b.<br />
105 Vgl. Sauter, Gerhard u. Axel Stock: Arbeitsweisen systematischer Theologie. Eine Anleitung. München, Mainz<br />
1976 (studium theologie; 2), 132; Kamlah, Wilhelm u. Paul Lorenzen: Logische Propädeutik oder Vorschule <strong>des</strong><br />
vernünftigen Redens. Rev. Ausg. Mannheim, Wien, Zürich 1974 (B.I. Hochschultaschenbücher; 227/227a), 173;<br />
Wessel, Horst: Logik <strong>und</strong> Philosophie. Berlin 1976 (Weltanschauung heute; 9), 127; vgl. dazu <strong>Zimmer</strong>, aaO, 84-<br />
87.<br />
106 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, aaO, 52-79.<br />
107 Ebeling, Gerhard: Existenz zwischen Gott <strong>und</strong> Gott. Ein Beitrag zur Frage nach der Existenz Gottes. In: Wort <strong>und</strong><br />
Glaube, II, 286.
42<br />
den Bereich der Magie verweisende Meinung, der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> sei als nota presentis<br />
rei 108 aufzufassen.<br />
10. <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
10.1. Es kann jetzt eine <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> vorgestellt werden, die<br />
die Theologie der Logik verdankt. Sie stammt von W. K. Essler, der in seinem Werk<br />
Wissenschaftstheorie, Band 1, von 1970, 2. Auflage 1982, eine <strong>Definition</strong> mit dem<br />
Definiens „erste Ursache“ („prima causa“) gegeben hat, nachdem er sie bereits in seinem<br />
Buch Einführung in die Logik <strong>und</strong> 1967 in einem Aufsatz in den Franziskanischen<br />
Studien verwendet hatte, ohne daß dies theologischerseits in dem notwendigen<br />
Maße zur Kenntnis genommen worden wäre.<br />
Diese <strong>Definition</strong> geht auf Thomas von Aquin zurück, der, obwohl er die <strong>Definierbarkeit</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> verneint hat (siehe 6.3.), bei seinen Gottesbeweisen doch<br />
definitorische Festlegungen treffen mußte, die sich zu einer geeigneten, mit den traditionellen<br />
Vorstellungen konformlaufenden <strong>Definition</strong> ausbauen lassen. Die auf<br />
thomasischen Gr<strong>und</strong>gedanken fußende <strong>Definition</strong> von Essler entspricht den erläuterten<br />
Bedingungen (siehe 4.3.) <strong>und</strong> dient im Zusammenhang seiner Ausführungen als<br />
Beispiel <strong>und</strong> Illustration der modernen <strong>Definition</strong>stheorie. Deren Nutzeffekt <strong>und</strong> Anwendungsbreite<br />
auch für speziell theologische Belange ist damit unmittelbar augenscheinlich.<br />
Ferner ermöglicht diese <strong>Definition</strong> eine monotheistische Interpretation (siehe 8.1.<br />
<strong>und</strong> 9.1.) im Gegensatz zu der atheistischen Nichtdefinierbarkeitsbehauptung (siehe<br />
8.). Der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> fungiert als einstelliges Prädikat. Aus dem Vorliegen dieser<br />
<strong>Definition</strong> folgt, daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> definierbar <strong>und</strong> die gegenteilige Annahme<br />
falsch ist.<br />
Nebenbei wird erwähnt, daß Essler in seinem oben zuerst genannten Werk noch zwei<br />
weitere <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> aufgestellt hat, die in gleicher Weise zur<br />
Wahl stehen wie die im nächsten Kapitel ausführlicher betrachtete mit dem Definiens<br />
„prima causa“. Die erste <strong>Definition</strong>, in modallogischer Form, lautet:<br />
(13) „Ein göttliches Wesen ist notwendig, <strong>und</strong> wenn es überhaupt etwas Notwendiges<br />
gibt, dann ist es ein göttliches Wesen.“ 109<br />
Der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> ist auch hier ein einstelliges Prädikat, weswegen die Formulierung<br />
„göttliches Wesen“ bevorzugt wurde. Würde das Definiendum statt <strong>des</strong>sen als<br />
Individuenkonstante aufgefaßt, so würde (13) keine <strong>Definition</strong>, sondern eine kreative<br />
Aussage sein, da dann die Existenzbehauptung:<br />
108 Ebeling, Gott <strong>und</strong> Wort, 417; Jüngel, aaO, 12.<br />
109 Essler, Wissenschaftstheorie, I, 85.
43<br />
(14) Es gibt genau ein Objekt, das notwendig ist,<br />
die nicht logisch wahr ist, folgen würde. 110 Die zweite <strong>Definition</strong>, mit einem Definiens<br />
aus drei konjunktional verb<strong>und</strong>enen Prädikaten, die wie (13) nichtkreativ ist<br />
<strong>und</strong> Eliminierbarkeit gewährleistet (siehe 3.2. <strong>und</strong> 4.3.), lautet:<br />
(15) „Ein göttliches Wesen ist allmächtig, allgütig <strong>und</strong> allwissend.“ 111<br />
10.2. Ein wesentlicher Punkt für das Definiens „prima causa“, den Thomas in der<br />
sec<strong>und</strong>a via ausdrücklich hervorgehoben hat, besteht darin, daß die Relation <strong>des</strong> Bewirkens,<br />
bei der es sich um eine zweistellige Relation handelt, irreflexiv ist, da<br />
nichts sich selbst bewirken kann:<br />
„nec est possibile, quod aliquid sit causa efficiens sui ipsius; quia sic esset prius seipso,<br />
quod est impossibile.“ 112<br />
Irreflexivität schließt die Annahme einer causa sui aus (siehe 2.1.1.1.). Die Relation<br />
<strong>des</strong> Bewirkens ist <strong>des</strong> weiteren transitiv <strong>und</strong> asymmetrisch. Der Begriff „erste Ursache“<br />
bezüglich <strong>des</strong> Vokabulars „bewirkt“ ist <strong>des</strong>halb nach Thomas so zu definieren:<br />
(16) „Ein Ding ist erste Ursache eines Objekts genau dann, wenn es dieses bewirkt,<br />
aber selbst von keinem Gegenstand bewirkt wird.“ 113<br />
„Unter Benützung der Abkürzung „Eu“ <strong>und</strong> „Wi“ für „erste Ursache“ <strong>und</strong> „bewirkt“<br />
kann dieser Satz in der formalen Objektsprache folgendermaßen formuliert werden:<br />
(16.1) „Λx Λy [ ε Eu ↔ ε Wi & ¬ Ⅴz ( ε Wi)]“.<br />
Das ist für zweistellige Prädikate bzw. Relationen ein Satz der Form:<br />
(17) Λx 1 Λx 2 ( ε S 2 ↔ D);<br />
S 2 ist der durch <strong>Definition</strong> eingeführte Begriff der ersten Ursache, <strong>und</strong> D ist der Teilsatz<br />
(das Definiens)“ 114 .<br />
„Auch durch den folgenden Satz wird der Begriff „erste Ursache“ im Vokabular, bestehend<br />
aus „bewirkt“, definiert:<br />
(18) „Wenn ein Ding erste Ursache eines anderen ist, so bewirkt es dieses <strong>und</strong><br />
wird selbst von keinem Gegenstand bewirkt, <strong>und</strong> wenn es keine erste Ursache jenes<br />
anderen ist, so ist es, wenn es jenes bewirkt, selbst von einem Gegenstand bewirkt.“<br />
110 Vgl. ebd.<br />
111 Ebd.<br />
112 ST 1 qu 2 ar 3 co.<br />
113-119 Essler, aaO, 88-90; Numerierung <strong>und</strong> Hervorhebungen hinzugefügt.
44<br />
Dieser Satz, der die Konjunktion aus einer hinreichenden <strong>und</strong> einer notwendigen Bedingung<br />
für den Begriff „erste Ursache“ darstellt, ist logisch äquivalent mit jener<br />
universellen Äquivalenz (siehe 4.1.) <strong>und</strong> kann <strong>des</strong>halb mit gleichem Recht „<strong>Definition</strong>“<br />
genannt werden.“ 115<br />
„Wegen <strong>des</strong> Extensionalitätsprinzips der Klassenalgebra (nach dem extensionsgleiche<br />
Prädikate identisch sind, weil zwei Extensionsklassen identisch sind, wenn sie<br />
dieselben Elemente enthalten) ist die universelle Äquivalenz<br />
(19) Λx 1 ... Λx n ( ε S n ↔ D),<br />
logisch äquivalent mit<br />
(20) S n = λx 1 ... x n D.<br />
Der Begriff der ersten Ursache hätte daher auch durch die folgende Identitätsaussage<br />
eingeführt werden können:<br />
(21) „Die Relation der ersten Ursache ist identisch mit dem Inbegriff (der Gesamtheit,<br />
der Klasse) der geordneten Paare von Dingen, deren erstes das zweite bewirkt,<br />
aber selbst von keinem Gegenstand bewirkt wird“, symbolisch:<br />
116<br />
(21.1) „Eu = λxy [ ε Wi & ¬ Ⅴz ( ε Wi)]“.“<br />
Die Asymmetrie der Relation „bewirkt“ <strong>und</strong> damit der ersten Ursache kommt hier<br />
explizit zum Ausdruck. Vor allem aber ist der Sachverhalt von Belang, daß die <strong>Definition</strong>en<br />
(16) bzw. (16.1), (18) <strong>und</strong> (21) bzw. (21.1) nur in der Art der Formulierung<br />
differieren, dem intuitiven Gehalt <strong>des</strong> Begriffs „erste Ursache“ nach jedoch übereinstimmen.<br />
Demzufolge kann auch jede von ihnen wahlweise für die <strong>Definition</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> benutzt werden. Die <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> mit dem inzwischen<br />
hinreichend geklärten Definiens „erste Ursache“ lautet jetzt wie folgt:<br />
(22) „„Etwas ist ein göttliches Wesen genau dann, wenn es sich nicht selbst bewirkt,<br />
wenn es alle anderen Dinge bewirkt, aber von keinem anderen Ding bewirkt<br />
wird.“<br />
Über die damit logisch gleichwertige, aber umständlichere Formulierung<br />
(22.1) „Für jeden Gegenstand x gilt: x ist ein göttliches Wesen genau dann, wenn x<br />
nicht x bewirkt, <strong>und</strong> wenn für alle Dinge y gilt: falls y von x verschieden ist, so bewirkt<br />
x y, aber y nicht x“<br />
erhält man den Satz der symbolischen Sprache:<br />
(22.2) „Λx [x ε Gt ↔ ¬ ( ε Wi) &<br />
Λy (y ≠ x → ε Wi & ¬ ( ε Wi))]“.“ 117
Für <strong>„Gott“</strong> steht hier „Gt“, sonst war bisher „G“ verwendet worden. Logisch gleichwertig<br />
ist auch diese <strong>Definition</strong>:<br />
(23) „„Ein göttliches Wesen ist der Inbegriff der Dinge, die sich nicht selbst bewirken,<br />
die alle anderen Dinge bewirken, aber von keinem anderen Ding bewirkt<br />
werden“, symbolisch:<br />
(23.1) „Gt = λx [¬ ( ε Wi) & Λy (y ≠ x → ε Wi &<br />
¬ ( ε Wi))]“.“ 118<br />
10.3. Läßt man die Formulierungsunterschiede zwischen (22) bis (23.1) außer acht,<br />
so stehen jetzt min<strong>des</strong>tens drei inhaltlich verschiedene <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong><br />
<strong>„Gott“</strong> zur Wahl, nämlich (13), (15) <strong>und</strong> (22). Für die damit gegebene Situation ist<br />
wesentlich, daß nicht alle drei <strong>Definition</strong>en gleichzeitig eingeführt werden können,<br />
sondern nur genau eine.<br />
Würde man dagegen mehrere verschiedene <strong>Definition</strong>en zugleich annehmen, so würde<br />
auch deren Konjunktion als <strong>Definition</strong> in Frage kommen. Doch diese Konjunktion<br />
ist immer kreativ, <strong>und</strong> damit keine <strong>Definition</strong> mehr, sondern eine Aussage, aus der<br />
andere folgen. Z.B. folgt aus der Konjunktion von (13) <strong>und</strong> (15) die Aussage<br />
„Etwas Notwendiges ist allmächtig, allgütig <strong>und</strong> allwissend“,<br />
die nicht logisch wahr ist. 119 Und aus der Konjunktion von (15) <strong>und</strong> (22) folgt<br />
„Etwas Allmächtiges, Allgütiges <strong>und</strong> Allwissen<strong>des</strong> ist erste Ursache“,<br />
was ebenfalls nicht logisch wahr ist.<br />
Es stehen zwar immer mehrere Möglichkeiten, einen Ausdruck zu definieren, zur<br />
Wahl, aber nur auf eine <strong>Definition</strong> kann die Wahl fallen. Die jeweils übrigbleibenden<br />
stellen dann empirische Postulate oder Hypothesen dar, falls sie nicht schon als<br />
Theoreme im theologischen System vorkommen. 120 Die Einführung einer <strong>Definition</strong><br />
hinsichtlich eines Systems (Vokabulars) zieht nach sich, daß alle ungenutzten <strong>Definition</strong>smöglichkeiten<br />
Theoreme oder empirische Hypothesen werden, die wahr oder<br />
falsch sein können, wenn diese überschüssigen <strong>Definition</strong>smöglichkeiten nicht schon<br />
aus andern Gründen fallengelassen worden sind.<br />
Dieser Zusammenhang leuchtet auch <strong>des</strong>wegen sofort ein, weil die gleichzeitige Annahme<br />
mehrerer verschiedener <strong>Definition</strong>en für einen <strong>und</strong> denselben Ausdruck mehrere<br />
verschiedene Bedeutungen für diesen Ausdruck festlegen würde, was dem Sinn<br />
<strong>und</strong> Zweck der <strong>Definition</strong> widerspricht.<br />
45<br />
120 Vgl. ebd. 85, 117.
46<br />
10.4. Die Frage, welche <strong>Definition</strong> angesichts der sich aus Kapitel 10.3. ergebenden<br />
Konsequenzen vorzuziehen ist, kann, wie bereits erwähnt (siehe 2.6.), nicht allein<br />
von den <strong>Definition</strong>smöglichkeiten her beantwortet werden, sondern nur im Hinblick<br />
auf die Zweckmäßigkeit für eine Theorie. In der Theologie gibt es aber noch<br />
keine genügend ausgearbeitete Theorie im Sinne von Kapitel 3.1., bezüglich der die<br />
Zweckmäßigkeitsfrage mehrerer <strong>Definition</strong>smöglichkeiten entschieden werden<br />
könnte. Es gibt in der Theologie überwiegend nur mehr oder weniger assoziativ zusammenhängende<br />
„Systeme“ bzw. Äußerungskomplexe, die meist nicht einmal der<br />
elementaren Anforderung der Widerspruchsfreiheit genügen, geschweige denn kohärent<br />
(siehe 3.1.1.) sind. Erst die logische Analyse <strong>und</strong> Rekonstruktion einiger Gottesbeweise<br />
– darunter die von J. Salamucha, H. Scholz, Ch. Hartshorne, W. K. Essler,<br />
D. P. Henry, H. G. Hubbeling, E. Nieznanski u.a. – setzt in den Stand, den Zusammenhang<br />
von <strong>Definition</strong>en <strong>und</strong> Theorienbezug deutlich machen zu können, weil die<br />
Gottesbeweise, sofern sie logisch korrekte Ableitungen darstellen, die einzigen wissenschaftlich<br />
verwertbaren Theorieansätze in der Theologie sind. 121<br />
Die Situation aber, daß verschiedene Gottesbeweise gewöhnlich auch mit verschiedenen<br />
<strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> operieren, verweist dabei auf einen Prozeß<br />
der Theorienkonstruktion, der noch bis zu dem Stadium einer mehrere Gottesbeweise<br />
umfassenden Theorie, die nur eine <strong>Definition</strong> von <strong>„Gott“</strong> benötigen darf, weiterentwickelt<br />
werden muß, um eine mögliche Ausgangslage für die Wahl einer geeigneten<br />
<strong>Definition</strong> zu erhalten. Bis dahin sind diejenigen verschiedenen Gottesbeweise,<br />
welche logisch gültig sind, als konkurrierende (Minimal-) Theorien zu verstehen.<br />
Auch für diesen Punkt liefert Thomas von Aquin eine interessante Vorlage. Für seine<br />
12 Gottesbeweise, deren Gültigkeit nachgewiesen werden konnte, verwendet er 10<br />
verschiedene <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> „deus“, 122 ohne daß sich Anhaltspunkte für<br />
das Bewußtsein zu finden scheinen, daß damit definitiv von 10 verschiedenen Göttern<br />
die Rede ist. Daß tatsächlich auch <strong>Definition</strong>en vorliegen, die terminologisch<br />
mit „et hoc dicimus deum“ u.ä. überhaupt erst einen Zusammenhang der Argumente<br />
mit dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong> herstellen, läßt sich schon <strong>des</strong>wegen nicht bestreiten, weil<br />
es sich ohne diese <strong>Definition</strong>en gar nicht um Gottesbeweise handelt. Denn keines<br />
der 12 thomasischen Argumente enthält den Ausdruck <strong>„Gott“</strong>. Es ist in diesem Fall<br />
ganz klar, daß man mit der Leugnung von <strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> bei<br />
Thomas zwangsläufig auch leugnet, daß Thomas Gottesbeweise aufgestellt hat.<br />
Diese wichtigen, an den angegebenen Orten ausführlicher dargestellten Beobachtungen<br />
<strong>und</strong> Überlegungen machen augenscheinlich, daß Thomas trotz seiner Nichtdefinierbarkeitsannahme<br />
<strong>Definition</strong>en aufgestellt hat, die den modernen Belangen eher<br />
zu genügen scheinen, wenn sie auch nicht seinen eigenen <strong>Definition</strong>sbedingungen<br />
entsprechen.<br />
121 <strong>Zimmer</strong>, C.: Was ist unter einer theologischen Aussage zu verstehen? FZPhTh 36, 1989, 327.<br />
122 <strong>Zimmer</strong>, Logik der thomasischen Gottesbeweise, 222f.
47<br />
11. Zusammenfassung<br />
11.1. Die Behauptung, daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> nicht definierbar sei, hauptsächlich<br />
unter Berufung auf Thomas von Aquin mit der nicht dem Stand der Entwicklung<br />
entsprechenden <strong>Definition</strong>slehre nach genus proximum <strong>und</strong> differentia specifica begründet,<br />
ist ausnahmslos unrichtig <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb inakzeptabel.<br />
Erstens hat die Begründung „deus non habet genus“ die Form einer atheistischen Annahme,<br />
dergestalt daß das Prädikat <strong>„Gott“</strong> kraft dieser Begründung die Nullextension<br />
zugeordnet erhält <strong>und</strong> damit auf nichts zutrifft. Doch auch unter Absehung von dem<br />
atheistischen Testimonium wird durch jene <strong>Definition</strong>slehre keineswegs eine Begründung<br />
für Nichtdefinierbarkeit ermöglicht. Es läßt sich im Gegenteil zeigen, daß<br />
der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> auch dann definierbar ist, wenn nur das Verfahren nach genus<br />
proximum <strong>und</strong> differentia specifica zur Verfügung stünde<br />
Zweitens besagt Nichtdefinierbarkeit eines <strong>Ausdrucks</strong> bezüglich eines Systems oder<br />
Vokabulars, daß der Ausdruck von diesem System unabhängig ist bzw. nicht dazugehört.<br />
Nichtdefinierbarkeit <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> im Begriffssystem der Theologie<br />
kommt somit dem Ausscheiden dieses <strong>Ausdrucks</strong> aus der Theologie gleich, was darauf<br />
hinausläuft, daß <strong>„Gott“</strong> ein nichttheologaler Begriff ist. Im Gegensatz dazu zeigen<br />
die bereits vorliegenden <strong>Definition</strong>en, daß der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> auf jeden Fall<br />
definierbar ist, ebenso wie deren dem theologischen Vokabular entstammende Definientia<br />
<strong>„Gott“</strong> als theologalen Begriff sicherstellen.<br />
Drittens finden sich über die thomasischen Bezüge hinaus noch untauglichere Vorschläge,<br />
nach denen die Nichtdefinierbarkeit mit dem angeblichen Fehlen einer selbständigen<br />
Bedeutung <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> zu verbinden versucht wird, so daß zusätzlich<br />
zur Extensionslosigkeit auch Intensionslosigkeit als Begründung für <strong>des</strong>sen<br />
Nichtdefinierbarkeit herhalten muß. Damit hat die Nichtdefinierbarkeitstheologie das<br />
Wort <strong>„Gott“</strong> zu einer sinnlosen Artikulation degradiert <strong>und</strong> nebenbei die Arbeit an<br />
Wörterbüchern <strong>und</strong> Lexika negiert, in denen bekanntlich die Bedeutungen verzeichnet<br />
sind.<br />
Andererseits drückt sich gleichzeitig eine hermeneutische Freude an intensionaler<br />
Vagheit aus, deren damit einhergehen<strong>des</strong> Sichbegnügen mit terminologischer Unklarheit<br />
für die nichtdefinierbarkeitstheologischen Ansichten charakteristisch ist,<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Irrtums, daß mit <strong>Definition</strong>en der Majestät Gottes zu nahe getreten<br />
werden würde. Eine <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> sagt aber nichts über <strong>„Gott“</strong><br />
aus, sondern betrifft nur die Art <strong>und</strong> Weise, wie über Gott gesprochen werden soll.<br />
11.2. Die Bedeutsamkeit der <strong>Definierbarkeit</strong>sfrage in der Behandlung durch Thomas<br />
von Aquin liegt in der klaren Erkenntnis, um was für eine Frage es sich hier<br />
handelt, nämlich um eine logische, <strong>und</strong> in der ernsthaften Inanspruchnahme <strong>des</strong> zu<br />
Gebote stehenden logischen Instrumentariums zu ihrer Beantwortung. Später ist man<br />
weit dahinter zurückgefallen infolge der antilogischen Einstellung in der Theologie,<br />
die zudem den bequemen Effekt hat, die Details nicht so genau nehmen zu müssen.
48<br />
So konnte das <strong>Definierbarkeit</strong>sproblem schon in bezug auf Thomas mißverstanden<br />
werden, als ob die Angelegenheit mit seinen Darlegungen bereits erledigt sei, wie<br />
die apodiktischen Repristinationsbehauptungen suggerieren, nach welchen die sogenannte<br />
„Frage nach der Definibilität Gottes“ unter Berufung auf Thomas verneint<br />
wird, ohne eine logische Untersuchung überhaupt erst in Betracht zu ziehen. Diese<br />
Berufung auf Thomas ist <strong>des</strong>halb wenig sachgemäß.<br />
Aus Thomas lassen sich dagegen mehrere wichtige Aspekte gewinnen, die ungeachtet<br />
seiner Antwort für die <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> eine wesentliche Rolle<br />
spielen, darunter der, daß <strong>„Gott“</strong> als Prädikat zu verstehen ist, <strong>und</strong> der der klar<br />
durchgeführten prima-causa-<strong>Definition</strong>. Doch auch hinsichtlich dieser beiden Punkte<br />
ging die Entwicklung nicht vorwärts, sondern rückwärts, was bezüglich <strong>des</strong> ersten<br />
der Polytheismusvorwurf gegen die Prädikatdeutung <strong>und</strong> bezüglich <strong>des</strong> zweiten die<br />
Ersetzung der causa prima durch die widersprüchliche causa sui erweist, wodurch<br />
die Theologie nicht nur zu einem Rückschritt veranlaßt, sondern ihr auch Absur<strong>des</strong><br />
zugemutet wird.<br />
11.3. Die <strong>Definierbarkeit</strong> <strong>des</strong> einstelligen Prädikats <strong>„Gott“</strong> ist daran erkennbar, daß<br />
prinzipiell jeder Ausdruck definierbar ist, <strong>und</strong> daß es ca. 20 verschiedene, korrekte<br />
<strong>Definition</strong>en <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> gibt. Die <strong>Definition</strong> von <strong>„Gott“</strong> ist aber nicht nur<br />
möglich, sondern vor allem theorienrelevant zu entscheiden, weil die Theologie<br />
sonst nicht in der Lage ist, klar zu sagen, wovon sie handelt.<br />
Da der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> unzweifelhaft zum Gegenstandsbereich der Theologie gehört,<br />
besteht unmittelbar die Aufgabe, über ihn definitorische Klarheit zu schaffen.<br />
Somit stellt die <strong>Definition</strong> <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> ein kommunikatives Erfordernis dar<br />
für den innertheologischen wie auch für den interreligiösen Dialog <strong>und</strong> den Dialog<br />
mit Atheisten. Und Dialog, der auf Verständigung abzielt, ist auf <strong>Definition</strong>en angewiesen.<br />
Abstract: Although theology is prevailingly used to denying the definibility of the<br />
term „God“, logical and linguistic penetrations do not enable this opinion to be maintained.<br />
In rendering some of the most important issues of modern definition theory<br />
and related semiotic connections applicable to the predicate „God“, traditional arguments<br />
for its <strong>und</strong>efinability have been scanned with special respect to Thomas<br />
Aquinas. Hence it follows that the assertion of <strong>und</strong>efinability turns out atheistic, for<br />
it makes the extension of the predicate „God“ confirming with the empty class, so<br />
that the term does not apply to anything. Furthermore, <strong>und</strong>efinability means „God“<br />
to fall out of the conceptual system of theology. These grave disadvantages also corresponding<br />
to semantic indeterminacy and intensional vagueness devaluate the term<br />
„God“ as a meaningless expression. Therefore the re-enactment of the communicative<br />
advantages of definition as well as of its theoretic and practical necessity had to<br />
be taken place. In order to correct the inadequate deus definiri nequit-assumption<br />
„God´s“ definibility has been demonstrated by pointing out definitions especially<br />
presented by W. K. Essler. Since definitions are f<strong>und</strong>amental prerequisites to clear<br />
and distinct speaking.
49<br />
Index<br />
Abelson 27<br />
Aristoteles 1 28 33 41<br />
Bochenski 21 36f<br />
Boethius 1 33<br />
Borkowski 22<br />
Brody 41<br />
Carnap 11 26 29 41<br />
Dalferth 34 40<br />
Dimitriu 28<br />
Dölling 18<br />
Dubislav 26 28f<br />
Ebeling 5 8 30 32 42<br />
Eco 3 13f 24<br />
Essler 1 11 19 21-27 42f 46 49<br />
Gabriel 29<br />
Güttgemanns 3 33<br />
Härle 4 11 15 29f<br />
Hartshorne 46<br />
Hauffe 21<br />
Heidolph 31<br />
Hempel 21<br />
Henry 10 46<br />
Hobbes 29<br />
Hubbeling 46<br />
Hughes 24 38<br />
Joest 41<br />
Jüngel 30 42<br />
Kalish 11<br />
Kamlah 41<br />
Kleinknecht 1 20 22ff 26f<br />
Köstlin 20<br />
Kondakow 27<br />
von Kutschera 1 26 28 34<br />
Lanczkowski 16<br />
Lejewski 18<br />
Leśniewski 27<br />
Link 30<br />
Liske 34<br />
Lorenzen 41<br />
Luthardt 30<br />
Marciszewski 22 27<br />
Marek 22<br />
Mildenberger 41<br />
Nieznanski 46<br />
Oppenheim 21<br />
Padoa 22<br />
Pannenberg 9<br />
Pascal 27<br />
van Peursen 41<br />
Porphyrius 36<br />
Priscian 42<br />
Pupier 28<br />
Quine 3 35 38 41<br />
Rahner 1<br />
Ratschow 30<br />
Risse 27<br />
Ritschl 17<br />
Robinson 1 27<br />
Russell 9 18<br />
Salamucha 46<br />
Sauter 17 21 41<br />
von Savigny 14<br />
Scholz 21 46<br />
Seebohm 34<br />
Sinowjew 18<br />
Sparn 30<br />
Stegmüller 1 11 21 26 34 41<br />
Stock 41<br />
Stoll 35<br />
Thomas von Aquin 1f 6 11 32-37 41ff 46ff<br />
Wessel 18 41<br />
Whitehead 18<br />
Wittgenstein 6 24<br />
Zahrnt 4<br />
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